StPO III: Strafbare Verwendung des sog. „Z-Symbols“, oder: Verhandlung beim AG oder beim LG?

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Und als letzte Entscheidung dann noch der OLG Hamburg, Beschl. v. 31.01.2023 – 5 Ws 5-6/23.

Das AG – Ermittlungsrichter – erließ am 03.08.2022 Haftbefehl gegen den Angeklagten zu 1), mit dem ihm zehn Fälle der öffentlichen Billigung von Straftaten (§ 140 Nr. 2 StGB) vorgeworfen wurden. Danach bestehe der dringende Verdacht, dass der Angeklagte zu 1) in zehn Postings in sozialen Medien das „Z“-Symbol verwendet und dadurch, wie sich aus dem jeweiligen Kontext ergebe, eine rechtswidrige Tat in Gestalt des Angriffskriegs der Russischen Föderation gegen die Ukraine (§ 13 VStGB) befürwortet habe. Der Angeklagte zu 1) wurde aufgrund dieses Haftbefehls am 04.08.2022 festgenommen und in Untersuchungshaft genommen.

Mit Beschluss vom 31.08.2022 erweiterte das AG den Haftbefehl dahingehend, dass der Angeklagte zu 1) zusätzlich dringend verdächtig sei, am 04.08.2022 in seiner Wohnung zwei nach dem WaffG verbotene Einhandmesser verwahrt zu haben (§ 52 Abs. 3 Nr. 1 i.V.m. § 2 Abs. 3 WaffG).

Unter dem 22.09.2022 erhob der Angeklagte zu 1) Haftbeschwerde, mit der er unter Bezugnahme auf eine Entscheidung des AG Bautzen geltend machte, das „Z“-Symbol habe eine vielschichtige Bedeutung und sei infolgedessen nicht eindeutig als Befürwortung des russischen Angriffskriegs zu verstehen. Das LG Hamburg verwarf die Haftbeschwerde mit Beschluss vom 10.10.2022 als unbegründet.

Nach Verbindung mit dem Ermittlungsverfahren gegen den Angeklagten zu 2) erhob die Generalstaatsanwaltschaft am 3.11.2022 Anklage gegen die Angeklagten zu 1) und 2). Gegenstand der Anklage sind die haftbefehlsgegenständlichen Tatvorwürfe gegen den Angeklagten zu 1) einschließlich des Verstoßes gegen das Waffengesetz, sowie 34 weitere als Billigen von Straftaten (§ 140 Nr. 2 StGB) gewertete Fälle der Verwendung des „Z“-Symbols in verschiedenen Kanälen der sozialen Medien. Dem Angeklagten zu 2) wird vorgeworfen, in drei Fällen zu den Taten des Angeklagten Beihilfe geleistet zu haben, indem er dem Angeklagten zu 1) jeweils Grafikdateien zur Verfügung stellte, die das „Z“-Symbol zeigen, damit dieser die Dateien für seine Postings verwenden kann. Zugleich beantragte die Generalstaatsanwaltschaft die Eröffnung des Verfahrens vor der Großen Strafkammer des LG sowie die Aufrechterhaltung des Haftbefehls nach Maßgabe der Anklageschrift. Die Eröffnung vor der Großen Strafkammer des LG sei im Hinblick auf die besondere Bedeutung des Falles (§ 24 Nr. 3, 3. Var. i.V.m. § 74 Abs. 1 S. 2 GVG) geboten, weil die Frage, ob die Verwendung des „Z“-Symbols auch ohne einen damit verbundenen ausdrücklichen Hinweis auf den russischen Angriffskrieg als dessen „Billigung“ im Sinne des § 140 Nr. 2 StGB gewertet werden könne, höchstrichterlich ungeklärt sei, so dass es angesichts der Vielzahl ähnlich gelagerter Ermittlungsverfahren zu öffentlichen Verwendungen des „Z“-Symbols ein Bedürfnis nach rascher höchstrichterlicher Klärung gebe.

Mit Beschluss vom 14.12.2022 ließ das LG Hamburg die Anklage zur Hauptverhandlung zu, eröffnete die Hauptverfahren jedoch in Abweichung vom Antrag der Generalstaatsanwaltschaft vor dem AG – Strafrichter –, weil die begehrte Klärung der aufgeworfenen Frage keine besondere Bedeutung des Falles i.S.d. § 24 Nr. 3 i.V.m. § 74 Abs. 1 S. 2 GVG begründe; auch die Straferwartung begründe keine Zuständigkeit des LG. Zugleich hob es den Haftbefehl gegen den Angeklagten zu 1) auf, weil die Fortdauer der Untersuchungshaft mit Blick auf die Rechtsfolgenerwartung nicht mehr verhältnismäßig sei.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat gegen den Beschluss des LG Hamburg am 19.12.2022 Beschwerde eingelegt, mit der sie die Eröffnung des Verfahrens beim LG – Große Strafkammer – sowie die Inkraftsetzung des Haftbefehls und dessen Ergänzung nach Maßgabe der Anklage begehrt. Die Beschwerde der Generalstaatsanwaltschaft hatte Erfolg.

Wegen der Einzelheiten der umfangreichen Begründung verweise ich auf den verlinkten Volltext. Ich stelle hier nur die Leitsätze ein. Das OLG meint u.a., das müsse am LG verhandelt werden:

    1. Die Frage, ob sich eine auf Symbole zurückgreifende Äußerung als „Billigung einer Straftat“ i.S.d. § 140 Nr. 2 StGB darstellt (hier: Verwendung des „Z“-Symbols als Billigung des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine), ist keine der höchstrichterlichen Klärung zugängliche und damit ggf. die „besondere Bedeutung des Falles“ i.S.d. § 24 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 GVG begründende Rechtsfrage, sondern eine Frage der tatrichterlichen Würdigung im Einzelfall, bei der sowohl der jeweilige Äußerungskontext als auch etwaige weitere, innerhalb der Äußerung liegende Umstände in den Blick zu nehmen sind.
    2. Die in § 140 Nr. 2 StGB vorausgesetzte Eignung der billigenden Äußerung zur Störung des öffentlichen Friedens liegt in Fällen, in denen die gebilligte Katalogtat im Ausland begangen wurde, nicht nur dann vor, wenn die billigende Äußerung geeignet ist, die allgemeine Bereitschaft zur Begehung ähnlicher Delikte im Inland zu fördern („kriminogene Inlandswirkung“); jedenfalls bei Katalogtaten, die ein kollektives und supranationales Rechtsgut schützen (hier: Aggressionsverbrechen, § 13 VStGB), kann es ausreichen, wenn die kriminogene Wirkung im Ausland eintritt oder die Billigung der Tat in der Bevölkerung die Besorgnis begründen kann, dass in Zukunft vermehrt mit der Begehung entsprechender Auslandstaten zu rechnen ist (Abgrenzung zu BGH, Beschluss vom 20. Dezember 2016 – 3 StR 435/16).

 

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