Archiv für den Monat: Januar 2015

Kann man als 17-jähriger 1389 geboren sein?

© angelo sarnacchiaro - Fotolia.com

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„17-jähriger wurde 1389 geboren“, so lautete die Überschrift gestern in der Tagespresse. Und ich habe gestutzt, als ich es gelesen habe und mich gefragt: Geht das? Und wenn ja, wie geht das?

Nun es geht. Aber nur, wenn ich nach der landestypische Zeitrechnung in Afghanistan rechne/zähle. So ein nach unserer Zeitrechnung 17-jähriger Afghane, der bei einer Kontrolle eines Reisebusses sein Geburtsjahr mit 1389 angegeben hatte. Und damit standen die Kontrolleure einem angeblich mehr als 600 Jahre alten Mann gegenüber sind, der nach unseren deutschen Maßstäben aber gerade einmal 17 Jahre jung war.

Das beweist mal wieder: Möglich ist alles 🙂 .

Das Gerangel bei der Festnahme – durch Notwehr gerechtfertigt?

© michaklootwijk - Fotolia.com

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Um die Voraussetzungen des Festnahmerechts aus § 127 Abs. 1 StPO und ein dem „Festgenommenen“ ggf. zustehendes Notwehrrecht (§ 32 StGB) ging es im OLG Celle, Urt. v. 26.11.2014 – 32 Ss 176/14. Der Angeklagte war vom Vorwurf der Körperverletzung frei gesprochen worden. Zu der war es in Zusammenhang mit einer Nacheile nach der Entwendung von zwei Fernsehbildschirmen aus einem Supermarkt gekommen. Der Angeklagte hatte sich in der Nähe der Eingangstür aufgehalten, man war davon ausgegangen, dass er an dem Diebstahl beteiligt war. Der Angeklagte hatte sich aber gegen seine Festnahme zur Wehr gesetzt und die ihn festhaltende Geschädigte geschlagen.

Das OLG hat den Freispruch durch die Strafkammer gehalten:

1.a)      Es ist umstritten, ob das Festnahmerecht nach § 127 Abs. 1 StPO eine tatsächlich vom Festgehaltenen begangene Tat voraussetzt (so KG Berlin, VRS 45, 35; OLG Hamm NJW 1972, 1826; NJW 1977, 590, 591; Meyer-Goßner / Schmitt § 127 Rn. 4) oder ob es bereits ausreicht, dass die erkennbaren äußeren Umstände nach der Lebenserfahrung ohne vernünftigen Zweifel den Schluss auf eine rechtswidrige Tat zulassen (so BGH, 6. Zivilsenat, NJW 1981, 745 ff.; BayObLG MDR 1986, 956 f.; OLG Stuttgart Justiz 1990, 372; OLG Koblenz VR 2009, 32; OLG Zweibrücken NJW 1981, 2016; OLG Hamm, NStZ 1998, 370; KK-Schultheis, § 127 Rn. 9). Für die erstgenannte Auffassung sprechen der Wortlaut der Vorschrift und die rechtspolitische Überlegung, dass einem Unschuldigen das Notwehrrecht gegen freiheitsbeschränkende Angriffe von Privatpersonen zustehen muss.

Danach hätte der Angeklagte hier sein Notwehrrecht behalten und wäre deshalb wegen der Verletzungen der Zeugin B. gerechtfertigt.

1.b) Selbst wenn man jedoch mit der in der Rechtsprechung mittlerweile vorherrschenden zweiten Auffassung meint, schon ein dringender Tatverdacht reiche aus, um eine andere Person festhalten zu dürfen, wäre das Notwehrrecht des Angeklagten nicht entfallen, denn ein dringender Tatverdacht der Beihilfe zum Diebstahl lag gegen ihn nicht vor. Der Verdacht gegen ihn war allein durch einen Ausruf der Zeugin K. an der Kasse des Ladengeschäftes entstanden, die lediglich auf Grund des auffälligen Aufenthalts des Angeklagten im Eingangsbereich auf seine Beteiligung geschlossen hatte, ohne dass die Zeugin B. selbst Beobachtungen gemacht hatte, die den Angeklagten belasteten.

c) Damit kommt es im Ergebnis nicht darauf an, welcher Auslegung des Merkmals der „Tat“ i.S.d. § 127 Abs. 1 StPO man beipflichtet. Nach beiden Auffassungen bestand keine Berechtigung der Zeugin B., den Angeklagten festzuhalten.“

 

Das Halten innerhalb einer Feuerwehrzufahrt…..

entnommen wikimedia.org Urheber Mediatus

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Urheber Mediatus

Um die Halterhaftung (§ 25a StVG) ging es im AG Velbert, Beschl. v. 30.12.2014 – 31 OWi 630/14 [b], den mir die Kollegin, die die Aufhebung erstritten hat, zugesandt hat. Interessant wegen der Ausführungen des AG zum zugrunde liegenden Halt-/Parkverstoß, den das AG verneint hat:

„..Ein Halt- oder Parkverstoß im Sinne des § 25a Abs. 1 StVG kann nicht festgestellt werden.

Insbesondere liegt kein Verstoß gegen § 12 Abs. 1 Nr. 8 StVO vor. Der Ort, an dem das Fahrzeug zur Tatzeit abgestellt war, war entgegen dem Tatvorwurf nicht als Feuerwehrzufahrt amtlich gekennzeichnet. Hinweise auf eine solche Kennzeichnung (zur Tatzeit) sind dem gesamten Akteninhalt nicht zu entnehmen; insbesondere ist in. dem polizeilichen Erfassungsbogen (= in der Ordnungswidrigkeitenanzeige) diesbezüglich nichts erwähnt. An der fehlenden Kennzeichnung als Feuerwehrzufahrt hat sich auch bis heute nichts geändert. Davon hat sich das Gericht durch Inaugenscheinnahme des Grundstücks selbst überzeugt.

Im Übrigen handelt es sich bei dem Grundstück B.Straße 21 offensichtlich um ein Privatgelände, das nicht dem öffentlichen Verkehr gewidmet ist. Ein Verstoß gegen § 12 Abs. 1 Nr. 8 StVO wäre deshalb selbst dann nicht gegeben, wenn der Bereich, in dem das Fahrzeug abgestellt war (laut polizeilicher Angabe auf dem Hinterhof), als Feuerwehrzufahrt amtlich gekennzeichnet gewesen wäre. Denn das Halten innerhalb einer Feuerwehrzufahrt, die nicht öffentlicher Verkehrsraum ist, ist von der Vorschrift nicht erfasst (Hentschel, Straßenverkehrsrecht, § 12 StVO, Rn. 3 37b).

Nach alldem scheidet auch ein sonstiger von der Straßenverkehrsordnung erfasster Parkverstoß (etwa gegen § 12 Abs. 3 Nr. 3 StVO = Parken vor Grundstücksein- oder ausfahrten) aus.“

Erkennungsdienstliche Behandlung – auch noch nach Einstellung des Verfahrens?

© psdesign1 - Fotolia.com

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Erkennungsdienstliche Maßnahmen nach § 81b 2. Alt. StPO sind naturgemäß unbeliebt. Das gilt vor allem dann, wenn eine solche Maßnahme auf der Grundlage eines Ermittlungsverfahrens angeordnet worden ist, dieses dann aber eingestellt wird. So ist es einem Beschuldigten in Aachen geschehen. Gegen ihn ermittelte die Staatsanwaltschaft wegen Betruges (§ 263 StGB). Der Beschuldigte soll eine Anzahlung auf eine zu erbringende Werkleistung erhalten, das Werk dann aber nicht erbracht haben. Der Vertrag wird dann aber später rückabgewickelt, die Anzahlung zurückgezahlt und das Verfahren durch die StA nach § 153 Abs. 1 StPO eingestellt. Gegen den Beschuldigten, gegen den zuvor bereits in verschiedenen Ermittlungsverfahren strafrechtlich ermittelt worden war, wird dann dessen erkennungsdienstliche Behandlung angeordnet. Die Maßnahme sollte umfassen die Aufnahme von Zehnfingerabdrücken, die Aufnahme eines mehrteiligen Lichtbildes, die Fertigung einer Ganzaufnahme, die Feststellung äußerlicher körperlicher Merkmale und die Aufnahme von Handflächenabdrücken. Und dagegen hat der Beschuldigte geklagt, beim VG Aachen aber keinen Erfolg gehabt. Aus dem VG Aachen, Urt. v. 10.09.2014 – 6 K 2525/13:

„Ausgehend von diesen Grundsätzen ist die angefochtene Anordnung nicht zu beanstanden.

Sie erging nicht zu einem beliebigen Zeitpunkt, sondern aus dem konkreten Anlass des gegen den Kläger als Beschuldigten geführten Ermittlungsverfahrens der Staatsanwaltschaft Aachen 406 Js 1183/13 wegen des Verdachts des Betruges.

Dass dieses Ermittlungsverfahren später eingestellt worden ist, führt nach den eingangs dargelegten Grundsätzen nicht zur Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides. Denn der spätere Wegfall der Beschuldigteneigenschaft lässt – wie aufgezeigt – die Rechtmäßigkeit der angeordneten Maßnahmen regelmäßig unberührt. Vgl. BVerwG, u.a. Urteile vom 23. November 2005 – 6 C 2.05 -, […] Rn. 20, und vom 19. Oktober 1982 – 1 C 29.79 -, […] Rn. 28.

Anders ist dies nur dann zu beurteilen, wenn die für das Ermittlungsverfahren bestimmenden Verdachtsmomente vollständig ausgeräumt sind. Vorliegend ist im Anlassverfahren hinsichtlich des Tatvorwurfs eines Betruges aber ein Restverdacht geblieben. Bereits nach Einschätzung der Staatsanwaltschaft Aachen in ihrer Einstellungsverfügung vom 19. Dezember 2013 ist der Kläger nach wie vor der Begehung eines Betruges verdächtig gewesen. Die Verfahrenseinstellung ist, gestützt auf § 153 Abs. 1 StPO, damit begründet worden, dass erwartet werden könne, dass der Kläger durch das Ermittlungsverfahren bereits hinreichend beeindruckt und gewarnt worden, der Schaden relativ gering und inzwischen auch wiedergutgemacht sei. Die Einschätzung der Staatsanwaltschaft ist auch nicht offensichtlich falsch und willkürlich, sondern wird gestützt durch die Aussagen der im Ermittlungsverfahren angehörten Zeugen U. und I. . Insbesondere der Zeuge U. hat ausgesagt, dass sich der Kläger nach Auftragserteilung und Entgegennahme der Anzahlung in Höhe von 300,- € nicht mehr gemeldet habe und für ihn auch nicht mehr erreichbar gewesen sei. Der Einlassung des Klägers, er habe den Auftrag einschließlich der erhaltenen Anzahlung weitergegeben an den Zeugen I. , der seinerseits jedoch die vereinbarte Leistung nicht erbracht habe, steht die Aussage des Zeugen I. entgegen, der dieser Darstellung vehement widersprochen hat. Im Übrigen ist auch nicht plausibel erklärt, warum der Kläger dem Zeugen U. im Zuge der Rückabwicklung des Vertrages die Anzahlung zuzüglich einer Auslagenpauschale in Höhe von 100,– € zurückgezahlt hat. Denn hierzu wäre, seinem Vortrag zufolge, nicht er, sondern der Zeuge I. verpflichtet gewesen, der die Anzahlung auch vereinnahmt haben soll. Angesichts dieser Widersprüchlichkeiten und Ungereimtheiten kann keine Rede davon sein, dass im Anlassverfahren kein Anhaltspunkt für das Vorliegen einer Straftat verblieben sei.“

Na ja, so ganz überzeugt mich das nicht. Und auch hinsichtlich der Frage der Notwendigkeit kann ich dem VG nicht so richtig folgen: Bisher alles nur Betrugs- und Urkundsdelikte. Was da die erkennungsdienstlichen Maßnahmen bringen sollen…? Aber vielleicht bessert das OVG Münster ja nach.

Lösung zu: Ich habe da mal eine Frage: Ist die “Gier” des Instanzverteidigers berechtigt?

© haru_natsu_kobo Fotolia.com

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Meine Frage vom vergangenen Freitag: „Ich habe da mal eine Frage: Ist die “Gier” des Instanzverteidigers berechtigt?“ ist, wenn ich der Statistik glauben darf, ganz gut gelaufen = war also wohl offenbar von allgemeinerem Interesse; oder war es der Begriff „Gier“? Nur: An Antworten hat sich niemand heran gewagt. Nun, ich will es hier versuchen, ob es allerdings „fundiert“ ist, wie es sich der Fragesteller gewünscht hat, ich weiß es nicht.

Also:

1. Zutreffend ist die vom Fragenden schon selbst gegebene Teilantwort zur Terminsgebühr nach Verbindung. Die ist nicht entstanden, da ab Verbindung nur noch eine Angelegenheit vorliegt und damit nach § 15 Abs. 2 RVG nur noch eine Terminsgebühr entstehen kann (zur Verbindung dann hier mein Beitrag aus RVGreport 2008, 405).

2. Wie das mit den übrigen Gebühren ist und welche Auswirkungen die Vergütungsvereinbarung da hat, ist nach dem mitgeteilten Sachverhalt nicht klar zu beantworten. Da kommt es sicherlich auch auf die Formulierung der Vergütungsvereinbarung an und wie man den Begriff „Verfahren“ versteht, der da sicherlich verwendet ist. Hier ist/war es nur ein hinzu verbundenes Verfahren, das ggf. von der Vergütungsvereinbarung erfasst worden ist/wäre. Was ist aber, wenn es z.B. 10, 20 oder 200 sind/wären? Wären die dann ggf. entstandenen Gebühren auch alle von der ursprünglichen Vergütungsvereinbarung in der Form erfasst, das sie bzw. die insoweit erbrachten Tätigkeiten mit abgegolten wären? Oder muss man die Vergütungsvereinbarung anpassen? Wenn ja, wie? Mir scheint das eher ein zivilrechtliches Problem zu sein als ein gebührenrechtliches. Ob der Kollege zufrieden war, weiß ich nicht. Er wird aber sicherlich berichten, wie es weiter geht mit der „Gier“. 🙂