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Berufung II: Berufungsverwerfung wegen Ausbleibens, oder: (Kein) ausgewiesener/abgeschobener Angeklagter

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Und die zweite Entscheidung zur Berufung kommt dann auch aus Byern. In dem BayObLG, Beschl. v. 28.12.2023 -204 StRR 548/23 – nimmt das BayObLG zur Frage der Rechtmäßigkeit einer Berufungsverwerfung nach § 329 Abs. 1 StPO Stellung.

Das AG hat den Angeklagten, einen kosovarischen Staatsangehörigen, wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis verurteilt. Die hiergegen eingelegte Berufung hat das LG im Hauptverhandlungstermin am 14.06.2023 ohne Verhandlung zur Sache verworfen, da der Angeklagte ohne Entschuldigung ausgeblieben und auch nicht durch einen mit nachgewiesener Vertretungsvollmacht versehenen Verteidiger vertreten worden sei. Das LG führt aus, dass die dem Angeklagten im Rechtshilfeweg am 26.04.2023 ordnungsgemäß zugestellte Ladung zum Hauptverhandlungstermin am 14.06.2023 mit dem Hinweis versehen war, dass der Angeklagte mit der gerichtlichen Ladung bei der Deutschen Botschaft ein Visum für die Einreise zur Wahrnehmung der Berufungshauptverhandlung beantragen und erhalten könne. Die Bearbeitungs- und Versandzeit für das Visum betrage nach den Bekanntmachungen auf der Homepage der Deutschen Botschaft in Pristina aktuell bis zu drei Wochen ab Antragstellung. Der Angeklagte hätte also genügend Zeit (sieben Wochen) gehabt, ein Visum zu beschaffen.

Dagegen die Revision, die das BayObLG verworfen hat. Auch hier stelle ich nur die Leitsätze ein, da die Bayern – wie gehabt – sehr umfangreich begründet haben:

    1. Wird mit der Revision gegen ein gemäß § 329 Abs. 1 StPO ergangenes Verwerfungsurteil geltend gemacht, dieses gehe zu Unrecht davon aus, dass ein Angeklagter nicht genügend entschuldigt gewesen sei und dass die Voraussetzungen des § 329 Abs. 1 Satz 1 StPO sonst nicht gegeben waren, setzt die Überprüfung der vom Landgericht vorgenommenen Wertung die Erhebung einer der Vorschrift des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO genügenden Verfahrensrüge voraus. An die Zulässigkeit der Rüge einer Verletzung des § 329 StPO dürfen allerdings keine allzu strengen Anforderungen gestellt werden. Es kann der Vortrag genügen, dass sich der Angeklagte bereits vor Erlass des Verwerfungsurteils auf die von ihm geltend gemachten Entschuldigungsgründe berufen habe.
    2. Dem Senat obliegt im Revisionsverfahren die Prüfung, ob das Landgericht den Rechtsbegriff der „genügenden Entschuldigung“ i.S.d. § 329 Abs. 1 StPO zutreffend seiner Entscheidung zugrunde gelegt und gewürdigt hat. Das Ausbleiben eines Angeklagten ist entschuldigt, wenn ihm bei Abwägung aller Umstände des Einzelfalles daraus billigerweise kein Vorwurf gemacht werden kann.
    3. Einem Angehörigen der Republik Kosovo, der aus dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland nicht ausgewiesen oder abgeschoben worden war, ist es zumutbar, zur Wahrnehmung eines Hauptverhandlungstermins bei der zuständigen Deutschen Botschaft ein Visum zu beantragen.
    4. Dagegen ist das Ausbleiben eines Angeklagten, der ausgewiesen oder abgeschoben worden ist, genügend entschuldigt, da dieser sich strafbar machen würde, wenn er erneut in das Bundesgebiet einreist und ihm zuvor keine Ausnahmeerlaubnis zur Wiedereinreise erteilt worden ist. In diesem Fall ist es Sache der Strafverfolgungsbehörden, in Absprache mit der Verwaltungsbehörde zu klären, ob der Durchsetzung des staatlichen Strafanspruchs oder dem öffentlichen Interesse an einem Aufenthalt des Ausländers außerhalb des Bundesgebietes der Vorrang einzuräumen ist.
    5. Die unter Ziffer IV. dargestellte Rechtslage ist auf die Fallkonstellationen gemäß Ziffer III. nicht übertragbar.

Ist m.E. wohl zutreffend. Allerdings frage ich mich mal wieder, warum man als „offensichtlich unbegründet“, dann aber aus rund 11 Seiten die Verwerfung begründet. Aber richtig ist es, und zwar allein schon deshalb, weil unser Handbuch zitiert wird. Wenn die „schlauen Bayern“ da nachschauen, kann es so schlecht nicht sei. Und ja <<Werbemodus an>>: Das kann man hier bestellen.