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StPO I: Wiedereinsetzung zur Heilung der Unzulässigkeit von Verfahrensrügen gibt es nicht

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Heute ist Nikolaus-Tag. Und ich packe dann in die Tüte oder den Schuh – ganz, wie es beliebt – drei Entscheidungen zur StPO/zum Verfahrensrecht.

Und da „steckt“ zunächst der BGH, Beschl. v. 24.10.2018 – 2 StR 578/16. Sie hat einen „alten Hut“ als Problem, nämlich die Wiedereinsetzung zur Heilung von mangelhaften Verfahrensrügen.  Das LG hatte den Angeklagten am 02.05.2016 u.a. wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung verurteilt. Dagegen hat sich der Angeklagte mit der auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützten Revision gewendet. Der GBA hat mit Zuschrift vom 07.03.2017 Stellung genomen und – offenbar – die Unzulässigkeit der/einer Verfahrensrüge geltend gemacht. Mit Schriftsatz vom 26.03.2017 hat der Angeklagte dann zur Heilung der Mängel der/einer Verfahrensrüge Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gestellt. Dazu der BGH: Gibt es nicht:

1. Das Wiedereinsetzungsgesuch ist unzulässig.

Das Rechtsinstitut der Wiedereinsetzung dient nicht der Heilung von Zulässigkeitsmängeln von fristgemäß erhobenen Verfahrensrügen. Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur Wiederholung einer zunächst vom Verteidiger nicht formgerecht vorgetragenen und daher unzulässigen Verfahrensrüge widerspräche im Übrigen der Systematik des Revisionsverfahrens. Könnte ein Angeklagter, dem durch die Antragsschrift des Generalbundesanwalts ein formaler Mangel in der Begründung einer Verfahrensrüge aufgezeigt worden ist, diese unter Hinweis auf ein Verschulden seines Verteidigers nachbessern, würde im Ergebnis die Formvorschrift des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO außer Kraft gesetzt. Da den Angeklagten selbst an dem Mangel regelmäßig keine Schuld trifft, wäre ihm auf einen entsprechenden Antrag hin stets Wiedereinsetzung zu gewähren (vgl. BGH, Beschluss vom 3. September 1987 – 1 StR 386/87, BGHR StPO § 44 Verfahrensrüge 1). Dies stünde nicht mit dem öffentlichen Interesse in Einklang, einen geordneten Fortgang des Verfahrens zu sichern und ohne Verzögerung alsbald eine klare Verfahrenslage zu schaffen (BGH, Beschluss vom 21. Februar 1951 – 1 StR 5/51, BGHSt 1, 44, 46; Beschluss vom 27. März 2008 – 3 StR 6/08, juris Rn. 5). Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur Nachholung einer Verfahrensrüge kommt daher nur in besonderen Prozesssituationen ausnahmsweise in Betracht, wenn dies zur Wahrung des Anspruchs des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) unerlässlich erscheint (vgl. BGH, Beschluss vom 7. September 1993 – 5 StR 162/93, BGHR StPO § 44 Verfahrensrüge 8; Beschluss vom 15. März 2001 – 3 StR 57/01, juris Rn. 2; Beschluss vom 25. September 2007 – 1 StR 432/07, NStZ-RR 2008, 18; BGH, Beschluss vom 27. März 2008 – 3 StR 6/08, juris Rn. 6; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 61. Aufl., § 44 Rn. 7 ff.). Eine solche Ausnahmesituation liegt im vorliegenden Fall ersichtlich nicht vor.“

Und zur Beruhigung dann die „Abteilung: Ist ja nicht so schlimm“:

„Im Übrigen hätte – wie der Generalbundesanwalt in seiner Zuschrift vom 7. März 2017 zutreffend ausführt – die erhobene Rüge, mit der eine Verletzung von § 244 Abs. 4 StPO geltend gemacht wird, selbst wenn sie rechtzeitig formgerecht erhoben worden wäre, keinen Erfolg.“

Folgendes ist anzumerken, nicht zur Wiedereinsetzung, sondern zur Verfahrensdauer: Wer die o.a. Ausführungen gelesen hat, wird sich sicherlich schon gewundert haben. Aktenzeichen des BGH aus 2016, Urteil des LG vom 02.05.2016, Zuschrift des GBA vom 07.03.2017, Entscheidung des BGH dann am 24.10.2018. Da frgat man sich schon: Was hat der BGH so lange mit den Akten gemacht? Außer Kontrolle geraten? Oder schwieriges Verfahren? Letzteres führt der BGH zwar an, wenn es um die Verfahrensverzögerung geht – „unter Berücksichtigung des großen Umfangs und der Schwierigkeit des Prozessstoffs“, aber das kann man auch bezweifeln, da ja „nur“ als „OU“ verworfen wird; obwohl das nicht abschließend etwas über Umfang und Schwierigkeit des Revisionsverfahrens sagt, zumal die Revisionsbegründung „immerhin2 742 Seiten betragen. Jedenfalls meint auch der 2. Strafsenat, dass von einer Verzögerung des Revisionsverfahrens von sechs Monaten auszugehen ist. Das hat dem Angeklagten aber einen Monat bei der Vollstreckung der verhängten Gesamtfreiheitsstrafe gebracht. Bisschen knapp, oder?

Zustellung/Heilung, oder: Wir beten alles gesund, quasi: „Von hinten durch die Brust ins Auge“..

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Ich eröffne den Tag mit dem OLG Hamm, Beschl. v. 08.08.2017 – 3 RBs 106/17. Mit dem Beschluss habe ich – gelinde ausgedrückt – ganz erhebliche Probleme; aber das hatte ich – auch früher schon – häufiger mit dem 3 Strafsenat/3. Senat für Bußgeldsachen des OLG Hamm, der immer für eine „Überraschung“ gut ist. Und die Probleme mit dem Beschluss habe übrigens nicht nur ich, sondern auch ein amtsrichterlicher Kollege, der mich auf die Entscheidung vor einigen Tagen angesprochen hatte. Der möchte aber ungenannt bleiben. Mich beruhigen solche „Diskussionen“ aber immer, weil ich dadurch sehe, dass ich mit meinen Bedenken nicht allein bin 🙂 .

Es geht (mal wieder) um eine Zustellungsproblemati, und zwar um die Heilung einer unwirksamen Zustellung an den Verteidiger. Zugrunde liegt etwa folgender Sachverhalt: Dem Betroffenen wird eine Geschwindigkeitsüberschreitung zur Last gelegt. Nach Übersendung des Anhörungsbogens betreffend des Verstoßes, der am 18.05.2015 begangen worden sein soll, bestellte sich Rechtsanwalt I2 als Verteidiger des Betroffenen und überreichte eine von dem Betroffenen unterzeichnete Vollmacht (schon schlecht 🙂 ). Der dann erlassene Bußgeldbescheid vom 05.08.2015 sollte dem Verteidiger gegen Empfangsbekenntnis zugestellt werden und war wie folgt adressiert: „Herrn I über Anwaltskanzlei N und M. I2“. Schriftlich informierte die Bußgeldstelle den Betroffenen am selben Tag über den Erlass des Bußgeldbescheides, der dem Bevollmächtigten zugestellt worden sei, unter Beifügung eines Duplikats des Bußgeldbescheides. Mit Fax vom 07.08.2015 legte der Verteidiger Einspruch „gegen den Bußgeldbescheid vom 05.08.2015“ ein. Das Empfangsbekenntnis betreffend die Zustellung des Bußgeldbescheides reichte der Verteidiger in der Folgezeit trotz weiterer schriftlicher Aufforderungen nicht zurück. Die Bußgeldstelle verfügte am 14. 12.2015 die Aktenabgabe an die StA, die die Akte mit Verfügung vom 28.12.2015 dem AG (Eingang: 30.12.2015) vorlegte. Mit Verfügungen vom 10.06.2016, 09.08.2016 und 29.11.2016 ordnete das AG die Anberaumung von Hauptverhandlungsterminen an.

Der Betroffene hat das Verfahrenshindernis der Verfolgungsverjährung geltend wegen unwirksamer Zustellung des Bußgeldbescheids. Das hat weder beim AG noch beim OLG gezogen. Das OLG hat das AG-Urteil zwar auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen aufgehoben und zurückverweisen, aber aus anderen Gründen.

Der Beschluss ist schwere Kost . nicht nur vom Inhalt, sondern auch von der Darstellung her und lässt sich hier nur schwer darstellen. Daher beschränke ich mich im wesentlichen auf die beiden amtlichen Leitsätze, die da lauten:

  1. Im Fall der unwirksamen Zustellung des Bußgeldbescheides an den Verteidiger wird Heilung nach § 51 Abs. 1 Satz 1 OWiG i.V.m. § 8 VwZG NW durch den tatsächlichen Zugang des Bußgeldbescheides bei dem Betroffenen bewirkt.
  2. Der Senat neigt in diesem Zusammenhang im Übrigen der Auffassung zu, dass durch die Einsichtnahme des Verteidigers in die Bußgeldakte, in der sich der zuzustellende Bußgeldbescheid befindet, ein tatsächlicher oder nachweisbarer Zugang i.S.d. Heilungsvorschriften bewirkt werden kann, sofern zuvor ein auf eine förmliche Zustellung gerichteter Zustellungswille dokumentiert ist.

Zum zweiten Leitsatz:

„bb) Im Ergebnis kann dies dahin stehen, denn vorliegend wurde Heilung nach § 51 Abs. 1 Satz 1 OWiG i.V.m. § 8 VwZG NW durch den tatsächlichen Zugang des Bußgeldbescheides bei dem Betroffenen bewirkt (so auch Saarländisches OLG, Beschluss vom 29. April 2009 – Ss (Z) 205/09 (37/09), juris, Rdnr. 10).

(1) Wie bereits dargelegt, ist aufgrund des fehlenden Empfangsbekenntnisses der Anwendungsbereich von § 8 VwZG NW eröffnet.

(2) Ein Zustellungswille der Bußgeldbehörde ist dokumentiert. Auf die obigen Ausführungen wird verwiesen.

(3) Der für die Heilung erforderliche „nachweisliche“ oder „tatsächliche“ Zugang bei einem Empfangsberechtigten ist ebenfalls erfolgt, da der Bußgeldbescheid dem Betroffenen zuging.

(a) Der Betroffene erhielt spätestens am 7. August 2017 ein Duplikat des Bußgeldbescheides, wie sich bereits aus dem Einspruchsschreiben des Verteidigers vom 7. August 2015, jedenfalls aber aus den Ausführungen in dem Schriftsatz des Verteidigers vom 22. August 2016 ergibt; demnach habe ihn der Betroffene über den Erhalt eines Bußgeldbescheides informiert.

(b) Der Zugang beim Betroffenen genügt für eine Heilung nach § 8 VwZG NW, auch wenn der Zustellungswille der Bußgeldbehörde auf eine förmliche Zustellung an den gewählten Verteidiger gerichtet war. „Empfangsberechtigter“ i.S.v. § 8 VwZG NW ist nicht nur derjenige, an den die Zustellung gerichtet war, sondern eine Heilung wird auch dann bewirkt, wenn ein anderer Zustellungsberechtigter das Schriftstück tatsächlich erhält. Denn der Begriff „Empfangsberechtigter“ entspricht der „Person, an die die Zustellung dem Gesetz gemäß gerichtet war oder gerichtet werden konnte“ in § 189 ZPO, wie sich auch aus der Gesetzesbegründung zu der bundesgesetzlichen Regelung in § 8 VwZG ergibt (BT-Drs. 15/5216, S. 14; Erlenkämper/Rhein, § 8 LZG NRW, Rdnr. 1). Im Bußgeldverfahren steht es auch bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 51 Abs. 3 Satz 1 OWiG im Ermessen der Bußgeldbehörde, ob sie an den Betroffenen oder seinen Verteidiger zustellen will (Göhler-Seitz, OWiG, 16. Aufl., § 51, Rdnr. 44 m.w.N.). Ein Betroffener bleibt daher auch dann, auch wenn sich sein gewählter Verteidiger gemeldet und eine Vollmacht zur Akte gereicht hat, Empfangsberechtigter i.S.v. § 8 VwZG NW, so dass ein tatsächlicher bzw. nachweislicher Zugang bei ihm geeignet ist, die Heilungswirkung auszulösen. Dies gilt aufgrund des Wortlauts von § 189 Alt. 2 ZPO auch dann, wenn der (empfangsberechtigte) Empfänger des zuzustellenden Schriftstücks nicht mit der Person identisch ist, die auf dem Schriftstück bzw. dessen Umschlag als Adressat der Zustellung angegeben ist, sofern die Zustellung nach den gesetzlichen Bestimmungen an den tatsächlichen Empfänger hätte gerichtet werden können (BGH, Urteil vom 12. März 2015 – III ZR 207/14, BeckRS 2015, 06671, Rdnr. 15; BVerwG, Urteil vom 18. April 1997 – 8 C 43.95, juris, Rdnr. 28 für § 9 VwZG a.F.; MK-Häublein, ZPO, 5. Aufl., § 189, Rdnr. 9). Für eine solche Anwendung der Heilungsvorschriften spricht neben dem Gesetzeswortlaut der Regelungszweck der reformierten Zustellungsvorschriften, der nach dem oben Gesagten auf eine Vereinfachung des Zustellungsverfahrens abzielt mit der Folge einer weiten Auslegung der Vorschriften über die Heilung von Zustellungsmängeln.

(4) Ausreichend ist schließlich nach der nunmehr wohl h.M. in Rechtsprechung und Literatur, der sich der Senat anschließt, jedenfalls im Anwendungsbereich der Verwaltungszustellungsgesetze auch der Zugang einer Kopie oder eines Duplikats (BVerwG, Urteil vom 18. April 1997 – 8 C 43.95, juris, Rdnr. 29 für § 9 VwZG a.F; OVG NW, Beschluss vom 30. Mai 2011 – 13 E 499/11, juris, Rdnr. 7; Erlenkämper/Rhein, § 8 LZG NRW, Rdnr. 18; MK-Häublein, ZPO, 5. Aufl., § 189, Rdnr. 9; a.A. Engelhardt/Schlatmann, VwZG, 10. Aufl., § 8, Rdnr. 4 m.w.N.). Der Zweck der Bekanntgabe ist nämlich erreicht, wenn dem Adressaten eine zuverlässige Kenntnis des Inhalts des Bescheides verschafft wird (Kugelmüller-Pugh in: Beerhamm/Gosch, AO/FGO, 1. Aufl., 131. Lieferung (Stand: 01.02.2013), § 8 VwZG, Rdnr. 21). Dies gilt umso mehr im automatisierten Bußgeldverfahren, bei dem der Bußgeldbescheid computergestützt erstellt und nicht im Original unterzeichnet wird (BGH, Beschluss vom 5. Februar 1997 – 5 StR 249/96, NJW 1997, 1380).

Nach allem: Der formlose Zugang beim Betroffenen heilt die fehlerhafte Zustellung beim Verteidiger heilt, obwohl der innerhalb der Dreimonatsfrist keine Kenntnis genommen hat. Mit der Begründung ist alles heilbar. So – m.E. falsch – auch schon das OLG Saarbrücken. Anders haben das das OLG Celle im OLG Celle, Beschl. v. 30.08.2011 – 311 SsRs 126/11 und dazu Mit der Vollmacht kann man verteidigen und das OLG Stuttgart im OLG Stuttgart, Beschl. v. 10.10.2013 – 4a Ss 428/13 gesehen (ähnlich auch noch OLG Celle zfs 2016, 110 m. Anm. Krenberger). Aber vorgelegt wird natürlich – mal wieder – nicht. Aber irgendwann geht auch in der Frage kein weg am BGH vorbei.

Verteidiger aufgepasst: Wiedereinsetzungsantrag rettet keine unzulässige Verfahrensrüge

Ich habe auch während meiner Tätigkeit beim OLG Hamm immer wieder Folgendes erlebt:

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Es wird Revision eingelegt und die wird mit der Verfahrensrüge begründet. Durch die Stellungnahme des GStA erfährt der Verteidiger, dass seine Verfahrensrüge nicht ausreichend i.S. des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO begründet ist. Er stellt einen Antrag  auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur Heilung der Mängel von nicht den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO entsprechenden Verfahrensrüge.

Aber: Das geht nicht. Dazu jetzt auch noch einmal der BGH, Beschl. v. 10.07.2012 – 1 StR 301/12. Danach dient das Rechtsinstitut der Wiedereinsetzung nicht der Heilung von Zulässigkeitsmängeln von fristgemäß erhobenen Verfahrensrügen. Es bleibt bei der Unzulässigkeit. Die lässt sich i.d.R. nicht reparieren. Dazu der BGH:

1. Das Wiedereinsetzungsgesuch ist unzulässig.

a) Das Gesetz räumt die Möglichkeit einer Wiedereinsetzung in den vori-en Stand nur für den Fall ein, dass eine Frist versäumt worden ist (§ 44 Satz 1 StPO). Eine Fristversäumung liegt hier nicht vor, weil die Revision des Ange-klagten von seinem Verteidiger mit der Sachrüge und mit Verfahrensrügen innerhalb der Frist des § 345 StPO begründet worden ist (st. Rspr.; vgl. BGHSt 1, 44; BGHR StPO § 44 Verfahrensrüge 1, 3, 7).

b) Die Zulässigkeit des Wiedereinsetzungsgesuchs ergibt sich auch nicht daraus, dass geltend gemacht wird, den Angeklagten treffe an den Mängeln kein Verschulden, er sei sich des Formerfordernisses des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO nicht einmal bewusst gewesen.

Das Rechtsinstitut der Wiedereinsetzung dient nicht der Heilung von Zulässigkeitsmängeln von fristgemäß erhobenen Verfahrensrügen. Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur Wiederholung einer zunächst vom Verteidiger nicht formgerecht vorgetragenen und daher unzulässigen Verfahrensrüge widerspräche im Übrigen der Systematik des Revisionsverfahrens. Könnte ein Angeklagter, dem durch die Antragsschrift des Generalbundesanwalts ein formaler Mangel in der Begründung einer Verfahrensrüge aufgezeigt worden ist, diese unter Hinweis auf ein Verschulden seines Verteidigers nachbessern, würde im Ergebnis die Formvorschrift des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO außer Kraft gesetzt. Da den Angeklagten selbst an dem Mangel regelmäßig keine Schuld trifft, wäre ihm auf einen entsprechenden Antrag hin stets Wiedereinsetzung zu gewähren (vgl. BGHR StPO § 44 Verfahrensrüge 1; BGH wistra 1992, 28). Dies würde nicht mit dem öffentlichen Interesse in Einklang stehen, einen geordneten Fortgang des Verfahrens zu sichern und ohne Verzögerung alsbald eine klare Verfahrenslage zu schaffen (BGHSt 1, 44, 46; BGH, Beschluss vom 27. März 2008 – 3 StR 6/08).

Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur Nachholung einer Verfahrensrüge kommt daher nur in besonderen Prozesssituationen ausnahmsweise in Betracht, wenn dies zur Wahrung des Anspruchs des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) unerlässlich erscheint (vgl.  BGHR StPO § 44 Verfahrensrüge 8; BGH, Beschluss vom 15. März 2001 – 3 StR 57/01; Beschluss vom 25. September 2007 – 1 StR 432/07; BGH, Be-schluss vom 27. März 2008 – 3 StR 6/08; Meyer-Goßner, StPO, 55. Aufl., § 44 Rn. 7 ff.). Eine solche Ausnahmesituation liegt im vorliegenden Fall ersichtlich nicht vor.