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Ich habe da mal eine Gebührenfrage: Reicht meine anwaltliche Versicherung nicht?

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Am Nachmittag des ersten Tages der neuen Woche: Mal wieder Gebührenrecht :-). Aus dem Forum auf meiner Homepage Burhoff-online stammt folgende Gebührenfrage, zu einem eher allgemeinen Problem. Gestellt wurde sie von einem Pflichtverteidiger, der in mehreren Verfahren tätig war. Alle Verfahren wurden später miteinander verbunden und zusammen verhandelt. Bei der Abrechnung hat der Pflichtverteidiger neben der Grundgebühr Nr. 4100 VV RVG auch die Verfahrensgebühren nach Nr. 4104 VV RVG abgerechnet. Der Bezirksrevisor war der Meinung, aus der Akte gehe nicht hervor, dass eine weitere Tätigkeit für diese Gebühr angefallen wäre. Der Pflichtverteidiger hat anwaltlich unter Hinweis auf § 294 ZPO versichert, dass er in den Verfahren vor Anklageerhebung sowohl mit der Staatsanwaltschaft über die Möglichkeit der Einstellung gesprochen habe als auch mit Zeugen über in Frage kommende beweiserhebliche Tatsachen. Der Bezirksrevisor hat sich auf den Standpunkt gestellt, die anwaltliche Versicherung würde nur für die Postpauschale genügen. Im Übrigen gelte § 294 ZPO, welcher eine anwaltliche Versicherung nicht zulasse, sondern lediglich die eidesstattliche Versicherung.

Ich war dann doch über die Auffassung des Bezirksrevisors ein wenig erstaunt. M.E. schießt er über das Ziel hinaus. Die vom Pflichtverteidiger erbrachten Tätigkeiten – es gilt altes Recht – gehören mit Sicherheit bereits zum Abgeltungsbereich der Verfahrensgebühr Nr. 4104 VV RVG für das vorbereitende Verfahren. Sie sind nicht mehr nur Einarbeitungsarbeiten, für die die Grundgebühr Nr. 4100 VV RVG gelten würden. Die vom Rechtsanwalt erbrachten Tätigkeiten müssen sich auch nicht aus der Akte ergeben, so dass schon der Ansatz des Bezirksrevisors falsch ist. Ausreichend ist die Glaubhaftmachung durch den Rechtsanwalt. Eine eidesstattliche Versicherung ist nicht erforderlich. Hier waren konkrete Tätigkeiten vom Rechtsanwalt vorgetragen. M.E. hatte sich schon damit entsprechend dem Rechtsgedanken des § 46 RVG die Beweislast umgekehrt (vgl. KG, RVGreport 2008, 302 = StRR 2008, 398; OLG Brandenburg, RVGreport 2007, 182 = AGS 2007, 400; OLG Düsseldorf RVGreport 2008, 259 = StRR 2008, 399). Diese Rechtsprechung der OLG ist zwar zu Auslagen ergangen, man wird sie aber auf diese Fallkonstellationen entsprechend anwenden können.

Die Frage wird sich unter Geltung des 2. KostRMoG v. 23.07.2013. (BGBl 2013, S. 2586) kaum noch so stellen lassen. Denn nach den Änderungen in der Nr. 4100 VV RVG fallen jetzt die Verfahrensgebühr und die Grundgebühr Nr. 4100 VV RVG immer nebeneinander an. Auf die erbrachten Tätigkeiten kommt es nicht mehr an. Die haben nur noch für die Frage der Bemessung der Gebühren Bedeutung.

So klappt das nicht mit der Wiedereinsetzung…

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Tja, da muss man wohl wirklich am Vortrag des Angeklagten, mit dem er ein Wiedereinsetzungsgesuch begründet hat, zweifeln. Zumindest ist sein Vortrag nicht glaubhaft gemacht, so dass der BGH den Antrag als unzulässig zurückgewiesen hat (vgl. BGH, Beschl. v. 22.08.2012 -4 StR 299/12). Da konnte auch die neue Verteidigerin nichts mehr retten:.

„…
1. Der Wiedereinsetzungsantrag ist unzulässig. Der Angeklagte hat zwar behauptet, bereits am 7. Juni 2012, also einen Tag vor Fristablauf, den Brief vom 6. Juni 2012 in der Justizvollzugsanstalt in einem Begleitumschlag für ab-gehende Briefe zur Post gegeben zu haben. Er hat aber diese zur Begründung seines Antrags maßgebliche Tatsache entgegen § 45 Abs. 2 Satz 1 StPO nicht glaubhaft gemacht. Vielmehr ist seine Behauptung durch die Stellungnahme der Justizvollzugsanstalt vom 26. Juni 2012 widerlegt, wonach sich die Justizbeamtin K. am 7. Juni 2012 nicht im Dienst befand und am Feiertag von Gefangenen keine Briefpost entgegengenommen wird. Dies steht in Einklang mit der vom Gefangenen selbst auszufüllenden Datumsangabe „8/6/12“ auf dem Begleitumschlag für abgehende Briefe. Durch die Abgabe des Briefes erst am Tage des Fristablaufs hat der Angeklagte die Frist schuldhaft versäumt (vgl. BGH, Beschluss vom 13. Mai 1997 – 1 StR 142/97, BGHR StPO § 44 Verschulden 4). Ebenso wenig hat der Angeklagte die Absendung eines Briefes mit einem Auftrag zur Revisionseinlegung an seinen Verteidiger am 4. Juni 2012 glaubhaft gemacht (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 55. Aufl., § 45 Rn. 9 mwN).

Soweit die neue Pflichtverteidigerin, Rechtsanwältin M. -H. , ein Verschulden der früheren Verteidiger darin sieht, dass sie den Angeklagten erst am 22. Juni 2012 in der Justizvollzugsanstalt besucht haben, ist der Vortrag verspätet (vgl. Meyer-Goßner aaO Rn. 5). Im Übrigen würde dadurch das eigene Verschulden des Angeklagten, seine Verteidiger nicht rechtzeitig mit der Revisionseinlegung beauftragt zu haben, nicht beseitigt (vgl. Meyer-Goßner aaO § 44 Rn. 12b).“