In der zweiten Entscheidung, dem BGH, Beschl. v. 09.11.2022 – 4 StR 383/22 -, geht es auch um einen Dauerbrenner, nämlich um die Bindung an Feststellungen im Fall einer Teilaufhebung:
„Das Urteil kann keinen Bestand haben, weil die Strafkammer die aufgehobenen Feststellungen des im ersten Rechtsgang ergangenen Urteils zu den (fehlenden) Voraussetzungen des § 21 StGB rechtsfehlerhaft als bindend angesehen und insoweit keine eigene Prüfung vorgenommen hat.
1. Wird bei einer teilaufhebenden Revisionsentscheidung der Schuldspruch rechtskräftig, jedoch der Strafausspruch mit den Feststellungen aufgehoben, so ist der neue Tatrichter nur an den Schuldspruch selbst und diejenigen Feststellungen gebunden, die ausschließlich oder ? als sogenannte doppelrelevante Tatsachen ? auch den nunmehr rechtskräftigen Schuldspruch betreffen (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urteil vom 14. Januar 1982 – 4 StR 642/81, BGHSt 30, 340, 342 ff.; Beschluss vom 17. Dezember 1971 – 2 StR 522/71, BGHSt 24, 274, 275). Dagegen ist der Strafausspruch mit den ausschließlich ihn betreffenden Feststellungen aufgehoben und nicht mehr existent. Dazu gehört nicht nur die Strafzumessung im engeren Sinn, vielmehr hat der neue Tatrichter auch die Voraussetzungen und die Anwendbarkeit des § 21 StGB ? ohne jede Bindung an das insoweit nicht mehr existente erste Urteil ? zu prüfen (vgl. BGH, Beschluss vom 19. Mai 2020 – 4 StR 610/19 Rn. 6; Beschluss vom 12. Dezember 2012 – 2 StR 481/12 Rn. 3; Beschluss vom 4. November 2008 – 3 StR 336/08 Rn. 2; Beschluss vom 16. Februar 2000 – 3 StR 24/00 Rn. 4 f.).
2. Diesen Anforderungen wird das angefochtene Urteil nicht gerecht. Denn die Strafkammer hat im zweiten Rechtsgang keine Prüfung der Voraussetzungen des § 21 StGB vorgenommen. Sie hat vielmehr die insoweit aufgehobenen Feststellungen aus dem ersten Urteil zu dem seinerzeit angenommenen Ausschluss einer erheblichen Verminderung der Schuldfähigkeit der Angeklagten schlicht übernommen und dieses Ergebnis ungeprüft ihrer Strafzumessung zugrunde gelegt.“