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StPO III: Terminierung ohne Terminsabsprache, oder: Terminsverlegung ist die Folge

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Und als dritte Entscheidung dann noch etwas zur Terminsverlegung. Der LG Wuppertal, Beschl. v. 24.11.2023 – 23 Qs 130/23 – kommt zwar in einem Bußgeldverfahren ergangen, die vom LG entschiedene Problematik spielt aber nicht nur dort, sondern auch in Strafsachen – beim AG – eine Rolle.

Der Verteidiger hatte Terminsverlegung beantragt, weil er an dem bestimmten Termin durch eine anderer Hauptverhandlung verhindert war. Das AG lehnt ab, das LG Wuppertal gibt dem Verteidiger im Beschwerdeverfahren Recht:

„Die Beschwerde ist zulässig und hat in der Sache Erfolg.

Der Zulässigkeit der Beschwerde steht § 305 Satz 1 StPO nicht entgegen, da die Ablehnung, den Hauptverhandlungstermin vom 30.11.2023 (10.20 Uhr) zu verlegen, eine über die bloße Ablehnung hinausgehende selbständige Bedeutung entfaltet, Denn dadurch wird das Recht des Betroffenen, sich von einem Rechtsanwalt seines Vertrauens verteidigen zu lassen, berührt (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, Aufl., § 213 Rz, 9 mwN). An dem anberaumten Hauptverhandlungstermin ist der Wahlverteidiger des Betroffenen, Rechtsanwalt pp., an der Wahrnehmung des Termins aufgrund eines zeitgleichen (bereits um 10.15 Uhr beginnenden) Termins, den er aufgrund älterer Ladung vor dem Amtsgericht Hattingen wahrzunehmen hat, gehindert.

Die Beschwerde ist auch begründet.

Generell hat ein Betroffener – wie ein Angeklagter im Strafverfahren (vgl. §§ 137 StPO, 46 Abs. 1 OWIG) – das Recht, sich von einem Rechtsanwalt seines Vertrauens verteidigen zu lassen. Zwar folgt daraus nicht, dass bei Jeder Verhinderung des gewählten Verteidigers eine Hauptverhandlung gegen den Betroffenen nicht durchgeführt werden könnte. Der Vorsitzende hat indes über die Terminierung (§ 213 StPO) und Anträge auf Verlegungen bzw. Aufhebungen nach pflichtgemäßem Ermessen unter Berücksichtigung der eigenen Terminsplanung, der Gesamtbelastung des Spruchkörpers, des Gebots der Verfahrensbeschleunigung und der berechtigten Interessen aller Prozessbeteiligten, namentlich also auch des Rechts des Betroffenen, sich von einem Rechtsanwalt seines Vertrauens verteidigen zu lassen, zu entscheiden (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, a.a.O., § 213 Rz. 7 f,), Zwar ist der Vorsitzende nicht verpflichtet, einen Termin vor dessen Anberaumung mit sämtlichen Verfahrensbeteiligten abzustimmen. Hat eine Terminsabsprache nicht stattgefunden, muss sich der Vorsitzende Jedoch bei substantiierten Verlegungsanträgen eines Verteidigers, der das Vertrauen des Betroffenen genießt, Jedenfalls ernsthaft bemühen, dessen nachvollziehbarem Begehren im Rahmen der zeitlichen Möglichkeiten des Spruchkörpers Rechnung zu tragen. Im Beschwerdeverfahren ist lediglich zu überprüfen, ob der Vorsitzende bei seiner Entscheidung sämtliche relevanten Gesichtspunkte eingestellt und rechtsfehlerfrel gegeneinander abgewogen hat oder ob er sein Ermessen rechtsfehlerhaft ausgeübt hat; die Zweckmäßigkeit seiner Entscheidung ist hingegen der Nachprüfung durch das Beschwerdegericht entzogen (s. Meyer-Goßner/Schmitt, a.a.O., § 213 mwN).

Dieser eingeschränkten Nachprüfung hält die angefochtene Verfügung des Amtsrichters vom 02.11.2023, mit der er den Terminsverlegungsantrag des Verteidigers abgelehnt hat, nicht stand. Die Entscheidung Ist ermessensfehlerhaft! Sie orientiert sich letztlich daran, dass der Termin bereits zuvor einmal wegen einer, Verhinderung des Verteidigers verlegt worden war, nachdem dieser die Verhinderung durch einen anderen Gerichtstermin, zu dem er früher geladen worden war, mitgeteilt hatte, und dass nach derzeitigem Stand keine Verhinderungen der als Zeugen geladenen Polizeibeamten bestünden. Der zugleich vorgetragenen Bitte das. Verteidigers, einen Ausweichtermin abzustimmen, ist der Amtsrichter nicht nachgekommen, sondern hat den Termin auf den 30,11.2023 verlegt. Da der Versuch einer Terminsabsprache nicht stattgefunden hat, hätte sich der Amtsrichter indes bei einem wie hier substantiierten Verlegungsantrag Jedenfalls ernsthaft bemühen müssen, dessen nachvollziehbarem Begehren im Rahmen der zeitlichen Möglichkeiten des Spruchkörpers Rechnung zu tragen (vgl. BGH NStZ-RR 2010, 312), zumal die in Rede stehenden Rechtsfolgen (700,- Euro Geldbuße, dreimonatiges Fahrverbot) belangvoll sind. Dass die Kapazitäten dem durchgreifend entgegenstünden, belegt jedenfalls der formelhafte Hinweis in der Nichtabhilfeentscheidung nicht, zumal die Terminierung mit zeitlichem Vorlauf erfolgt und das Verlegungsgesuch zeitnah angebracht und substantiell begründet worden ist.“

Mit der Entscheidung kann man etwas anfangen – das LG hat im Übrigen ja schon mal ähnlich entschieden.