Archiv für den Tag: 7. April 2012

Scheppermannfall/Absichtlicher Auffahrunfall – wie intensiv hat es gescheppert?

§ 315b StGB – gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr – und kein Ende. Immer wieder gibt es dazu BGH-Entscheidungen, die im Grunde genommen immer wieder dasselbe sagen bzw. zu denselben Fragen Stellung nehmen. So auch der BGH, Beschl. v. 25.01.2012 – 4 StR 507/11, der noch einmal bestätigt, was der BGH schon vor einiger Zeit zum Merkmal „konkrete Gefahr für Leib oder Leben eines anderen Menschen“ ausgeführt hat. Im Zusammenhang mit der absichtlichen Herbeiführung eines Auffahrunfalls kann die von § 315b StGB vorausgesetzte konkrete Gefährdung von Leib und Leben eines anderen Menschen nicht hinreichend damit begründet werden, dass in solchen Fällen provozierter Unfälle regelmäßig die Gefahr liege, dass der plötzliche Aufprall bei den von der Situation überraschten Insassen des auffahrenden Fahrzeugs, dessen Auffahrgeschwindigkeit der Täter nicht beeinflussen könne, zu nicht unerheblichen Verletzungen namentlich im Kopf- und  Halswirbelsäulenbereich führe. Vielmehr sind – so der BGH – grundsätzlich konkrete Feststellungen insbesondere zu den Geschwindigkeiten der Pkw im Zeitpunkt der Kollision und der Intensität des Aufpralls zwischen den beteiligten Fahrzeugen erforderlich.

Und daran feht es häufig, weil die LG nur allgemeine Ausführungen machen, womit grundsätzlich in solchen Fällen zu rechnen sei.

 

50.000 € Schmerzensgeld nach einem Mord nicht zu viel…

Das OLG Bremen hat im OLG Bremen, Beschl. v. 16.03.2012 – 3 U 6/12 PKH für eine Berufung verweigert, mit der der der Beklagte ein vom LG Bremen festgesetztes Schmerzensgeld von 50.000 € auf 25.000 € reduzieren wollte. Ausgangspunkt war eine Verurteilung des Beklagten wegen Mordes und gefährlicher Körperverletzung unter Berücksichtigung verminderter Schuldfähigkeit zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 12 Jahren. Das LG hat das von ihm festgesetzte Schmerzensgeld wie folgt begründet:

Zur Begründung der Verurteilung hat das Landgericht ausgeführt, dass der Beklagte der Tochter der Klägerin vorsätzlich Verletzungen zugefügt habe, aufgrund derer die Tochter der Klägerin verstorben sei. Zwar sei zu beachten, dass nach dem Gesetzeswortlaut nur die Körper- und Gesundheitsverletzung, nicht aber die Vernichtung des Lebens als solche Schmerzensgeldansprüche auslösen könne. Nach den sachverständigen Ausführungen stehe aber fest, dass die Tochter der Klägerin nach dem ersten Würgeangriff das Bewusstsein wiedererlangt habe. Sie sei für einen nennenswerten Zeitraum bei vollem Bewusstsein gewesen und habe die ihr zugefügten Verletzungen – insbesondere auch die schwere Afterverletzung – vollständig wahrgenommen.

Für die Bemessung des Schmerzensgeldes sei ausschlaggebend, dass die Tochter der Klägerin nach dem Würgeangriff nicht nur starke Schmerzen und erhebliche Verletzungen durch den Beklagten erlitten, sondern insbesondere auch aufgrund des als sicher erkannten Todeseintritts eine Todesangst ausgestanden habe. Eine Einschränkung der Wahrnehmungsfähigkeit des Beklagten aufgrund Alkoholisierung oder sonstiger Stoffe könne nach den Sachverständigenangaben ausgeschlossen werden. Der relativ kurze Zeitraum des Überlebens sei angesichts der vorsätzlichen und mit Misshandlungen verbundenen Tat kein taugliches Bemessungskriterium für das Schmerzensgeld und trete völlig hinter die Kombination aus verletzungsbedingtem Schmerz und der Angst vor dem als vom Beklagten beabsichtigt erkannten Tod zurück. Durch diese Kombination hebe sich der Fall von anderen Vergleichsfällen aus den Schmerzensgeldtabellen ab und rechtfertige eine Verurteilung in der tenorierten Höhe. „

Das OLG hat das „gehalten: Bei einer vorsätzlich begangenen gefährlichen Körperverletzung, die zum Tode der Geschädigten führt, trete bei der Bemessung des Schmerzensgeldes die Ausgleichsfunktion des Schmerzensgeldes hinter dessen Genugtuungsfunktion zurück. Nach den Umständen des Einzelfalls könen deshalb ein Schmerzensgeld von € 50.000,00 auch dann angemessen sein, wenn die Geschädigte die Verletzungshandlung lediglich für einen kurzen Zeitraum (hier ca. 30 Minuten) überlebt, sie jedoch die ihr zugefügten schweren Verletzungen und Schmerzen bewusst und in Todesangst wahrnehme.