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Akteneinsicht a la LG Stuttgart: Zirkelschluss bei PoliscanSpeed

© Avanti/Ralf Poller - Fotolia.com

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Der Kollege aus dem Verkehrsrechts Blog hat mir den LG Stuttgart, Beschl. v. 16.06.2015 – 4 Qs 13/15 Hw – zur Verfügung gestellt, über den er selbst ja auch schon berichtet hatte. Der Vollständigkeit halbe will ich ihn hier dann auch bringen:

Ja, richtig gelesen. „16.06.2015“, also schon älter. Und der Kollege ist auch lange hinter dem Beschluss „hergelaufen, bis das LG ihn dann endlich herausgerückt hat. Man fragts sich, warum das LG so sperrig war. Nun vielleicht hat es damit zu tun, dass das LG nach Erlass des Beschlusses erkannt hat, dass er falsch ist. Der Verteidiger hatte in dem Verfahren beantragt, „die Herstellerfirma Vitronic Bildverarbeitungssysteme GmbH, Wiesbaden, zu verpflichten, das Token und das Passwort zu dem Geschwindigkeitsüberwachungsgerät PoliScan speed F1 für die Messung am 01. September 2014 um 13:44 Uhr herauszugeben. Als Begründung führte der Betroffene aus, dass er ein privates Sachverständigengutachten in Auftrag gegeben habe und zur Begutachtung des gesamten Vorgangs diese Zugangsdaten der Herstellerfirma benötigt würden, welche diese jedoch ohne Gerichtsbeschluss nicht herausgebe.“ Hat es beim AG nicht gegeben und beim LG dann auch nicht. Die Begründung: M.E. falsch, weil sie einen Zirkelschluss enthält:

„Angesichts der erfolgten Bauartzulassung besteht auch kein Anlass, dem System PoliScan Speed die Anerkennung als standardisiertes Messverfahren zu versagen, weil ein Sachverständiger – mangels Zugangs zu patent- und urheberrechtlich geschützten Herstellerinformationen – die genaue Funktionsweise des Geräts anhand hierfür relevanter Daten der Messwertermittlung nicht im Einzelnen nachvollziehen kann. Die amtliche Zulassung von Geräten und Methoden verfolgt – ebenso wie die Berücksichtigung eines Toleranzabzugs für etwaige systemimmanente Messfehler- gerade den Zweck, Ermittlungsbehörden und Gerichte von der Sachverständigenbegutachtung und Erörterung des Regelfalls freizustellen (BGHSt 39, 291, 297). Bereits in Strafsachen können regelmäßig Ergebnisse allgemein anerkannter kriminaltechnischer oder rechtsmedizinischer Untersuchungsverfahren verwertet werden, ohne dass die genaue Funktionsweise der verwendeten Messgeräte bekannt sind, so dass keine strengeren Anforderungen in Bußgeldsachen gelten können, bei denen es lediglich um die Ahndung von Ordnungswidrigkeiten geht und die im Hinblick auf ihre vorrangige Bedeutung für Massenverfahren des täglichen Lebens auf eine Vereinfachung des Verfahrensgangs ausgerichtet sind (BGHSt 39, 291, 299).

Der Anspruch des Betroffenen, nur aufgrund ordnungsgemäß gewonnener Messdaten belangt zu werden, bleibt durch die Möglichkeit gewahrt, auf konkrete Zweifel an der Richtigkeit der Messung im Einzelfall hinzuweisen und diesbezüglich Beweisanträge zu stellen.

Derartige konkrete Fehlerquellen im vorliegenden Einzelfall werden jedoch vom Betroffenen nicht vorgebracht.“

Wie soll er auch, wenn er keine Gelegenheit bekommt, das Messergebnis überprüfen zu lassen? Aber vielleicht bekommt das LG ja mal irgendwann Gelegenheit, da nachzubessern.