Ein Gericht macht sich lächerlich (?), oder soll man weinen?

© angelo sarnacchiaro – Fotolia.com

Die Wogen um den NSUZ-Prozess schlagen hoch – noch bevor das Verfahren überhaupt angefangen hat. Kein Tag vergeht derzeit, an dem es nicht neue Meldungen aus München und zum OLG München gibt. Man kommt mit dem Lesen kaum nach und kann/will auch nicht alles kommentieren, was irgendwo schon besprochen/kommentiert ist. Nun stoße ich aber gerade beim Stöbern in den Blogs auf den Beitrag „Kafka hätte seine Freude am OLG München gehabt“ aus dem Terrorismus-Blog, in dem vorab ein Kommentar (wohl abgewogen und m.E. lesenswert) aus den ARD-Radioprogrammen veröffentlicht worden ist. Und – und daher blogge ich – eine E-Mail, die der bloggende Kollege heute vom OLG München erhalten hat.

Ich erlaube mir, die zu zitieren:

„Sehr geehrte Damen und Herren,

im Hinblick auf die zahlreichen bisher schriftlich und mündlich übermittelten umfassenden Informationen zur Anordnung und Durchführung des Akkreditierungsverfahrens, einschließlich der sich hieraus ergebenden  Vergabe der Sitzplätze in dem für Medienvertreter reservierten Bereich des Zuhörerraums, sowie nicht zuletzt im Hinblick auf die angekündigte Einlegung einer Verfassungsbeschwerde in diesem Zusammenhang, wird um Verständnis dafür gebeten, dass die Justizpressestelle Anfragen zu den angesprochenen Themenkomplexen bis auf Weiteres weder schriftlich noch mündlich/telefonisch bearbeiten kann.
Selbstverständlich werden wir Sie unverzüglich per Pressemitteilung informieren, sobald hierzu neue Entwicklungen und/oder Erkenntnisse vorliegen.

Bis zu diesem Zeitpunkt bitten wir von diesbezüglichen Anfragen absehen zu wollen.
Vielen Dank für Ihr Verständnis.

Mit freundlichen Grüßen
Margarete Nötzel
VRiOLG bei dem OLG München
Leiterin der Justizpressestelle bei dem Oberlandesgericht München“

In meinen Augen lächerlich, wie sich das OLG nun verhält. U.a. wegen der angekündigten (!) Verfassungsbeschwerde will man keine Anfragen mehr beantworten. Ist sicherlich eine Menge an Anfragen, die eingehen. Aber: Das sind doch die Geister, die man rief, bzw, was hat man denn erwartet, was passiert? Und dann steckt man jetzt offenbar lieber den Kopf in den Sand und teilt mit: Ich sage nichts mehr „nicht zuletzt im Hinblick auf die angekündigte Einlegung einer Verfassungsbeschwerde „. Wie kommentiert der Verfassungs-Blog so schön die E-Mail: „aufgrund ihres bemerkenswert schmerzfreien Tonfalls „?

Man weiß nicht: Lachen oder weinen?

 

10 Gedanken zu „Ein Gericht macht sich lächerlich (?), oder soll man weinen?

  1. RASchleicher

    Sorry, Herr Kollege Burhoff, aber ich kann nichts Lächerliches oder Anderes an der Stellungnahme des OLG München erkennen. Schlicht lächerlich empfinde ich die Hysterie der deutschen Presse und Politik, auf welche offensichtlich erst im Nachgang die ausländische Presse aufgesprungen ist. Die Gründe für meine Einstellung hatte ich bereits in einem anderen Blog wie folgt dargelegt:
    Der Medienrummel um die vermeintliche Unsensibilät etc. des OLG München, in welchen sich in unsäglicherweise auch noch die deutsche Politik meint einmischen zu müssen (haben die schon mal was von Gewaltenteilung gehört?), soll offensichtlich nur von der Schlafmützigkeit der jetzt kreischenden Journalistenschar ablenken.

    Das OLG München hat bereits mit Pressemitteilung vom 01.02.13 darauf hingewiesen, dass in naher Zukunft mit einer Terminierung des Verfahrens und einer Sicherheitsverfügung zu rechnen ist
    http://www.justiz.bayern.de/gericht/olg/m/presse/archiv/2013/03828/

    Unter dem 04.03.2012 erfolgte die Veröffentlichung dieser Sicherheitsverfügung per Pressemitteilung – http://www.justiz.bayern.de/gericht/olg/m/presse/archiv/2013/03871/

    Beide Mitteilungen sind und waren im In- und Ausland im Internet abrufbar. Es war ja wohl interessierten Politikern, Medienvertretern und Botschaftern zumutbar, einmal am Tag den entsprechenden Internetauftritt des OLG München aufzurufen !!

    Der kreischenden Presse liegt die zeitliche Sensationsgier offensichtlich näher als das Interesse des OLG München an einem revisionssicheren Strafverfahren.

  2. meine5cent

    Nun,
    – der Prozess heißt im Allgemeinen nicht NSZ, sondern NSU-Prozess
    – das Vergabeverfahren Windhund praktiziert das Bundesverfassungsgericht exakt genau so. Steht in jeder PM des BVerfG zu Verhandlungs/Verkündungsterminen.
    – dass das OLG jetzt nicht mehr jede Anfrage des Buxtehuder Tagblatts beantworten will, wie mann denn die Sicherheitsverfügung des Senatsvorsitzenden und die Liste der zugelassenen Medienvertreter ergoogeln kann ob und wann und wie der Senat (ist ja nicht die Pressestelle, die das entscheidet) gedenkt, seine Zugangsregelungen umzustellen, erscheint mir jetzt nicht als lächerlich.Sie gehen vermutlich zu Unrecht davon aus, dass bei einer Pressestelle nur intelligente Fragen eingehen und nicht zu wenigstens 50 % Quark.

  3. Detlef Burhoff

    @ RA Schleicher: es geht doch gar nicht um die inhaltlichen Fragen und darum, wie das OLG München mit der Platzvergabe umgeht bzw. umgegangen ist – wer eben zu spät kommt, den bestraft eben das Leben, da bin ich ja bei Ihnen -, sondern darum, dass man jetzt offenbar den Kopf in den Sand steckt.
    @ meine5cent
    Wir haben einen Kommentator, der sich „Schlauberger“ nennt, passt auch bei Ihnen. Denn dass „NSZ“ ein Tippfehler war, war m.E. offensichtlich, aber, wenn es Freude macht: geschenkt,
    zu den inhaltlichen Fragen siehe oben,
    und ob man so mit Anfragen umgehen kann – auch wenn sie ggf. vom „Buxtehuder Tagblatts“ kommen (gibt es das? und was haben Sie gegen Buxtehude?) ist doch fraglich und in meinen Augen eben lächerlich

  4. Nils

    Ihre Disqualifizierung als „lächerlich“ ist unangemessen. Vor allem sollten Sie sich m.E. entscheiden, ob Sie im Blog deutlich die Ihnen zustehende Bezeichnung „RA und RiOLG a.D.“ führen oder nur als „RA“ firmieren. Sofern Sie letzteres tun, sind Sie m.E. freier in der Wortwahl. Tun Sie ersteres, kennzeichnen sich also nach außen als ehemaliger Teil der Justiz, der auch immer noch in einem Pflichtenverhältnis steht (die Pension kommt ja wohl noch monatlich) wäre etwas (Ex)-richterliche Zurückhaltung wünschenswert.

  5. Detlef Burhoff

    Ich kann Sie beruhigen – „(die Pension kommt ja wohl noch monatlich) “ – sie kommt nicht. Das Land bricht alle Brücken ab.
    Im Übrigen für mich „lächerlich“; ich akzeptiere, wenn Sie es anders sehen.

  6. Miraculix

    Nun, die Antwort der Pressestelle ist auch in meinen Augen peinlich, das Verhalten des Gerichts ist aber ansonsten nicht zu beanstanden.
    (Und ich gehöre ganz sicher zu den Ersten, die Richterbashing betreiben, wenn es denn angemessen ist!)

  7. Detlef Burhoff

    Um die inhaltlichen Fragen geht es mir doch gar nicht (siehe oben), darüber kann man diskutieren, das will ich aber hier nicht auch noch.
    Oh weh: Schon wieder angemessen 🙂

  8. G. Burkhardt

    Aus dem Beschluss des BVerfG ergibt sich eindeutig, dass türkische Presse die Akkreditierung verschlafen hat. Bei (nur!) 117 Presseanträgen und 50 Sitzplätzen hätten bei rechtzeitiger Anmeldung mindesten zwei türk. Zeitungen im Boot sein können.

  9. Detlef Burhoff

    Ergibt sich das daraus wirklich?:
    „Hierbei wird zu berücksichtigen sein, dass es sich vorliegend um ein Strafverfahren handelt, das eine ungewöhnlich große öffentliche Aufmerksamkeit auf sich zieht und damit auch auf das Interesse von Medienvertretern stößt, die mit Fragen der Gerichtsberichterstattung und den Verfahren zur Akkreditierung in Deutschland möglicherweise wenig vertraut sind. Insofern stellt sich die Frage, ob dem die Verfahrensgestaltung hinreichend Rechnung getragen hat. Hier könnte von Bedeutung sein, dass die Justizpressestelle des Oberlandesgerichts einzelnen Medienvertretern bereits vorab die voraussichtliche Berücksichtigung der Akkreditierung nach der Reihenfolge der Eingänge mitgeteilt hat. Dabei wäre allerdings zu berücksichtigen, inwieweit sich eine verzögerte Information der Beschwerdeführer auf ihre Chance auf Zuweisung eines festen Sitzplatzes auswirkte. In Anbetracht des zu erwartenden und laut Stellungnahme des zuständigen Vorsitzenden auch erwarteten Medienandrangs kann zu erwägen sein, ob wegen des hierbei naheliegenden besonderen Interesses auch ausländischer Medien, insbesondere aus den Herkunftsländern der Opfer der angeklagten Straftaten, die Anwendung des Prioritätsprinzips bei der Akkreditierung und der Beginn des Akkreditierungsverfahrens rechtzeitig und auch für Unerfahrene eindeutig hätte angekündigt werden müssen. In Betracht zu ziehen ist auch, ob im Sinne der Fairness des Verfahrens dabei auf die absehbar jedenfalls begrenzte Zahl der zur Verfügung stehenden Sitzplätze für Medienvertreter hätte hingewiesen werden müssen, so dass sich gerade auch ausländische Medien, die nicht regelmäßig an deutschen Gerichtsprozessen teilnehmen, auf die Knappheit der Sitzplätze und die Eilbedürftigkeit der Anmeldung besser hätten einstellen können. Vor diesem Hintergrund können auch weitere Umstände des in Frage stehenden Akkreditierungsverfahrens verfassungsrechtlich gewürdigt werden, wie die Tatsache, dass die Geltung des Prioritätsprinzips in der Verfügung vom 4. März 2013 lediglich in Verbindung mit der Akkreditierung als solcher, nicht aber explizit in Verbindung mit einer Sitzplatzvergabe genannt wurde und die ausdrückliche Unterscheidung zwischen Akkreditierung und nachfolgender Sitzplatzvergabe erst nachträglich am 22. März 2013 verfügt wurde. Schließlich stellt sich auch die Frage, ob in Anbetracht der Herkunft der Opfer ausnahmsweise ein zwingender Sachgrund für eine eventuell teilweise Differenzierung zwischen verschiedenen Medien beispielsweise im Sinne einer Quotenlösung gegeben gewesen wäre.“

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