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Wenn die BAK nur dünne 0,6 o/oo beträgt, muss das Urteil dicker sein….

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Wer bei mir im FA-Kurs war, der weiß (oder sollte wissen). Desto geringer die BAK, desto gewichtiger müssen die Anzeichen sein, die bei einer Verurteilung wegen eines Verstoßes gegen § 316 StGB für die Annahme der Fahruntüchtigkeit angeführt werden und desto mehr muss dazu auch im Urteil ausgeführt werden. Daran hat sich offenbar der Kollege, der mir den von ihm erstrittenen OLG Oldenburg, Beschl. v. 07.04.2016 – 1 Ss 53/16 – übersandt hat, erinnert und war deshalb gegen eine Entscheidung des AG Lingen in die (Sprung)Revision gegangen. Das OLG macht es sich einfach und rückt die Stellungnahme der GStA ein, die ausgeführt hatte:

„Der Schuldspruch wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr hält einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

Nach § 316 StGB macht sich strafbar, wer infolge des Genusses alkoholischer Getränke oder anderer berauschender Mittel nicht mehr in der Lage ist, sein Fahrzeug im öffentlichen Straßenverkehr sicher zu führen. Dies ist – unabhän­gig von der Fahrweise – stets der Fall, wenn auf den Fahrer zum Zeitpunkt der Fahrt ein Blutalkoholgehalt von 1,1%o oder mehr einwirkt. Liegt die alkoholi­sche Beeinflussung unter diesem Wert, müssen weitere Tatsachen hinzutre­ten, aus denen sich ergibt, dass die Leistungsfähigkeit des Fahrzeugführers infolge Enthemmung sowie geistig-seelischer und körperlicher Leistungsaus­fälle so erheblich herabgesetzt ist, dass er nicht mehr in der Lage ist, sein Fahrzeug im Straßenverkehr über eine längere Strecke, und zwar auch bei plötzlichem Auftreten schwieriger Verkehrslagen, sicher zu führen (vgl. BGHSt 13, 83; BGHSt 31, 42 ff. = NJW 1982, 2612; KG NZV 1995, 454; KG VRS 89, 446). Von Bedeutung sind dabei zunächst in der Person des Angeklagten lie­gende Gegebenheiten wie Krankheit oder Ermüdung, sodann äußere Bedin­gungen der Fahrt wie Straßen- und Witterungsverhältnisse und schließlich das konkrete äußere Verhalten des Angeklagten, das durch die Aufnahme alkoho­lischer Getränke oder anderer berauschender Mittel mindestens mitverursacht sein muss (sogenannte Ausfallerscheinungen). Als Ausfallerscheinungen kommen insbesondere in Betracht: eine auffällige, sei es regelwidrige, sei es besonders sorglose oder leichtsinnige Fahrweise, ein unbesonnenes Beneh­men bei Polizeikontrollen, aber auch sonstiges Verhalten, das alkoholbedingte Enthemmung und Kritiklosigkeit erkennen lässt (BGH a.a.O.). Insbesondere ungewöhnliche Fahrfehler lassen den Schluss auf Fahruntüchtigkeit zu (KG NZV 1995, 454; vgl. Cramer, in: Schönke/Schröder, StGB, 29. Aufl., § 316 Rn. 12 m. w. N.). Beachtlich ist ein Fahrfehler allerdings nur, wenn das Gericht die Überzeugung gewinnt, dass er dem Angeklagten ohne alkoholische Beein­trächtigung nicht unterlaufen wäre. Es kommt dabei nicht darauf an, wie sich irgendein nüchterner Kraftfahrer oder der durchschnittliche Kraftfahrer ohne Alkoholeinfluss verhalten hätte, sondern es ist festzustellen, dass der Ange­klagte sich ohne Alkohol anders verhalten hätte (BayObLG NZV 1988, 110; KG v. 26.11.1999 – Ss 525/99 – m.w.N.; Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 43. Aufl., § 316 StGB Rn. 26 m. w. N.). Das Verhalten eines durchschnittlichen nüchternen Kraftfahrers ist nur mittelbar von Bedeutung: Je seltener ein bestimmter Fahrfehler bei nüchternen Fahrern vorkommt und je häufiger er erfahrungsgemäß von alkoholisierten Fahrern begangen wird, des­to eher wird der Schluss gerechtfertigt sein, der Fehler wäre auch dem Ange­klagten in nüchternem Zustand nicht unterlaufen (KG NZV 1995, 454). Andererseits haben Fehlleistungen, die erfahrungsgemäß auch nüchternen Fahrern bisweilen unterlaufen, geringeren Indizwert (vgl. für überhöhte Geschwindigkeit: BGH DAR 1968, 123; BGH NZV 1995, 80; BayObLG VRS 60, 384).

Die Entscheidung darüber, ob bestimmte Beweisanzeichen den Schluss auf alkoholbedingte Fahruntüchtigkeit zulassen, ist Sache des Tatrichters und unterliegt der Nachprüfung durch das Revisionsgericht nur im Hinblick auf Rechtsfehler (KG NZV 1995, 454). Rechtsfehlerhaft ist es, wenn die vorstehend dargestellten Grundsätze verkannt worden sind oder die tatrichterlichen Erwägungen zur Beweiswürdigung in sich widersprüchlich, lückenhaft oder unklar sind, gegen Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstoßen.

Das Amtsgericht hat vorliegend festgestellt, dass der Angeklagte am 31.05.2015 gegen 2.14 Uhr mit seinem Pkw Golf zunächst die B 213 in Wietmarschen/Lohne in Richtung Lingen befahren habe, die er in Höhe der Ausfahrt Lingen/Schepsdorf verlassen habe. Sodann sei er weiter auf der Nordhorner Straße in Richtung Lingen gefahren, obgleich er bei einer Blutalkohol­konzentration von 0,6 %o, wie er hätte erkennen können, alkoholbedingt fahr­untüchtig gewesen sei. Der Angeklagte, der zufällig der anwesenden Polizeistreife V./P. wegen seiner rasanten Fahrweise aufgefallen sei, sei von der Polizeistreife bis nach Lingen hinein verfolgt worden. In Lingen habe der Angeklagte die Lindenstraße mit einer Geschwindigkeit von über 100 km/h befahren und habe dort trotz Sichtbehinderung vor der Emsbrücke zum Überholen eines vor ihm fahrenden Taxis angesetzt. Dabei sei er links an einer Verkehrsinsel vorbeigefahren und habe sodann aufgrund Gegenverkehrs zwischen dem Taxi, das er überholt habe, sowie einem weiterhin davor fahrenden Taxi unvermittelt einscheren müssen.

Den Feststellungen des Gerichts ist weiterhin zu entnehmen, dass der Verkehrszentralregisterauszug für den Angeklagten von 04.06.2015 elf Eintragungen aufweise und gegen den Angeklagten zuletzt am 14.04.2014 und am 23.05.2014 Bußgeldbescheide wegen Überschreitens der zulässigen Höchstgeschwindigkeit ergangen seien.

Schließlich hat das Amtsgericht in den Urteilsgründen ausgeführt, dass bei dem Angeklagten alkoholbedingt Ausfallerscheinungen vorgelegen hätten. Der Angeklagte sei über eine nicht geringe Wegstrecke selbst innerorts mit einer deutlich überhöhten Geschwindigkeit gefahren und habe unter Umfahren einer Verkehrsinsel zu einem grob verkehrswidrigen und rücksichtslosen Überhol­manöver angesetzt, was eben für eine alkoholbedingte Fahruntüchtigkeit und entsprechende Ausfallerscheinungen spreche.

Da die Blutalkoholkonzentration mit 0,6 %o noch nicht nahe an den Grenzwert zur absoluten Fahruntüchtigkeit (1,1 %o) heranreichte, waren unter Berücksichtigung der oben genannten Grundsätze hinsichtlich der konkreten Fahruntüchtigkeit jedoch umfassende Feststellungen zu treffen.

Diesen Anforderungen wird das angefochtene Urteil nicht gerecht. Zum einen hat das Amtsgericht sich nicht ausreichend mit den äußeren Umständen der Fahrt (Straßen- und Witterungsverhältnisse) auseinandergesetzt. Zum anderen haben sich angesichts der Voreintragungen im Verkehrszentralregister Erörterungen dazu aufgedrängt, ob der Angeklagte nicht generell zum Fahren mit überhöhter Geschwindigkeit neigt und ob hier allein das riskante und zu schnelle Fahren ausreichend sein kann, um alkoholbedingte Ausfallerschei­nungen anzunehmen. Es fehlt jedoch insofern zumindest an den den Bußgeldbescheiden vom 14.04.2014 und 23.05.2014 zugrunde liegenden tatsäch­lichen Feststellungen.“

Dem konnte sich das OLG „nicht verschließen“ und hat aufgehoben. Richtig übrigens auch der Weg des Kollegen, denn in solchen Fällen muss man die Sprungrevision wählen und nicht in die Berufung gehen. Das bringt nichts, wenn man richtig Zeit gewinnen will.

Anfängerfehler: Trunkenheitsfahrt, oder: Auch dazu muss man etwas feststellen

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In meinen Augen selbstverständliche Ausführungen, quasi Grund-/Basiswissen, enthält der OLG Frankfurt, Beschl. v. 23.11.2015 – 1 Ss 386/15 – zur Trunkenheitsfahrt nach § 316 StGB. Allerdings so „selbstverständliches Basiswissen“ scheint die angesprochene Frage dann für das LG Gießen doch nicht gewesen zu sein, denn sonst hätte sich das OLG nicht damit befassen müssen. Für das OLG Frankfurt war es dann aber doch selbstverständlich, was sich m.E. daran zeigt, dass man einfach die Stellungnahme der GStA „einrückt. Und die lautete:

„In den Urteilsgründen wird zwar festgestellt, dass der Angeklagte zur Tatzeit — gegen 12.30 Uhr — eine Blutalkoholkonzentration von mindestens 1,82 Promille hatte (UA S. 11).

Es lässt sich dem Urteil allerdings nicht entnehmen, aufgrund welcher tatsächlichen Umstände das Gericht diese Feststellung getroffen hat. Die im Zusammenhang mit den Wahrnehmungen der Zeugen M.S. (UA S. 13) und K. und Sch. (UA S. 13) jeweils erwähnte „Blutalkoholuntersuchung“ lässt mangels weiterer Ausführungen hierzu näheres nicht erkennen, namentlich schon nicht, ob dem Angeklagten nach der Tat eine Blutprobe abgenommen worden ist, ob, wie und von wem diese untersucht wurde pp.

Will das Tatgericht dem Gutachten eines Sachverständigen folgen, muss es dies zunächst angegeben und dann in der Regel die wesentlichen Anknüpfungstatsachen und Ausführungen des Gutachters so darlegen, dass das Rechtsmittelgericht überprüfen kann, ob die Beweiswürdigung auf einer tragfähigen Tatsachengrundlage beruht und ob die Schlussfolgerungen nach den Gesetzen, den Erkenntnissen. der Wissenschaft und den Erfahrungssätzen des täglichen Lebens möglich sind (vgl. BGH StV 2014, 587; NStZ 2013, 420; OLG Frankfurt am Main -1 Ss 200/15-; -2 Ss 32/15-). Will sich der Tatrichter dem Ergebnis eines zur Blutalkoholkonzentration eingeholten Sachverständigengutachtens ohne Angabe eigener Erwägungen anschließen, so müssen in den Urteilsgründen die Berechnungsgrundlagen so wiedergegeben werden, dass das Revisionsgericht überprüfen kann, ob der Blutalkoholwert zutreffend ermittelt worden ist (vgl. OLG Frankfurt am Main -3 Ss 63/14-). Für die Bestimmung des Blutalkoholgehalts bedeutet dies, dass im Urteil grundsätzlich Angaben über den Zeitpunkt der Tat, über den Zeitpunkt der Blutentnahme, über den Blutalkoholgehalt zur Zeit der Entnahme und über den zugrunde gelegten Rückrechnungswert enthalten sein müssen (vgl. OLG Frankfurt am Main -3 Ss 342/15-; -3 Ss 34/09- Fischer, StGB, 62. Auflage, § 316 Rn. 16a).

Diesen Anforderungen genügt das angefochtene Urteil nicht.

Es fehlt sowohl an der Mitteilung, ob ein Sachverständigengutachten eingeholt wurde, als auch an der Angabe des Entnahmezeitpunktes, des Blutalkoholgehaltes zur Entnahmezeit und der für die Berechnung der Mindest- bzw. der Maximalblutalkoholkonzentration zugrunde gelegten Rückrechnungswerte.

Auch sonst fehlen jegliche Angaben dazu, worauf das Gericht den festgestellten Blutalkoholwert stützt. Für das Revisionsgericht ist daher nicht nachvollziehbar; ob das Tatgericht die Mindest- und Maximalblutalkoholkonzentration zutreffend ermittelt hat.

Da es an jeglichen Anknüpfungspunkten für eine Berechnung der Blutalkoholkonzentration fehlt, kann auch nicht ausgeschlossen werden, dass das angefochtene Urteil, mit dem der Angeklagte wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr verurteilt wurde, auf dem aufgezeigten Darlegungsmangel beruht (§ 337 StPO).

Ein Ausnahmefall, bei dem das Messergebnis in keiner Weise in Zweifel gezogen wird, ist hier nicht gegeben, da der Angeklagte seine Fahrereigenschaft in Abrede stellt und das Urteil insgesamt angreift (RB S.1 ff).

Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, ob die Feststellungen des angegriffenen Urteils die Annahme einer relativen Fahruntüchtigkeit getragen hätten. Denn zwar ist in den Urteilsgründen festgehalten, dass der Angeklagte am Tattag bereits morgens Alkohol getrunken hat (Aussage des Zeugen W., UA S. 15). Weiter, dass der Angeklagte entgegen der vorgegebenen Fahrtrichtung zwei Einbahnstraßen befahren hat (UA S. 11,12). Auch, dass der Angeklagte nach Absteigen vom Motorrad schwankend ins Lokal gegangen ist und deutlich unter Alkoholeinfluss gestanden habe, ist vom Zeugen M.S. beobachtet und in den Urteilsgründen festgehalten worden (UA S. 12). Die Zeugen K. und S. gaben an, der Angeklagte sei zunächst so aggressiv gewesen, dass man Verstärkung angefordert habe, und habe sich erst im weiteren Verlauf beruhigt (UA S. 13). Im Rahmen der Beweiswürdigung hat die Kammer diese Umstände aber nicht weiter bewertet, insbesondere nicht erkennbar als Zeichen einer Fahruntüchtigkeit behandelt oder Ausführungen zu einer relativen Fahruntüchtigkeit gemacht.“

Dazu das OLG nur: „Dem tritt der Senat bei.“ Ich auch.

Nachtrunkeinlassung – Teilerfolg

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„Nachtrunkeinlassungen“ spielen bei Trunkenheitsfahrten in der Praxis immer wieder eine Rolle. Die Gerichte stehen ihnen in der Regel sehr skeptisch gegenüber, oder besser ausgedrückt: Man glaubt dem Angeklagten den Nachtrunk nicht. So auch das LG Koblenz in einem Verfahren, in dem sich der Angeklagte dahin eingelassen hatte, dass er zwischen der Trunkenheitsfahrt und der Blutentnahme (weiteren) Alkohol zu sich genommen hat, also eben ein Nachtrunk. Diese Einlassung hatte das LG, u.a. aufgrund eines Sachverständigengutachtens, als widerlegt angesehen und daraus dann den Schluss gezogen, dass ein Nachtrunk überhaupt nicht vorgelegen habe.

Der Schluss ist nach Auffassung des OLG Koblenz im OLG Koblenz, Beschl. v. 20.03.2015 – 1 OLG 3 Ss 179/14 – so aber nicht ohne weiteres zulässig. Und zwar vor allem dann nicht, wenn Anhaltspunkte für einen Nachtrunk des Angeklagten unabhängig von dessen konkreten Behauptungen zu Trinkmenge und –art gegeben sind. Denn nach dem landgerichtlichen Urteil bestanden „greifbare Anhaltspunkte“, dass der Angeklagte zwischen der ihm angelasteten Trunkenheitsfahrt und der Blutentnahme Alkohol zu sich genommen hatte, wenn auch nicht in der von ihm beschriebenen Weise. Nach Auffassung des OLG hatte der Angeklagte nämlich offenbar bei dem Versuch, sich zu entlasten, hinsichtlich des Nachtrunkes übertriebene Angaben gemacht, zwischen der Tat und der Blutentnahme aber gleichwohl Alkohol in geringerer Menge zu sich genommen. Dem muss das LG dann nachgehen, denn:

„Aus der Widerlegung der konkreten Nachtrunkbehauptung durch den Sachverständigen konnte das Landgericht daher nicht darauf schließen, das ein Nachtrunk insgesamt nicht stattgefunden hat.“

Also Teilerfolg 🙂 .

Da man nur selten Entscheidungen zum Nachtrunk findet, ist die Entscheidung „lesenswert“, vor allem auch hinsichtlich der von dem Sachverständigen angesprochenen Fragen.

Der BGH, die Trunkenheitsfahrt und der Vorsatz – zwar BGHSt, aber….

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Länger haben wir zum Verkehrsstrafrecht nichts mehr vom dafür zuständigen 4. Strafsenat des BGH gehört. Nun hat er sich aber mal wieder zu Wort gemeldet und dann gleich auch zu einer Frage, die für die Praxis von nicht unerheblicher Bedeutung ist und zu der wir auch regelmäßig immer wieder OLG-Entscheidungen „begrüßen“ können. Nämlich die Frage nach dem Vorsatz bei der Trunkenheitsfahrt (§ 316 StGB). Von Bedeutung für den Angeklagten deshalb weil dann, wenn man die Frage bejaht/bejahen muss, das Auswirkungen auf die Höhe der Strafe, die Länge der Sperrfrist (§§ 69, 69a StGB) und auch auf den Rechtschutzversicherungsschutz haben kann.

Dazu dann jetzt der BGH, Beschl. v. 09.04.2015 – 4 StR 401/14. Das LG war bei einer BAK von 1,24 Promille von Vorsatz ausgegangen, allerdings ohne groß weitere Umstände aus dem Fahrverhalten des Angeklagten in seine Wertung mit einzubeziehen. Dem BGH passt die Beweiswürdigung des AG nicht und er hat insoweit aufgehoben.

Allerdings: Letztlich enthält die (Grund)Entscheidung, die zur Veröffentlichung in BGHSt bestimmt ist, m.E. nichts wesentlich Neues. Sie fasst aber die obergerichtliche Rechtsprechung zu der Problematik, über die an dieser Stelle auch schon häufiger berichtet worden ist, schön zusammen (zur obergerichtlichen Rechtsprechung aus neuerer Zeit s. u.a. KG VRS 126, 95; NZV 2015, 91; OLG Brandenburg VA  2013, 136; OLG Celle StRR 2014, 114 =  VRR 2014, 149; OLG Hamm VRR 2012, 268 =  StRR 2012, 273; OLG Stuttgart VRR 2010, 269; vgl. auch Fischer, StGB, 62. Aufl. 2105, § 316 Rn. 44). Und: Der BGH bestätigt letztlich die beiden Aussagen/Wertungen, die wir in den obergerichtlichen Entscheidungen immer wieder finden, nämlich: Allein die BAK wird im Zweifel nicht ausreichen, um den Vorsatz zu begründen und: Es gibt keinen Erfahrungssatz, dass bei weit über dem Grenzwert zur absoluten Fahruntüchtigkeit liegenden Blutalkoholwerten sich die Erkenntnis- und Kritikfähigkeit in einer den Vorsatz ausschließenden Weise verringert. Aber davon ist die obergerichtliche Rechtsprechung in der letzten Zeit – mit dem ein oder anderen „Abweichler“ – eh schon ausgegangen.

Für den Verteidiger hat die BGH-Entscheidung kein Umdenken zur Folge: Er muss nach wie vor darauf achten, dass und ob – neben der BAK – genügend andere Umstände vorhanden sind, die einen Rückschluss auf Vorsatz ggf. zulassen. Und da das häufig Umstände sind, die nur durch die Einlassung des eigenen Mandanten in das „Verfahren kommen“, heißt es (nach wie vor): An der Stelle dann lieber zum Schweigen raten.

Ab 1,6 Promille ist auch beim Fahrradfahrer die Fleppe i.d.R. weg

Fahrrad_gesperrtAlle Jahre/immer wieder geistert er durch die Rechtsprechung: Der Fahrradfahrer, der mit 1,6 Promille oder mehr – meist auch noch recht gut – Fahrrad fährt und auffällt. Dann stellt sich die Frage, ob und wie er sich strafbar gemacht hat und vor allem: Kann ihm die Fahrerlaubnis entzogen werden?

Nun, die Frage nach der Strafbarkeit löst sich recht einfach: Es kann Strafbarkeit nach den §§ 316, 315c StGB vorliegen – „ein Fahrzeug führt“ und ein Fahrrad ist nun mal ein Fahrzeug. Die Fahrerlaubnis kann allerdings nicht nach § 69 StGb entzogen werden, denn da ist die Rede vom „Führen eines Krfatfahrzeuges“. Entsprechendes gilt für § 44 StGB. Insoweit also gerettet? Nein, natürlich nicht, denn es gibt ja noch die Entziehung nach dem StVG. Und an der Stelle haben wir dann immer wieder Entscheidungen zur Entziehung der Fahrerlaubnis bei demjenigen, der mit 1,6 Promille (oder mehr) am Straßenverkehr teilgenommen hat. Dazu – verhältnismäßig frisch – noch einmal der VGH Bayern, Beschl. v. 22.12.2014 – 11 ZB 14.1516 – betreffend einen Radfahrer, der mit 1,96 Promille unterwegs war.

„Erweist sich jemand als ungeeignet oder nur noch bedingt geeignet zum Führen von Fahrzeugen, wozu auch Fahrräder zählen (vgl. § 2 Abs. 4 StVO), hat die Fahrerlaubnisbehörde ihm das Führen zu untersagen, zu beschränken oder die erforderlichen Auflagen anzuordnen (§ 3 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr [Fahrerlaubnis-Verordnung – FeV] vom 18.12.2010 [BGBl S. 1980], zuletzt geändert durch Verordnung vom 16.4.2014 [BGBl S. 348]). Rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass der Führer eines Fahrzeugs zum Führen ungeeignet oder nur noch bedingt geeignet ist, finden die Vorschriften der §§ 11 bis 14 FeV entsprechend Anwendung (§ 3 Abs. 2 FeV). Hat der Betreffende ein Fahrzeug im Straßenverkehr bei einer Blutalkoholkonzentration von 1,6 ‰ oder mehr oder einer Atemalkoholkonzentration von 0,8 mg/l oder mehr geführt, ordnet die Fahrerlaubnisbehörde zur Vorbereitung ihrer Entscheidung an, dass ein medizinisch-psychologisches Gutachten beizubringen ist (§ 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c FeV). Weigert sich der Betroffene, sich untersuchen zu lassen, oder bringt er das geforderte Gutachten nicht fristgerecht bei, darf die Fahrerlaubnisbehörde bei ihrer Entscheidung auf die Nichteignung des Betroffenen schließen (§ 11 Abs. 8 FeV).

In der Rechtsprechung ist geklärt, dass auch eine erstmalige Trunkenheitsfahrt mit einem Fahrrad bei einer Blutalkoholkonzentration von 1,6 ‰ oder mehr oder einer Atemalkoholkonzentration von 0,8 mg/l oder mehr die Anordnung zur Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens über die Eignung zum Führen fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge rechtfertigt (u.a. BVerwG, B.v. 20.6.2013 – 3 B 102.12NJW 2013, 2696; BayVGH, U.v. 1.10.2012 – 11 BV 12.771 – Blutalkohol 49, 338; B.v. 28.1.2013 – 11 ZB 12.2534 – […]; SächsOVG, B.v. 28.10.2014 – 3 B 203.14 – […]). Die Fahrerlaubnisbehörde hat insoweit kein Ermessen (BayVGH, B.v. 28.1.2013 a.a.O. Rn. 13). Die Güterabwägung hat bereits der Normgeber getroffen. Es besteht hinreichender Anlass, die Eignung zum Führen fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge auch bei einer erstmaligen Trunkenheitsfahrt und entsprechenden Werten mit dem Fahrrad durch ein medizinischpsychologisches Gutachten abzuklären, weil die Teilnahme am Straßenverkehr mit einem Fahrrad in erheblich alkoholisiertem Zustand eine gravierende Gefahr für die Sicherheit des Straßenverkehrs darstellt. Die Gefahr schwerer Unfälle besteht z.B. dann, wenn motorisierte Verkehrsteilnehmer wegen des unkontrollierten Verhaltens eines erheblich alkoholisierten Radfahrers unvorhersehbar ausweichen müssen und mit anderen Fahrzeugen kollidieren. Wegen dieses Gefährdungspotentials ist die Einholung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens gerechtfertigt (BayVGH, B.v. 28.1.2013 a.a.O. Rn. 25). Insoweit finden die Grundrechte des Führers eines fahrerlaubnisfreien Fahrzeugs ihre Grenzen in den Rechten Dritter, insbesondere im Recht der übrigen Verkehrsteilnehmer auf Leben und körperliche Unversehrtheit, und der insoweit bestehenden Schutzpflicht des Staates (BVerwG, B.v. 20.6.2013 a.a.O. Rn. 7).“

M.E. ist die Rechtsprechung der VG, OVG, VGH an der Stelle so zementiert, dass es sich kaum noch lohnt, gegen entsprechende Anordnungen der Verwaltungsbehörde anzugehen. Ab 1,6 Promille ist eben auch beim Fahrradfahrer die Fleppe i.d.R. weg. Also. Schön Taxi fahren 🙂 .