Es gibt nichts, was es nicht gibt, habe ich gedacht, als ich den Beschluss des OLG Oldenburg v. 23.04.2010 – 1 Ss 51/10, der gerade über den Newsletter von LexisNexisStrafrecht gelaufen ist, gelesen habe. Da schreibt das LG dem Angeklagten doch tatsächlich in die Strafzumessung:
„Das Landgericht hat bei der Prüfung einer Strafaussetzung u. a. ausgeführt (UA S. 10), die freiheitsentziehende Strafverbüßung werde den Angeklagten in seinen – vagen – Lebensplanungen auch „nicht groß beeinträchtigen“, weil er keine eigenen Einrichtungsgegenstände habe, sondern in einer Wohngemeinschaft lebe und seine Arbeitssituation zur Zeit schlecht sei. seine wohnlichen und beruflichen Verluste hielten sich in Grenzen. familiär sei er nicht so gebunden, dass dort Probleme für die künftige Lebenssituation entstehen würden.“
Ich habe ja schon viel gelesen in Strafzumessungserwägungen, aber so etwas noch nicht. Der Verteidiger hatte m.E. zu recht beanstandet „fast zynisch“, wobei mir das „fast“ zu viel ist. Das OLG hat dann auch recht deutliche Worte gefunden.
„Diese Urteilsformulierung, die von der Verteidigung als „fast zynisch“ angesehen wird, verkennt das in einer Freiheitsstrafe liegende Übel in grundlegender und unvertretbarer Weise. Es geht nicht an, den völligen Verlust der persönlichen Freiheit und die massiven Lebenseinschränkungen, die mit einem Strafvollzug verbunden sind, in Hinblick auf Wohn, Eigentums und Lebensverhältnisse eines Angeklagten als „nicht große“ Beeinträchtigung zu bewerten und so zu bagatellisieren.“
Das ist noch vornehm ausgedrückt. Man hätte auch anders formulieren können…