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Nebenklage III: Akteneinsicht für die Nebenklägerin, oder: Rechtliches Gehör erforderlich

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Mit dem letzten Posting des Tages stelle ich den OLG Köln, Beschl. v. 02.04.20202 Ws 651/19 – vor. Mit ihm hat das OLG die Beschwerde gegen einen Beschluss des LG Aachen, über den ich auch berichtet hatte, verworfen. Es handelt sich um den LG Aachen, Beschl. v. 11.10.2019 – 60 KLs 12/19 über den ich hier Akteneinsicht für den Nebenkläger, oder: Vorherige Anhörung des Beschuldigten erforderlich  berichtet habe.

Es geht um das Verfahren bei der Akteneinsicht für den Nebenkläger. Die war in einem Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der sexuellen Nötigung, Nötigung und Freiheitsberaubung der Nebenklägerin (zweimal) gewährt worden. Dagegen hatt der Verteidiger Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit gestellt, der beim LG Erfolg hatte. Dagegen hatte dann die Staatsanwaltschaft Beschwerde eingelegt, mit der sie beim OLG gescheitert ist:

„b) Darüber hinaus war der Antrag auf gerichtliche Entscheidung vom 05.02.2018 auch begründet, weil die von der Staatsanwaltschaft Aachen an die Nebenklägervertreterin gewährte Akteneinsicht in beiden Fällen verfahrensfehlerhaft erfolgt und damit rechtswidrig war.

(1) Dies gilt zum einen für die der Nebenklägervertreterin mit Verfügung vom 14.07.2017 gewährte Akteneinsicht. Die Ausführungen des Landgerichts, wonach die Gewährung von Akteneinsicht im Strafverfahren an Dritte regelmäßig der vorherigen Anhörung des Beschuldigten bedarf, weil damit regelmäßig ein Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung gemäß Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG verbunden ist, teilt der Senat (vgl. auch: BVerfG, B. v. 31.01.2017, 1 BvR 1259/16, juris Rn. 17; BVerfG, B. v. 30.10.2016, 1 BvR 1766/14, juris Rn. 5; BVerfG, B. v. 15.04.2005, 2 BvR 465/05, juris Rn. 12; OLG Rostock, B. v. 13.07.2017, 20 Ws 146/17, juris Rn. 38; KG Berlin, B. v. 02.10.2015, 4 Ws 83/15, juris Rn. 6). Die Rechtsgrundlage dieser Anhörungspflicht ergibt sich bei einer Entscheidung durch die Staatsanwaltschaft aus § 33 Abs. 3 StPO analog bzw. aus dem Rechtsstaatsprinzip sowie dem Gebot der Sachaufklärung (vgl. OLG Rostock, B. v. 13.07.2017, 20 Ws 146/17, juris Rn. 38; KG Berlin, B. v. 02.10.2015, 4 Ws 83/15, juris Rn. 6; LG Wuppertal, B. v. 23.12.2008, 22 AR 2/08, juris Rn. 3; LG Krefeld, B. v. 01.08.2008, 21 AR 2/08, juris Rn. 10 ff.; Meyer-Goßner/Schmitt, a.a.O., § 406 e Rn. 18; MüKo-StPO/Grau, a.a.O., § 406 e Rn. 14, 20).

Entgegen der Auffassung des Landgerichts war die mit Verfügung vom 14.07.2017 gewährte Akteneinsicht jedoch nicht bereits deswegen rechtswidrig, weil es die Staatsanwaltschaft unterlassen hat, dem ehemaligen Angeklagten unmittelbar nach Eingang des Akteneinsichtsgesuchs rechtliches Gehör zu gewähren. Denn eine Anhörung des ehemaligen Angeklagten war – entgegen den Ausführungen der Strafkammer – zu diesem Zeitpunkt wegen seines unbekannten Aufenthaltsortes faktisch nicht möglich bzw. durchführbar. Von einer Anhörung kann entsprechend § 33 Abs. 4 S. 1 StPO dann abgesehen werden, wenn sie den Zweck der Anordnung gefährden würde oder wenn der Anhörung tatsächliche Gründe entgegenstehen (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, a.a.O., § 33 Rn. 15 ff.; MüKo-StPO/Valerius, 1. Aufl. 2014: § 33 Rn. 31 ff; KK-StPO/Maul, 8. Aufl. 2019, § 33 Rn. 12 ff.). Letzteres war hier der Fall, denn im Juli 2017 war der Aufenthaltsort des ehemaligen Angeklagten, für den sich zu diesem Zeitpunkt auch noch kein Verteidiger bestellt hatte, unbekannt und eine Anhörung daher letztlich nicht möglich. Nach Ansicht des Senats hätte die Staatsanwaltschaft mit Blick auf den damals bestehenden nationalen sowie europäischen Haftbefehl sowie die Festnahmeausschreibung auch keine Maßnahmen zur Aufenthaltsermittlung veranlassen müssen. Es ist nichts dafür erkennbar, dass dies zu einer zeitnahen Ermittlung des Aufenthaltes der ehemaligen Angeklagten geführt hätte. Auch bestand keine Verpflichtung zur Nutzung einer in den Akten notierten Mobilfunknummer des vormaligen Angeklagten, um hierdurch seinen genauen Aufenthaltsort zu ermitteln oder ihn mündlich zur Frage der Gewährung von Akteneinsicht an die Nebenklägerin anzuhören. Die Staatsanwaltschaft musste die aktenkundige Mobilfunknummer nicht nutzen, um mit dem vormaligen Angeklagten telefonisch in Kontakt zu treten. Denn es war zum einen nicht sichergestellt, ob es sich bei der betreffenden Mobilfunknummer noch immer um die aktuelle Rufnummer des vormaligen Angeklagten gehandelt hat. Darüber hinaus hätte die Staatsanwaltschaft wohl auch keine ausreichende Möglichkeit gehabt, um die Identität eines möglichen Gesprächspartners zu überprüfen. Zudem hätte eine telefonische Kontaktaufnahme ggf. auch die Anordnung der Untersuchungshaft und damit den Untersuchungszweck gefährden können. Es ist nicht auszuschließen, dass der ehemalige Angeklagte eine etwaige telefonische Erörterung, welche das laufende Ermittlungsverfahren zum Gegenstand gehabt hätte, zum Anlass für eine (weitere) Verschleierung seines Aufenthaltsortes genutzt hätte. Dass die Staatsanwaltschaft eine Gefährdung des Untersuchungszwecks nicht riskieren musste, ergibt sich schließlich auch aus § 33 Abs. 4 S. 1 StPO, wonach das Interesse an der vorherigen Gewährung rechtlichen Gehörs zugunsten einer effektiven Strafverfolgung zurücktritt.

Die Gewährung der Akteneinsicht im Juli 2017 war jedoch gleichwohl rechtswidrig, weil die Staatsanwaltschaft die Entscheidung über den Antrag der Nebenklägervertreterin bis zu einer zu einem späteren Zeitpunkt möglichen Anhörung des vormaligen Angeklagten hätte zurückstellen können. Auf diese Weise hätte das Recht des ehemaligen Angeklagten auf rechtliches Gehör ohne weiteres gewahrt werden können, obwohl eine Anhörung zum Zeitpunkt der Antragstellung noch nicht möglich war. Ein Zurückstellen der Entscheidung hätte vorliegend auch nicht das Recht der Nebenklägerin auf Akteneinsicht nach § 406 e Abs. 1 StPO unzumutbar beeinträchtigt. Ein entsprechendes Vorgehen hätte lediglich bedeutet, dass über ihren Antrag zu einem späteren Zeitpunkt, hier bis nach der Festnahme und Anhörung des vormaligen Angeklagten im November 2017, also binnen eines Zeitraums von rund 4 Monaten, entschieden worden wäre. Das Akteneinsichtsgesuch der Nebenklägerin hätte daher vorliegend nicht für eine als unzumutbar anzusehende Zeit hinausgeschoben werden müssen. Soweit eine abweichende Bewertung zwar bei einer besonderen Dringlichkeit der Akteneinsicht geboten sein könnte, war dies hier nicht entscheidungserheblich, da die Nebenklägervertreterin in ihrem Antrag vom 11.07.2017 weder eine besondere Eilbedürftigkeit dargelegt hatte noch eine solche für die Staatsanwaltschaft erkennbar gewesen wäre.

Da die mit Verfügung vom 14.07.2017 gewährte Akteneinsicht bereits aus formellen Gründen rechtswidrig war, kann dahinstehen, ob die Bewilligung einer unbeschränkten Akteneinsicht auch materiell rechtswidrig gewesen wäre, etwa gemäß § 406 e Abs. 2 S. 2 StPO wegen einer Gefährdung des Untersuchungszwecks in der vorliegenden Aussage-gegen-Aussage-Konstellation.

(2) Auch die mit Verfügung vom 27.11.2017 der Nebenklägervertreterin gewährte Akteneinsicht hinsichtlich der Zweitakte war rechtswidrig. Wie das Landgericht zutreffend erkannt hat, folgt die Rechtswidrigkeit in diesem Fall unmittelbar daraus, dass eine Anhörung des vormaligen Angeklagten vor der Bewilligung der Akteneinsicht nicht erfolgt ist. Ende November 2017 war die Gewährung rechtlichen Gehörs an den ehemaligen Angeklagten ohne weiteres möglich, denn die Staatsanwaltschaft hatte seit Anfang November 2017 Kenntnis von seinem Wohnsitz und Aufenthaltsort in Essen. Zudem hatte sich für ihn bereits eine Verteidigerin (Rechtsanwältin pp.) bestellt. Dennoch ist weder dem vormaligen Angeklagten noch seiner Verteidigerin Gelegenheit gegeben worden, zu der beabsichtigten Gewährung von Akteneinsicht an die Nebenklagevertreterin Stellung zu nehmen. Es liegen auch keine Anhaltspunkte dafür vor bzw. sind von der Staatsanwaltschaft vorgetragen werden, dass die Anhörung ausnahmsweise entbehrlich gewesen wäre. Dass der Nebenklägerin zu diesem Zeitpunkt bereits Rechtsanwältin Trogrlic als Nebenklagevertreterin beigeordnet worden war, ist für die Frage der Gewährung rechtlichen Gehörs gegenüber dem ehemaligen Angeklagten ohne rechtliche Relevanz. Im Hinblick auf den Inhalt des Beschwerdevorbringens teilt der Senat zudem die Ausführungen der Strafkammer in der Nichtabhilfentscheidung vom 31.10.2019, wonach die Pflicht zur Gewährung rechtlichen Gehörs vor der Gewährung von Akteneinsicht von der vorliegend nicht entscheidungserheblichen Frage zu trennen ist, ob und in welchem Umfang Akteneinsicht ggf. zu bewilligen ist.

(3) Der Verstoß gegen die Pflicht zur Anhörung des vormaligen Angeklagten ist auch weder aufgrund der Durchführung des Verfahrens auf gerichtliche Entscheidung vor dem Landgericht Aachen geheilt worden noch kann eine entsprechende Heilung mit der Durchführung des vorliegenden Beschwerdeverfahrens erreicht werden. Soweit die Frage einer Heilung für die hier gegebene Konstellation in der Rechtsprechung zunächst unterschiedlich beurteilt worden war (eine Heilung bejahend: BGH, B. v. 11.01.2015, 1 StR 498/04, juris Rn. 10; KG Berlin, B. v. 02.10.2015, 4 Ws 83/15. juris Rn. 8; LG Stralsund, B. v. 10.01.2005, 22 Qs 475/04, juris Rn. 11; eine Heilung verneinend: LG Wuppertal, B. v. 23.12.2008, 22 AR 2/08, juris Rn. 4; AG Zwickau, B. v. 12.04.2013, 13 Gs 263/13, juris Rn. 3), dürfte mit Blick auf die zwischenzeitlich ergangene Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG: B. v. 30.10.2016, 1 BvR 1766/14, juris Rn. 5) eine Klärung eingetreten sein. Hiernach ist festzustellen, dass die unterlassene Anhörung des Beschuldigten vor der Gewährung von Akteneinsicht an einen Dritten einen schwerwiegenden Verfahrensfehler darstellt, der durch die Durchführung des Verfahrens auf gerichtliche Entscheidung nicht geheilt werden kann. Da das Bundesverfassungsgericht in Kenntnis der zeitlich vorausgegangenen Entscheidung des KG Berlin vom 02.10.2015 (4 Ws 83/15) eine Heilung des Verfahrensfehlers aufgrund der Durchführung eines gerichtlichen Verfahrens nicht angenommen hat, gilt dies nach Ansicht des Senats in der vorliegenden Fallkonstellation im Ergebnis auch für die Durchführung des Beschwerdeverfahrens. Es ist kein sachlicher Grund erkennbar, weshalb in den vorliegenden Konstellationen eine Heilung im Beschwerdeverfahren, anders als im Verfahren auf gerichtliche Entscheidung, möglich sein sollte. Das Unterlassen der gebotenen Anhörung stellt einen schwerwiegenden Verfahrensfehler dar. Außerdem kann eine vorherige Anhörung ihren Zweck nur dann erreichen, wenn der Beschuldigte vor der Gewährung der Akteneinsicht die Möglichkeit zur Stellungnahme erhält, sodass diese bei der Entscheidung hierüber berücksichtigt werden kann.“

OWi II: Abwesenheitsverhandlung, oder: Verletzung des rechtlichen Gehörs

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Die zweite Entscheidung hat dann noch einmal das Agieren eines AG in einer Abwesenheitsverhandlung (§ 74 Abs. 1 OWiG) zum Gegenstand. Ein weites Feld, in dem es häufig zu Aufhebungen wegen Verletzung des rechtlichen Gehörs kommt. So auch hier. Hier konnte selbst das OLG Frankfurt am Main im OLG Frankfurt am Main, Beschl. v. 25.05.2020 – 1 Ss OWi 464/20 – nicht anders entscheiden 🙂 :

„Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 80 Abs. 1 Nr. 2 OWiG zuzulassen, weil es geboten ist, das Urteil wegen Versagung des rechtlichen Gehörs aufzuheben.

Die diesbezügliche Rüge der Betroffenen ist ordnungsgemäß den Anforderungen der §§ 80 Abs. 3, 79 Abs. 3 OWiG, 344 Abs. 2 Satz 2 StPO entsprechend ausgeführt worden und greift auch in der Sache durch.

Der Grundsatz des rechtlichen Gehörs verpflichtet das Gericht, die Ausführungen der Betroffenen zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen; die wesentlichen, der Rechtsverfolgung und Rechtsverteidigung dienenden Tatsachenbehauptungen müssen in den Entscheidungsgründen verarbeitet werden. Das Gebot des rechtlichen Gehörs soll als Prozessgrundrecht sicherstellen, dass die erlassene Entscheidung frei von Verfahrensfehlern ergeht, welche ihren Grund in der unterlassenen Kenntnisnahme und Nichtberücksichtigung des Sachvortrags der Parteien haben (BVerfG, NJW 1992, 2811 m.w.N.). Eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör kommt in Betracht, wenn sich aus den besonderen Umständen des einzelnen Falls deutlich ergibt, dass das Gericht das tatsächliche Vorbringen der Betroffenen entweder nicht zur Kenntnis genommen oder bei seiner Entscheidung ersichtlich nicht in Erwägung gezogen hat (OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 28. November 2017 – 2 Ss-Owi 1243/17; OLG Dresden, Beschluss vom 06. Dezember 2016 – OLG 21 Ss 739/16 (Z)). Nach diesen Maßstäben liegt hier eine Versagung des rechtlichen Gehörs vor.

Die Betroffene war von der Verpflichtung zum persönlichen Erscheinen entbunden worden und im Termin zur Hauptverhandlung weder selbst anwesend, noch war ihr Verteidiger erschienen. Sie hatte aber im Vorfeld der Hauptverhandlung über ihren Verteidiger in mehreren Schriftsätzen (vom 2. April 2019, 21. Mai 2019, 22. Mai 2019 und 23. Mai 2019) verschiedene Anträge gestellt und zum Verfahren vorgetragen, insbesondere Einwendungen bezüglich der Geschwindigkeitsmessung vorgebracht. Gemäß § 74 Abs. 1 Satz 2 OWiG hätten diese Erklärungen der Betroffenen durch Mitteilung des wesentlichen Inhalts oder durch Verlesung in die Hauptverhandlung eingeführt werden müssen. Ausweislich der Urteilsgründe ist in der Hauptverhandlung jedoch lediglich eine Stellungnahme des Verteidigers vom 12. September 2019 und diese nur insoweit verlesen worden, als darin die Fahrereigenschaft der Betroffenen eingeräumt wurde. Aus dem Hauptverhandlungsprotokoll ergibt sich ebenfalls nicht, dass die oben genannten Schriftsätze aus April und Mai 2019 zum Gegenstand der Hauptverhandlung gemacht worden wären. Diese Umstände lassen nur die Annahme zu, dass das Amtsgericht wesentliches Verteidigungsvorbringen außer Acht gelassen und dadurch den Anspruch der Betroffenen auf rechtliches Gehör verletzt hat.“

Und auch hier dann der Link auf den Beitrag: „Sind die Änderungen der StVO-Novelle wirksam?

Die Entscheidung des VerfGH Saarland, oder: VerfGH NRW zu den Anforderungen an eine zulässige Verfassungsbeschwerde

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Und dann als zweite Entscheidung noch einen Beschluss, der sich mit dem VerfGH-Urteil v. 05.07.2019 – Lv 7/17 – befasst. Das ist der VerfGH NRW, Beschl. v. 21.03.2020 – VerfGH 14/20. VB-1. „Befasst“, na ja, zumindest konkludent.

Es geht mal wieder um die Anwendung/Geltung der verfassungsgerichtlichen Entscheidung. Das OLG Hamm hatte im OLG Hamm, Beschl. v. 21.01.2020 – III-5 RBs 2/20 den Antrag des Betroffefen – jetzt Beschwerdeführers auf Zulassung der Rechtsbeschwerde gegen ein urteil des AG Bottrop, durch das er wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung verurteilt worden war, verworfen. Dagegen die Verfassungsbeschwerde. Die ist wegen nicht ausreichender Begründung als unzulässig zurückgewiesen worden:“

„2. Die Verfassungsbeschwerde ist bereits deshalb unzulässig, weil sie nicht ausreichend begründet worden ist.

a) Gemäß § 18 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. § 55 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4 VerfGHG bedarf die Verfassungsbeschwerde einer substantiierten Begründung, die sich nicht lediglich in der Nennung des verletzten Rechts und in der Bezeichnung der angegriffenen Maßnahme erschöpfen darf (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH NRW, Beschluss vom 14. Januar 2020 – VerfGH 54/19.VB-1, juris, Rn. 2 m. w. N.). Der Beschwerdeführer muss hinreichend substantiiert darlegen, dass die behauptete Verletzung eines Grundrechts oder grundrechtsgleichen Rechts möglich ist (VerfGH NRW, Beschluss vom 14. Januar 2020 – VerfGH 44/19.VB-3, juris, Rn. 3 m. w. N.). Dabei hat die Begründung der Verfassungsbeschwerde dem Umstand Rechnung zu tragen, dass der Verfassungsgerichtshof kein „Superrevisionsgericht“ ist: Die Auslegung und Anwendung des maßgebenden einfachen Rechts sind nämlich grundsätzlich Aufgaben der zuständigen Fachgerichte. Ein verfassungsgerichtliches Eingreifen kommt regelmäßig erst dann in Betracht, wenn die angegriffene fachgerichtliche Entscheidung spezifisch verfassungsrechtliche Fehler erkennen lässt. Dementsprechend darf sich die Begründung der Verfassungsbeschwerde nicht in der Rüge eines Verstoßes gegen einfaches Recht erschöpfen, sondern sie muss die Möglichkeit aufzeigen, dass die angefochtene fachgerichtliche Entscheidung auf einer grundsätzlichen Verkennung des Gewährleistungsgehalts des  als verletzt gerügten Grundrechts beruht (VerfGH NRW, Beschluss vom 14. Januar 2020 – VerfGH 44/19.VB-3, juris, Rn. 4). Hierzu bedarf es insbesondere einer hinreichenden Auseinandersetzung mit den Begründungen der angefochtenen Entscheidungen (VerfGH NRW, Beschluss vom 5. November 2019 – VerfGH 38/19.VB-2, juris, Rn. 5 m. w. N.).

b) Diesen Anforderungen wird die Begründung der Verfassungsbeschwerde nicht gerecht.

aa) Soweit der Beschwerdeführer eine Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 4 Abs. 1 LV i. V. m. Art. 103 Abs. 1 GG) rügt, lässt die Verfassungsbeschwerdeschrift nicht erkennen, worin konkret diese Verletzung liegen soll. Den Dokumenten, die der Beschwerdeführer seiner Verfassungsbeschwerdeschrift als Anlagen beigefügt hat, lässt sich zwar entnehmen, dass er gegenüber dem Oberlandesgericht mit seinem Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde gerügt hat, das Amtsgericht habe seinen Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt. Es ist indes nicht Aufgabe des Verfassungsgerichtshofs, aufgrund einer bloßen Erwähnung eines Grundrechts oder grundrechtsgleichen Rechts in der Verfassungsbeschwerdeschrift in den dieser Schrift beigefügten Anlagen nach möglichen Verletzungen dieses Rechts zu suchen.

bb) Soweit der Beschwerdeführer eine Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes (Art. 4 Abs. 1 LV i. V. m. Art. 3 Abs. 1 GG) rügt, hat er in seiner Verfassungsbeschwerdeschrift ebenfalls nicht dargelegt, worin die gerügte Grundrechtsverletzung liegen soll.

cc) Zu der gerügten Verletzung des Rechts auf ein faires Verfahren und effektive Verteidigung (Art. 4 Abs. 1 LV i. V. m. Art. 20 Abs. 3 GG) hat der Beschwerdeführer sinngemäß ausgeführt, das mit dem Geschwindigkeitsmessgerät „TraffiPhot S“ gewonnene Messergebnis hätte im fachgerichtlichen Verfahren nicht zu seinen Lasten verwertet werden dürfen, weil dieses Gerät nicht sämtliche „Rohmessdaten“ speichere und damit keine ausreichende Datengrundlage für eine nachträgliche Überprüfung des Messergebnisses zur Verfügung stelle. Er beruft sich insoweit auf das Urteil des Verfassungsgerichtshofs des Saarlandes vom 5. Juli 2019  – Lv 7/17 (NJW 2019, 2456).

Es kann dahinstehen, ob der Beschwerdeführer zur Begründung seiner Verfassungsbeschwerde umfassend auf die mittlerweile zahlreichen kritischen Stimmen in Rechtsprechung und Literatur zu dem genannten Urteil des Verfassungsgerichtshofs des Saarlandes hätte eingehen müssen. Er hätte sich aber jedenfalls hinreichend mit der in den im vorliegenden Verfassungsbeschwerdeverfahren angegriffenen gerichtlichen Entscheidungen geübten Kritik an der Rechtsauffassung des Verfassungsgerichtshofs des Saarlandes auseinandersetzen müssen. Namentlich das Oberlandesgericht hat sich in dem hier angegriffenen Beschluss        – durch Bezugnahme auf die Ausführungen der Generalstaatsanwaltschaft in der Antragsschrift vom 20. Dezember 2019 und damit auf seinen eigenen Beschluss vom 25. November 2019 – 3 RBs 307/19 (veröffentlicht in juris) – dezidiert gegen die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs des Saarlandes gewandt. Mit dieser Kritik hat sich der Beschwerdeführer nicht auseinandergesetzt. Er hätte insbesondere zu zwei wesentlichen Kritikpunkten des Oberlandesgerichts Stellung beziehen müssen:

Zum einen hat das Oberlandesgericht mit umfangreichen Ausführungen die Auffassung vertreten, der Verfassungsgerichtshof des Saarlandes habe das Recht auf ein faires Verfahren in rechtlich bedenklicher Weise überdehnt (OLG Hamm, Beschluss vom 25. November 2019 – 3 RBs 307/19, juris, Rn. 12 ff.).

Zum anderen hat das Oberlandesgericht mit gewichtigen Argumenten dargelegt (OLG Hamm, Beschluss vom 25. November 2019 – 3 RBs 307/19, juris, Rn. 16), dass die – für den Umfang der dem Landesverfassungsgericht obliegenden Prüfung bedeutsame – Prämisse des Verfassungsgerichtshofs des Saarlandes unzutreffend sei, die vom Bundesgerichtshof in seiner Rechtsprechung entwickelten bundesrechtlichen Grundsätze zum Einsatz standardisierter Messverfahren bei der Ahndung von Verkehrsordnungswidrigkeiten seien durchweg für Fälle entwickelt worden, in denen Rohmessdaten für den konkreten Messvorgang zur Verfügung gestanden hätten (so aber VerfGH SL, Urteil vom 5. Juli 2019 – Lv 7/17, NJW 2019, 2456 = juris, Rn. 80).“

Der „manipulierte Verkehrsunfall“ und das nicht eingeholte Sachverständigengutachten, oder: Rechtliches Gehör verletzt

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Und als zweite Entscheidung heute eine weitere BGH-Entscheidung, und zwar der BGH, Beschl. v. 10.04.2018 – VI ZR 378/17. Ergangen aufgrund einer Nichtzulassunsbeschwerde gegen ein Urteil des OLG Schleswig. Das in einem  Verkehrsunfallprozess, in dem es um die Frage eines „manipulierten Verkehrsunfalls“ – „getürkter“ darf man ja nicht mehr schreiben 🙂 –  ging, Beweisangebote der beklagten Versicherung, die behauptet hatte: „manipulierter Verkehrsunfall“, nicht berücksichtigt und ein von der Versicherung beantragtes Unfallrekonstruktionsgutachten nicht eingeholt und die Berufung der Versicherung gegen das der Klage stattgebende Urteil des LG zurückgewiesen. Die Revision war nicht zugelassen worden. Das hat der BGh auf die Nichtzulassungsbeschwerde hin geändert und ausgeführt, dass in der Nichtberücksichtigung eines erheblichen Beweisangebots eine Verletzung des rechtlichen Gehörs liegt:

„II.

Die Nichtzulassungsbeschwerden haben Erfolg. Sie führen gemäß § 544 Abs. 7 ZPO zur Aufhebung des angegriffenen Urteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht. Das Berufungsgericht hat den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt.

1. Das Berufungsgericht hat – soweit hier erheblich – ausgeführt, die Beweiswürdigung des Landgerichts in Bezug auf die Behauptung der Beklagten zu 2, es liege ein manipulierter Unfall vor, sei nicht zu beanstanden. Die Haftung des Schädigers entfalle nur dann, wenn in ausreichendem Maße Umstände vorlägen, die die Feststellung gestatteten, dass es sich bei dem behaupteten Unfall um ein manipuliertes Geschehen handele. Hier sei zwar nicht von der Hand zu weisen, dass es einige solche Anzeichen gebe. Im Ergebnis reichten diese Umstände aber nicht aus. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass der Beklagte zu 1 möglicherweise nur unaufmerksam oder abgelenkt gewesen sei und deshalb seine Fahrspur nicht eingehalten habe. Der Unfall habe sich auf einer vielbefahrenen Straße bei einer Geschwindigkeit von 50 km/h ereignet. Die Ehefrau des Klägers sei mit im Fahrzeug und dem Risiko eines Personenschadens ausgesetzt gewesen.

Für die Einholung eines Unfallrekonstruktionsgutachtens fehle es an entsprechenden Anknüpfungstatsachen. Durch ein solches Gutachten könne nämlich nicht bewiesen werden, ob der Beklagte zu 1 willentlich oder absichtlich die Kollision herbeigeführt habe oder nicht. Es sei unstreitig, dass es eine streifende Kollision zwischen den beteiligten Fahrzeugen gegeben habe. Auf den ersten Blick ergebe sich anhand der eingereichten Fotodokumentationen der beteiligten Fahrzeuge ein kompatibles Schadensbild, das mit der Schilderung des Unfallhergangs durch die unbeteiligten Zeugen K. in Einklang zu bringen sei.

2. Diese Erwägungen halten der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand und verletzen die Beklagte zu 2 in ihrem Anspruch auf rechtliches Gehör.

a) Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet das Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Das Gebot des rechtlichen Gehörs soll als Prozessgrundrecht sicherstellen, dass die Entscheidung frei von Verfahrensfehlern ergeht, welche ihren Grund in unterlassener Kenntnisnahme und Nichtberücksichtigung des Sachvortrags der Parteien haben. In diesem Sinne gebietet Art. 103 Abs. 1 GG in Verbindung mit den Grundsätzen der Zivilprozessordnung die Berücksichtigung erheblicher Beweisanträge. Die Nichtberücksichtigung eines erheblichen Beweisangebots verstößt gegen Art. 103 Abs. 1 GG, wenn sie im Prozessrecht keine Stütze findet (Senat, Beschluss vom 27. Oktober 2015 – VI ZR 355/14, NJW 2016, 641 Rn. 6 mwN; BVerfG, WM 2012, 492 f.).

b) So verhält es sich im Streitfall. Die Nichtzulassungsbeschwerde beanstandet zu Recht, dass das Berufungsgericht den unter Beweis gestellten Vortrag der Beklagten zu 2, bei einem (tatsächlichen) Unfall sei ein unfallverhütendes bzw. beendendes Fahrmanöver (auch) des Klägers zu erwarten gewesen, nicht ausreichend berücksichtigt hat und aus diesem Grund einem erheblichen Beweisangebot nicht nachgegangen ist.

aa) Die Ablehnung eines Beweisantrags wegen Ungeeignetheit des Beweismittels kommt nur dann in Betracht, wenn es völlig ausgeschlossen erscheint, dass das Beweismittel zu dem Beweisthema sachdienliche Erkenntnisse erbringen kann (BGH, Urteil vom 23. Oktober 2014 – III ZR 82/13, WM 2014, 2212 17 mwN). Insoweit ist größte Zurückhaltung geboten (BGH, Urteil vom 26. November 2003 – IV ZR 438/02, BGHZ 157, 79, 84 f.). Darüber hinaus scheidet die Ablehnung eines Beweisantrags als ungeeignet aus, wenn dadurch ein noch nicht erhobener Beweis vorab gewürdigt wird, weil dies eine unzulässige Beweisantizipation darstellt (BGH, Urteil vom 23. Oktober 2014, ebenda).

bb) Das Berufungsgericht hat (nur) darauf abgestellt, dass ein Sachverständiger keine Aussage dazu treffen kann, ob der Beklagte zu 1 das Fahrzeug willentlich auf die andere Spur gelenkt hat, oder schlicht abgelenkt war. Es hat sich in diesem Zusammenhang nicht mit dem Vortrag der Beklagten zu 2 auseinandergesetzt, dass (auch) die (Nicht-)reaktion des Klägers nicht plausibel zu erklären sei und ein Unfallrekonstruktionsgutachten insoweit weiteres ergeben könne. Das ist auch unter Berücksichtigung der Angaben des Klägers bei seiner Anhörung nicht von der Hand zu weisen, vor allem, nachdem der Vorgang nach der Aussage der Zeugen K. so viel Zeit in Anspruch genommen hat, dass der Zeuge K. noch vor dem Unfall die Lichthupe getätigt und die Warnblinkanlage angeschaltet hat. Vor diesem Hintergrund findet die Nichtberücksichtigung des Antrags der Beklagten zu 2 auf Einholung eines Unfallrekonstruktionsgutachtens im Prozessrecht keine Stütze, Art. 103 Abs. 1 GG.

c) Die Gehörsverletzung ist entscheidungserheblich. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass das Berufungsgericht bei der gebotenen Berücksichtigung des Vortrags der Beklagten zu 2 zu einer anderen Beurteilung gelangt wäre. Bei der neuen Würdigung wird das Berufungsgericht auch zu beachten haben, dass der Tatrichter bei der Beurteilung einer Fachwissen voraussetzenden Frage auf die Einholung eines Sachverständigengutachtens nur verzichten kann, wenn er entsprechende eigene besondere Sachkunde auszuweisen vermag (BGH, Urteil vom 23. Oktober 2014, aaO, Rn. 18 mwN).“

Antwort vom OLG Bamberg: Das VerfG Saarland hat keine Ahnung, oder: Von wegen der Rechtsstaat lebt

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Auf den Paukenschlag aus dem Saarland mit dem VerfG Saarland, Beschl. v. 27.04.2018 – Lv 1/18 (vgl. dazu Paukenschlag beim (Akten)Einsichtsrecht, oder: Der Rechtsstaat lebt…) folgt dann schon nach kurzer Zeit die Antwort aus dem Freistaat. Das OLG Bamberg teilt im OLG Bamberg, Beschl. v. 13.06.2018 – 3 Ss OWi 626/18 – mit, was es von der Entscheidung des Verfassungsgerichts hält: Nämlich nichts. Und das in einer Diktion, die mich dann doch erstaunt. Bisher habe ich nämlich noch keinen OLG-Beschluss gesehen/gelesen, in dem das OLG einem Verfassungsgericht so „die Leviten liest“, jedenfalls kann ich micht nicht erinnern. Da heißt es: Das Verfassungsgericht „übersieht“, seine Auffassung ist „unhaltbar“ und sein „Hinweis….. verfängt“ nicht. Wenn man das so liest, hat man den Eindruck, dass man mit dem Verfassungsgericht spricht wie mit einem unartigen Kind, dem man nun endlich mal die Dinge, die es nicht kann/weiß, erklären muss. „Mia san mia“ eben, so wie man (teilweise) „die Bayern“, vor allem aber das OLG Bamberg kennt.

Mich überrascht allerdings nur die Diktion, nicht der Inhalt der Entscheidung. Denn ich hatte nicht wirklich damit gerechnet, dass die OLG sich der Auffassung des VerfG Saarland anschließen würden. Das wäre dann ein zweiter Paukenschlag gewesen. Nein, es war zu erwarten, dass diese Antwort – vor allem aus Bayern – kommen würde, vollgestopft mit Zitaten und Hinweisen auf die eigene Rechtsprechung. Passieren wird jetzt Folgendes: Die anderen OLG werden dankbar auf diesen Zug aufspringen und sich dem OLG Bamberg anschließen. Und es wird weiter gehen wie bisher. Ändern wird sich also im Zweifel nichts. Schade. Und da kein OLG den Weg zum BGH gehen oder besser – zu gehen wagt -, werden Verteidiger nach wie vor, um die Einsicht in und die Übersendung von Messdaten pp. kämpfen müssen. Von wegen: „der Rechtsstaat lebt“.

So, das vorab. Und in der Sache erspare ich mir das Einstellen des recht langen Beschlusses und stelle hier nur die Leitsätze ein, so wie sie aus Bamberg gekommen sind – das heißt also mit von den dort bekannten vielen Zitaten der eigenen Rechtsprechung:

„1. Die Ablehnung eines Antrags des Betroffenen auf Beiziehung, Einsichtnahme oder Überlassung digitaler Messdateien oder weiterer nicht zu den Akten gelangter Messunterlagen verletzt weder das rechtliche Gehör noch das Prozessgrundrecht auf ein faires Verfahren. Es handelt sich um einen Beweisermittlungsantrag, über den der Tatrichter unter Aufklärungsgesichtspunkten (§ 244 II StPO) zu befinden hat (Festhaltung u.a. an OLG Bamberg, Beschl. v. 04.04.2016 – 3 Ss OWi 1444/15 = DAR 2016, 337 = OLGSt StPO § 147 Nr. 10; 05.09.2016 – 3 Ss OWi 1050/16 = StraFo 2016, 461 = VA 2016, 214; 24.08.2017 – 3 Ss OWi 1162/17 = DAR 2017, 715 und 04.10.2017 – 3 Ss OWi 1232/17 = NZV 2018, 80 = NStZ 2018, 235; entgegen VerfGH Saarbrücken, Beschl. v. 27.04.2018 – 1 Lv 1/18).

2. Die Annahme, den Betroffenen eines Bußgeldverfahrens treffe eine „Darlegungs- und Beibringungslast“ in Bezug auf die geltend gemachte Unrichtigkeit des im Rahmen eines standardisierten Messverfahrens erzielten Messergebnisses ist mit dem geltenden Recht nicht vereinbar.“

Die Unterstreichungen sind nicht von mir.

Im Übrigen meine ich – das nur kurz und in der Diktion des OLG: U.a. die Auffassung des OLG zu Leitsatz 2 ist m.E. nicht haltbar. Es ist zwar richtig, dass den Betroffenen eines Bußgeldverfahrens ebenso wie den Beschuldigten im Strafverfahren nach den Vorgaben der StPO und des GG eine „Darlegungs- und Beibringungslast“ nicht trifft. Nur ist die Aussage des OLG im Hinblick darauf, was die OLG aus dem Satz im Bußgeldverfahren gemacht haben, nicht „haltbar“ und „verfängt“ nicht.

Insgesamt schade. Das OLG Bamberg hat in meinen Augen mal wieder eine Chance vertan, die Rechte des Betroffenen – so wie es der VerfG Saarland getan hat – zu stärken und eine andere Rechtsprechung einzuläuten. Aber vielleicht will man das ja auch gar nicht und will lieber das Süppchen „standardisiertes Messverfahren“ weiter kochen lassen.