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Pauschgebühr u.a. wegen umfangreichen Urteils, oder: Es gibt sie doch die Pauschgebühr

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Die zweite Entscheidung kommt aus Bayern vom OLG München. Den OLG München, Beschl. v. 03.05.2019 – 1 AR 136/19 – stelle ich u.a. deshalb vor, weil man ihn auch überschreiben könnte: Und es gibt sie doch, die Pauschgebühr beim OLG München, und dann auch noch mit einem Zuschlag von 100 % auf die gesetzlichen Gebühren.

Leider kann man aber aus dem Beschluss nicht so ganz viel Honig saugen, weil das OLG kaum Kriterien mitteilt, die zur Bewilligung der Pauschgebühr nach § 51 RVG wegen besonderen Umfangs geführt haben:

„Gemäß der Stellungnahme der Frau Bezirksrevisorin vom 30.04.2019, die der ständigen Recht¬sprechung des Senats entspricht und mit der sich der Verteidiger einverstanden erklärt hat, war die Pauschgebühr zu bewilligen. Das Verfahren war zweifellos besonders umfangreich und für den Antragsteller – trotz des weiteren Verteidigers – sehr arbeitsaufwändig. Allein das Urteil vom 25.06.2018 umfasste – trotz vorangegangener Verständigung gem. § 257c StPO – 94 Seiten. Ein Zuschlag von ca. 100 % auf die gesetzlichen Gebühren erscheint auch dem Senat daher ausnahmsweise angemessen und erforderlich.

Über den Ersatz von Auslagen, auch Mehrwertsteuer. hat der Senat nicht zu entscheiden.

Bereits ausgezahlte Gebührenanteile betreffend das Verfahren 6 KLs 501 Js 38103/17 sind auf die bewilligte Pauschgebühr anzurechnen. Nicht anzurechnen sind Gebührenanteile betreffend das Verfahren 6 KIs 501 Js 6403/18 bis zu dessen Verbindung zum vorliegenden Verfahren.“

Und, was man auch nicht übersehen darf: Die Anrechnungsregelung. Allerdings hätte man auch da gern ein paar Informationen mehr gehabt.

StGB II: Der Reichsadler über dem Europakennzeichen, oder: Missbilligung ist keine Täuschung

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Die zweite StGB-Entscheidung kommt vom OLG München. Das hat zur Frage der „Strafbarkeit“ des Überklebens des Europakennzeichens eines amtlichen Kfz-Kennzeichens mit einem Preußenadler Stellung genommen.

Das OLG sagt dazu im OLG München, Urt. v. 22.03.2019 – 4 OLG 14 Ss 322/18 -, hier der Leitsatz:

Das Überkleben des Europakennzeichens eines amtlichen Kfz-Kennzeichens mit einem Preußenadler erfüllt weder den Tatbestand der Urkundenfälschung noch denjenigen des Kennzeichenmissbrauchs, sofern der Täter keine Täuschung bezweckt, sondern lediglich seine Missbilligung über die Europäische Union zum Ausdruck bringen will. Allerdings liegt eine Ordnungswidrigkeit gem. gemäß §§ 48 Nr. 1b, 10 Abs. 12 S.1 FZV i.V.m. Nr. 3 Anlage 4 FZV vor.

Haft III: Keine Akteneinsicht beim nicht vollstreckten Haftbefehl, oder: Ob das richtig ist, wage ich zu bezweifeln

entnommen der Homepage der Kanzlei Hoenig, Berlin

Und die dritte Entscheidung kommt aus Bayern. Der OLG München, Beschl. v. 22.01.2019 – 2 Ws 51/19 – nimmt zur Frage der Akteneinsicht bei bestehendem Ergreifungshaftbefehl Stellung, wenn U-Haft noch nicht vollstreckt wird. Das OLG lehnt die Akteneinsicht ab. Die Leitsätze der Entscheidung – so stehen sie bei Bayern.Recht, stammen aber wohl von Beck-Online.

1. Der Begriff „Verhaftung“ im Sinne des § 310 Abs. 1 Nr. 1 StPO (weitere Beschwerde) umfasst auch Entscheidungen über die Anordnung oder Aufrechterhaltung eines Freiheitsentzugs, auch wenn die angefochtene Entscheidung aktuell nicht vollzogen wird.

2. Solange in einem laufenden Ermittlungsverfahren ein bestehender Ergreifungshaftbefehl gegen den untergetauchten Beschuldigten noch nicht vollstreckt ist, hat der Verteidiger weder einen Anspruch auf Gewährung von Akteneinsicht noch auf Mitteilung des Haftbefehls. Darin liegt weder eine Verletzung des Rechts auf Gewährung rechtlichen Gehörs nach Art. 103 Abs. 1 GG noch des Anspruchs auf Gewährleistung einer effektiven Verteidigungsmöglichkeit nach Art. 19 Abs. 4, 20 Abs. 3 GG.

Na, ob das so richtig ist, wage ich zu bezweifeln – ist aber (leider) h.M. in der Rechtsprechung. Übersehen wird m.E., dass der Beschuldigte bzw. sein Verteidiger im Beschwerdeverfahren einen Anspruch auf Akteneinsicht hat. Zwangsmaßnahmen, also auch ein Haftbefehl, dürfen nur auf die bekannten Umstände/Tatsachen gestützt werden. Will die Staatsanwaltschaft die nicht bekannt machen, dann muss sie den Haftbefehlsantrag eben unterlassen. Alles andere führt dazu, dass man den Beschuldigten inzidenter zwingt, sich zu stellen, damit der Haftbefehl vollstreckt wird und er dann die dem Haftbefehl zu Grunde liegenden Tatsachen pp. erfährt. Macht es für die Ermittlungsbehörden zwar schwieriger, aber ist dann nun mal so….

Totalschaden beim Rennrad, oder: Gilt die 130 %-Rechtsprechung?

entnommen openclipart.org

Bei der zweiten Entscheidung, die ich vorstelle, handelt es sich um das OLG München, Urt. v. 16.11.2018 – 10 U 1885/18. Es geht in ihm um die Höhe des Schadensersatzes bei einem Totalschaden eines Rennrades. Das OLG München hat die sog. 130 % – Grenze angewendet:

„a) Grundsätzlich kann ein Geschädigter im Totalschadensfalle ausnahmsweise die voraussichtlichen Reparaturkosten zzgl. einer etwaigen Wertminderung erstattet verlangen, wenn diese Summe den Wiederbeschaffungswert um nicht mehr als 30 % übersteigt (BGH VersR 1992,61; BGH r+s 2003, 303; r+s 2005, 172; r+s 2009, 434; r+s 2010, 128; Jahnke in Burmann/Heß/Hühnermann/Jahnke/Janker, Straßenverkehrsrecht, 24. A., § 249 BGB, Rn. 65). Maßgeblich für die Berechnung ist grundsätzlich die Reparaturkostenkalkulation des Sachverständigen, nicht der schlussendlich tatsächlich angefallene Reparaturaufwand. Der Restwert des Fahrzeuges wird bei dieser Berechnung nicht berücksichtigt. Grundlage dieser Rechtsprechung ist das besondere Integritätsinteresse des Geschädigten. Damit soll faktisch sichergestellt sein, dass das Eigentum des Geschädigten für den Bedarfsfall in seiner konkreten Zusammensetzung und nicht nur dem Wert nach erhalten bleiben kann. Der Reparaturkostenersatz erfolgt allerdings nur nach tatsächlich durchgeführter, fachgerechter Reparatur im Umfange des Sachverständigengutachtens (BGH DAR 2005, 266), jedenfalls aber in einem Umfang, der den Wiederbeschaffungsaufwand übersteigt (BGH DAR 2005, 268 [269]). Eine Teilreparatur ist nicht ausreichend. Setzt der Geschädigte nach einem Unfall sein Kraftfahrzeug nicht vollständig und fachgerecht in Stand, ist regelmäßig die Erstattung von Reparaturkosten über dem Wiederbeschaffungswert nicht gerechtfertigt. Im Hinblick auf den Wert der Sache wäre eine solche Art der Wiederherstellung im Allgemeinen unvernünftig und kann dem Geschädigten nur ausnahmsweise im Hinblick darauf zugebilligt werden, dass der für ihn gewohnte und von ihm gewünschte Zustand des Fahrzeuges auch tatsächlich wie vor dem Schadensfall erhalten bleibt bzw. wiederhergestellt wird (vgl. BGH VersR 2007, 1244; BGHZ 162, 161, 168; BGH VersR 1972, 1024 und VersR 1985, 593, 594). Dass der Geschädigte Schadensersatz erhält, der den Wiederbeschaffungswert übersteigt, ist deshalb mit dem Wirtschaftlichkeitsgebot und Bereicherungsverbot nur zu vereinbaren, wenn er den Zustand des ihm vertrauten Fahrzeuges wie vor dem Unfall wieder herstellt.

b) Diese zu beschädigten Kraftfahrzeugen ergangene Rechtsprechung ist nach Auffassung des Senats auch für ein, wie hier nahezu vollständig beschädigtes Rennrad, übertragbar. Entgegen der Ansicht des Klägers gibt es keinen Grund, bei Fahrrädern, welche die letzten Jahrzehnte ebenfalls wie Kraftfahrzeuge eine stetige technische Weiterentwicklung vollzogen haben, die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze für Kraftfahrzeuge hier nicht anzuwenden. Der Kläger betont im vorliegenden Rechtsstreit gerade die Besonderheiten im Hinblick auf den beim beschädigten Fahrrad vorhanden Karbonrahmen. Selbst wenn das Fahrrad nach den Angaben des Klägers zu einem Liebhaberstück wurde, ist zu bedenken, dass es sich nach den Angaben des Sachverständigen Dipl.-Ing. Albert S. um ein Komplettrad der Marke Scott handelte, welches einen relativ geringen Wiederbeschaffungswert aufweist. Nicht überzeugend ist der Einwand des Klägers, wonach für die Frage der Unverhältnismäßigkeit der Reparatur auch andere Umstände als das reine Wertverhältnis, wie der Grad des Verschuldens, zu berücksichtigen seien. Die zitierte Entscheidung des BGH (vgl. BGH MDR 1988, 213) betraf den Ersatz von Aufwendungen im Rahmen eines Auftragsverhältnisses und keinen Schaden im Rahmen eines Verkehrsunfalles. Das Verschulden wird hier bereits im Rahmen der Haftungsquote berücksichtigt.“

Fristbeginn des Fahrverbots bei ausländischer Fahrerlaubnis, oder: OWi meets Strafrecht

entnommen wikimedia.org
Urheber Bundesrepublik Deutschland, Bundesministerium des Innern

Heute dann ein wenig Verkehrsrecht. Den Reigen beginne ich mit dem OLG München, Urt. v. 19.09.2018 – 4 OLG 14 Ss 228/18. Es ist auf die Revision der Staatsanwaltschaft ergangen. Die hatte sich gegen den Freispruch des Angeklagten vom Vorwurf des Fahrens ohne Fahrerlaubnis gewandt.

Auszugehen war von folgendem Sachverhalt:

„Der Angeklagte ist griechischer Staatsangehöriger mit Wohnsitz in Salzburg/Österreich. Er ist jedenfalls seit dem 24. September 2014 im Besitz einer griechischen Fahrerlaubnis.

Gegen den Angeklagten war mit Bußgeldbescheid der Zentralen Bußgelsstelle Viechtach vom 16. Juni 2016, Az: pp. , ein Fahrverbot von einem Monat verhängt worden. Der Bußgeldbescheid ist seit dem 15. Juli 2016 rechtskräftig. Dem Bußgeldbescheid lag eine Tat vom 7. April 2016 zugrunde. In den zwei vorangegangenen Jahren war gegen den Angeklagten kein Fahrverbot verhängt worden, ebenso wenig bis zum Erlass des Bußgeldbescheids. Mit dem Bußgeldbescheid wurde der Angeklagte hinsichtlich der Wirksamkeit des Fahrverbots über die Regelung des § 25 Abs. 2a StVG belehrt und hinsichtlich des Vollzugs des Fahrverbots über die Notwendigkeit, entweder im ausländischen Führerschein das Fahrverbot vermerken zu lassen oder den ausländischen Führerschein in amtliche Verwahrung zu geben, sowie über die Notwendigkeit, den Führerschein mittels Einschreiben an die Zentrale Bußgeldstelle des bayerischen Polizeiverwaltungsamtes zu übersenden. In der Belehrung wurde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Fahrverbotsvollzug mit Eingang des Führerscheins bei der Zentralen Bußgeldstelle in Viechtach zu laufen beginnt. Der Angeklagte übersandte mit Schreiben des von ihm beauftragten Rechtsanwalts, des Zeugen Jpp.  pp. , vom 29. Juli 2016 Kopien von Vorderund Rückseite seines griechischen Führerscheins an das Bayerische Polizeiverwaltungsamt-Zentrale Bußgeldstelle; in einem beigefügten Schreiben teilte Rechtsanwalt Rpp.  mit, die Übersendung der Führerscheinkopien erfolge, um das einmonatige Fahrverbot in Lauf zu setzen. Das Polizeiverwaltungsamt vermerkte einen Fahrverbotsvollzug vom 30. Juli 2016 bis 29. August 2016 und teilte dem Zeugen Rpp.  mit Schreiben vom 3. August 2016 die Daten dieses Vollzugs mit. Der Angeklagte wurde in der Folge zu einem nicht feststellbaren Zeitpunkt durch den Zeugen Rpp.  in Kenntnis gesetzt.

Am 1. August 2016 gegen 17.27 Uhr fuhr der Angeklagte mit dem PKW Audi, amtliches Kennzeichen pp.  auf der Bundesstraße 20 bei Abschnitt 700-Km 2.900 in Fahrtrichtung B. im Gemeindegebiet von 8. B.. Dabei überschritt er die dort zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h nach Abzug von Toleranz um 17 km/h. Wegen der Geschwindigkeitsüberschreitung wurde ein Bußgeld von 30 € verhängt, welches der Angeklagte in der Folge bezahlte.

Das LG hat den Angeklagten frei gesprochen. Dagegen dann die Revision der StA, die keinen Erfolg hatte:

„Das Landgericht ging zu Recht davon aus, dass das mit Bußgeldbescheid vom 16. Juni 2016 verhängte Fahrverbot, rechtskräftig seit 15. Juli 2016, zur Tatzeit am 1. August 2016 noch nicht in Lauf gesetzt worden war.

Gemäß § 25 Abs. 2a StVG hatte der Angeklagte ab Rechtskraft des Bußgeldbescheids 4 Monate Zeit, das Fahrverbot anzutreten, mithin bis zum 15. November 2016.

Gemäß § 25 Abs. 5 i.V.m. Abs. 3 StVG beginnt die Fahrverbotsfrist mit Anbringung eines entsprechenden Vermerks im ausländischen Führerschein. Darüber wurde der Angeklagte im Bußgeldbescheid auch ordnungsgemäß nach § 25 Abs. 8 StVG belehrt. Der Angeklagte hat seinen griechischen Führerschein jedoch nicht bei der Behörde vorgelegt und es wurde kein entsprechender Vermerk in seinem Führerschein angebracht. Auch wurde der Originalführerschein nicht in Verwahrung gegeben. Durch die Anbringung eines Vermerks im Führerschein oder auf dem Führerschein wird dem Betroffenen eindeutig zur Kenntnis gebracht, dass ein Fahrverbot in der Bundesrepublik Deutschland verhängt wurde. Dies ist bei Überprüfung durch Polizeibeamte im Rahmen von Polizeikontrollen auch sofort zu ersehen. Gleiches gilt für Inhaber deutscher Führerscheine, bei denen gemäß § 25 Abs. 2 Satz 1 StVG der Führerschein in Verwahrung genommen wird und der Führerschein bei einer Polizeikontrolle nicht vorgezeigt werden kann, was die kontrollierenden Polizeibeamten zu weiteren Nachforschungen zwingt.

Der Fristbeginn des Fahrverbots hängt gemäß § 25 Abs. 5 Satz 1 StVG davon ab, wann bei Inhabern ausländischer Führerscheine die Verwahrung vollzogen wird oder der Vermerk im Führerschein angebracht wird. Dies dient auch zur Sicherheit des Betroffenen für den unmissverständlich ersichtlich ist, dass das Fahrverbot in Kraft ist. In beiden Fällen wird eindeutig ein Hoheitsakt durchgeführt hinsichtlich des Originalführerscheins, was bei einer Führerscheinkopie, die verwahrt wird, nicht der Fall ist. Soweit das Bayerische Polizeiverwaltungsamt aus Gründen der Praktikabilität den Vollzug des Fahrverbots durch Übersendung von Kopien ausländischer Führerscheine in Lauf setzen will, sieht das Gesetz diese Möglichkeit nicht vor, weshalb auch keine erweiterte Belehrung hinsichtlich der Übersendung von Führerscheinkopien erfolgt ist. Dies kann nicht zu Lasten des Betroffenen gehen, der sich durch diese erweiterte über den Gesetzestext hinausgehende Auslegung strafbar machen würde. Aus Gründen der Rechtssicherheit ist die Ansicht der Staatsanwaltschaft, ein InVerwahrung-Geben der Führerscheinkopie ist mit einem In-Verwahrung-Geben eines Führerscheins gleichzusetzen, abzulehnen. Analoge Anwendungen zu Lasten Betroffener im Rahmen von Strafvorschriften sind grundsätzlich nicht zulässig. Insoweit gilt der Grundsatz,,keine Strafe ohne gesetzliche Regelung“ (Art. 103 Abs. 2 GG).

Auch das Argument, der Vermerk mit einem Aufkleber im Führerschein könne entfernt werden, greift nicht durch. Das widerrechtliche Entfernen des Vermerks wäre ein strafbares Urkundendelikt gemäß § 267 Abs. 1 StGB.“