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Bei der Nebenklage aufgepasst: Verschulden des Vertreters wird zugerechnet

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Eine „Selbstverständlichkeit“ ruft der OLG Hamm, Beschl. v. 27.08.2015 – 1 Ws 312/15 ins Gedächtnis, nämlich: Bei der Nebenklage wird dem Nebenkläger ein Verschulden seines Vertreters – anders als beim Verteidiger – zugerechnet.In der Entscheidung ging es um eine verfristete sofortige Beschwerde gegen eine Kostenentscheidung. Das OLG hat Wiedereinsetzung (von Amts wegen) nicht gewährt:

„3. Entgegen der Auffassung der Generalstaatsanwaltschaft Hamm sieht der Senat keinen Anlass, der Beschwerdeführerin hinsichtlich der Versäumung der Frist zur Einlegung der sofortigen Beschwerde Wiedereinsetzung in den vorigen Stand von Amts wegen zu gewähren. Die Nebenklägerin muss sich ein etwaiges Verschulden ihres Vertreters – anders als ein Angeklagter im Verhältnis zu seinem Verteidiger – anrechnen lassen (vgl. BGH NJW 1982, 1544; OLG Karlsruhe, NStZ-RR 1997,157). Wenn der Vertreter der Nebenklägerin und Adhäsionsklägerin nach Verkündung des Beschlusses des Landgerichts Dortmund vom 13.12.2013, der entgegen der §§ 464 Abs. 2, 472 S. 1 StPO keinen Ausspruch über die notwendigen Auslagen der Nebenklägerin enthielt, dies hingenommen und kein Rechtsmittel eingelegt hat bzw. mangels hinreichender Information seinerseits über die Folgen dieser unterbliebenen Entscheidung für die Nebenklägerin die fristgerechte Einlegung der sofortigen Beschwerde unterlassen hat, gereicht ihm dies zum Verschulden (vgl. OLG Karlsruhe, a.a.O.). Dem Nebenklagevertreter war nach dem Inhalt des Hauptverhandlungsprotokolls vom 13.12.2013 allerdings keine Rechtmittelbelehrung erteilt worden und aus den Akten lässt sich auch nicht entnehmen, dass in der Folgezeit eine solche übersandt worden ist. Gemäß § 44 S. 2 StPO ist die Versäumung einer Rechtsmittelfrist zwar als unverschuldet anzusehen, wenn die Belehrung nach § 35 S. 1 StPO versäumt worden ist. Die gesetzliche Vermutung bei unterbliebener Rechtsmittelbelehrung hebt aber nur das Erfordernis des fehlenden Verschuldens des Rechtsmittelführers auf. Den ursächlichen Zusammenhang zwischen dem Belehrungsmangel und der Fristversäumnis setzt die Wiedereinsetzung aber auch bei einer solchen Fallgestaltung voraus (Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 58. Aufl., § 44 Rdnr. 22; OLG Karlsruhe a.a.O.). Aus der Beschwerdeeinlegungsschrift vom 17.01.2015 lässt sich aber weder aufgrund einer entsprechenden ausdrücklichen Behauptung noch konkludent entnehmen, dass gerade die unterbliebene Rechtsmittelbelehrung die Ursache dafür war, dass gegen die unterbliebene Entscheidung über die notwendigen Auslagen der Nebenklägerin nicht rechtzeitig sofortige Beschwerde eingelegt worden ist. Vielmehr legen die Anbringung des Kostenfestsetzungsantrags, der den Erlass einer entsprechenden Kostengrundentscheidung voraussetzt, sowie die Ausführungen des Vertreters der Nebenklägerin in der Beschwerdeeinlegungsschrift, er habe erstmals durch die Mitteilung der Rechtspflegerin vom 09.01.2015 Kenntnis davon erhalten, dass der Beschluss des Landgerichts Dortmund vom 13.12.2013 eine Entscheidung über die notwendigen Auslagen der Nebenklage sowie über die Kosten des Adhäsionsverfahrens in der Berufungsinstanz nicht enthalte, was aufgrund seiner Anwesenheit in der Hauptverhandlung allerdings nicht zutrifft, die Annahme nahe, dass der Nebenklägervertreter den Beschluss vom 13.12.2013 in Bezug auf eine darin enthaltene Entscheidung über die notwendigen Auslagen der Nebenklägerin nicht weiter überprüft hat.“

Wenn der Betroffene nicht kommt, muss nicht der Verteidiger da sein….

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Häufig tauchen (Rechts)Fragen in der Rechtsprechung der Obergerichte wieder auf, obwohl die Fragen an sich längst entschieden sind. So die Frage, ob eigentlich der (bevollmächtigte) Verteidiger verpflichtet ist, im Fall des Nichterscheinens des von seiner Anwesenheitspflicht befreiten Betroffenen an der Hauptverhandlung teilzunehmen und ob das AG, wenn weder der von seiner Anwesenheitspflicht befreite Betroffene noch der Verteidiger erscheinen, die Voraussetzungen für ein Verwerfungsurteil nach § 74 Abs. 2 OWiG vorliegen. Die Frage(n) hat das OLG Hamm schon im Jahr 2001 im OLG Hamm, Beschl. v. 25.06.2001 – 2 Ss OWi 531/01 (NZV 2001, 401) verneint. Dennoch musste es jetzt erneut zu der Frage Stellung nehmen und hat sie – was nicht verwundert – erneut verneint (vgl. OLG Hamm, Beschl. v. 30.06.2015 – 5 RBs 84/15):

„Die Voraussetzungen für eine Verwerfung des Einspruchs nach § 74 Abs. 2 OWiG haben nicht vorgelegen. Nach § 74 Abs. 2 OWiG muss das Gericht den Einspruch ohne Verhandlung zur Sache durch Urteil (nur) dann verwerfen, wenn der Betroffene ohne genügende Entschuldigung ausgeblieben ist, obwohl er von der Verpflichtung zum Erscheinen nicht entbunden war. Vorliegend ist der Betroffene aber durch die Verfügung des Amtsgerichts vom 18. Februar 2015 gemäß § 73 Abs. 2 OWiG von seiner Pflicht zum persönlichen Erscheinen in der Hauptverhandlung entbunden worden. Damit hätte das Amtsgericht, als der Betroffene nicht erschien, nach § 74 Abs. 1 S. 1 OWiG verfahren und die Hauptverhandlung in Abwesenheit des Betroffenen durchführen müssen. Dass auch der Verteidiger des Betroffenen, der ordnungsgemäß zur Hauptverhandlung geladen war, in der Hauptverhandlung nicht erschienen ist, ist unerheblich. § 73 Abs. 3 OWiG verpflichtet den Betroffenen nicht, sich durch einen bevollmächtigten Verteidiger vertreten zu lassen. Der (bevollmächtigte) Verteidiger ist zudem auch nicht verpflichtet, im Fall des Nichterscheinens des von seiner Anwesenheitspflicht befreiten Betroffenen an der Hauptverhandlung teilzunehmen (vgl. OLG Hamm, NZV 2001, 491).“

Ich frage mich immer,w arum solche Entscheidungen eigentlich nötig sind. Man muss doch nur mal ein wenig schauen….

Die Email ist nun endgültig im Vereinsrecht angekommen ….

VereinsrechtDie Email ist nun wohl endgültig im Vereinsrecht angekommen, nachdem dann auch das OLG Hamm im OLG Hamm, Beschl. v. 24.09.2015 – 27 W 104/15 – die Zulässigkeit der Einladung zur Mitgliederversammlung durch Email anerkannt hat. Um die Frage hatten der Verein und der Rechtspfleger bei der Anmeldung von Satzungsänderungen gestritten. Das OLG Hamm hat sich ausdrücklich dem OLG Hamburg im OLG Hamburg, Beschl. v. 06.05.2013 – 2 W 35/13, RPfleger 2013, 457 f. angeschlossen und auf dessen Ausführungen Bezug genommen und selbst dann noch angefügt:.

a.) Die vorstehend dargelegten Grundsätze treffen auch auf den vorliegend zur Entscheidung anstehenden Sachverhalt zu.

Zwecke einer Form können nicht losgelöst von den zu schützenden Interessen betrachtet werden (siehe hierzu Bundestagdrucksache, 14/4987, S.19). Genau wie in dem vorstehenden Sachverhalt auch, ist der Formzweck der vorliegenden Satzung – wie regelmäßig in einem derartig gelagerten Sachverhalt – darauf gerichtet, die Kenntnis der Mitglieder von der Anberaumung einer Mitgliederversammlung unter Angabe der Tagesordnung zu gewährleisten.

Nach Sinn und Zweck unterscheidet sich das vereinbarte Schriftformerfordernis damit bei einer Einladung der Vereinsmitglieder zu einer Mitgliederversammlung deutlich von einem vereinbarten Schriftformerfordernissen im Wirtschaftsleben. Im allgemeinen Wirtschaftsleben wird insbesondere wegen der Bedeutung bestimmter Erklärungen, wie bei der Kündigung eines Vertragsverhältnisses, durch das Schriftformerfordernis eine größere Rechtssicherheit angestrebt. Viele der Funktionen der Schriftform (siehe Bundestagsdrucksache 14/4987, Seite 16) sind bei der Einladung zu einer Mitgliederversammlung von jedenfalls gänzlich untergeordneter Bedeutung. Dies gilt namentlich für die dort genannte Abschluss-, Identifikations-, Echtheits- oder Warnfunktion.

So hat auch der beteiligte Verein in § 9 der Satzung hinsichtlich der Kündigung der Mitgliedschaft ausdrücklich vorgesehen, dass diese „schriftlich und eingeschrieben“ zu erfolgen hat. Hierdurch wird deutlich, dass der beteiligte Verein gerade auch in dem relevanten Bereich einer Beendigung der Mitgliedschaft auf eine erhöhte Rechtssicherheit, z. B. bezüglich der Rechtzeitigkeit der Kündigung, Wert gelegt hat.

b.) Hierbei stellt sich nicht einmal die Frage, ob das Erstellen einer formgültigen Urkunde oder nur der Zugang einer ansonsten formgültig erstellten Urkunde entbehrlich ist.

Aus den vom beteiligten Verein vorgelegten Urkunden ergibt sich, dass die Einladung nebst Satzung mit dem bisherigen Inhalt und den vorgesehenen Änderungen tatsächlich in Schriftform mit Unterschrift erstellt worden ist. Die Übermittlung ist an die E-Mail-Empfänger im Zuge der Einladung zur der Mitgliederversammlung erfolgt.

2.) Abweichende Ansichten werden – soweit ersichtlich – im Vereinsrecht zu dieser Frage in der ober- und höchstrichterlichen Rechtsprechung auch nicht vertreten.

Das OLG Zweibrücken hat mit Beschluss – 3 W 149/12 – vom 04.03.2013 (abgedruckt in Rpfleger 2013, 537 ff) ausgeführt, dass in aller Regel die Einladung zu einer Mitgliederversammlung mittels E-Mail auch ohne elektronische Signatur ausreichend ist, wenn die Satzung eine schriftliche Einladung vorsieht.

Aus dem Beschluss des OLG Frankfurt – 20 W 326/09 – vom 17.11.2009 ergibt sich keine gegenteilige Auffassung für den vorliegend zur Beurteilung anstehenden Sachverhalt. Gegenstand der dortigen Entscheidung war die Frage, ob eine Satzung zulässigerweise die Einberufung der Mitgliederversammlung in Textform vorschreiben kann. Dass eine Einladung mittels E-Mail für den Fall der Vereinbarung einer Ladung mittels Textform (jedenfalls) als rechtlich zulässig angesehen wird, stellt keine Auseinandersetzung mit der vorliegenden Problematik dar. Zu dem vorliegend maßgeblichen Sachverhalt hat das OLG Frankfurt insoweit (siehe juris Rn.5) in anderem Zusammenhang lediglich auf die zu dieser Frage verbreitet vertretenden Literaturansichten verwiesen.

Ich vertrete in meinem „Vereinsrecht, 9. Aufl.“ im Übrigen auch diese Auffassung. Dann kann sie ja nicht falsch sein 🙂 🙂 🙂 . Zu Bestellung dann hier 🙂 .

Mandant kommt nicht zur HV – Entpflichtung des Pflichtverteidigers?

© MK-Photo - Fotolia.com

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Die Entpflichtung des Pflichtverteidigers ist in der Praxis immer wieder ein Problem. Da zeigt einmal mehr der OLG Hamm, Beschl. v. 25.08.2015 – 3 Ws 307/15. Allerdings mal mit einer etwas anderen Konstellation. Hier wollte nicht der Mandant den Pflichtverteidiger los werden, weil der sich z.B. nicht um ihn gekümmert hat und/oder der Mandant einen (vermeintlich) besseren Verteidiger gefunden hatte, sondern es war der Pflichtverteidiger, der mit seinem Mandanten nicht zufrieden war und deshalb einen Entpflichtungsantrag gestellt hatte. Begründet hatte er ihn damit, dass der Angeklagte, nachdem im Hauptverhandlungstermin vom 30.06.2015 der Haftbefehl gegen den Angeklagten unter Auflagen außer Vollzug gesetzt worden war, zu dem folgenden Hauptverhandlungstermin am 01.07. 2015 noch erschienen ist, zum Hauptverhandlungstermin am 20.07.2015 dann jedoch nicht mehr. Das LG hat sodann durch Beschluss vom selben Tag festgestellt, dass die Hauptverhandlung ohne den Angeklagten zu Ende geführt werden soll (§ 231 Abs. 2 StPO). Zum folgenden Termin am 11.08.2015 ist der Angeklagte erneut nicht erschienen. Der Pflichtverteidiger des Angeklagten hat in diesem Termin beantragt, entpflichtet zu werden. Zur Begründung hat er u.a. ausgeführt, das Vertrauensverhältnis sei infolge des Verhaltens seines Mandanten nachhaltig gestört. Er habe seit dem letzten Hauptverhandlungstermin, an dem beide anwesend gewesen seien, keinerlei Kontakt mehr zu dem Angeklagten. Infolgedessen sei es ihm nicht möglich, mit dem Angeklagten den weiteren Ablauf und die weitere Beweisaufnahme zu besprechen. Er sehe sich daher nicht in der Lage, den Angeklagten künftig angemessen verteidigen zu können. Das LG hat die Entpflichtung abgelehnt, das OLG hat das „gehalten“:

„Solche Umstände, welche die Aufhebung der Pflichtverteidigung gebieten würden, liegen indes nicht vor. Eine nachhaltige und nicht zu beseitigende Erschütterung des Vertrauensverhältnisses liegt bei objektiver Betrachtung – auch aus Sicht des Verteidigers – nicht vor.

Der allein durch den Angeklagten herbeigeführte Kontaktabbruch stellt keinen Umstand dar, durch den der Zweck der Pflichtverteidigung und der ordnungsgemäße Verfahrensablauf ernsthaft gefährdet werden. Mit der Bestellung zum Pflichtverteidiger wird nach herrschender Auffassung eine öffentlich-rechtliche Pflicht des Verteidigers begründet, bei der ordnungsgemäßen Durchführung des Strafverfahrens und insbesondere in der Hauptverhandlung durch sachdienliche Verteidigung des Angeklagten mitzuwirken. Dem gerichtlich bestellten Verteidiger obliegt die Pflicht, die Verfahrensführung der Strafverfolgungsorgane kontrollierend zu begleiten und – soweit er das Vertrauen des Angeklagten genießt – diesen bei der Wahrnehmung seiner Verteidigungsrechte zu unterstützen (SK-StPO/Wohlers, § 141 Rdnr. 16 m. w. N.).

Dies ist nach wie vor möglich. Der Beschwerdeführer ist auch nach der Flucht des Angeklagten in der Lage, das Verfahren kontrollierend zu begleiten und die Verteidigungsrechte des Angeklagten – etwa durch Ausübung seines Fragerechts oder durch die Stellung von Anträgen – wahrzunehmen. Anhaltspunkte dafür, dass der Beschwerdeführer nicht mehr das Vertrauen des Angeklagten genießt, liegen nicht vor. Soweit der Beschwerdeführer in seiner Beschwerdebegründung hervorhebt, eine sachgerechte und ordnungsgemäße Verteidigung sei ohne Kommunikation mit dem Angeklagten nicht möglich, so greift diese Argumentation nicht. Der Rolle des notwendigen Verteidigers als Beistand des Angeklagten steht nicht entgegen, wenn dieser die Verteidigung des Angeklagten in eigenverantwortlicher Einschätzung der Sach- und Rechtslage in dessen Abwesenheit weiter fortführt. Soweit sich hieraus eine Verschlechterung der Verteidigungsposition ergibt, hat der Angeklagte diese hinzunehmen, da er durch sein Fernbleiben in der Hauptverhandlung zu erkennen gegeben hat, dass er nicht beabsichtigt, seine Befugnisse in der Hauptverhandlung selbst ungeschmälert auszuüben (Löwe-Rosenberg, 25. Aufl., § 234a Rdnr. 2).

Der Senat weist abschließend darauf hin, dass das Landgericht zu Recht darauf hingewiesen hat, dass der Regelungsgehalt der §§ 231 Abs. 2; 234a StPO leerlaufen würde, wenn unter den gegebenen Umständen eine Entpflichtung in Betracht käme.“

Mandat beendet? Dann gehören die Handakten dem Mandanten – jetzt auch in Hamm

© fotodo - Fotolia.com

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Im vergangenen Jahre habe ich – ebenso wie einige andere Blogs – über das BGH, Urt. v. 03.11.2014 – AnwSt (R) 5/14 – berichtet (vgl. hier: Mandat beendet? Dann gehören die Handakten i.d.R. dem Mandanten). Ergangen war es in einem berufsrechtlichen Verfahren gegen einen Kollegen, der ein Ehepaar aus Neuss in drei gerichtlichen Verfahren vertreten hatte. Nach einem Wechsel des Kollegen in eine andere Kanzlei zahlten die Mandanten die dem Kollegen zustehenden Gebühren und Auslagen. Außerdem beauftragten sie einen anderen Rechtsanwalt mit der weiteren Verfolgung ihrer Rechtsangelegenheiten. Dieser forderte den Kollegen vergeblich auf, ihm die Mandanten-Handakten zur Weiterführung des Mandats herauszugeben. Darüber ist es dann zu einem berufsrechtlichen Verfahren gekommen, in dem der AnwGH NRW den Kollegen frei gesprochen hatte. Er hatte eine berufsrechtliche Pflicht zur Herausgabe verneint. Der BGH hatte das dann anders gesehen und aufgehoben und zurückverwiesen.

Nun hat der AnwGH NRW „nachgebessert“ und im AnwGH NRW, Urt. v. 29.05.2015 – 1 AGH 1/15 – ebenfalls eine Berufspflicht zur Herausgabe der Akten nach Beendigung des Mandats, wenn die Gebühren gezahlt sind, bejaht (was soll er auch anderes tun 🙂 ?):

2. a.) Dies hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Es besteht nicht nur eine zivilrechtliche, sondern (auch) eine berufsrechtliche Pflicht zur Herausgabe der Handakten. Die Herausgabepflicht ist zwar nicht ausdrücklich in § 50 BRAO geregelt. Sie ist aber aus der Generalklausel des § 43 BRAO i. V. m. §§ 675, 667 BGB und inzident auch der Vorschrift des § 50 BRAO zu entnehmen. Der Senat, ohnehin gem. § 358 Abs.1 StPO an die Rechtsauffassung des Bundesgerichtshofs gebunden, ist der Ansicht, dass die anlasslose Zurückbehaltung der Handakten ein gravierendes Fehlverhalten darstellt. Denn der Mandant übergibt dem Rechtsanwalt seine Unterlagen zur Besorgung des Auftrages in dem Vertrauen, dass dieser – sein Rechtsanwalt – sich für ihn einsetzt und sich zumindest rechtmäßig verhält. Kommt es, aus welchen Gründen auch immer, zu einer Beendigung des Mandats und der Mandant verfolgt seine Rechtsangelegenheiten auf anderem Wege, etwa mit Hilfe eines anderen Rechtsanwalts weiter, kann er mit Fug und Recht erwarten, dass er seine dem früheren Bevollmächtigten ausgehändigten Originalunterlagen zurückerhält. Ist der Rechtsanwalt hinsichtlich seiner Gebühren und Auslagen befriedigt, ist keinerlei Grund erkennbar, der ein solches Verhalten (Zurückhaltung der Handakten) rechtfertigen könnte. Mit einer gewissenhaften Berufsausübung ist das keinesfalls vereinbar, es widerspricht vielmehr in hohem Maße dem Vertrauen, dass der frühere Mandant in den Rechtsanwalt gesetzt hatte.