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Ganz gut zum BVerfG, Beschl. v. 27.07.2016 – 2 BvR 2040/15 – betreffend die Anforderungen an die Antragsschrift im Klageerzwingungsverfahren passt der OLG Celle, Beschl. v. 22.02.2016, 1 Ws 67/16. In ihm spielen nicht die Fragen der ausreichenden Begründung des Antrags eine Rolle, sondern es geht um darum, ob der Antragsteller als Verletzter und damit als antragsbefugt i.S. des § 172 Abs. 1 Satz 1 StPO anzussehen ist. Den Antrag hatt nach einem Verkehrsunfall, bei dem ein Kind getötet worden war, der Lebenspartner der Mutter gestellt, der „mit der Mutter des getöteten Kindes seit dessen sechsten Lebensmonat in partnerschaftlicher Beziehung zusammenlebt und für den der Getötete wie ein „Ziehsohn“ war“. Er hatte am Unfalltag das getötete Kind an der Bushaltestelle, an der es zu dem Unfall gekommen ist, abholen wollen und war Zeuge des Unfallgeschehens geworden.
Das OLG Celle hat die Verletzteneigenschaft verneint:
a) Bezüglich der der Beschuldigten vorgeworfenen fahrlässigen Tötung zum Nachteil des Kindes E. T. I. fehlt es dem Antragsteller an der notwendigen Antragsbefugnis, weil er nicht Verletzter der der Beschuldigten zur Last gelegten fahrlässigen Tötung zum Nachteil des Kindes ist.
Nach § 172 Abs. 1 Satz 1 StPO kann das Klageerzwingungsverfahren nur von dem durch die behauptete Straftat Verletzten betrieben werden. Verletzter ist, wer durch die Straftat – bei Unterstellung ihrer tatsächlichen Begehung – unmittelbar in seinen Rechten, Rechtsgütern oder anerkannten Interessen beeinträchtigt ist (vgl. Senatsbeschluss vom 1. Februar 2008 – 1 Ws 32/08 – NJW 2008, 1463; ebenso KK-Moldenhauer, StPO, 7. Aufl., § 172 Rndr. 19; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 58. Aufl., § 172 Rndr. 9; jew. m. w. N.). Dabei ist der Begriff des Verletzten zwar weit auszulegen, weil der Schutz des Legalitätsprinzips umfassend sein soll; andererseits besteht aber Einigkeit darüber, dass eine nur irgendwie geartete Betroffenheit nicht ausreichen kann, um eine vom Gesetz nicht gewollte Popularklage zu verhindern (vgl. Senat a. a. O.; KK-Moldenhauer a. a. O., Rndr. 18; Meyer-Goßner a. a. O., Rndr. 10; LR-Graalmann-Scheerer, StPO, 26. Aufl., § 172 Rndr. 50; jew. m. w. N.). Entscheidend für die Verletzteneigenschaft ist, ob der von der behaupteten Straftat betroffene Antragsteller wegen einer Verletzung einer rechtlich anerkannten Position ein spezielles Interesse an der Ahndung des Normverstoßes hat (vgl. OLG Düsseldorf NJW 1992, 2370; LR-Graalmann-Scheerer, a. a. O., Rndr. 53). Im hier betroffenen Bereich der Straftaten gegen das Leben (§§ 211 bis 222 StGB) hat der Gesetzgeber mit der Schaffung der Nebenklagebefugnis in § 395 Abs. 2 Nr. 1 StPO zum Ausdruck gebracht, für welche Angehörigen des Opfers er ein spezielles Interesse an der Ahndung des Normverstoßes anerkennt; diese sind daher als Verletzte im Sinne des § 172 StPO anzusehen (vgl. OLG Celle MDR 1959, 60; OLG Hamm NStZ 1986, 327; LR-Graalmann-Scheerer, a. a. O., Rndr. 82; KK- Moldenhauer, a. a. O. Rndr. 21). Nach der Wertung des Gesetzgebers gehören nur diejenigen zum Kreis der Nebenklageberechtigten, die zum engsten Familienkreis zählen, wozu beispielsweise die Großeltern eines Opfers nicht mehr gehören (vgl. BGH NJW 1967, 454); der Gesetzgeber erkennt also bei ihnen im Falle der Tötung eines Enkelkindes ein spezielles Strafverfolgungsinteresse – unabhängig von ihrer persönlichen Betroffenheit – nicht an, so dass sie auch nicht als Verletzte im Sinne des § 172 StPO anzusehen sind.
Soweit zum Teil die Ansicht vertreten wird, dass bei Straftaten gegen das Leben über die Nebenklageberechtigten hinaus auch andere, dem Getöteten nahe stehende Personen antragsbefugt sein können, „wenn eine enge Lebensgemeinschaft, insbesondere, aber nicht notwendig, eine häusliche Gemeinschaft dergestalt bestanden hat, dass die betroffene Person infolge ihres persönlichen Verhältnisses zum Getöteten in ihrem Leben selbst schwer betroffen ist und deshalb ein persönliches Leid empfindet“, wozu unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles die in § 395 Abs. 2 Nr. 1 StPO nicht genannten Verwandten, wie etwa die Großeltern, Verlobte, Nichten oder Neffen und auch Pflegeeltern bzw. Pflegekinder oder auf Dauer angelegte nichteheliche Lebensgemeinschaftspartner gehören sollen (so LR-Graalmann-Scheerer, a. a. O. Rndr. 83; ähnlich KMR-Plöd, StPO, Stand November 2014, § 172 Rndr. 24), vermag der Senat dem nicht zu folgen. Wollte man den Betriff des Verletzten so weit ausdehnen, so würde jeder, der aufgrund persönlicher Verbundenheit aufgrund eines Tötungsdeliktes emotional betroffen ist, unter den Verletztenbegriff fallen können. Dann würde aber die Grenze zum unzulässigen Popularklageerzwingungsverfahren überschritten werden (KG JR 1967, 392; so auch BGH, Beschluss v. 14. Februar 2012 – 3 StR 7/12 -, juris, zur fehlenden Nebenklageberechtigung des Stiefvaters eines Getöteten). Auch würde die Einordnung, wann eine „enge Lebensgemeinschaft“ bzw. eine „Betroffenheit infolge des persönlichen Verhältnisses“ einen Grad erreicht hat, der dem eines Angehörigen aus dem „engsten Familienkreis“ gleichsteht, im Einzelfall große Schwierigkeiten bereiten. Der Senat hält daher an seiner Auffassung fest, dass der getöteten Person Nahestehende, die nicht zu den in § 395 Abs. 2 Nr. 1 StPO genannten Personenkreis gehören, nicht Verletzte im Sinne von § 172 StPO sind.“