Nach Auffassung des OLG Bamberg (vgl. Beschl. v. 25.02.2010 – 3 Ss OWi 206/10) ist § 100h I 1 Nr. 1 StPO i.V.m. § 46 I OWiG (auch) für den Einsatz des zur polizeilichen Geschwindigkeitsüberwachung in Bayern verwendeten Radarmessgeräts „Multanova VR 6F“ sowie den zum gleichen Zweck eingesetzten sog. Einseitensensor des Typs „ES1.0“ und für die hierbei jeweils nur bei Erreichen eines bestimmten Grenzwertes ausgelöste fotografische Erfassung Betroffener eine hinreichende gesetzliche Rechtsgrundlage für Eingriffe in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Ein strafprozessuales Beweisverwertungsverbot besteht nicht. Der 3. Senat für Bußgeldsachen hat sich damit an OLG Bamberg NJW 2010, 100 f. = DAR 2010, 26 ff. = VRR 2009, 468 ff. = StRR 2009, 475 ff. = zfs 2010, 50 ff. angeschlossen. Zu der Frage, ob es richtig ist, § 100h StPO als Ermächtigungsgrundlage anzusehen, ist schon einiges geschrieben. Ich finde das OLG Düsseldorf überzeugender.
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Und noch einmal zur (Un)Verwertbarkeit von Poliscan, jetzt das AG Lübben
Derzeit ist das Messverfahren PoliscanSpeed in der Diskussion. Nach dem AG Dillenburg und dem AG Mannheim hat nun auch das AG Lübben in seinem Beschl. v. 22.01.10 – 40 OWi 1511 Js 33710/09 – 348/09 zur Unverwertbarkeit Stellung genommen und sie bejaht. Obergerichtliche Entscheidungen liegen bislang noch nicht vor, werden aber sicherlich nicht mehr lange auf sich warten lassen (zu den Fehlerquellen des Verfahrens s.a. Winninghoff/Weyde/Hahn, Wietschorke DAR 2010, 106).
Gerichte lesen Blogs….jedenfalls das OLG Koblenz
Da soll noch mal einer sagen, Gerichte seien nicht fortschrittlich. Diese Behauptung gilt zumindest nicht für das OLG Koblenz, dass sich jetzt in einem Beschluss mit einem Web-Blog-Eintrag auseinandergesetzt hat, in dem zu dem (neuen) Messverfahren ESO 3.0 Stellung genommen worden war. Das OLG Koblenz führt dazu in seinem Beschl. v. 16.10.2009 – 1 SsRs 71/09, den mir der Kollege RiOLG Summa hat zukommen lassen aus:
„Mit seiner Beweisbehauptung, es fehlte „die seit dem 15.04.2008 erforderliche Eichung des Auswerteprogramms“, hat der Betroffene bzw. sein Verteidiger wohl einen missverständlich formulierten und von ihm falsch verstandenen Webblogbeitrag vom 20. August 2008 (http://blog.beck.de/2008/08/19/neue-messtechnik-haben-sie-erfahrungen-mit-es-30 ) aufgegriffen. Richtig ist vielmehr, dass Anwender-Auswerteprogramme wie eso-Digitales II weder eich- noch zulassungspflichtig sind. Mit derartigen Programmen werden an handelsüblichen Computern aus den vom Messgerät gespeicherten fahrzeugbezogenen Falldaten die Beweisfotos hergestellt, die Eingang in die Bußgeldakte finden. Von einem Anwender-Auswerteprogramm zu unterscheiden ist das bei der PTB im Original hinterlegte und mit dem 2. Nachtrag zur Bauartzulassung des Gerätes ES3.0 zugelassene Referenz-Auswerteprogramm esoDigitales II viewer, Version 22.2.5.3. Mit Hilfe dieses Programms, von dem auch eine Kopie bei einer vertrauenswürdigen Stelle (z. B. der Eichbehörde) im Umfeld der Auswertestelle vorhanden sein sollte, kann beispielsweise ein Sachverständiger im Zweifelsfall eine Falldatendatei auf Authentizität und Integrität überprüfen, also die Möglichkeit einer Manipulation zwischen der Speicherung der Falldaten im Messgerät und dem Ausdruck der Beweisfotos in der Auswertestelle verifizieren oder ausschließen. Das Programm wurde am 20. Dezember 2007 von der PTB zertifiziert (PTB-1.32-4031190); die Bekanntmachung erfolgte am 15. April 2008“.
Einfach ist das alles nicht :-).