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„AG Mannheim und das Ende des standardisierten Messverfahrens?“

entnommen wikimedia.org Urheber KarleHorn

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Gerade ist der VUT-Newsletter 14/2016 „über die Ticker“ gelaufen. Der hat die o.a. Überschrift. In dem Newsletter geht es noch einmal um den AG Mannheim, Beschl. v. 29.11.2016 – 21 OWi 509 Js 35740/15 –, den ich hier ja auch schon vorgestellt hatte (vgl. Mal wieder Poliscan Speed, oder: Verstoß gegen Bauartzulassung = keine Verurteilung/Einstellung).

Dazu verweise ich dann jetzt auch auf den VUT-Newsletter mit weiterführenden Hinweisen. In dem Newsletter heißt es:

„Das AG Mannheim hat vor kurzem in einem Beschluss (Beschl. v. 29.11.2016 Az.: 21 OWi 509 Js 35740/15) den Messgeräten der PoliScan-Familie die Eignung als standardisiertes Messverfahren abgesprochen. Grundlage des Beschlusses war vor allem auch der Umstand, dass sich das Gericht nicht zu einer eigenen Beweisführung im Stande sah, da entscheidende Sachverhalte – auch nach Befragung von Hersteller und PTB – nicht aufgeklärt werden konnten.

In unserer aktuellen Stellungnahme zum Beschluss des AG Mannheim setzen wir uns nicht nur mit der zutreffenden Argumentation des Gerichts, den korrekten technischen Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen und den widersprüchlichen Aussagen der PTB in diesem Verfahren auseinander, sondern auch und vor allem mit der Frage:

Ist dies das Ende des standardisierten Messverfahrens?

Unsere Stellungnahme mit der überraschenden Antwort und den Beschluss des AG Mannheim finden Sie, wie immer, in der Infothek auf unserer Website als kostenlosen Download.“

Vielleicht kann man ja als Verteidiger mit der Stellungnahme der VUT etwas anfangen 🙂 .

Mal wieder Poliscan Speed, oder: Verstoß gegen Bauartzulassung = keine Verurteilung/Einstellung

Poliscan Speed - RadarMal wieder Poliscan Speed. Dieses mal aber nicht ein OLG, das die Messmethode „gesund betet“, sondern – nur 🙂 – ein AG, das die Messung mit Poliscan Speed eben nicht einer Verurteilung zugrunde legen will. Begründung u.a.: Ich kann das Messverfahren nicht überprüfen. Dazu führt das AG Mannheim im AG Mannheim, Beschl. v. 29.11.2016 – 21 OWi 509 Js 35740/15  – erstritten vom Kollegen O. Knapp, Oberursel aus:

„Eine weitere mögliche Fehlerquelle erfordert ebenfalls die Beurteilung mehrerer Messungen über die Einzelmessung hinaus.

Nach Auffassung vieler Oberlandesgerichte gibt die Prüfung und Zulassung durch die PTB die Sicherheit, dass eine zuverlässige Messung erfolgt. Es gibt jedoch Umstände, die den Sachverständigen Dipl. Phys. K. zu keiner Antwort auf die Frage veranlasste, ob angesichts dieser noch zu erörternden Umstände er die Korrektheit der Messweribildung bejahen könnte.

Die Messwertbildung findet dergestalt statt, dass die vom LIDAR – Messwertaufnehmer auf-genommenen Rohdaten im Messrechner zunächst als einzelne Objektpunkte zu Objekten, also Fahrzeugmodellen gebündelt werden. Sie werden innerhalb des Messbereichs ver¬folgt, um die Fahrzeuggeschwindigkeit zu ermitteln. Für jedes Fahrzeug ergibt sich dabei als Geschwindigkeitsmesswert eine mittlere Geschwindigkeit im Messbereich.

Dabei sind die Objektpunkte gemessene Werte, die Entfernungswerte der daraus gebildeten Objekte berechnete Werte.

Der implantierte Messalgorithmus, über den die Messwertbildung erfolgt, betrachtet dabei den Messbereich, den die Bauartzulassung mit 20 bis 50 Meter angibt. Im Vorfeld und Nachfeld werden jedoch ebenso Rohdaten erfasst, die Eingang in die Messwertbildung finden, indem sie, vom Messalgorithmus nicht dahingehend geprüft sind, ob sie im Messbereich erfasst wurden und erst dort zu Objekten gebündelt wurden. Das bedeutet, das Gerät prüft im zugelassenen Messbereich nicht, ob originäre Messwerte ( Weg – und Zeitangaben } oder bereits veränderte, geglättete, angepasste oder korrigierte Daten zur Messwertbildung beitragen. Wie bereits ausgeführt, konnte der Vertreter der PTB die Frage, ob diese Art der Messwertbildung korrekt ist und zuverlässige Ergebnisse erbringt, mit anderen Worten, wie sich diese Tatsache tatsächlich auswirkt oder auswirken kann, nicht beantworten.

Sie widerspricht jedenfalls der Bauartzulassung, wenn dort ausgeführt wird, dass außerhalb des Messbereichs detektierte Objektpunkte bei der Messwertbildung nicht berücksichtigt werden.

Um die Größenordnung der Abweichungen, die vorkommen, zu nennen: die PTB gab diese im Juni 2016 mit 0,5 bis 1 Meter an, der Sachverständige Dipl., Ing. B. fand in der hier gegenständlichen Messreihe bei 5,2 Prozent der Messungen Abweichung über 50 Metern und bei 53 Prozent der Messungen Unterschreitung der 20 Meter. Die bis bekannte höchste Abweichung betrug 2,68 Meter.

Dies bedeutet im Ergebnis, das Messgerät entspricht nicht der Bauartzulassung in wesentlichen Teilen, nämlich der Messwertermittlung. Oder umgekehrt, das Gerät misst anders als in der Bauartzulassung beschrieben.

Daraus ergibt sich auch, dass bei jeder einzelnen Messung zu prüfen ist, ob die zur konkreten Messwertbildung beitragenden Rohdaten die Bedingungen der Bauartzulassung einhalten oder nicht.

Diese Umstände wecken Zweifel, insbesondere, da es weder dem sachverständigen Zeugen Dr. F. von der Firma Vitronic noch dem Sachverständigen Dipl Phys. K. gelang darzutun, ob und wenn ja, inwieweit die Abweichungen Einfluss auf den ermittelten Messwert haben.

Bedenklich erscheint die Aussage der PTB: „ Die in der Falldatei enthaltenen Rohdaten stellen Hilfsgrößen dar. Eine Auswertung dieser Hilfsgrößen kann für eine externe, nachträgliche Plausibilisierung des geeichten Geschwindigkeitsmesswerts herangezogen werden. Diese nachträgliche Plausibilisierung darf aber nicht überbewertet werden, denn die Hilfsgrößen bzw. eine Auswertung der Hilfswerte und die damit verbundenen Fehlereinflüsse wurden einerseits nicht im Rahmen der Bauartzulassung geprüft und bewertet        

Selbst bei gültigen Messungen ist es denkbar, dass der mittels Rohdaten bestimmte Geschwindigkeitsmesswert mehr als die Verkehrsfehlergrenzen vom geeichten Geschwindigkeitswert abweicht.

Wie ausgeführt, tragen diese Rohdaten zur Messwertbildung bei ( entgegen der Bauartzulassung).

Abschnitt 11 zu EO 18 – 11 limitiert die Verkehrsfehlergrenzen.§ 37 Abs. 2 MessEG führt § 13 Abs. 1 EO fort, Danach endet die Eichfrist unbeschadet der Ursache und Häufigkeit der Nichteinhaltung der Verkehrsfehlergrenzen.

Solange die PTB die im Raum stehenden Fragen nicht hinreichend beantwortet, ist dem Gericht eine Entscheidung nicht möglich.“

Schauen wir mal, wie es weitergeht.

Beratungshilfe: Vertretung erforderlich?

© Gina Sanders - Fotolia.com

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Beratungshilfe ist in Strafsachen sicherlich nicht so ganz häufig, es kommt aber doch auch in Strafverfahren zur Bewilligung und damit zu Problemen in dem Bereich. Eine Frage behandelt der AG Mannheim, Beschl. v. 25.04.2016, 2 UR II 8/16, nämlich die Frage, ob und wann nach der Bewilligung von Beratungshilfe auch eine Vertretungsgebühr Nr. 2503 VV RVG zu zahlen/festzusetzen ist. Dazu sagt das AG Mannheim: Das prüft der Kostenbeamte im Kostenfestsetzungsverfahren:

„Die Frage, ob eine Vertretung im Zusammenhang mit der Gewährung der Beratungshilfe erforderlich war oder nicht, ist im Gebührenfestsetzungsverfahren zu prüfen (ebenso OLG Dresden, Beschluss vom 29.10.2007, 3 W 1135/07; entgegen OLG Stuttgart, Beschluss vom 22.05.2007, 8 W 169/07; LG Berlin Beschluss vom 22.05.2013, 82 T 532/12). Denn Gebühren gemäß Nr. 2500 ff. VV-RVG können nach dem ausdrücklichen Inhalt der maßgeblichen gesetzlichen Regelung nur „im Rahmen der Beratungshilfe“ entstehen (§ 44 Satz 1 RVG; Vorbem. 2.5 zu Abschnitt 5 VV-RVG). Dieser Rahmen der Beratungshilfe wird durch § 2 BerHG vorgegeben. Danach besteht die Beratungshilfe in der Beratung und nur soweit erforderlich in der Vertretung (§ 2 Abs. 1 Satz 1 BerHG).

Bei der Prüfung der Erforderlichkeit der Vertretung ist zu berücksichtigen, dass die Beratungshilfe grundsätzlich zunächst durch die Beratung des Rechtsuchenden gewährt wird (§ 2 Abs. 1 Satz 1 1. HS BerHG). Mit dieser Beratung soll der Rechtsuchende in die Lage versetzen werden, selbst tätig zu werden und auf der Grundlage der ihm erteilten Rechtsberatung die gegebenenfalls notwendigen Schreiben selbst zu fertigen. Eine darüber hinausgehende Vertretung des Rechtsuchenden ist nur dann als erforderlich anzusehen, wenn dieser nach der Beratung angesichts des Umfangs, der Schwierigkeit oder der Bedeutung der Rechtsangelegenheit für ihn seine Rechte nicht selbst wahrnehmen kann (§ 2 Abs. 1 Satz 2 BerHG). Diese Voraussetzungen sind nicht ohne Weiteres erfüllt. Die Vertretung des Rechtsuchenden durch eine Beratungsperson gilt als ultima ratio im Beratungshilfegesetz. (Lissner/Dietrich/Eilzer/Germann/Kessel, Beratungshilfe mit Prozess- und Verfahrenskostenhilfe, 2. Aufl., Rdn. 208). Die Erforderlichkeit einer Vertretung setzt deshalb voraus, dass ein rechtlich schwieriger und komplexer Sachverhalt vorliegt und dass der Rechtssuchende nach objektiven und subjektiven Kriterien trotz vorheriger Beratung durch eine Beratungsperson die Rechtsverwirklichung nicht sachgerecht in die eigene Hand nehmen kann (Lissner/Dietrich/Eilzer/ Germann/Kessel, Beratungshilfe mit Prozess- und Verfahrenskostenhilfe, 2. Aufl., Rdn. 209). Maßgeblich für die Beurteilung der Erforderlichkeit einer Vertretungshandlung ist danach die Schul- und sonstige Bildung des Rechtsuchenden in Relation zur Komplexität der Angelegenheit (Lissner/Dietrich/Eilzer/Germann/Kessel, Beratungshilfe mit Prozess- und Verfahrenskostenhilfe, 2. Aufl., Rdn. 347).“

Beschwerde ist zugelassen.

Und noch einmal zur (Un)Verwertbarkeit von Poliscan, jetzt das AG Lübben

Derzeit ist das Messverfahren PoliscanSpeed in der Diskussion. Nach dem AG Dillenburg und dem AG Mannheim hat nun auch das AG Lübben in seinem Beschl. v. 22.01.10 – 40 OWi 1511 Js 33710/09 – 348/09 zur Unverwertbarkeit Stellung genommen und sie bejaht. Obergerichtliche Entscheidungen liegen bislang noch nicht vor, werden aber sicherlich nicht mehr lange auf sich warten lassen (zu den Fehlerquellen des Verfahrens s.a. Winninghoff/Weyde/Hahn, Wietschorke DAR 2010, 106).

AG Mannheim und PoliScan: Hier der Volltext

Hallo, es ist ja schon an verschiedenen Stellen über das Urteil des AG Mannheim v. 23.12.2009 – 21 OWi 506 Js 19870/09 AK 445/09 betreffend PoliScan berichtet worden. Hier dann der Volltext. Sehr interessante Verteidigungsansätze.