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Ich habe da mal eine Frage: Bekomme ich im Adhäsionsverfahren auch eine Terminsgebühr?

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Das Adhäsionsverfahren, also die Erledigung von zivilrechtlichen Ansprüchen/Fragen gleich im Strafverfahren und damit die Erledigung des einen „Streitfalls“ in nur einem Verfahren ist vom Gesetzgeber gewollt. Und vor allem deshalb sind in den Nrn. 4143, 4144 VV RVG die Gebühren recht hoch angesetzt, und dann auch als Wertgebühr, was für das Strafverfahren eine Ausnahme ist. Ob das Adhäsionsverfahren nun allerdings der Königsweg ist, um Straf- und Zivilverfahren gleich in einem Verfahren zu erledigen, kann man diskutieren. Eins kann man m.E. aber feststellen. Das Adhäsionsverfahren setzt sich mehr und mehr durch. Das zeigen auch die doch recht häufigen Fragen, die mich zu der Problematik erreichen. In der letzten Woche waren es zwei, von denen es dann erst mal eine „ins Rätsel schafft“ – wie der Kollege es so schön angemerkt hatte. Er hat gefragt:

„Sehr geehrter Herr Kollege Burhoff,

ich hätte eine gebührenrechtliche Frage, die sich auch für ein Freitagsrätsel vielleicht eignen könnte:

Nach Vorb. 4.3 Abs. 2 VV RVG  bekommt der Anwalt, der nur Adhäsionsklagevertreter ist, die Gebühren nach Nrn. 4143 bis 4145 VV RVG. Der Adhäsionsklägervertreter ist jedoch auch unter bestimmten Umständen zur Teilnahme an der Hauptverhandlung verpflichtet, weil der Inhalt der Beweisaufnahme ja einen Einfluss auf die Höhe der geltend gemachten Ansprüche haben könnte. Die verwiesenen 4143 bis 4145 regeln jedoch nur die Verfahrensgebühr. Kann der Adhäsionsklagevertreter eine Terminsgebühr analog Nr. 4108 etc. VV RVG geltend machen oder ist diese Verweisung als abschließend zu betrachten?…“

 

Die Einigungsgebühr im Straf-/Adhäsionsverfahren – wie hoch ist sie?

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Wahrscheinlich wird jetzt der ein oder andere Leser doch durch die Überschrift und die dadurch ggf. bei ihm entstandene Annahme: Gibt es nun doch für die „Einigung/Verständigung“ im Strafverfahren eine Gebühr?, zu diesem Posting gelockt worden sein. Nun, ich muss ihn enttäuschen. Das RVG sieht für die Teilnahme an einer Verständigung (§ 257c StPO) keine eigenständige Gebühr vor. Vielmehr werden die Tätigkeiten durch die Verfahrensgebühr mitabgegolten. Dieses Posting bezieht sich auf eine andere Einigungsgebühr, nämlich auf eine Gebühr nach den Nrn. 1000 ff. VV RVG, die beim Zustandekommen einer Einigung im Adhäsionsverfahren anfallen kann. Kommt eine solche Einigung zustande, stellt sich dann später die Frage: 1,5-er Gebühr nach Nr. 1000 VV RVG oder nur 1,0-er Gebühr nach Nr. 1003 VV RVG.

Das OLG Nürnberg sagt im OLG Nürnberg, Beschl. v. 06.11.2013 – 2 Ws 419/13, dass nur eine 1,0 Einigungsgebühr nach Nr. 1003 i.V.m. Nr. 1000 VV RVG entsteht, und zwar auch dann, wenn kein förmliches Adhäsionsverfahren nach § 404 StPO vorausgegangen ist. So hatte früher im Übrigen auch schon das OLG Jena entschieden und so sieht es auch zutreffend Volpert im RVG-Kommentar. Denn:

„bb.    Gemäß Nr. 1003 Abs. 1 VV RVG beträgt der Gebührensatz der Einigungsgebühr nach Nr. 1000 VV RVG statt 1,5 lediglich 1,0, wenn über den Gegenstand (des Vergleichs) ein anderes gerichtliches Verfahren als ein selbständiges Beweisverfahren anhängig ist.

So liegt es hier.

Nach der Vorbemerkung 1 zu Teil 1 des Vergütungsverzeichnisses zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz entstehen die Gebühren dieses Teils (hierzu gehört die Einigungsgebühr) neben den in anderen Teilen dieses Gesetzes bestimmten Gebühren. Dies bedeutet, dass die Einigungsgebühr eine Zusatzgebühr ist, die zusätzlich zu einer Tätigkeitsgebühr anfallen kann (BGH NJW 2009, 922 Rdn. 12 nach juris), somit nicht allein oder ausschließlich entsteht (Volpert, in: Burhoff RVG, Straf- und Bußgeldsachen, 3. Aufl. Teil A. Rdn. 462 mwN.). Die Einigungsgebühr kann auch neben den in den Teilen 4 bis 6 des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes geregelten Gebühren anfallen. Daher kann auch in Strafsachen eine Einigungsgebühr anfallen, sofern dort vermögensrechtliche Ansprüche betroffen sind und sich aus der Natur der Sache nichts anderes ergibt (Volpert, in: Burhoff RVG, aaO. Teil A. Rdn. 458 mwN.), und zwar neben etwa der Grundgebühr oder der Verfahrensgebühr. Im Verfahren über vermögensrechtliche Ansprüche des Verletzten bzw. im Adhäsionsverfahren ist das zum Beispiel (wie im vorliegenden Fall) die zusätzliche Verfahrensgebühr für das erstinstanzliche Verfahren über vermögensrechtliche Ansprüche des Verletzten nach Nr. 4143 VV RVG (vgl. Volpert, in: Burhoff RVG, aaO., Teil A. Rdn. 462 mwN.).

Ob ein (gerichtliches) Adhäsionsverfahren durchgeführt wurde, ist allerdings zweifelhaft. Ein solches wird eingeleitet durch einen Antrag nach § 404 Abs. 1 StPO. Dieser Antrag ist eine besondere, dem Adhäsionsverfahren eigentümliche Verfahrensvoraussetzung; ohne einen solchen darf ein Entschädigungsverfahren nicht durchgeführt und dem Verletzten kein Schadensersatz zuerkannt werden (BGH NStZ 1988, 470 Rdn. 5 f. nach juris). Der Antrag kann zwar auch mündlich in der Hauptverhandlung bis zum Beginn der Schlussvorträge gestellt werden (§ 404 Abs. 1 Satz 1 StPO; BGH StV 1988, 515 Rdn. 4 nach juris). Er muss aber den Gegenstand und Grund des Anspruchs bestimmt bezeichnen (§ 404 Abs. 1 Satz 2 StPO; Löwe-Rosenberg/Hilger, StPO 26. Aufl., § 404 Rdn. 1; KMR/Stöckel, § 404 StPO Rdn. 2). Aus den Akten ist nicht ersichtlich, dass ein solcher Antrag gestellt wurde. Der Vertreter der Nebenklägerin selbst verneint dies. Ungeachtet dessen gehen die Vergleichsparteien davon aus, dass ein Adhäsionsverfahren durchgeführt wurde, wie die Formulierung der Kostenregelung in Nr. 4 des Vergleichs zeigt. Dies kann aber letztlich dahinstehen. Unabhängig davon, ob Mängel der formgerechten Einleitung eines Adhäsionsverfahrens durch den Abschluss eines Vergleichs geheilt werden könnten, war vorliegend beim Vergleichsschluss über dessen Gegenstand ein gerichtliches Verfahren im Sinne der Nr. 1003 VV RVG anhängig. Denn mit dem in der Hauptverhandlung vor dem Landgericht Amberg gestellten Antrag des Vertreters der Nebenklägerin, einen gerichtlichen Vergleich vor der Strafkammer abzuschließen, setzte der Nebenklägerinvertreter das gerichtliche Verfahren, ihm beim Abschuss des Vergleichs behilflich zu sein, in Gang (vgl. auch OLG Jena NJW 2010, 455 Rdn. 24 nach juris; LAG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 04.05.2009 – 5 Ta 97/90, Rdn. 12 nach juris). Dieser Antrag löste (wie ausgeführt) den Anfall der zusätzlichen Verfahrensgebühr für das erstinstanzliche Verfahren über vermögensrechtliche Ansprüche des Verletzten nach Nr. 4143 VV RVG aus….“

Tut mir leid. Ist zwar nachteilig, aber dafür m.E. richtig.

 

Die (beschränkte) Bindungswirkung des Adhäsionsurteils

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Zur Bindungswirkung des im Adhäsionsverfahren ergangenen Urteils hinsichtlich einer  Haftpflichtversicherung des Schädigers hat der BGH im BGH, Urt. v. 18.12.2012 – VI ZR 55/12 – Stellung genommen.  Danach entfaltet eine im Adhäsionsverfahren auf Antrag des Verletzten/Geschädigten gegen den Beschuldigten/Schädiger ergehende Entscheidung weder Rechtskraft gegenüber dem Haftpflichtversicherer des Schädigers noch bindet es das in einem Folgeprozess zur Entscheidung berufene Gericht. Daran muss/sollte man denken, wenn man ins Adhäsionsverfahren bzw. anschließend, weil es im Adhäsionsverfahren nur ein Grundurteil gegeben hat, in Zivilverfahren geht.

Und: „Das im Adhäsionsverfahren gegen den Beklagten zu 2 ergangene Grundurteil ist für den Rechtsstreit des Klägers gegen die Beklagte zu 1 auch nicht deshalb bindend, weil diese als Haftpflichtversicherer des Beklagten zu 2 in Anspruch genommen wird. Das Berufungsgericht erwägt für die vorliegende Fallgestaltung eine entsprechende Anwendung der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zur Bindungswirkung eines vorangegangenen Haft-pflichtprozesses zwischen dem Geschädigten und dem Versicherungsnehmer für den nachfolgenden Deckungsprozess zwischen dem Versicherungsnehmer und dem Versicherer. In dieser Fallgestaltung wird die Haftpflichtfrage grund-sätzlich abschließend im Haftpflichtprozess entschieden (sog. Trennungsprin-zip). Die – jedenfalls soweit es um den Haftungstatbestand geht – geltende Bin-dungswirkung verhindert, dass die im Haftpflichtprozess getroffene Entschei-dung und auch deren Grundlagen nochmals zwischen dem Versicherer und dem Versicherungsnehmer in Frage gestellt werden können (vgl. BGH, Urteil vom 30. September 1992 – IV ZR 314/91, BGHZ 119, 276, 278 mwN). Diese Grundsätze sind auf den vorliegenden Fall, in dem der Haftpflichtversicherer nicht im Deckungsprozess von seinem Versicherungsnehmer, sondern im We-ge der Direktklage durch den Geschädigten (§ 3 Nr. 1 PflVG a.F., jetzt § 115 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VVG n.F.) in Anspruch genommen wird, nicht anwendbar….“

Liegt in der Beiordnung als Pflichtverteidiger zugleich auch die Beiordnung für das Adhäsionsverfahren?

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Die Frage: „Liegt in der Beiordnung als Pflichtverteidiger zugleich auch die Beiordnung für das Adhäsionsverfahren?“ beschäftigt die (gebührenrechtliche) Rechtsprechung immer wieder. Denn nur, wenn man sie bejaht, kann der Pflichtverteidiger ohne weitere Bestellung auch die gesetzlichen Gebühren für die von ihm im Adhäsionsverfahren erbrachten Tätigkeiten (nrn. 4143 f. VV RVG) geltend machen. Die Frage ist in der obergerichtlichen Rechtsprechung umstritten, wobei nicht zu verkennen ist, dass die wohl h.M. sie verneint. So (jetzt) auch der OLG Düsseldorf, Beschl. v.11.04.2012 – III 1 Ws 84/12, der keine wesentlich neuen Argumente bringt, sondern nur die bekannten Argumente wiederholt bzw. auf die Argumentation anderer OLG verweist.

Ich bleibe dabei, dass die h.M. nicht zutreffend ist. Denn, wenn man nach PKH-Grundsätzen vorgehen will, dann muss man immer auch die Erfolgsaussichten der Verteidigung gegen den Adhäsionsanspruch beurteilen. Die sind aber m.E. untrennbar mit der Verteidigung im Strafverfahren verbunden. d.h., man prüft also schon bei der Bewilligung von PKH die Verteidigungsaussichten. Das kann aber m.E. nicht richtig sein.

Für den Pflichtverteidiger kann man nur den Rat geben: Wenn ein Adhäsionsantrag gestellt wird, muss die Erstreckung einer bestehenden Pflichtverteidigung beantragt werden. Sonst gehen die gesetzlichen Gebühren verloren.

Ein Blick ins Gesetz – da steht es deutlich…

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Tja, in § 81 JGG ist eindeutig geregelt: Die Vorschriften  der StPO „über die Entschädigung des Verletzten (§§ 403 bis 406c der Strafprozessordnung) werden im Verfahren gegen einen Jugendlichen nicht angewendet“. Noch deutlicher kann man m.E. nicht regeln, dass es ein Adhäsionsverfahren gegen einen Jugendlichen nicht gibt.

Dennoch hat das LG Gera in einem Verfahren gegen einen Angeklagten, der zur Tatzeit Jugendlicher war, einen Adhäsionsausspruch getroffen.

Dazu der BGH, Beschl. v. 30.05.2012 – 2 StR 98/12:

1. Die im Adhäsionsverfahren gegen den Angeklagten K. getroffenen Entscheidungen haben schon deshalb keinen Bestand, weil dieser Angeklagte zur Tatzeit Jugendlicher war. Eine Anwendung der Vorschriften über eine Entschädigung des Verletzten (§§ 403 bis 406c StPO) kam daher gemäß § 81 JGG nicht in Betracht.“

Der BGH erspart sich jede weitere Begründung. Was soll man dazu auch mehr schreiben. Ein Blick ins Gesetz……