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Nutzungsausfallentschädigung, oder: Wie lange darf man mit dem Kauf eines Ersatzwagens warten?

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Im „Kessel Buntes“ heute dann zwei zivilrechtliche Entscheidungen.

Zunächst weise ich auf das LG Saarbrücken, Urt. v. 30.12.2019 – 13 S 168/19 – hin. Es geht u.a. um die Frage der Nutzungsausfallentschädigung. Der Verkehrsunfall, bei dem das Fahrzeug des Klägers beschädigt wurde, datiert vom 31.08.2018. Dre Kläger holte ein Sachverständigengutachten ein, dass von einem Totalschaden ausgegangen ist. Der Kläger hat dass sein Fahrzeug am 17.09.2018 verkuaft. Das angeschaffte Ersatzfahrzeug wurde am 18.12.2018 zugelassen. Der Kläger hat von der Versicherungen Nutzungsausfalletnschädigung für 42 Tage verlangt. Das AG hat die Klage (insoweit) abgewiesen. Die Berufungs des Klägers hatte beim LG dann aber (teilweise) Erfolg:

„2. Nicht zu folgen vermag die Kammer der angegriffenen Entscheidung allerdings, soweit die Erstrichterin eine Nutzungsausfallentschädigung im Hinblick auf die erst 3 1/2 Monate nach dem Unfall erfolgte Zulassung eines Ersatzfahrzeugs wegen fehlenden Nutzungswillens abgelehnt hat.

a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs stellt der vorübergehende Verlust der Gebrauchsmöglichkeit eines Kraftfahrzeugs einen ersatzfähigen Schaden im Sinne der §§ 249 ff BGB dar, wenn der Geschädigte sich für die Zeit des Nutzungsausfalls keinen Ersatzwagen beschafft hat (st. Rspr., vgl. nur Urteil vom 10.06.2008 – VI ZR 248/07, VersR 2008, 1086w.N.). Dabei spricht die Lebenserfahrung dafür, dass der Halter und Fahrer eines privat genutzten Pkw diesen während eines unfallbedingten Ausfalls auch benutzt hätte (vgl. OLG Stuttgart Urt. v. 13.8.2015 – 13 U 28/15, BeckRS 2015, 14624 Rn 39; KG NJW-RR 2011, 556). Zwar ist es zutreffend, dass nach der überwiegenden Auffassung der Obergerichte ein Zeitraum von mehreren Monaten, die der Geschädigte mit der Wiederherstellung oder Ersatzbeschaffung wartet, grundsätzlich wiederum gegen den erforderlichen Nutzungswillen spricht (vgl. Saarl. OLG, Urteil vom 14. September 2017 – 4 U 82/16 RuS 2018, 329; OLG Düsseldorf, OLG Düsseldorf, Urteil vom 26. August 2014 – I-1 U 151/13, Schaden-Praxis 2014, 403; OLG Frankfurt, Urteil vom 30. November 2017 – 3 U 183/16, NJW-RR 2018, 660; OLG Brandenburg Urt. v. 18.10.2018 – 12 U 70/17, BeckRS 2018, 38341; OLG Köln, Urt. v. 08.03.2004 – Az. 16 U 111/03, MDR 2004, 1114; OLG Hamm, Urt. v. 23.02.2006 – Az. 28 U 164/05, juris; Freymann/Rüßmann in: Freymann/Wellner, jurisPK-StrVerkR, 1. Aufl., § 249 BGB Rn. 213). Allerdings können beachtliche Gründe im Einzelfall die insoweit gegen den Geschädigten sprechende Vermutung entkräften (vgl. nur Saarl. OLG aaO).

b) Soweit der Kläger sich in diesem Zusammenhang auf eine fehlende Vorfinanzierungsmöglichkeit berufen hat, ist dieser von der Beklagten bestrittene Einwand weder unter Beweis gestellt noch glaubhaft, da zum einen ein Wiederbeschaffungswert von lediglich 2.800 € im Raum stand und zum anderen der Kläger auch nach Eingang der Zahlung der Beklagten am 12.10.2018 noch weitere 2 Monate verstreichen ließ, bevor er ein Ersatzfahrzeug auf sich zuließ. Im Übrigen ist auch weder vorgetragen noch ersichtlich, dass der Kläger die Beklagte im Rahmen seiner Schadensminderungspflicht auf eine etwaige fehlende Vorfinanzierungsmöglichkeit hingewiesen hätte.

c) Gleiches gilt, soweit der Kläger angebliche Schwierigkeiten im Rahmen der Ersatzbeschaffung geltend gemacht hat. Solche konnten anhand zahlreicher Angebote sogar typgleicher Fahrzeuge in den einschlägigen digitalen Autoverkaufsplattformen wie z.B. mobile.de nicht nachvollzogen werden. Dass sich die Marktlage im Frühherbst 2018 maßgeblich von der derzeitigen Verkaufslage dahingehend unterschieden haben soll, dass damals vergleichbare Fahrzeuge schwerer oder überhaupt nicht zu finden gewesen seien, ist – zumal Ende der Cabrio Saison – nicht ersichtlich.

d) Jedoch konnte die Kammer im Rahmen der persönlichen Anhörung des Klägers die Überzeugung gewinnen, dass dieser das Fahrzeug, hätte es zur Verfügung gestanden, tatsächlich weiter nutzen wollte und genutzt hätte. Der Kläger hat glaubhaft geschildert, von seiner Frau in deren Fahrzeug mitgenommen worden zu sein. Termine habe er in den Nachmittag verlegt, damit seine vormittags berufstätige Frau ihn mit ihrem Fahrzeug dort habe hinfahren können. Nach der Genesung habe er diese Termine dann auch selbstständig mit dem Fahrzeug seiner Frau wahrgenommen.

e) Eine Nutzungsentschädigung setzt allerdings voraus, dass der Geschädigte zur Nutzung des unfallbeschädigten Fahrzeugs auch in der Lage war. Daran fehlt es, wenn er – sei es aus unfallunabhängigen (z.B. Erkrankung, Freiheitsentzug, fehlende Fahrerlaubnis), sei es aus unfallbedingten Gründen (z.B. verletzungsbedingte Bettlägerigkeit oder Abwesenheit) – an der Nutzung gehindert war, es sei denn, das Kfz wäre generell oder zumindest in der Reparaturzeit (auch) von Familienangehörigen oder anderen Personen genutzt worden (vgl. BGH, Urteil vom 10. Juni 2008 – VI ZR 248/07, NJW-RR 2008, 1198; Freymann/Rüßmann in: Freymann/Wellner, jurisPK-Straßenverkehrsrecht, 1. Aufl. 2016, § 249 BGB, Rn. 214 m.w.N.). Nach dem eigenen Vortrag des Klägers fehlte ihm diese hypothetische Nutzungsmöglichkeit für die ersten beiden Wochen nach dem Unfall. Verletzungsbedingt habe er sich nicht getraut, selbst mit dem Auto zu fahren, weshalb er auch sein eigenes Auto, wenn es zur Verfügung gestanden hätte, nicht genutzt hätte.

f) Die danach ersatzfähige Nutzungsausfallentschädigung ist somit nicht für den gesamten vom Kläger zugrunde gelegten Zeitraum geschuldet. Macht ein Geschädigter – wie hier – im Rahmen einer fiktiven Schadensabrechnung Nutzungsausfallentschädigung geltend, steht ihm für die objektiv erforderliche Dauer des Ausfalls ein entsprechender Anspruch zu (vgl. nur Kammer, Urteile vom 28.09.2018 – 13 S 85/18 und vom 10.11.2017 – 13 S 97/17, Zfs 2018, 382; Freymann/Rüßmann in: Freymann/Wellner, jurisPK-StrVerkR, 1. Aufl., § 249, Rn. 220, 180 m.w.N.). Zur Feststellung hat der Tatrichter im Rahmen des erleichterten Beweismaßstabes des § 287 ZPO entsprechende Feststellungen zu treffen, die sich an den tatsächlichen Umständen orientieren können. Die Erteilung des Gutachtenauftrags (03.09.2018) sowie die Gutachtenerstellung (10.09.2018) nahmen vorliegend ausweislich der eingereichten Unterlagen 10 Tage in Anspruch. Selbst unterstellt, das Gutachten sei, wie der Kläger behauptet erst am 14.09.2018 zugegangen, deckt sich dieser Zeitraum allerdings mit dem Zeitraum, in dem der Kläger das Fahrzeug verletzungsbedingt ohnehin nicht genutzt hätte, so dass Nutzungsentschädigung diesbezüglich nicht gefordert werden kann. Nach der Gutachtenerlangung hält die Kammer, jedenfalls wenn die Reparaturkosten – wie hier – deutlich über dem Wiederbeschaffungswert liegen, einen Tag zur Überlegung für ausreichend. Insbesondere einer Überlegungsfrist von 14 Tagen bedurfte es vorliegend angesichts des Umstands, dass der Kläger das verunfallte Fahrzeug bereits drei Tage nach dem angeblichen Erhalt des Sachverständigengutachtens verkauft hatte, offensichtlich nicht. Da das vom Kläger eingeholte und insoweit unangegriffene Schadensgutachten eine erforderliche Wiederbeschaffungsdauer von 12 bis 14 Kalendertagen vorsieht, legt die Kammer hier insgesamt einen Zeitraum von 15 Tagen zugrunde.

g) Nach der, auch seitens des mit der Schadensfeststellung beauftragten Gutachters herangezogenen Schwacke-Nutzungsausfalltabelle (früher „Sanden-Danner-Küppersbusch) für 2018 ist der PKW der Klägerin angesichts von Alter (> 10 Jahre) und Laufleistung in die Nutzungsausfallgruppe B (29 € täglich) einzuordnen, so dass die Nutzungsausfallentschädigung 435 € beträgt.“

Nochmals „Abgasskandal“, oder: Abzug von Nutzungsvorteilen beim deliktischen Schadensersatz?

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Und die zweite Entscheidung, die ich heute vorstelle, betrifft noch einmal den Diesel/VW-Abgasskandal. Das OLG Hamburg hat im OLG Hamburg, Beschl. v. 13.01.2020 – 15 U 190/19 – noch einmal zum Abzug von Nutzungsvorteilen beim deliktischen Schadensersatz Stellung genommen. Wenn ich es richtig sehe – Zivilrecht ist nicht mehr unbedingt – meine Domäne 🙂 , liegt das OLG zwar grundsätzlich auf der Linie anderer OLG, wenn es dem Grunde nach einen Anspruch der Klägerin gegen VW als Hersteller des betroffenen Motors auf Schadensersatz wegen vorsätzlicher sittenwidriger Täuschung aus §§ 826, 31 BGB habe. Die Klägerin muss sich zwar nach der Entscheidung auch eine Nutzungsentschädigung anrechnen lassen, allerdings nur für die Zeit der vorbehaltlosen Nutzung des Fahrzeugs, d.h. heißt also nur bis zu dem Zeitpunkt, zu dem sie VW zur „Rückabwicklung“ des Kaufvertrags aufgefordert hat. Alles andere würde VW unbillig entlasten.

Ich beschränke mich hier dann auf den Leitsatz der Entscheidung:

Für den Fall, dass der Fahrzeug- bzw. Motorenhersteller dem Fahrzeugkäufer aufgrund einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung Schadensersatz schuldet, kann ein Abzug von Nutzungsvorteilen (gefahrene Kilometer) im Wege der Vorteilsausgleichung aus Gründen der Billigkeit nur bis zu dem Zeitpunkt angezeigt sein, zu dem der Fahrzeugkäufer den Hersteller erstmals zur „Rückabwicklung“ des Fahrzeugkaufs aufgefordert hat.

Nach dem gestern geschlossenen Vergleich dürften sich diese Fragen (wahrscheinlich) kurz über lang erledigen.

Nachträgliche Veränderungen an einem Kfz, oder: Erlöschen der Betriebserlaubnis

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Im „Kessel Buntes“ dann heute seit längerem mal wieder eine BGH-Entscheidung zum Autokaufrecht, und zwar das BGH, Urt. v. 11.12.2019 – VIII ZR 361/18.

Nach dem Sachverhalt der Entscheidung haben der Kläger und der Beklagte, ein/der Autohändler, einen Kaufvertrag über einen fünf Jahre alten BMW geschlossen. Im schriftlichen Kaufvertrag findet sich u.a. der Zusatz: „Inkl. 1 x Satz gebrauchte Winterräder auf Alufelgen (ABE [= Allgemeine Betriebserlaubnis] für Winterräder wird nachgereicht).“

Das Fahrzeug wurde dem Kläger nach Zahlung des Kaufpreises noch am selben Tag mit achtfacher Bereifung übergeben, wobei die Winterräder montiert waren. Die Felgen der Winterreifen stammten nicht vom Hersteller des Fahrzeugs; vielmehr waren sie lediglich mit einem BMW-Emblem versehen und für das verkaufte Pkw-Modell nicht zugelassen. Später stellte der Kläger fest, dass bei seinem Fahrzeug die hinte­re Federung nicht funktionierte. Er unterrichtete den Beklagten hierüber, über­trug diesem aber nicht die Behebung des gerügten Mangels, sondern ließ die Luftfederung zwei Tage später bei einem Kfz-Meisterbetrieb seiner Wahl aus­tauschen.

Der Kläger erklärte den Rück­tritt vom Kaufvertrag und forderte den Beklagten auf, ihm Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs den Kaufpreis in Höhe von 31.750 EUR abzüglich einer Nutzungsentschädigung zurückzuzahlen so­wie ihm die An- und Abmeldekosten und die angefallenen Kosten für die Erneuerung der Luftfeder in Höhe von 981,45 EUR zu erstatten.

Das LG hat die Klage abgewiesen, die Berufung hatte beim OLG keinen Erfolg. Der BGH hat auf die Revision des Klägers das Berufungsurteil insoweit aufgehoben, als hinsichtlich der auf das Fehlen einer Allgemeinen Betriebserlaubnis für die Felgen der Winterräder gestützten Ansprüche des Klägers zu seinem Nach­teil entschieden worden ist.

Und hier dann (nur) die Leitsätze der Entscheidung des BGH, dir für BGHZ vorgesehen ist:

„StVZO § 19 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2

Die Betriebserlaubnis für ein Fahrzeug erlischt im Falle nachträglicher Veränderungen (hier: Montage nicht zugelassener Felgen) nur dann, wenn diese mit einem gewissen Grad an Wahrscheinlichkeit eine Gefährdung für andere Verkehrsteilnehmer verursachen. Dabei haben Behörden und Gerichte für jeden konkreten Einzelfall zu ermitteln, ob die betreffende Veränderung eine Gefährdung von Verkehrsteilnehmern nicht nur für möglich erscheinen, sondern erwarten lässt.

BGB § 437 Nr. 2 , § 326 Abs. 5

Die Setzung einer Frist zur Nacherfüllung ist nach § 326 Abs. 5 BGB nur dann entbehrlich, wenn beide Varianten der Nacherfüllung unmöglich sind (im Anschluss an Senatsurteile vom 7. Juni 2006 – VIII ZR 209/05 , BGHZ 168, 64 Rn. 17; vom 10. Oktober 2007 – VIII ZR 330/06 , NJW 2008, 53 Rn. 23).

BGB § 437 Nr. 2 , § 323 Abs. 5 Satz 2

StVZO § 19 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 , Abs. 5

Ob ein in der Vornahme einer nicht genehmigten nachträglichen Veränderung an einem Fahrzeug liegender Sachmangel als geringfügig einzustufen und damit als unerhebliche Pflichtverletzung im Sinne des § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB zu werten ist, kann angesichts der in § 19 Abs. 2 , 5 StVZO angeordneten Rechtsfolgen nicht losgelöst von den Voraussetzungen des § 19 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 StVZO beurteilt werden.

Verlinkt habe ich mal auf IWW und den dort eingestellten Volltext. Auf der Homepage des BGH wird nämlich mitgeteilt (Stand: 29.02.2020): „Das gewünschte Dokument steht nicht zur Verfügung. Eventuell ist es nicht mehr oder noch nicht freigegeben.“

Postlaufzeit, oder: Die werktags innerhalb der Briefkastenleerungszeiten aufgegebene Postsendung

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Und die zweite Entscheidung kommt heute auch vom BGH. Der BGH, Beschl. v. 17.12.2019 – VI ZB 19/19 – nimmt in Zusammenhang mit einem Wiedereinsetzungsverfahren zur Postlaufzeit Stellung.

Die Klägerin hatte gegen die Abweisung ihrer nach einem Verkehrsunfall erhobenen Schadensersatzklage durch AG-Urteil vom 17.10.2018, das dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 25.10.2018 zugestellt worden ist, mit Schriftsatz vom Donnerstag, dem 22.11.2018 Berufung eingelegt. Dieser Schriftsatz ist beim Berufungsgericht am Dienstag, dem 27.11.2018 eingegangen. Die Klägerin hat daraufhin am 30.11.2018 schriftsätzlich beim LG Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die versäumte Berufungsfrist beantragt. Zur Begründung hat sie unter Vorlage einer eidesstattlichen Versicherung der Auszubildenden ihres Prozessbevollmächtigten vorgebracht, die Berufungsschrift habe die Auszubildende am 22.11.2018 abends – kurz nach 17.00 Uhr – zur Post aufgegeben. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin habe darauf vertrauen dürfen, dass die Berufungsschrift bei normalem Postlauf fristgerecht bei Gericht eingehe.

Das LG hat den Antrag auf Wiedereinsetzung zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Klägerin, die beim BGH Erfolg hatte:

„1. Die Rechtsbeschwerde ist statthaft. Auch wenn die Berufung wie hier noch nicht als unzulässig verworfen worden ist, kann gegen den die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die versäumte Berufungsfrist versagenden Beschluss gemäß § 238 Abs. 2, § 522 Abs. 1 Satz 4, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO Rechtsbeschwerde eingelegt werden (vgl. BGH, Beschlüsse vom 17. März 2004 – IV ZB 41/03, NJW-RR 2004, 1150 und vom 10. Oktober 2002 – VII ZB 11/02, BGHZ 152, 195, 197 f.; Stein/Jonas/Roth, ZPO, 23. Aufl., § 238 Rn. 13; BeckOK-ZPO/Wendtland, 34. Edition, § 238 Rn. 18). Die form- und fristgerecht eingelegte und begründete Rechtsbeschwerde ist auch im Übrigen zulässig, da die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).

Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung erfordert die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts unter anderem dann, wenn durch den angefochtenen Beschluss die Verfahrensgrundrechte einer Partei auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip) und auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt wurden. Dies ist anzunehmen, wenn die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand aufgrund von Anforderungen an die Sorgfaltspflichten des Prozessbevollmächtigten der Partei versagt wurde, die nach höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht verlangt werden und die den Parteien den Zugang zu einer in der Verfahrensordnung eingeräumten Instanz in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschweren (vgl. Senatsbeschluss vom 12. November 2013 – VI ZB 4/13, NJW 2014, 700 Rn. 5 mwN; BVerfG, NJW-RR 2002, 1004, juris Rn. 17 mwN). Dies ist vorliegend der Fall. Das Berufungsgericht hat der Klägerin zu Unrecht Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist verwehrt (siehe unter 2.).

2. Die Rechtsbeschwerde ist auch begründet.

a) Das Berufungsgericht hat ausgeführt, eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sei nicht deshalb gerechtfertigt, weil sich der Prozessbevollmächtigte der Klägerin darauf habe verlassen dürfen, dass die Berufungsschrift bei normalem Postlauf rechtzeitig bei Gericht eingehen werde. Grundsätzlich dürfe sich der Absender zwar auf die Zuverlässigkeit der Postdienste verlassen. Hier sei die Aufgabe aber zu einem Zeitpunkt erfolgt, der auch bei normalem Postlauf den rechtzeitigen Eingang bei Gericht nicht sichergestellt habe. Vorgetragen sei lediglich, dass der Schriftsatz am 22. November 2018 abends zur Post aufgegeben worden sei, so dass nicht davon ausgegangen werden könne, dass die Beförderung bereits am selben Abend begonnen habe. Es müsse deshalb zugrunde gelegt werden, dass die tatsächliche Beförderung des Briefes erst am Freitag, dem 23. November 2018 begonnen habe. Die Annahme einer Postlaufzeit von lediglich zwei Werktagen erscheine zu kurz bemessen.

b) Dies hält rechtlicher Überprüfung nicht stand. Der Antrag der Klägerin auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist ist begründet, weil der Prozessbevollmächtigte der Klägerin darauf vertrauen durfte, dass der zur Post gegebene Schriftsatz zur Berufungseinlegung fristwahrend beim Berufungsgericht eingehen werde.

Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung darf eine Partei grundsätzlich darauf vertrauen, dass im Bundesgebiet werktags – innerhalb der Briefkastenleerungszeiten – aufgegebene Postsendungen am folgenden Werktag ausgeliefert werden. Ohne konkrete Anhaltspunkte muss ein Rechtsmittelführer deshalb nicht mit Postlaufzeiten rechnen, die die ernsthafte Gefahr der Fristversäumung begründen (vgl. BGH, Beschluss vom 23. Januar 2019 – VII ZB 43/18, NJW-RR 2019, 500 Rn. 10 mwN). Nach dem Vortrag der Klägerin, von dessen Glaubhaftmachung das Berufungsgericht ausgegangen ist, wurde der Schriftsatz zur Berufungseinlegung am Donnerstag, dem 22. November 2018 abends zur Post aufgegeben. Auch wenn man mit dem Berufungsgericht davon ausgeht, dass die Beförderung der Postsendung erst am Freitag, dem 23. November 2018 begann, durfte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin nach den oben dargestellten Grundsätzen davon ausgehen, dass die Postsendung noch rechtzeitig bis zum Ablauf der Berufungsfrist am Montag, dem 26. November 2018 beim Berufungsgericht eingehen werde. Dass für den Prozessbevollmächtigten der Klägerin konkrete Anhaltspunkte hinsichtlich der Gefahr einer Verzögerung des Postlaufs bestanden hätten, ist weder vom Berufungsgericht festgestellt noch ersichtlich.“

Hat nicht nur im Zivilrecht Bedeutung, sondern ggf. auch im Straf- und Bußgeldverfahren.

Kosten eines Kfz-Sachverständigen, oder: Richtige Schätzungsgrundlage

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Im „richtigen“ „Kessel Buntes“ gibt es heute zwei BGH-Entscheidungen zum Zivilrecht.

Und da kommt zunächst das BGH, Urt. v. 17.12.2019 – VI ZR 315/18. Es geht um den Ersatz von Sachverständigenkosten nach einem Verkehrsunfall, bei dem das Fahrzeug des Klägers beschädigt ist. Veursacht worden war der Unfall durch den Fahrer eines bei der Beklagten haftpflichtversicherten PKW. Der Kläger beauftragte einen Sachverständigen mit der Begutachtung des Schadens an seinem Kraftfahrzeug. Er schloss mit dem Sachverständigen eine Honorarvereinbarung ab, in der er die Schadensersatzansprüche auf Erstattung von Gutachterkosten zur Sicherheit an den Sachverständigen abtrat. Die Sicherungsabtretung sollte mit vollständiger Bezahlung der vom Sachverständigen berechneten Kosten erlöschen. Nach der Honorarvereinbarung sollte zum einen ein nach der Höhe des Nettoschadens prozentual berechnetes Grundhonorar bezahlt werden. Bei Nettoschäden bis 1.350 € betrug der vereinbarte Satz für das Nettogrundhonorar 30% des in der Vereinbarung näher definierten Nettoschadens. Daneben sollten verschiedene Nebenkosten, wie etwa Telekommunikations-, Porto-, Schreib- und EDV-Kosten, teils pauschal und teils nach Anfall berechnet werden können.

Der Sachverständige berechnete dem Kläger für seine Tätigkeit ein Honorar von brutto 704,96 EUR. Das Grundhonorar betrug 30 % des ermittelten Nettoschadens und wurde mit netto 365,60 EUR berechnet. Zusätzlich wurden dem Kläger Netto-Nebenkosten in Höhe von insgesamt 226,80 € in Rechnung gestellt. Die Beklagte beglich die Sachverständigenrechnung in Höhe von 407 €. Die Differenz von 297,96 EUR zahlte der Prozessbevollmächtigte des Klägers an den Sachverständigen. Der Kläger verlangt nun von der Beklagten die Erstattung dieses Differenzbetrages.

Das AG hat der Klage teilweise stattgegeben und die Beklagte zur Zahlung von 105,65 EUR verurteilt. Die vom AG zugelassene Berufung des Klägers hat das LG zurückgewiesen. Mit seiner zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren auf Ersatz der restlichen Sachverständigenkosten weiter. Der BGH hat aufgehoben und zurückverwiesen:

„2. Die Revision wendet sich aber mit Erfolg gegen die Erwägungen des Berufungsgerichts zur Höhe der für die Begutachtung des beschädigten Fahrzeugs erforderlichen Kosten. Die Auffassung des Berufungsgerichts, der Höhe der vom Sachverständigen in Rechnung gestellten Honorarsumme nebst Nebenkosten und dem Inhalt der zwischen Geschädigtem und Sachverständigen geschlossenen Honorarvereinbarung komme im vorliegenden Schadensersatzprozess bei der Bestimmung der Höhe der zu ersetzenden Sachverständigenkosten keine Bedeutung zu, ist rechtsfehlerhaft.

a) Allerdings ist die Bemessung der Höhe des Schadensersatzanspruchs in erster Linie Sache des nach 287 ZPO besonders frei gestellten Tatrichters. Sie ist revisionsrechtlich nur daraufhin überprüfbar, ob der Tatrichter erhebliches Vorbringen der Parteien unberücksichtigt gelassen, Rechtsgrundsätze der Schadensbemessung verkannt, wesentliche Bemessungsfaktoren außer Betracht gelassen oder seiner Schätzung unrichtige Maßstäbe zugrunde gelegt hat. Es ist insbesondere nicht Aufgabe des Revisionsgerichts, dem Tatrichter eine bestimmte Berechnungsmethode vorzuschreiben (st. Rspr.; vgl. nur Senatsurteile vom 5. Juni 2018 – VI ZR 171/16, VersR 2018, 1338 Rn. 12 und vom 24. Oktober 2017 – VI ZR 61/17, NJW 2018, 693 Rn. 14, jeweils mit mwN).

b) Im Streitfall hat das Berufungsgericht seiner Schätzung jedoch unrichtige Maßstäbe zugrunde gelegt.

aa) Ist wegen der Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Geschädigte gemäß 249 Abs. 2 Satz 1 BGB statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Sein Anspruch ist auf Befriedigung seines Finanzierungsbedarfs in Form des zur Wiederherstellung objektiv erforderlichen Geldbetrags und nicht etwa auf Ausgleich von ihm bezahlter Rechnungsbeträge gerichtet. Der Geschädigte ist nach schadensrechtlichen Grund-sätzen in der Wahl der Mittel zur Schadensbehebung frei. Er darf zur Schadensbeseitigung grundsätzlich den Weg einschlagen, der aus seiner Sicht seinen Interessen am besten zu entsprechen scheint. Denn Ziel der Schadensrestitution ist es, den Zustand wiederherzustellen, der wirtschaftlich gesehen der hypothetischen Lage ohne das Schadensereignis entspricht. Der Geschädigte ist deshalb grundsätzlich berechtigt, einen qualifizierten Gutachter seiner Wahl mit der Erstellung des Schadensgutachtens zu beauftragen (st. Rspr.; vgl. nur Senatsurteile vom 5. Juni 2018 – VI ZR 171/16, VersR 2018, 1338 Rn. 14 und vom 24. Oktober 2017 – VI ZR 61/17, NJW 2018, 693 Rn. 16, jeweils mwN).

bb) Der Geschädigte kann jedoch vom Schädiger nach 249 Abs. 2 Satz 1 BGB als erforderlichen Herstellungsaufwand nur die Kosten erstattet verlangen, die vom Standpunkt eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten zur Behebung des Schadens zweckmäßig und notwendig erscheinen. Er ist nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren den wirtschaftlichsten Weg der Schadensbehebung zu wählen, sofern er die Höhe der für die Schadensbeseitigung aufzuwendenden Kosten beeinflussen kann. Allerdings ist bei der Beurteilung, welcher Herstellungsaufwand erforderlich ist, auch Rücksicht auf die spezielle Situation des Geschädigten, insbesondere auf seine Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie auf die möglicherweise gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten zu nehmen (sog. subjektbezogene Schadensbetrachtung). Auch ist der Geschädigte grundsätzlich nicht zu einer Erforschung des ihm zugänglichen Markts verpflichtet, um einen möglichst preisgünstigen Sachverständigen ausfindig zu machen. Aus dem Wirtschaftlichkeitsgebot ergibt sich allerdings eine Obliegenheit zu einer gewissen Plausibilitätskontrolle der vom Sachverständigen bei Vertragsabschluss geforderten bzw. später berechneten Preise. Verlangt der Sachverständige bei Vertragsabschluss Preise, die – für den Geschädigten erkennbar – deutlich überhöht sind, kann sich die Beauftragung dieses Sachverständigen als nicht erforderlich im Sinne des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB erweisen. Der Geschädigte kann dann nur Ersatz der für die Erstattung des Gutachtens tatsächlich erforderlichen Kosten verlangen, deren Höhe der Tatrichter gemäß § 287 ZPO zu bemessen hat. Im Fall einer Preisvereinbarung kann der Geschädigte Ersatz in Höhe der vereinbarten Preise nur verlangen, wenn diese für ihn bei seiner Plausibilitätskontrolle beim Abschluss der Vereinbarung nicht erkennbar deutlich überhöht waren (Senatsurteile vom 5. Juni 2018 – VI ZR 171/16, VersR 2018, 1338 Rn. 15 und vom 24. Oktober 2017 – VI ZR 61/17, NJW 2018, 693 Rn. 17, jeweils mwN).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats bildet der vom Geschädigten in Übereinstimmung mit der Rechnung und der ihr zugrunde liegenden getroffenen Preisvereinbarung tatsächlich erbrachte Aufwand (ex post gesehen) bei der Schadensschätzung nach § 287 ZPO ein Indiz für die Bestimmung des zur Herstellung „erforderlichen“ (ex ante zu bemessenden) Betrages im Sinne von § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB. In ihm schlagen sich die beschränkten Erkenntnismöglichkeiten des Geschädigten regelmäßig nieder (vgl. Senatsurteile vom 5. Juni 2018 – VI ZR 171/16, VersR 2018, 1338 Rn. 17; vom 24. Oktober 2017 – VI ZR 61/17, VersR 2018, 240 Rn. 18 f.; vom 19. Juli 2016 – VI ZR 491/15, VersR 2016, 1387 Rn. 19; vom 22. Juli 2014 – VI ZR 357/13, VersR 2014, 1141 Rn. 16).

cc) Mit diesen Grundsätzen ist die Auffassung des Berufungsgerichts nicht zu vereinbaren, die vorstehend beschriebene Indizwirkung könne im Streitfall schon deshalb nicht Platz greifen, weil die Rechnung des Sachverständigen nicht vom Geschädigten selbst, sondern von dessen anwaltlichem Bevollmächtigten beglichen worden sei.

(1) Der Senat teilt nicht die Annahme des Berufungsgerichts, es sei bei einer Zahlung des (Rest-)Honorars durch einen Rechtsanwalt immer ausgeschlossen, dass diese Zahlung die eingeschränkte subjektbezogene Erkenntnismöglichkeit des Geschädigten als Laien widerspiegeln könne.

Hat der Geschädigte nämlich selbst eine Honorarvereinbarung mit dem Sachverständigen geschlossen, ohne bereits dabei rechtlich beraten worden zu sein, so kommt es für die Beurteilung der Erforderlichkeit des geltend gemachten Herstellungsaufwandes, soweit er sich unmittelbar aus der Preisvereinbarung ergibt, nach den oben dargelegten Grundsätzen darauf an, ob der Sachverständige bei Vertragsabschluss Preise verlangt hat, die – für den Geschädigten aufgrund einer Plausibilitätskontrolle erkennbar – deutlich überhöht sind. Denn die spätere Zahlung durch den Rechtsanwalt stellt in einem solchen Fall allein die Erfüllung der vom Geschädigten selbst eingegangenen Verpflichtung dar; die bei Eingehung der den Geschädigten bindenden Preisvereinbarung gegebenenfalls eingeschränkten Erkenntnismöglichkeiten schlagen sich deshalb auch in einem solchen Fall im Zahlbetrag nieder. Etwaige Erkenntnismöglichkeiten des in den Zahlungsvorgang eingeschalteten Rechtsanwalts zur Plausibilität der Preisvereinbarung oder Hinweise des Haftpflichtversicherers auf die Überhöhung vereinbarter Positionen haben keinen Einfluss auf die bestehenden Zahlungspflichten des Geschädigten und damit darauf, ob er deren Erfüllung für erforderlichen Herstellungsaufwand halten darf. Die Sorge des Berufungsgerichts, der anwaltliche Bevollmächtigte könne die Rechnung gerade deswegen begleichen, um in den Genuss der Indizwirkung zu kommen, greift in einem solchen Fall nicht durch.

Feststellungen, dass der Kläger schon bei Abschluss der Honorarvereinbarung anwaltlich beraten worden wäre, hat das Berufungsgericht nicht getroffen. Soweit die vom Rechtsanwalt des Klägers beglichene Rechnung – was revisionsrechtlich zu unterstellen ist – in Übereinstimmung mit den Vorgaben der Preisvereinbarung steht, ist diese der Schätzung gemäß § 287 ZPO damit zugrunde zu legen, sollten – was das Berufungsgericht bislang nicht geklärt hat – die darin vereinbarten Preise aus der maßgeblichen Sicht des Klägers bei Abschluss der Vereinbarung plausibel gewesen sein.

Die Annahme einer Erweiterung der Erkenntnismöglichkeiten des Geschädigten durch die anwaltliche Vertretung und Beratung kommt im Streitfall allerdings hinsichtlich der Prüfung der Frage in Betracht, ob etwaige Abweichungen zwischen Preisvereinbarung und Rechnung oder sonstige Gründe für deren Überhöhung – etwa der Umstand, dass geltend gemachte Nebenkosten tatsächlich nicht angefallen sind – für den anwaltlich beratenen Geschädigten erkennbar waren. Das schließt das Eingreifen der Indizwirkung aber nicht von vornherein aus.

(2) Aus der Entscheidung des erkennenden Senats vom 26. April 2016 – VI ZR 50/15 (VersR 2016, 1133 Rn. 12), die das Berufungsgericht heranzieht, ergibt sich nichts anderes. Auch in diesem Urteil hat der Senat – wie das Berufungsgericht im Ansatz richtig erkennt – darauf abgehoben, dass der Grund für die Annahme einer Indizwirkung des vom Geschädigten tatsächlich erbrachten Aufwands bei der Schadensschätzung darin liegt, dass bei der Bestimmung des erforderlichen Betrages im Sinne von § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB die besonderen Umstände des Geschädigten, mitunter auch seine möglicherweise beschränkten Erkenntnismöglichkeiten, zu berücksichtigen sind und sich diese regelmäßig im tatsächlich aufgewendeten Betrag niederschlagen. Im dortigen Fall war der Geschädigten durch die Beauftragung des Sachverständigen aufgrund der an Erfüllungs statt erfolgten Abtretung ihrer Kostenerstattungsansprüche jedoch kein Kostenaufwand entstanden.

So liegt es hier aber nicht. Bei der im Streitfall erfolgten Sicherungsabtretung des Schadensersatzanspruchs auf Erstattung von Gutachterkosten sollte nach den getroffenen Vereinbarungen eine etwaige Kürzung der geltend gemachten Kosten durch die gegnerische Haftpflichtversicherung ohne Einfluss auf die Ansprüche des Gutachters gegen den Geschädigten bleiben. Nach dem von der Revision in Bezug genommenen vorinstanzlichen Vorbringen des Klägers, das mangels entgegenstehender Feststellungen des Berufungsgerichts für das Revisionsverfahren als zutreffend zu unterstellen ist, hat der anwaltliche Bevollmächtigte des Klägers, der zugleich Geschädigter ist, die Restforderung des Sachverständigen auf Anweisung sowie namens und in Vollmacht des Geschädigten aus dem Gesamtschadensbetrag ausgeglichen, welchen die Beklagte zur Schadensabwicklung an den Prozessbevollmächtigten des Klägers gezahlt hatte. Damit handelt es sich bei der Restzahlung rechtlich und wirtschaftlich um finanziellen Aufwand des Klägers, der diesen unmittelbar belastet. Dass die Rechnung des Sachverständigen vom Geschädigten „persönlich“ beglichen wird, ist keine Voraussetzung für den Eintritt der Indizwirkung.

Das Berufungsurteil war daher aufzuheben und die Sache gemäß § 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO mangels Entscheidungsreife zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

Das Berufungsgericht wird zu prüfen haben, inwieweit die Zahlung des Rechnungsrestbetrages auf der Grundlage einer aus Sicht des Geschädigten plausiblen Preisvereinbarung erfolgte und etwaige nach der Honorarvereinbarung nicht gerechtfertigte Positionen für ihn oder seinen anwaltlichen Vertreter erkennbar waren. Vorsorglich weist der Senat darauf hin, dass die vom Berufungsgericht für höchstrichterlich klärungsbedürftig gehaltene Frage, ob die vom BVSK in seiner Honorarbefragung 2015 vorgegebenen Nebenkosten allgemein als geeignete Grundlage einer Schätzung nach § 287 ZPO angesehen werden können, nach den eigenen Erwägungen des Berufungsgerichts nicht entscheidungserheblich war. Denn das Berufungsgericht hat bei seiner Schätzung selbstständig tragend darauf abgestellt, dass die vom BVSK vorgegebenen Nebenkosten im Streitfall aufgrund eigener Erfahrung des Berufungsgerichts den in der maßgeblichen Region üblichen Kosten sowie den Sätzen des JVEG – soweit dort vorgegeben – entsprechen.“