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Pflichti III: Neuer Beiordnungsantrag nach Ablehnung?, oder: Kein Aufwärmen der alten Gründe

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Im dritten und letzten Posting des Tages dann noch etwas Verfahrensrechtliches, und zwar aus dem Rechtsmittelverfahren.

Das verurteilt den Angeklagten am 06.04.2021 wegen Diebstahls zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten. Mit Schriftsatz vom 08.04.2021 hat sich der Verteidiger des Angeklagten für diesen bestellt und beschränkt auf den Rechtsfolgenausspruch Berufung eingelegt. Mit weiterem Schriftsatz vom 22.04.2021 hat er seine Beiordnung zum Pflichtverteidiger beantragt. Das LG hat den Antrag auf Pflichtverteidigerbestellung mit Beschluss vom 07.07.2021 abgelehnt. Ein Rechtsmittel ist gegen diesen nicht eingelegt worden.

Mit Schriftsatz vom 17.03.2022 hat der Verteidiger erneut beantragt, dem Angeklagaten als Pflichtverteidiger beigeordnet zu werden. In der Berufungshauptverhandlung hat der Vorsitzende den erneuten Antrag des Angeklagten, ihm einen notwendigen Verteidiger beizuordnen, abgelehnt. Über den Beiordnungsantrag sei bereits rechtskräftig entschieden worden. Die nunmehr vorgetragenen Gesichtspunkte stellten keine wesentliche Veränderung der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse dar.

Dagegen die sofortige Beschwerde, die das OLG Hamm mit dem OLG Hamm, Beschl. v. 21.06.2022 – 5 Ws 118/22 – zurückgewiesen hat.

Zulässig ist die Beschwerde allerdings. Es stehen nach Auffassung des OLG weder § 238 Abs. 2 StPO noch § 305 Satz 1 StPO entgegen. Insoweit verweise ich auf den Volltext.

Aber:

„2. Die sofortige Beschwerde ist jedoch unbegründet. Ihrem Erfolg in der Sache steht jedenfalls die Rechtskraft des vorausgegangenen Beschlusses des Landgerichts vom 07.07.2021 entgegen.

Nach der seit dem 13.12.2019 geltenden Vorschrift des § 142 Abs. 7 StPO ist die Bestellung eines Pflichtverteidigers oder ihre Ablehnung mit der sofortigen Beschwerde anfechtbar, die gemäß § 311 Abs. 2 StPO fristgebunden ist. Nach Ablauf der Wochenfrist erwächst das Erkenntnis in Rechtskraft. Mit der Ausgestaltung des Rechtsmittels als sofortiger Beschwerde wollte der Gesetzgeber eine schnellere Klarheit über die Rechtslage erreichen (vgl. BGH, Beschluss vom 21.04.2021 – StB 17/21 -, beck online). Hiermit wäre es nicht zu vereinbaren, wenn der Angeklagte, dessen Antrag auf Bestellung eines zusätzlichen Pflichtverteidigers abgelehnt worden ist, nach Eintritt der Rechtskraft aufgrund eines neuerlichen inhaltsgleichen Antrags eine Neubeurteilung der Sach- und Rechtslage durch das Ausgangsgericht und anschließend durch das Beschwerdegericht erwirken könnte. Vielmehr ist in Bedacht zu nehmen, dass nach allgemeinen Grundsätzen die nachträgliche Änderung oder Aufhebung rechtskräftiger Erkenntnisse nur ausnahmsweise in Betracht kommt. Daher kann der Angeklagte den weiteren Antrag auf Pflichtverteidigerbeiordnung und die sofortige Beschwerde gegen dessen Ablehnung grundsätzlich nicht erfolgreich auf Umstände stützen, die bereits Gegenstand der Erstentscheidung waren, anderenfalls diese Entscheidung trotz des Eintritts der Rechtskraft der Sache nach einer rechtlichen Kontrolle unterzogen würde. Vielmehr ist der Erfolg davon abhängig, dass sich eine wesentliche Veränderung der zugrunde liegenden tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse ergeben hat (BGH a.a.O.).

Hier ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass sich die tatsächliche Situation des Angeklagten – insbesondere seine gesundheitlichen Beeinträchtigungen, die ggf. Anhaltspunkte für eine Unfähigkeit des Angeklagten sich selbst zu verteidigen geben könnten – seit der in Rechtskraft erwachsenen Entscheidung des Landgerichts vom 07.07.2021 wesentlich verändert haben. Vielmehr lagen insbesondere sowohl die Diagnose der Depression als auch die Diagnose der Psychose bereits zuvor vor. Soweit der Beschwerdeführer rügt, aufgrund des zwischenzeitlich eingegangenen Bewährungsberichts vom 24.03.2022 habe sich der Erkenntnisstand des Landgerichts maßgeblich verändert und dies sei gehalten gewesen, die Frage der Fähigkeit des Angeklagten sich selbst zu verteidigen erneut in der Sache zu prüfen, verfängt diese Argumentation nicht. Denn allein maßgeblich ist, ob eine tatsächliche Veränderung der Sachlage eingetreten ist. Sollte das Gericht die Erstentscheidung mangels erforderlicher Sachaufklärung auf Grundlage unvollständiger oder falscher Informationen getroffen haben, wäre dies im Rahmen eines Rechtsmittels gegen die Erstentscheidung geltend zu machen gewesen.“

Pflichti II: 3 x interessante Beiordnungsgründe (?), oder: KiPo, Maskenpflicht, verfassungswidriger BtM-Besitz

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Im zweiten Posting dann drei Entscheidungen zu den Beiorndungsgründem, also § 140 StPO, allerdings nur die jweiligen Leitsätze, und zwar:

In Verfahren mit dem Verfahrensgegenstand „Verbreitung von Kinderpornografie“ ergibt sich die Schwierigkeit der Sachlage i.S. des § 140 Abs. 2 StPO aus dem Umstand, dass der Beschuldigte sein sich aus § 147 Abs. 4 StPO ergebendes Akteneinsichtsrecht nicht ohne Verteidiger in vollem Umfang wahrnehmen kann.

Anmerkung: Die Entscheidung ist noch zum „alten Recht“ ergangen.

Der einem Betroffene zur Last gelegte Verstoß gegen die Maskenpflicht (CoronaVO) führt nicht zur Erforderlichkeit der Bestellung eines Pflichtverteidigers wegen Schwierigkeit der Rechtslage.

Anmerkung: Das kann man m.E. mit guten Gründen auch anders sehen.

Zur bejahten Bestellung eines Pflichtverteidigers in einem BtM-Verfahren, in dem den Angeklagten zwar nur Besitz unter dem Grenzwert der nicht geringen Menge vorgeworfen wird, der Verteidiger jedoch. die Verfassungswidrigkeit des § 29 BtMG gerügt hat.

Anmerkung: Zur Nachahmung empfohlen 🙂 .

OWi II: Mal wieder ein bisschen OWi-Verfahrensrecht, oder: Beweisinterlokut, SV-Gutachten, Urteilsgründe

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Im zweiten Posting dann drei Entscheidungen zum Owi-Verfahrensrecht, und zwar:

Der Grundsatz der Gewährung rechtlichen Gehörs verlangt vom Tatrichter   keine Erklärung, wie er die erhobenen Beweise würdigen will. Ein solches Interlokut ist dem Strafprozessrecht fremd. Es ist vielmehr Aufgabe des Verteidigers, seine Prozessanträge umsichtig auf die Verfahrenssituationen auszurichten.

Die Urteilsgründe bilden eine Einheit, deren tatsächliche Angaben das Rechtsbeschwerdegericht auch dann berücksichtigt, wenn sie sich in solchen Zusammenhängen befinden, in denen sie nach dem üblichen Urteilsaufbau nicht erwartet werden.

Hat der Verteidiger konkrete Zweifel an einer ordnungsgemäßen Messung und der Verwertbarkeit geäußert, können die Zweifel nicht durch den Verweis des Gerichtes auf ein Sachverständigengutachten beseitigt werden, wenn dieses nicht Gegenstand der Hauptverhandlung war.

StPO III: Erneute Erörterung über Verständigung, oder: Erneute Pflicht zu Belehrung über Schweigerecht?

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Und dann habe ich als dritte Entscheidung aus dem Komplex „Verständigung“ den BGH, Beschl. v. 15.06.2022 – 6 StR 206/22 – zum richtigen Zeitpunkt der Belehrung des Angeklagten und Verständigungsgespräche, also § 243 Abs. 5 StPO.

Das LG hat den Angeklagten u.a. wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verurteilt und eine Einziehungsentscheidung getroffen. Dagegen wendet sich der Angeklagte mit der Revision, mit der er auch einen Verstoß gegen § 243 Abs. 5 Satz 1 StPO geltend gemacht hat. Das Rechtsmittel hatte keinen Erfolg.

Die Revision des Angeklagten hatte eine Verletzung des § 243 Abs. 5 Satz 1 StPO darin gesehen, dass der Angeklagte nicht unmittelbar nach der Mitteilung gemäß § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO, sondern erst nach dem Zustandekommen einer der Verständigung aufgrund der weiteren Erörterungen in der Hauptverhandlung über sein Schweigerecht belehrt worden ist; wegen der weiteren Einzelheiten verweise ich auf den Volltext.

Der BGH hat darin keinen Verfahrensfehler gesehen.

„2. Die Rüge ist unbegründet.

Soll – wie hier – im Zusammenhang mit der Mitteilung gemäß § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO (erneut) in Erörterungen mit dem Ziel einer Verständigung ( § 257c StPO ) eingetreten werden, ist der Vorsitzende nicht verpflichtet, den Angeklagten zunächst über sein Schweigerecht zu belehren ( § 243 Abs. 5 Satz 1 StPO ).

Den Regelungen des § 243 StPO über den Gang der Hauptverhandlung lässt sich eine solche Verpflichtung nicht entnehmen. Daraus ergibt sich nur, dass der Angeklagte nach der Mitteilung gemäß Abs. 4 Satz 1 und vor seiner Vernehmung zur Sache (Abs. 5 Satz 2) darauf hinzuweisen ist, dass es ihm freistehe, sich zu der Anklage zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen (Abs. 5 Satz 1). Für den Fall, dass bereits vor der Vernehmung des Angeklagten zur Sache Erörterungen über eine mögliche Verständigung geführt werden sollen, sieht die Vorschrift eine Belehrung des Angeklagten über sein Schweigerecht demgegenüber nicht vor.

Das entspricht der Intention des Gesetzgebers. Durch das Gesetz zur Regelung der Verständigung im Strafverfahren vom 29. Juli 2009 (BGBl. I S. 2353) sollte unter anderem klargestellt werden, dass eine Verständigung zu jedem Zeitpunkt nach der Eröffnung des Hauptverfahrens, also auch in der Hauptverhandlung getroffen werden kann (vgl. BT-Drucks. 16/13095, S. 2). Der Gesetzgeber hatte mithin im Blick, dass es im Anschluss an die Mitteilung gemäß § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO und vor der Vernehmung des Angeklagten zur Sache zu einer Verständigung kommen kann, zumal diese gerade dazu dient, die Beweisaufnahme abzukürzen bzw. überflüssig zu machen, und deshalb regelmäßig zu Beginn der Hauptverhandlung – nicht unbedingt erst im Zusammenhang mit der Vernehmung des Angeklagten zur Sache oder nach Eintritt in die Beweisaufnahme – getroffen wird (vgl. LR-StPO/Stuckenberg, 27. Aufl., § 257c Rn. 29). Er hat sich gleichwohl nicht veranlasst gesehen, für diesen Fall eine Belehrung des Angeklagten über sein Schweigerecht vorzuschreiben.

Dies trägt Sinn und Zweck des § 243 Abs. 5 Satz 1 StPO Rechnung. Die Belehrung des Angeklagten über sein Schweigerecht soll ihm seine Selbstbelastungsfreiheit vor Augen führen, bevor er zur Sache vernommen und in die Beweisaufnahme eingetreten wird. Ihm soll bewusst sein, dass die Angaben, die er im Rahmen der Vernehmung macht, unter Umständen zu seinem Nachteil gewertet werden können und er deshalb die Möglichkeit hat, sich nicht zur Sache einzulassen, ohne dass dies für ihn nachteilig ist. Die Selbstbelastungsfreiheit des Angeklagten wird demgegenüber nicht berührt, falls im Anschluss an die Mitteilung gemäß § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO Erörterungen stattfinden, die in eine Verständigung münden. Denn dabei geht es naturgemäß nur um hypothetische Erwägungen. Der Angeklagte macht in diesem Zusammenhang ebenso wenig Angaben zur Sache wie im Rahmen entsprechender Erörterungen nach den §§ 202a , 212 StPO vor der Hauptverhandlung. Das gilt insbesondere dann, wenn ihm – wie hier – für den Fall eines Geständnisses die Verhängung einer Strafe unter Angabe einer Ober- und Untergrenze in Aussicht gestellt wird. Das Einverständnis des Angeklagten mit dem Verständigungsvorschlag stellt noch keine Einlassung zur Sache dar, insbesondere kein Geständnis und noch nicht einmal ein Indiz für seine Schuld. Entgegen der von der Revision vertretenen Auffassung entfaltet der Angeklagte in Fällen wie dem hier in Rede stehenden durch seine Zustimmung zu der Verständigung mithin keine „massiven Selbstbelastungsaktivitäten“. Seine Selbstbelastungsfreiheit wird dadurch gewahrt, dass er stets vor seiner Vernehmung zur Sache über sein Schweigerecht zu belehren ist.“

StPO II: Mitteilung über Verständigungsgespräch, oder: Das Gerichts muss so früh wie möglich informieren

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In der zweiten Entscheidung, die ich vorstelle, dem BGH, Beschl. v. 03.08.2022 – 5 StR 62/22 – nimmt der BGH noch einmal Stellung zum „richtigen“ Zeitpunkt der Mitteilung über ein Verständigungsgespräch.

Das LG hat den Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verurteilt. Mi seiner Revision rügt der Angeklagte eine Verletzung von § 243 Abs. 4 Satz 2 StPO gerügt.

Der Rüge lag etwa folgendes Verfahrensgeschehen zugrunde: Vor Beginn des neunten Hauptverhandlungstages fand zwischen den Mitgliedern der Strafkammer, der Staatsanwaltschaft und dem Verteidiger ein Erörterungsgespräch statt, das die Möglichkeit einer Verständigung nach § 257c StPO zum Gegenstand hatte. Der Verteidiger stellte ein „qualifiziertes“ Geständnis für den Fall einer Verständigung auf eine Strafe von zwei Jahren und sechs Monaten bis zu zwei Jahren und acht Monaten in Aussicht. Die Staatsanwaltschaft lehnte es angesichts der weitgehend abgeschlossenen Beweisaufnahme zunächst ab, einer Verständigung näherzutreten. Einer Anregung des Vorsitzenden folgend nannte sie im Falle eines Geständnisses ihre Strafvorstellung, die von sechs Jahren und drei Monaten bis zu sechs Jahren und sechs Monaten reichte. Nach einer fünfzehnminütigen Unterbrechung unterbreitete der Vorsitzende den Verfahrensbeteiligten einen Verständigungsvorschlag: Für den Fall eines „substantiellen“ Geständnisses könne sich die Strafkammer eine Strafuntergrenze von vier Jahren und eine Strafobergrenze von vier Jahren und drei Monaten vorstellen. Weder die Staatsanwaltschaft noch die Verteidigung wollten hierzu unmittelbar Stellung nehmen. Hierüber fertigte der Vorsitzende einen Vermerk. Anschließend wurde der inhaftierte Angeklagte vorgeführt und die Hauptverhandlung mit der Vernehmung eines Zeugen fortgesetzt. Nach einer gut zwanzigminütigen Unterbrechung teilte der Verteidiger mit, dass „seitens der Verteidigung“ keine Bereitschaft zu einer Verständigung bestehe, da der Angeklagte sich nunmehr zur Sache einlassen wolle. Sodann legte dieser ein Geständnis ab. Danach wurde die Hauptverhandlung unterbrochen. Im Fortsetzungstermin am nächsten Tag machte der Angeklagte weitere Angaben zur Sache. Am Ende des Sitzungstages verlas der Vorsitzende den auf den Vortag datierten Vermerk über das an jenem Tag geführte Verständigungsgespräch; zuvor fand es in der Hauptverhandlung keine Erwähnung. Nach der Verlesung des Vermerks wurde die Beweisaufnahme geschlossen.

Die Rüge hatte Erfolg:

„2. Es liegt danach ein durchgreifender Verstoß gegen die Mitteilungspflicht des § 243 Abs. 4 Satz 2 StPO vor, weil die Mitteilung verspätet war.

a) Zwar enthält das Gesetz keine feste zeitliche Vorgabe für die gebotene Mitteilung (vgl. BGH, Urteil vom 2. März 2022 – 5 StR 365/21). In aller Regel ist aber mit Blick auf die vom Gesetz bezweckte Transparenz des Verständigungsverfahrens eine umgehende Information des Angeklagten nach dem Verständigungsgespräch geboten (vgl. BGH, Beschlüsse vom 27. Januar 2015 – 1 StR 393/14, NStZ 2015, 353; vom 11. Juni 2015 – 1 StR 590/14, NStZ-RR 2015, 379; vom 10. Dezember 2015 – 3 StR 163/15; vom 6. Februar 2018 – 1 StR 606/17, NStZ 2018, 419, 420; LR/Becker, StPO, 27. Aufl., § 243 Rn. 56; KK-StPO/Schneider, 8. Aufl., § 243 Rn. 64; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 65. Aufl., § 243 Rn. 18f.). Dem ist der Vorsitzende nicht gerecht geworden, weil er trotz mehrerer Unterbrechungen der Hauptverhandlung erst am Ende des zehnten Hauptverhandlungstages nach Abschluss der an zwei Verhandlungstagen abgegebenen geständigen Einlassung des Angeklagten und kurz vor Schluss der Beweisaufnahme mitgeteilt hat, dass bereits vor dem neunten Hauptverhandlungstag ein Verständigungsgespräch stattgefunden hatte. Angesichts der Ankündigung seiner geständigen Einlassung hätte spätestens vor deren Beginn Anlass bestanden, den Angeklagten über das Verständigungsgespräch zu informieren, damit dieser sein Prozessverhalten darauf einstellen kann. Umstände, die es ausnahmsweise hätten rechtfertigen können, die Mitteilung zurückzustellen, sind nicht ersichtlich (vgl. hierzu KK-StPO/Schneider aaO).

b) Das Urteil beruht auf dem Rechtsfehler (§ 337 Abs. 1 StPO). Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Angeklagte bei einer Information über den Inhalt des Verständigungsgesprächs vor seiner angekündigten Einlassung sein Prozessverhalten anders als geschehen ausgerichtet hätte (vgl. KK-StPO/Schneider aaO Rn. 110; MüKo-StPO/Arnoldi, § 243 Rn. 96). Dass der Angeklagte vor der Abgabe der Einlassung von seinem Verteidiger vollständig über den Inhalt des Verständigungsgesprächs unterrichtet worden war und auch von seiner Seite – nicht lediglich „seitens der Verteidigung“ – keine Verständigungsbereitschaft bestand (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 22. Juni 2021 – 5 StR 157/21), ergibt sich aus dem Revisionsvorbringen nicht. Zu einem Vortrag, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang er vor seiner geständigen Einlassung von seinem Verteidiger über den Inhalt des Verständigungsgesprächs informiert worden war, war der Beschwerdeführer nach § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO nicht verpflichtet (vgl. BGH, Beschluss vom 26. November 2019 – 3 StR 336/19, NStZ-RR 2020, 87).“