Archiv der Kategorie: Allgemein

Ich habe da mal eine Frage: Kann die Nr. 4142 VV RVG auch noch nach rechtskräftiger Einziehungsentscheidung entstehen?

© AllebaziB – Fotolia

Die Frage im Gebührenrätsel befasst sich heute auch mit der zusätzlichen Verfahrensgebühr N.r 4142 VV RVG. Die Gebührenziffer ist bei den eingehenden Fragen derzeit der „Renner“. Und hier hat der Kollege gefragt:

„Hallo,

eine Frage zu Nr. 4142 VV RVG:

Mandant kommt zu mir mit 3 (verbundenden) Anklagen und einer rechtskräftigen Verurteilung zu 1 Jahr 2 Mo. + 830,- Einziehung.

Die Fälle aus Anklage 1 liegen vor der rk. Verurteilung, also erläutere ich ihm, dass wohl aus Anklage 1 + Urteil eine neue Strafe (A-Strafe) und aus den Anklagen 2+3 eine weitere Strafe (B-Strafe) gebildet wird.

Das interssiert den Mandanten besonders deshalb, weil er bzgl. des Einziehungsbetrages berist Raten zahlt. Also berate ich ihn konkret darüber, dass die bereits erfolgte Einziehung in die A-Strafe des neuen Urteisl übernommen wird.

Im Urteil des neuen Verfahrens werden dann – wie zuvor erläutert – A- und B-Strafe gebildet und: „Die Einziehungsentscheidung des einbezogenen Urteils bliebt bestehen.“

Beratung zur Einziehung ist also erfolgt und war auch erforderlich. Aber kann die Gebühr Nr. 4142 VV RVG nach eigentlich bereits rechtskräftiger Einziehungsentscheidung noch entstehen?

Kippt der VerfG Saarland die nicht überprüfbaren Messverfahren?, oder: Schön wäre es.

Außer der Reihe und vor dem „normalen Programm“ etwas, über das ja auch schon an verschiedenen anderen Stellen berichtet worden:

Der VerfGH Saarland – ja, schon wieder „die“ 🙂 – hat am 09.05.2019 über die Nachprüfbarkeit von Geschwindigkeitsmessungen verhandelt (Lv 7/17) (vgl. dazu hier bei der Kollegin Zimmer-Gratz unter Verfassungsgerichtshof des Saarlandes verhandelte über Nachprüfbarkeit von Geschwindigkeitsmessungen mit weiteren Verweisen auf Spon und/oder Focus pp.). Wenn man die Meldungen richtet deutet, scheint sich als Ergebnis der Verhandlung abzuzeichnen, dass der VerfGH von den Herstellern und Verwendern von Messgeräten – auf dem Prüfstand stand ein Laserscanner Traffistar S 350 der Firma Jenoptik – verlangen wird, dass die Betroffenen die Messungen nachträglich überprüfen können müssen, was Verkehrsrechtler ja schon lange „trommeln“. Das ist derzeit aber nicht bei allen Messgeräten möglich, da die meisten die Messdaten nicht abspeichern.

Was sind/wären die Folgen eines solchen Urteils? Nun, m.E. wären entsprechende Messungen in Bußgeldverfahren gegen den Betroffenen nicht verwertbar sind und die Messgeräte müssten umgerüstet oder ausgetauscht werden. Von dieser Folge wären aber nicht nur künftige Verfahren betroffen, sondern m.E. auch bereits laufende, die noch nicht rechtskräftig entschieden sind. Als Verteidiger wird man also Verfahren, in denen solche Messungen eine Rolle spielen, auf jeden Fall durch Einspruch und/oder weitere Rechtsmittel „offen halten“ müssen.

Nun aber bitte nicht in Euphorie verfallen. Denn noch immer gibt es ja die OLG, die die Messverfahren mit Zähnen und Klauen verteidigen und dem VerfG Saarland sicherlich wieder in einer bemerkenswerten Diktion bescheinigen werden, dass die Richter dieses Verfassungsgerichts keine Ahnung haben und nur man selbst im Stande der „selig machenden Gnade der all umfassenden Weisheit“ ist. Ich erinnere dazu nur an den OLG Bamberg, Beschl. v. 13.06.2018 – 3 Ss OWi 626/18 – zum VerfG Saarland, Beschl. v. 27.04.2018 – Lv 1/18 (vgl. dazu Paukenschlag beim (Akten)Einsichtsrecht, oder: Der Rechtsstaat lebt… und Antwort vom OLG Bamberg: Das VerfG Saarland hat keine Ahnung, oder: Von wegen der Rechtsstaat lebt). Auch andere OLG haben sich dazu ja nun nicht gerade mit Ruhm bekleckert. Das werden wir wahrscheinlich wieder erleben und das Trauerspiel wird weiter gehen, bis endlich das BVerfG sich geäußert hat oder vielleicht auch der BGH, wenn denn dann endlich mal ein OLG so mutig wäre, die Fragen dem BGH vorzulegen. Aber den scheuen die OLG wie der Teufel das Weihwasser. Warum eigentlich?

Trotz dieses „Pessimus“: Eine Entscheidung vom VerfG Saarland wäre natürlich sehr schön, da sie doch ein weiterer Stein in der Mauer wäre 🙂 .

Happy Birthday ZAP-Verlag, oder: 30 Jahre sind eine lange Zeit

Heute vor dem normalen Tagesprogramm dann wieder ein Sonderpost. Nein, nicht nicht schon wieder Urlaub, sondern man/ich muss/will gratulieren.

Der ZAP-Verlag wird nämlich in diesem Jahr 30 Jahre alt. Und das wird heute in Bonn gefeiert mit einem recht netten (Tages)Programm. Wir starten im Universitäts-Club und kommen über das „Haus der Geschichte“ – wie passend – zum Rheinhotel Dreesen, auch ein geschichtsträchtiger Ort. Das passt ganz gut zu dem Weg, den der Verlag in den letzten 30 Jahren zurückgelegt hat – von der Kindheit in Herne über Recklinghausen – Münster – Köln nach Bonn. Also Wanderjahre 🙂 .

Zu 30 Jahren „Verlagsgeschichte“ darf man dann doch gratulieren. Und das tue ich gerne, denn 28 von den 30 Jahren bin ich mitgegangen. Seit 1991 bin ich nämlich auch schon dabei.

Und – wer weiß es nicht? Wir waren gemeinsam recht produktiv. Ich habe einfach mal ein Bild gemacht von dem, was wir in den Jahren unserer Zusammenarbeit in den Jahren so auf die Beine gestellt haben. Wer genau hinschaut, kann die dünne 1. Auflage des Handbuchs Hauptverhandlung aus dem Jahr 1995 erkennen. Wenn man die 9. Auflage daneben sieht, kann man die Entwicklung erkennen. Und ja: Es gab die Handbücher auch mal auf CD 🙂 . Und die Kinder = Junglektoren, die damals in den Kinderjahren des Verlages das Laufen als Lektor gelernt haben, sind heute auch schon alt, aber immer noch/wieder beim Verlag.

Oben links ist im Regal ja noch ein wenig Platz. Ich hoffe, der liebe Gott – oder sonst wer – gibt dem ZAP-Verlag und mir noch so viel Zeit, dass wir die Lücke noch gemeinsam füllen können.

Einziehung II: Das Verbot der Schlechterstellung gilt, oder: Vorlage

© eyetronic Fotolia.com

Die zweite Entscheidung kommt vom 5. Strafsenat des BGH. Ergangen ist der BGH, Beschl. v. 10.01.2019 – 5 StR 387/18 – auf eine Vorlage des OLG Hamburg. Das hatte dem BGH folgende Rechtsfrage zur Entscheidung vorgelegt:

„Schließt das Verbot der Verschlechterung (§ 331 Abs. 1 StPO) die erstmalige Anordnung einer Einziehung von Taterträgen oder des Wertes von Taterträgen (§§ 73, 73c StGB in der Fassung des Gesetzes zur Reform der Vermögensabschöpfung vom 13. April 2017) durch das Berufungsgericht auf die allein vom Angeklagten geführte Berufung auch dann aus, wenn eine selbständige Anordnung gemäß § 76a StGB möglich ist?“

Ergangen ist der Vorlagebeschluss in einem Verfahren wegen Betruges. Das AG Hamburg hat den Angeklagten wegen Betruges in zwei Fällen, davon in einem Fall versucht, zu einer Jugendstrafe von einem Jahr verurteilt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat. Nach den amtsgerichtlichen Urteilsfeststellungen zur hier betroffenen vollendeten Betrugstat hatte der Angeklagte am 17.05.2017 über eine Online-Verkaufsplattform einen Mercedes Benz zum Kauf angeboten. Er war dabei weder willens noch in der Lage, das Auto zu übergeben. Der durch ihn getäuschte Käufer entrichtete am 23.05.2017 den Kaufpreis von 30.000 €. Eine Lieferung des Kraftfahrzeugs erfolgte entsprechend dem Tatplan des Angeklagten nicht.

Maßnahmen der Vermögensabschöpfung gemäß §§ 73 ff. StGB hat das AG Hamburg weder angeordnet noch in den Urteilsgründen erörtert. Im Bewährungsbeschluss hat es dem Angeklagten auferlegt, den verursachten Schaden von 30.000 € im Rahmen seiner wirtschaftlichen Möglichkeiten nach besten Kräften wiedergutzumachen, mindestens aber in monatlichen Raten von 50 €. Gegen das Urteil hat der Angeklagte Berufung eingelegt und diese wirksam auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt. In der Berufungshauptverhandlung hat die Staatsanwaltschaft erstmals beantragt, die Einziehung des Werts des aus der Tat erlangten Geldbetrages von 30.000 € anzuordnen. Mit Urteil vom 11.12.2017 hat das LG Hamburg die Berufung des Angeklagten verworfen. Die von der Staatsanwaltschaft beantragte Einziehung des Wertersatzes nach § 73c StGB hat es wegen des Verschlechterungsverbots (§ 331 Abs. 1 StPO) als rechtlich unzulässig angesehen. Gegen das Urteil des LG Hamburg hat die Staatsanwaltschaft Revision eingelegt. Mit der Sachrüge greift sie allein die unterbliebene Wertersatzeinziehung an. Der Generalstaatsanwalt in Hamburg ist der Revision beigetreten.

Das OLG Hamburg möchte das Urteil des LG Hamburg aufheben, soweit von der Wertersatzeinziehung abgesehen worden ist. Es sieht sich daran aber durch einen Beschluss des OLG Zweibrücken vom 06.11.2017 (1 OLG 2 Ss 65/17) gehindert. Darin hat das genannte Oberlandesgericht den Standpunkt eingenommen, dass das Verbot der Schlechterstellung gemäß § 331 Abs. 1 StPO bei alleiniger Berufung des Angeklagten der erstmaligen Einziehung des Wertes von Taterträgen nach § 73c StGB entgegenstehe.

Der BGH sieht es anders und beantwortet die vom OLG Hamburg gestellte Frage wie folgt:

Das Verbot der Verschlechterung (§ 331 Abs. 1, § 358 Abs. 2 Satz 1, § 373 Abs. 2 Satz 1 StPO) schließt die erstmalige Anordnung der Einziehung nach den §§ 73 ff. StGB in der Fassung des Gesetzes zur Reform der Vermögensabschöpfung vom 13. April 2017 (BGBl. I S. 872) auf lediglich vom Angeklagten, von seinem gesetzlichen Vertreter oder zu seinen Gunsten von der Staatsanwaltschaft eingelegte Rechtsmittel oder Wiederaufnahmeanträge auch dann aus, wenn eine selbständige Einziehung nach § 76a StGB möglich wäre.“

Die Entscheidung ist für die Veröffentlichung in BGHSt vorgesehen.

Lösung zu: Ich habe da mal eine Frage: Gericht erklärt sich für unzuständig – zweimal die Verfahrensgebühr?

© haru_natsu_kobo Fotolia.com

Am vergangenen Freitag hatte ich gefragt: Ich habe da mal eine Frage: Gericht erklärt sich für unzuständig – zweimal die Verfahrensgebühr?.

Mein Antwort an den Kollegen auf die Frage lautete:

„Hallo, Sie haben m.E. an der falschen Stelle gesucht. Das ist kein Problem, das mit der Nr. 4106 VV RVG zusammenhängt, sondern ein allgemeines Problem unter dem Stichwort: Angelegenheiten. Sie hatte daher in Teil A schauen sollen. Und dort wären Sie m.E. bei den Rn 115 ff. fündig geworden. Es handelt sich nur um eine Angelegenheit, also nur einmal die Verfahrensgebühr. Den Mehraufwand durch die Rücknahme usw. müssen Sie über § 14 Abs. 1 RVG geltend machen, wenn Sie Wahlanwalt sind/waren.

Kostenfestsetzungsantrag muss m.E. in Berlin gestellt werden. In Potsdam ist ja nichts mehr anhängig.“

Nein, ich weise nicht schon wieder auf den RVG-Kommentar hin 🙂 🙂 🙂 .