Pflichti I: Bestellung im JGG-Verfahren, oder: Wie bei Erwachsenen, wenn es schwierig ist

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Heute dann mal wieder drei Entscheidungen zu Pflichtverteidigungsfragen.

Ich eröffne mit dem schon etwas älteren LG Dresden, Beschl. v. 09.05.2018 – 2 Qs 13/18 -, den ich allerdings erst vor kurzem übersandt erhalten habe. Themati: Beiordnung im JGG-Verfahren. Das LG sagt: Das läuft wie bei Erwachsenen:

„Ein Pflichtverteidiger ist gemäß §§ 68 Nr. 1 JGG, 140 Abs. 2 StPO dann zu bestellen, wenn wegen der Schwere der Tat oder wegen der Schwierigkeit der Sach- oder Rechtslage die Mit-wirkung eines Verteidigers geboten erscheint oder wenn ersichtlich ist, dass sich der Beschuldigte nicht selbst verteidigen kann. Für die Beurteilung der Notwendigkeit der Pflichtverteidigerbestellung gelten zunächst die Grundsätze, wie sie auch bei der Bestellung eines Pflichtverteidigers im Strafverfahren gegen Erwachsene gelten. Jedoch bedarf § 140 Abs. 2 StPO einer jugendspezifischen Auslegung, die zu berücksichtigen hat, dass der Jugendliche oder Heranwachsende insbesondere in der Regel unerfahren ist im Umgang mit staatlichen Instanzen, eingeschränkte sprachliche Ausdrucksmöglichkeiten hat und dadurch in seiner Interessenwahrnehmung vor Gericht gehandicapt sein könnte (OLG Schleswig StV 2009, 86).

Unter Berücksichtigung dieser allgemeinen Grundsätze ist es geboten, dem Angeklagten einen Pflichtverteidiger beizuordnen. Zum Einen ist für eine effektive Rechtsverteidigung eine Akteneinsicht geboten, um sich mit dem von der Staatsanwaltschaft eingeholten schriftlichen Sachverständigengutachten auseinanderzusetzen, dessen Inhalt dem Angeklagten nicht bekannt ist. Zum Anderen stellt § 176 Abs. 4 Nr. 3 und Nr. 4 StGB Straftatbestände dar, die erst zum 27.01.2015 neu gefasst wurden und deren Subsumtion nicht einfach erscheint. So hat der Bundesgerichtshof in einem Beschluss vom 22.01.2015, Az. 3 StR 490/14 ausdrücklich darauf hingewiesen, dass ein Einwirken auf ein Kind mit pornografischen Abbildungen im Sinne von § 176 Abs. 4 Nr. 4 StGB eine psychische Einflussnahme tiefergehender Art bedarf.“

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