Pflichti I: So einfach ist das nicht mit der kostenneutralen Umbeiordnung, oder: Das ist die Entscheidung Nr. 5.000

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Und dann mache ich heute einen weiteren Pflichtverteidigungstag, den der LG Stendal, Beschl. v. 13.03.2019 – 501 Qs (172 Js 13906/15) 16/19 – eröffnet. Eine besondere Entscheidung. Allerdings nicht wegen der Thematik – es geht um die Voraussetzungen der kostenneutralen Umbeiordnung – sondern: Es ist der 5.000 Beschluss, den ich auf meiner Homepage in der Rubrik „Entscheidungen anderer Gerichte“ online stelle. Zusammen mit den 4.598 Beschlüssen des OLG Hamm und den 2.000 RVG-Entscheidungen eine dann recht beachtliche Zahl von 11.598 Beschlüssen. Herzlichen Dank allen Einsendern von Entscheidungen.

Nun aber zum LG Stendal, Beschl. v. 13.03.2019 – 501 Qs (172 Js 13906/15) 16/19 – Wie gesagt: Kostenneutrale Umbeiordnung. Das AG hatte „umbeigeordnet“ mit der Maßgabe, dass „durch die Umbestellung keine Mehrkosten entstehen dürfen.“ Dagegen die Beschwerde des Pflichtverteidigers, die beim LG Erfolg hatte:

„Die nach § 304 StPO statthafte und ansonsten zulässige Beschwerde ist begründet und führt zur Aufhebung der Bestimmung, dass durch die Beiordnung keine Mehrkosten entstehen dürften. Diese hat das Amtsgericht zu Unrecht angeordnet. Für die vom Amtsgericht getroffene Anordnung, dem Pflichtverteidiger Gebührenansprüche abzusprechen, fehlt es an einer gesetzlichen Grundlage.

Der Wechsel des Pflichtverteidigers ist gesetzlich derzeit (vgl. zur angedachten Neuregelung: Referentenentwurf des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz, S. 8 und 9) nicht geregelt. Es ist jedoch in der Rechtsprechung anerkannt, dass bei schwerer Störung des Vertrauensverhältnisses zwischen Mandant und Pflichtverteidiger ein solcher Wechsel vorzunehmen ist. Dieses fehlende Vertrauensverhältnis ist jedoch substantiiert darzulegen (vgl. insoweit: Meyer-Goßner, Strafprozessordnung, 56. Auflage, Rdn. 5, m.w.N.). Einer Darlegung des besonderen Grundes für einen Wechsel bedarf es jedoch dann nicht, wenn beide Verteidiger mit dem Wechsel einverstanden sind, eine Verfahrensverzögerung nicht stattfindet und durch den Wechsel keine Mehrkosten entstehen (vgl. Meyer-Goßner, a.a.O., Rdn. 5a m.w.N.). Soweit die Umbestellung nicht kostenfrei erfolgen kann. wird es in der Rechtsprechung teilweise als zulässig erachtet, dass der Verteidiger auf die entstehenden Mehrkosten verzichten kann, um so eine Umbestellung zu erreichen (vgl. OLG Stuttgart, Beschluss vom 25. Oktober 2017, Az.: 2 Ws 277/17, Leitsatz, zitiert nach juris: dagegen jedoch: OLG Naumburg, Beschluss vom 14. April 2010, Az.: 2 Ws 52/10, 2. Leitsatz. zitiert nach juris).

Ausgehend von diesen Grundsätzen kann die angefochtene Entscheidung keinen Bestand haben, da dem Amtsgericht eine gesetzliche Ermächtigungsgrundlage fehlt. dem Pflichtverteidiger seine entstandenen Gebühren abzusprechen. Vorliegend bestand seitens des Amtsgerichts die Möglichkeit, den Antrag auf Umbestellung abzulehnen, da eine Störung des Vertrauensverhältnisses zwischen dem Angeklagten und Rechtsanwalt P. nicht ansatzweise dargelegt wurde. Soweit es aufgrund des Einvernehmens der Verteidiger eine kostenneutrale Umbestellung vornehmen wollte, hätte es nach der dargestellten Rechtsprechung des OLG Stuttgart eine entsprechende Erklärung des Verteidigers einholen müssen, was nach Aktenlage unterblieben ist. Für die vom Amtsgericht vorgenommene einseitige Bestimmung der Kostenneutralität gibt es jedoch schlechthin keine gesetzliche Grundlage.“

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