VW-Abgasskandal: BGH hat die „Faxen dicke“, oder: VW-Schummelsoftware ist Sachmangel

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Ich blogge ja selten zu Pressemitteilungen. Jetzt tue ich es dann aber doch mal. Und die Sache ist es m.E. auch mal wert. Denn es geht um den Abgasskandal bei VW. Dazu war ja inzwischen ein Verfahren beim BGH anhängig, nämlich das Verfahren „VIII ZR 225/17 (zur Frage des Anspruchs des Käufers eines mangelhaften Neufahrzeugs auf Ersatzlieferung bei einem Modellwechsel)„.

In dem war vom BGH Verhandlungstermin auf den 27.02.2019 anberaumt. Der Termin ist nun aufgehoben worden, nachdem sich die Parteien verglichen und der Kläger seine Revision gegen das OLG Bamberg, Urt. v. 20.09.2017 – 6 U 5/17 – zurückgenommen hat. Man erkennt an dem Ablauf die Strategie von VW: Nämlich auf jeden Fall zu verhindern, dass es eine Revisionsentscheidung des BGH zu den mit dem Abgasskandal – besser Schummelsoftwareskandal – gibt. Da vergleicht man sich dann (lieber/endlich) und der Kläger verpflichtet sich, seine Revision zurückzunehmen. Und VW hat sein Ziel erreicht und lehnt sich erst mal wieder beruhigt (?) zurück und ist seinem Ziel, die letztlich „betrogenen“ Käufer hier in Deutschland nicht entschädigen zu müssen, näher gekommen.

Nur: Dieses Mal hat man die Rechnung offenbar ohne den VIII. Zivilsenat des BGH gemacht. Denn der hat etwas getan, was für Revisionsverfahren beim BGH recht ungewöhnlich ist. Er hat nämlich einen wohl 14 Seiten langen Hinweisbeschluss erlassen. Ich kann mich nicht daran erinnern, dass ich davon in anderen Sachen/Verfahren schon mal gehört habe; kenne mich allerdings im Zivilrecht auch nicht so gut aus. Offenbar hatte der BGH die „Faxen dicke“ und/oder wollte endlich Pflöcke einhauen. Vielleicht hat der Berichterstatter auch nur um sein schöne Votum getrauert, in dem sicherlich viel Arbeit steckt und das ja nun durch den Vergleich und die Revisionsrücknahme „vergebens“ erstellt worden ist. 🙂

Warum auch immer: Jedenfalls hat der BGH „auf den Tisch gehauen“ und  gestern in einer Pressemitteilung 22/19 auf die Aufhebung des Termins und seinen Hinweisbeschluss hingewiesen. Da heißt es:

„Der Verhandlungstermin vom 27. Februar 2019 (siehe Pressemitteilung Nr. 183/2018) wurde aufgehoben, da der Kläger die Revision unter Hinweis darauf, dass sich die Parteien verglichen haben, zurückgenommen hat.

Vorausgegangen war ein umfangreicher Hinweisbeschluss des Senats vom 8. Januar 2019, der in Kürze auf der Homepage des Bundesgerichtshofs veröffentlicht wird.

In diesem Beschluss hat der Senat die Parteien auf seine vorläufige Rechtsauffassung hinwiesen, dass bei einem Fahrzeug, welches bei Übergabe an den Käufer mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung ausgestattet ist, die den Stickoxidausstoß auf dem Prüfstand gegenüber dem normalen Fahrbetrieb reduziert, vom Vorliegen eines Sachmangels auszugehen sein dürfte (§ 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB), weil die Gefahr einer Betriebsuntersagung durch die für die Zulassung zum Straßenverkehr zuständige Behörde besteht und es damit an der Eignung der Sache für die gewöhnliche Verwendung (Nutzung im Straßenverkehr) fehlen dürfte.

Zudem hat der Senat die Parteien auf seine vorläufige Einschätzung hingewiesen, dass die Auffassung des Berufungsgerichts rechtsfehlerhaft sein könnte, die vom Käufer gemäß § 439 Abs. 1 Alt. 2 BGB geforderte Ersatzlieferung eines mangelfreien Neufahrzeugs sei unmöglich (§ 275 Abs. 1 BGB), weil der Kläger ein Fahrzeug der ersten Generation der betreffenden Serie (hier: VW Tiguan 2.0 TDI) erworben habe, diese aber nicht mehr hergestellt werde und ein solches Modell auch nicht mehr beschafft werden könne. Denn im Hinblick auf den Inhalt der vom Verkäufer vertraglich übernommenen Beschaffungspflicht dürfte – anders als das Berufungsgericht gemeint hat – ein mit einem nachträglichen Modellwechsel einhergehender mehr oder weniger großer Änderungsumfang für die Interessenlage des Verkäufers in der Regel ohne Belang sein. Vielmehr dürfte es – nicht anders als sei das betreffende Modell noch lieferbar – im Wesentlichen auf die Höhe der Ersatzbeschaffungskosten ankommen. Dies führt jedoch nicht zur Unmöglichkeit der Leistung gemäß § 275 Abs. 1 BGB; vielmehr kann der Verkäufer eine Ersatzlieferung gegebenenfalls unter den im Einzelfall festzustellenden Voraussetzungen des § 439 Abs. 4 BGB verweigern, sofern die Ersatzlieferung nur mit unverhältnismäßigen Kosten möglich ist.“

Und das ist m.E. schon mal eine Vorabmeldung hier wert, auf den Volltext darf man gespannt sein. Passte im Übrigen ja auch zeitlich und thematisch gut zum „Kessel Buntes“ am Samstag. 🙂

2 Gedanken zu „VW-Abgasskandal: BGH hat die „Faxen dicke“, oder: VW-Schummelsoftware ist Sachmangel

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