OWi I: Mal wieder PoliscanSpeed, oder: Mobiler Einsatz im „Enforcement Trailer“

Heute mache ich dann den ersten „OWi-Tag“ des Jahres 2019. Und den eröffne ich mit dem OLG Frankfurt, Beschl. v. 22.11.2018 – 2 Ss-OWi 845/18. In ihm nimmt das OLG Stellung zu PoliscanSpeed, und zwar zu dessen mobile Einsatz im „Enforcement Trailer“.Der Betroffene hat gegen seine auf einer Messung mit einer solchen Anlage beruhenden Verurteilung die Zulas­sung der Rechtsbeschwerde gerügt und geltend die fehlende Zulassung der Art der Verwendung dieses Messgeräts gerügt. Das OLG sagt dazu:

„Die Einwendung greift für „Enforcement Trailer“, die von der Landespolizei ver­wendet werden, im Bundesland Hessen nicht durch.

Den sog. „Enforcement Trailer“ und vergleichbaren Produkten mit anderem Namen liegt zugrunde, dass das jeweilige Messgerät in einem mobilen Anhä­nger eingebaut ist.

Das Messgerät selber verfügt über eine Zulassung der PTB für die Verwendung in einer stationären Verbauung (ohne Messbeamten während der Messung) oder als mobiles Messgerät (mit Messbeamten während der Messung) und ist auch geeicht.

Die Verwendung in einem sog. „Enforcement Trailer, einem gegen äußere Ein­flüsse gesicherten mobilen Anhänger, ermöglich nun den Einsatz des Messge­rätes wie eine stationäre Messanlage, so dass kein aufmerksamer Messbetrieb durch einen Messbeamte während der Messung notwendig ist, ohne den sog. „Gewöhnungseffekt“ bei stationären Messanlagen auszulösen, weil das Mess­gerät durch die Verbauung im Anhänger wie eine mobile Messanlage umge­setzt werden kann.

Das vorliegend zum Einsatz gekommene Geschwindigkeitsmessgerät PoliS­canSpeed verfügt als anerkanntes standardisiertes Messgerät seit Jahren über eine entsprechende Zulassung durch die PTB. Teil dieser Zulassung ist die Re­gelung in welcher Verbauungsart dieses Messgerät im Einsatz verwendet wer­den darf. Diesbezüglich verweist die Verteidigung zu Recht auf die generelle Bedienungs- und Gebrauchsanweisung, wonach „der Betrieb in einem Kraftfahrzeug, auf einem Stativ oder einer stationä­ren Messkabine“ möglich ist.

Unstreitig unterfällt ein „Enforcement Trailer` keinem dieser Einsatzmöglichkei­ten, so dass es für den Einsatz als „standardisiertes Messverfahren“ eine Zu­lassungserweiterung durch die PTB bedarf, damit die technischen Bedingungen bestimmt sind, die die Messrichtigkeit auch in dieser Verbauung garantieren. Der Bürger als Verkehrsteilnehmer und die Gerichte müssen sich darauf verlas­sen können, dass Messgeräte entsprechend der gesetzlichen Vorgaben und nur im Rahmen der Zulassungen – vorliegend durch die PTB – für hoheitliche Messungen Verwendung finden dürfen.

Für das Bundesland Hessen sind derzeit nur 2 „Enforcement Trailer“ bei der Landespolizei im Einsatz, u. a. das in diesem Verfahren streitgegenständliche Messgerät:

Das Messgerät VitronicPolyScanSpeed FM1 mit der Gerätenummer 789100 sowie das Gerät VitronicPolyScanSpeed M1 HP mit der Geräte­nummer 655446.

Beide Messgeräte haben eine besondere Zulassung durch die PTB. Der Aus­zug aus der Baumusterprüfbescheinigung der Konfirmitätsbewertungsstelle bei der PTB Braunschweig mit der Bescheinigungsnummer DE17M PDB 0033 vom 23.06.2017 lautet insoweit,

„dass die Messeinheit entweder vorn Dreibeinstativ, in einem Fahrzeug, in einem Spezialanhänger oder in einem Außengehäuse betrieben wer­den darf“. Weiter heißt es, „der Spezialanhänger stellt eine besondere Art des Fahrzeugeinbaus dar (…)“.

Der Begriff des Anhängers ist gern. § 2 Nr. 2 FZV als Fahrzeug, das zum An­hängen an ein Kraftfahrzeug bestimmt und geeignetes Fahrzeug ist, eingeord­net.

Dass aus strategisch taktischen Gründen die Messanhänger in der Messpraxis oftmals im offenen Verkehrsraum ohne amtliche Kennzeichen an der jeweiligen Messposition geparkt sind, ist für die Rechtmäßigkeit der Messung unbeacht­lich.

Zusammenfassend gilt daher, dass die zwei derzeit in Hessen im Einsatz be­findlichen „Enforcement Trailer“ durch die Landespolizei jeweils über eine Son­derzulassung verfügen, die auch eine Verbauung eines zugelassenen Messge­räts in einem „Enforcement Trailer“ (als Anhänger) zulassen.

Damit sind die in Hessen aus einem „Enforcement Trailer“ der Landespolizei durchgeführten Messungen weiterhin als Messung in einem standardisierten Messverfahren anzusehen, so dass die Amtsgerichte in Hessen, zumindest so­weit es diese Problematik betrifft, nicht gehalten sind, diesbezügliche Zulas­sungseinwendungen im Urteil zu bescheiden.

Sollten hingegen Messungen aus „Enforcement Trailern“ Verwendung finden, die nicht von der Hessischen Landespolizei betrieben werden (z.B. durch Orts­polizeibehörden der Kommunen), sind entsprechende Zulassungsergänzungen bzw. Neuzulassungen, die eine Verwendung in einem „Enforcement Trailer“ vorsehen. in der Verfahrensakte zu dokumentieren. Diese Dokumentations­pflicht durch die Verwaltungsbehörden dient dazu, dass dem Betroffenen be­reits durch Akteneinsicht die Zulassung dieser besonderen Verbauungsart be­kannt wird und entsprechende Einwendungen in der Hauptverhandlung unter­bleiben können. Das Gericht bedarf dieser Dokumente, weil es ebenso wie bei dem Eichschein im Urteil darzulegen hat, dass nicht von der Landespolizei be­triebene „Enforcement Trailer“ über die notwendige „Zulassung“ verfügen.

Ebenfalls ist bei kommunaler Verwendung zu prüfen und darzulegen, dass der Einsatzort des „Enforcement Trailers“ durch die Polizeiakademie Hessen ge­nehmigt worden ist. Nach dem Erlass des Innenministeriums „Verkehrsüberwa­chung durch örtliche Ordnungsbehörden und Polizeibehörden“ vom 05.02.2015 (Az. LPP1 — 66 k 07 — 17/001), sind „Enforcement Trailer“ und baugleiche Pro­dukte als ortsfeste Gecchwindigkeitsmessanlagen qualifiziert, so dass in Über­einstimmung mit der Rechtsprechung des Senats (vgl. insb. Beschluss vom 26.04.2017 2 Ss-Owi 295/17) zur Vermeidung sachfremder Motive beim Einsatz von Verkehrsüberwachungstechnik, auch der jeweilige Einsatzort von „En­forcement Trailer“ als i.E. semi-stationäre Messanlagen eine Genehmigung durch die Polizeiakademie benötigt. Auch diese auf die konkrete Einsatzörtlich­keit bezogene Genehmigung ist aus den oben genannten Gründen von den Bußgeldbehörden bereits in der Verfahrensakte zu dokumentieren.

Die Einhaltung beider Bedingungen ist von den Verwaltungsbehörden und der Staatsanwaltschaft zu prüfen (§ 69 Abs. 4 OWiG) und den Gerichten sind nur Verfahren vorzulegen, die diese Bedingungen erfüllen. Fehlen die notwendigen Dokumentationen in der Verfahrensakte, kann das Amtsgericht nach § 69 Abs. 5 OWiG verfahren.“

Gilt zumindest in Hessen 🙂 .

Zum Vitronic Enforcement Trailer hier:  AG Wuppertal zum Vitronic Enforcement Trailer: Bauartzulassung entfällt bei Festschrauben des Trailers.

4 Gedanken zu „OWi I: Mal wieder PoliscanSpeed, oder: Mobiler Einsatz im „Enforcement Trailer“

  1. Waterkant

    Nun werden also PTB-Zulassung und Konformitätsbescheinigung einfach mal ohne nähere Begründung gleichgesetzt. War irgendwie zu erwarten.

  2. Alexandru Popescu

    Das Urteil ist dahingehend nicht richtig, da es sich einmal um das Messgerät VitronicPoliScan FM1 mit der Gerätenummer 789100 sowie das Gerät VitronicPoliScanSpeed M1 HP mit der Geräte­nummer 655446 handelt. Die benannte Zulassung der PTB bezieht sich jedoch nur auf das FM1. Das hier eingesetzte Messgerät PoliScan M1 HP Nr. 655446 ist jedoch unter der Nummer 18.11/10.02 mit Geschäftszeichen PTB-1.31-4067287 vom 30.12.2014 zugelassen. Es kursiert am OLG Frankfurt auch ein Schreiben der Polizeiakademie (aus dem sind anscheinende die Auszüge im Urteil). in dem auch die falsche Zulassung zitiert wird.
    In der Zulassung des M1 HP wird gerade nicht der ET oder Anhänger o.ä. benannt. Die Zulassung zur Messung aus einem KFZ heraus, galt aber schon dort. Es stellt sich jedoch die Frage ob so ein Anhänger, wenn er ohne Kennzeichen abgestellt wird als Fahrzeug gilt. Die PTB verneint das. Kein Kennzeichen – kein Fzg. – keine Zulassung. Ohne Kennzeichen stellt diese Messung auch einen Verstoß nach §10Abs.5,8,12,48 FZV,179a BKAT mit TBNr. 810612 dar. So sollte die Behörde bei jeder Messung mit 60€ geahndet werden.
    Der Begriff Semi-stationär taucht weder in der Zulassung noch dem Handbuch auf.

  3. Popescu

    Das Urteil ist dahingehend nicht richtig, da es sich einmal um das Messgerät VitronicPoliScan FM1 mit der Gerätenummer 789100 sowie das Gerät VitronicPoliScanSpeed M1 HP mit der Geräte­nummer 655446 handelt. Die benannte Zulassung der PTB bezieht sich jedoch nur auf das FM1. Das hier eingesetzte Messgerät PoliScan M1 HP Nr. 655446 ist jedoch unter der Nummer 18.11/10.02 mit Geschäftszeichen PTB-1.31-4067287 vom 30.12.2014 zugelassen. Es kursiert am OLG Frankfurt auch ein Schreiben der Polizeiakademie (aus dem sind anscheinende die Auszüge im Urteil). in dem auch die falsche Zulassung zitiert wird.
    In der Zulassung des M1 HP wird gerade nicht der ET oder Anhänger o.ä. benannt. Die Zulassung zur Messung aus einem KFZ heraus, galt aber schon dort. Es stellt sich jedoch die Frage ob so ein Anhänger, wenn er ohne Kennzeichen abgestellt wird als Fahrzeug gilt. Die PTB verneint das. Kein Kennzeichen – kein Fzg. – keine Zulassung. Ohne Kennzeichen stellt diese Messung auch einen Verstoß nach §10Abs.5,8,12,48 FZV,179a BKAT mit TBNr. 810612 dar. So sollte die Behörde bei jeder Messung mit 60€ geahndet werden.
    Der Begriff Semi-stationär taucht weder in der Zulassung noch dem Handbuch auf.

  4. Ingo Waibel

    Also hat das M1 HP aus Hessen noch nachträglich (30.12.2014) eine Zulassung für den Betrieb im Enforcement-Trailer bekommen? Ich dachte, dass immer nur eine Bauart von der PTB zugelassen wird, nicht einzelne Messgeräte. Und: Ich finde es absurd, dass es beim M1 HP darauf ankommen soll, ob am Enforcement Trailer ein Kennzeichen angebracht ist. Das ist Haarspalterei. Es kommt darauf an, ob für den Betrieb im ET eine Zulassung erforderlich ist, und das ist – wie das OLG Frankfurt zu Recht sagt – der Fall.

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