StGB II: Ist ein Dildo ein „gefährliches Werkzeug“?, oder: Besonders schwere Vergewaltigung

entnommen wikimedia.org
Fotograf: Agon S. Buchholz (asb)

Die zweite Entscheidung, die ich heute vorstelle, hat ebenfalls sexuellen Bezug. Es handelt sich um den BGH, Beschl. v. 10.10.2018 – 5 StR 179/18. Das LG hat die Angeklagten wegen besonders schwerer Vergewaltigung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu Freiheitsstrafen verurteilt. Die Einzelheiten der Tat will ich mir hier ersparen, die sind mehr als „unschön“. Wer „Interesse“ hat, mag das im verlinkten Volltext nachlesen. Kurz gefasst liegen der Veurteilung sexuelle Übergriffe auf den gesitiug behinderten Nebenkläger zugrunde. Bei denen ist dann auch ein Dildo in dessen After eingeführt worden. Das LG hat das nicht als „besonders schwere Vergewaltigung“ i.S. von  § 177 Abs. 8 Nr. 1 Alt. 2 StGB angesehen. Das hat die Staatsanwaltschaft mit ihrer Revision erfolgreich gerügt:

„2. Zu Recht beanstandet die Staatsanwaltschaft, dass die Jugendkammer das gewaltsame Einführen des Dildos in den After des Nebenklägers nicht als Verwenden eines gefährlichen Werkzeugs im Sinne von § 177 Abs. 8 Nr. 1 Alt. 2 StGB angesehen hat.

Ein gefährliches Werkzeug im Sinne dieser Alternative liegt vor, wenn ein – auch für sich gesehen ungefährlicher – Gegenstand nach der konkreten Art seiner Verwendung geeignet ist, erhebliche Verletzungen zu verursachen (vgl. zum gleichlautenden früheren § 177 Abs. 4 Nr. 1 StGB Hörnle in Leipziger Kommentar, StGB, 12. Aufl., § 177 Rn. 284 ff. mwN). Dies ist regelmäßig bei einem Dildo der Fall, wenn er überraschend und kräftig in den After gestoßen wird und hierdurch ganz erhebliche Schmerzen und eine Hautunterblutung am Aftereingang verursacht. Die Jugendkammer hätte sich deshalb nicht mit der Überlegung begnügen dürfen, die konkrete Beschaffenheit des Dildos sei nicht feststellbar, weshalb der Gegenstand nicht als gefährlich angesehen werden könne. Die vom Landgericht in diesem Zusammenhang zitierte Entscheidung des 3. Strafsenats (BGH, Beschluss vom 10. Januar 2017 – 3 StR 278/16) besagt nichts anderes, da sie sich mit dieser Fragestellung (auf die Revision der Angeklagten hin) nicht auseinandersetzt.“

Und:

„3. Ebenso rechtsfehlerhaft prüft die Jugendkammer nicht, ob die Qualifikation der schweren körperlichen Misshandlung nach § 177 Abs. 8 Nr. 2a StGB im vorliegenden Fall erfüllt wurde. Für eine schwere körperliche Misshandlung in diesem Sinne genügt jede schwere Beeinträchtigung des körperlichen Wohlbefindens; die körperliche Integrität muss in einer Weise, die mit erheblichen Schmerzen verbunden ist, beeinträchtigt sein (vgl. BGH, Urteile vom 13. September 2000 – 3 StR 347/00, NJW 2000, 3655; Beschluss vom 3. Mai 2018 – 3 StR 658/17). Auch wenn die insoweit anzustellenden Anforderungen nicht zu niedrig angesetzt werden dürfen (vgl. BGH aaO), liegt dieses Merkmal angesichts der stundenlangen Quälerei des Nebenklägers mit Zufügung „thermischer Hautverletzungen“ und erheblicher Schmerzen durch anale Penetration (vgl. insoweit BGH, Urteil vom 9. Dezember 2014 – 5 StR 422/14, NStZ 2015, 152) doch überaus nahe und hätte erörtert werden müssen.“

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert