OWi I: Wenn das Laser-Messverfahren nicht mehr standardisiert ist, oder: Urteilsgründe?

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Heute dann ein wenig OWi, und zwar zunächst mit dem KG, Beschl. v. 23.07. 2018 – 3 Ws (B) 157/18. Es geht noch einmal um die Anforderungen an die Urteilsgründe beim standardisierten Messverfahren. H.M. in der Rechtsprechung ist: Die bei einem standardisierten Messverfahren möglichen Erleichterungen betreffend die Abfassung der Urteilsgründe können nur in Anspruch genommen werden, wenn die vom Hersteller vorgesehenen und in der Bedienungsanleitung beschriebenen Funktionstests ordnungsgemäß durchgeführt worden sind. Die Frage, die sich in dem Zusammenhang dann weiter stellt: Führt dann/deshalb ein Verstoß gegen die Bedienungsanleitung führt nicht zwingend zur Unverwertbarkeit der Messung? Die Antwort gibt der KG -Beschluss:

„Da die Durchführung der vorgeschriebenen Funktionstests somit den genannten Vorgaben der Gebrauchsanweisung für das eingesetzte Messgerät nicht genügt, kann im vorliegenden Fall nicht von einem standardisierten Messverfahren ausgegangen werden. Die für die Darstellung im Urteil geltenden Erleichterungen bei standardisierten Messverfahren (vgl. BGHSt 39, 291) konnten daher nicht in Anspruch genommen werden (vgl. OLG Bamberg ZfSch 2017, 171).

Damit war die erfolgte Messung als solche zwar nicht generell unverwertbar. Vielmehr musste das Gericht von einem individuellen Messverfahren ausgehen, das nicht mehr die Vermutung der Richtigkeit und Genauigkeit für sich in Anspruch nehmen kann (vgl. OLG Bamberg a.a.O.). Will das Gericht eine Verurteilung des Betroffenen gleichwohl auf ein solches, durch den Mangel eines Verstoßes gegen die Gebrauchsanweisung belastetes Messergebnis stützen, muss es die Korrektheit der Messung individuell überprüfen, wobei es unter dem Gesichtspunkt der richterlichen Aufklärungspflicht nicht ausnahmslos der Erhebung eines Sachverständigenbeweises bedarf (vgl. OLG Bamberg a.a.O. m.w.N.). Nimmt der Richter hierbei jedoch eigene Sachkunde für sich in Anspruch, muss er diese in den Urteilsgründen in einer für das Rechtsbeschwerdegericht nachvollziehbaren und überprüfbaren Weise darlegen (vgl. BGH NStZ 2009, 346; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO 61. Aufl. § 244 Rn. 73 m.w.N.).

Die Urteilsgründe enthalten nicht die erforderlichen Feststellungen hinsichtlich einer individuellen Überprüfung der Messung und genügen damit nicht den Anforderungen an die Darstellung eines außerhalb eines standardisierten Messverfahrens zustande gekommenen Messergebnisses. Zwar kann der Gesamtheit der Urteilsgründe aufgrund des sich aus den Feststellungen ergebenden Umstandes, dass der durch die beiden Messposten, die Zeugen H. und F., an Innen- sowie Außendisplay jeweils abgelesene Geschwindigkeitswert übereinstimmte, entnommen werden, dass das im Rahmen der Funktionstests nicht getestete Außendisplay zumindest bei der in Rede stehenden Messung fehlerfrei gearbeitet haben muss, das Amtsgericht die Funktionalität des Außendisplays mithin – für das Rechtsbeschwerdegericht nachvollziehbar – einer individuellen Überprüfung unterzogen hat. Jedoch hat es den zur Messung gehörenden (technischen) Vorgang der Messwertbildung nicht individuell auf seine Korrektheit hin überprüft, obschon es dies unter Beachtung der obergerichtlichen Rechtsprechung hätte tun müssen. Indem das Gericht in den Urteilsgründen insofern lediglich ausgeführt hat, dass durch die unterlassene Überprüfung des Außendisplays die Messwertbildung selbst nicht beeinflusst worden, diese vielmehr nach gleichen Maßstäben weiterhin gegeben gewesen sei (UA S. 4), hat es für die Messwertbildung die Vermutung der Richtigkeit und Genauigkeit des Messverfahrens für sich in Anspruch genommen, obschon ihm dies mangels Vorliegens einer Messung im standardisierten Messverfahren verwehrt war.“

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