Verfahrensrüge II: Terminsnachricht nicht erhalten, oder/aber: Offensichtlich unbegründet?

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Im zweiten Posting des Tages stelle ich den BGH, Beschl. v. 10.07.2018 – 1 StR 628/17 – vor. Es geht um die Revision eines Verfallsbeteiligten in einem Verfahren, in dem die Angeklaagten wegen Bestechlichkeit/Bestechung im geschäftlichen Verkehr  verurteilt worden sind.  Das LG hatte Landgericht festgestellt, dass die Verfallsbeteiligte Firma P. GmbH aus der Tat des Angeklagten D. einen Wert von 1.100.999 Euro und die Verfallsbeteiligte A. aus der Tat einen Wert von 1.060.000 Euro erlangt haben, wobei beide Verfallsbeteiligte in Höhe einer Summe von 1.060.000 Euro als Gesamtschuldner haften. Dagegen die Revision der Verfallsbeteiligten A., mit der sie u.a. die Verletzung formellen Rechts gerügt hatte. Der BGH hat die Revision nach § 349 Abs. 2 StPO verworfen. Er führt zur Verfahrensrüge aus:

„5. Die von der Beschwerdeführerin erhobene Verfahrensrüge, sie habe ihre prozessualen Rechte als Verfallsbeteiligte nicht wahrnehmen können, weil die Hauptverhandlung entgegen § 436 Abs. 1 StPO aF i.V.m. § 442 Abs. 1 StPO aF durchgeführt worden sei, obwohl ihr die Terminsnachricht nicht gemäß § 435 StPO aF zugestellt worden sei, ist bereits unzulässig.

a) Sie ist unzulässig, weil sie den Darlegungsanforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO nicht genügt. Die Revision teilt nicht mit, dass die Terminsmitteilung vom 31. Mai 2017 der Verfallsbeteiligten A. am 10. Juni 2017 mittels Einwurf in den Briefkasten durch Niederlegung mit Postzustellungsurkunde zugestellt worden ist (SA Bd. VII, Bl. 368 mit Anlage). Dieser Mitteilung hätte es bedurft, da die Verfallsbeteiligte aufgrund der zugestellten Terminsmitteilung in die Lage versetzt wurde, von ihren prozessualen Rechten im Rahmen der Hauptverhandlung Gebrauch zu machen.

Auf diesen Vortrag kann auch nicht deswegen verzichtet werden, weil die Terminsmitteilung erst nach dem zweiten Hauptverhandlungstag zugestellt werden konnte. Damit lagen zwar für die ersten beiden Hauptverhandlungstage die Voraussetzungen für ein Verhandeln ohne die Verfallsbeteiligte gemäß § 436 Abs. 1 StPO aF nicht vor, sodass das Landgericht die Hauptverhandlung an diesen beiden Tagen nicht ohne die Verfallsbeteiligte hätte durchführen dürfen (vgl. Metzger in KMR, StPO, 81. EL, § 435 Rn. 7 und Weßlau in SK-StPO, 4. Aufl., § 435 Rn. 3). Andererseits wird aber gemäß § 431 Abs. 7 StPO aF der Fortgang des Verfahrens durch die Verfahrensbeteiligung nicht aufgehalten. So hätte – wenn dies nicht bereits im Vorfeld geschehen wäre – die Nebenbeteiligung gemäß § 431 Abs. 4 i.V.m. § 442 Abs. 2 StPO aF auch erst während laufender Hauptverhandlung bis spätestens zum Zeitpunkt der Verfallsentscheidung angeordnet werden dürfen. Auch in diesem Fall wären dann die prozessualen Rechte des Nebenbeteiligten, sofern sie ohne Verschulden vorher nicht wahrgenommen werden konnten, im Rechtsmittelverfahren gemäß § 437 Abs. 1 StPO aF und im Übrigen im Nachverfahren gemäß § 439 StPO aF gewahrt. Entscheidend ist daher hier, ob die Verfallsbeteiligte ihre prozessualen Rechte noch in der Hauptverhandlung hätte geltend machen können. Die weiteren fünf Hauptverhandlungstage nach Zustellung der Terminsnachricht (20., 21., 26., 27. und 30. Juni 2017) hätten aber ausgereicht, um von den prozessualen Befugnissen als Verfallsbeteiligte Gebrauch zu machen. Denn der Grundsatz, dass der Fortgang des Verfahrens durch die Verfahrensbeteiligung nicht aufgehalten wird (§ 431 Abs. 7 StPO aF), kann im Einzelfall durch den Anspruch des Verfallsbeteiligten auf rechtliches Gehör eingeschränkt sein (vgl. Weßlau in SK-StPO, 4. Aufl., § 431 Rn. 27). Soweit zur Wahrung der prozessualen Rechte der Verfallsbeteiligten erforderlich, hätte das Landgericht deshalb etwa bereits gehörte Zeugen für einen der weiteren Hauptverhandlungstage ein weiteres Mal laden können, wenn die Verfallsbeteiligte nach der Terminsmitteilung noch Einwendungen erhoben oder Anträge gestellt hätte.“

Wenn ich mir den Beschluss des BGh so insgesamt ansehe, frage ich mich mal wieder: „OU-Verwerfung“ – jedenfalls führt der BGH in den Gründen § 349 Abs. 2 StPO an. Dann aber eine gut sechs Seiten lange Begründung. So „offensichtlich… “ kann die Unbegründetheit also nicht gewesen sein.

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