Betrugsvorwurf gegen Beamtin im Vorruhestand, oder: Ohne Wenn und Aber Pflichtverteidiger

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Fangen wir heute mit einer „Überraschungsentscheidung“ an, und zwar mit einer positiven. Jedenfalls war der Kollege Alte aus Anzing, der mir den AG Landshut, Beschl. v. 02.08.2018 – Gs 2927/18 – geschickt hat, überrascht. Und ich war es auch, denn es war/ist ein bayerisches (!!) AG, das im Ermittlungsverfahren wegen Betruges gegen einen Beamtin im Vorruhestand ohne Wenn und Aber und ohne Hin und Her einen Pflichtverteidiger bestellt hat. Und das dann u.a. auch noch auf Antrag der Staatsanwaltschaft:

„Der Beschuldigten wird auf Antrag der Staatsanwaltschaft und ihren eigenen Antrag hin Rechts­anwalt Alte als Pflichtverteidiger bestellt, da sie als Angehörige des öffentlichen Dienstes aufgrund des anhängigen Ermittlungsverfahrens mit standesrechtlichen Konsequenzen zu rechnen hat.“

Ja, überrascht 🙂 ? Mit Recht, denn das ist alles an Begründung 🙂 .

13 Gedanken zu „Betrugsvorwurf gegen Beamtin im Vorruhestand, oder: Ohne Wenn und Aber Pflichtverteidiger

  1. Briag

    Und als Beamtin im Ruhestand wird sie bestimmt über die finanziellen Möglichkeiten verfügen, der Staatskasse im Falle ihrer Verurteilung die verauslagten Verteidigerkosten zu erstatten. Denn „Pflichtverteidiger“ heißt ja nicht „Gratisverteidiger“, sondern bedeutet nur, dass sie nicht mehr entscheiden darf, ob sie sich verteidigen lassen will, oder nicht. Sollte man, bei all Ihrer Freude, doch durchaus mal anmerken.

  2. Beamtenkuschler ;)

    Die soll froh sein, daß sie einen Pflichti bekommt. Der apokryphe Beiordnungsgrund ist mangelnde Fähigkeit zur Selbstverteidigung. Der gemeine Beamte macht ja zunächst im EV alle Verteidigungsansätze nach allen Regeln der Klugscheißerkunst kaputt. Der Pflichti soll sicherstellen, daß es für das Gericht nicht allzu nervig wird und irgendjemand den Beamten vor sich selbst schützt. Vor meinen Augen sehe ich den Kollegen Alte in Robe mit Besen vor einem Scherbenhaufen im Gerichtsflur. Und falls es zur Verurteilung kommt und sie ach-so-arm ist, wird sie dankbar sein, wenn der Pflichti dazu beigetragen hat, die ach-so-kleine Pension zu retten. Und sollte sie verurteilt werden, weil „was dran war“: Sie hat die Tat selbst begangen. Muß man sich vorher überlegen!

  3. Briag

    Das beruht auf Gegenseitigkeit. Sie richten sich hier (auch) an eine juristische nicht Vorbefasste Öffentlichkeit, da schadet es nicht, wenn mal jemand anmerkt, dass man vieles von dem, was Sie schreiben, auch aus einem anderen Blickwinkel betrachten kann. Denn Menschen kommen immernoch mit ihren zehn Jahre alten Handbüchern in die Verhandlung und jammern „aber der Burhoff sagt…“

  4. Detlef Burhoff Beitragsautor

    Dann trollen Sie sich doch endlich. Allein die Diktion des Kommentars und die Formulierungen sind bezeichnend. Mit meinen Handbüchern muss niemand der Leser/Nutzer jammern, dass ggf. die Richter jammern, kann ich nicht ändern.
    Bezeichnend auch, dass Sie sich als der große „Erklärer“ aufschwingen bzw. meinen, dass zu sein…

  5. Beamtenkuschler ;)

    Die sollen seine aktuellen Bücher kaufen. Und was diese Kritik mit dem Beitrag zu tun hat, wird gar nicht klar. In den Handbüchern ist immer dargelegt, welche Meinungen es gibt. Für solche Ausführungen eignet sich aber ein kurzer Blog-Beitrag nicht. Es ist Burhoffs Blog, da kann er wohl machen, was er will. Andere sollen einen eigenen Blog machen und können dort tun, was sie wollen.

  6. Briag

    Nein, der große Erklärer sind ja nun sie. Nur, dass es ihnen offenbar nicht möglich ist, Dinge neutral und ohne Polemik rüber zu bringen.

    SIe zitieren hier immer wieder exotische Einzelfallentscheidungen, suggerieren aber, es handele sich dabei um ein generelles Phänomen, weil in der Justiz ja alle schlampig arbeiten. Damit erwecken Sie bei einem unbefangenen Leser einen unzutreffenden Eindruck. Es mag ja sein, dass sie im Unfrieden aus der Justiz geschieden sind, aber für die Diktion einige ihrer Beiträge fehlt mir trotzdem jedes Verständnis.

    An anderen Punkten finde ich es einfach sehr sinnvoll, darauf hinzuweisen, dass es auch eine andere Sichtweise gibt. Wenn sie permanent versuchen, Belege dafür zu finden, warum doch am besten in jedem Einzelfall eine notwendige Verteidigung bestehen sollte, weise ich einfach mal darauf hin, das eine Verteidigung regelmäßig Geld kostet, dass grundsätzlich durch den Angeklagten zu bezahlen ist. Denn wenn jemand, der keine Ahnung davon hat, wie es in der Justiz abläuft, ihre Beiträge liest, könnte er den Eindruck gewinnen, es sei ein reiner Segen für den Angeklagten, dass man ihm einen Pflichtverteidiger bestellt. Es ist ein Segen für den Anwalt, nicht zwingend für den Angeklagten.

    Wenn sie permanent suggerieren, es gebe eine Verschwörung aus 99, 9% der Amtsrichter, 100% der Richter am OLG, sämtlichen Messgeräteherstellern, der PTB sowie allen Mitarbeitern der Bußgeldstellen und sämtlichen Polizeibeamten, die nur dem Zweck dient, unbescholtene Bürger mittels Messgeräten, die überhaupt nicht in der Lage sind, eine korrekte Geschwindigkeit zu ermitteln, das Geld aus der Tasche zu ziehen, finde ich es nicht verkehrt, wenn dem an der ein oder anderen Stelle mal widersprochen wird.

    Und ob Sie es glauben oder nicht, einige Dinge aus ihren älteren Lehrbüchern sind heutzutage veraltet, sie treffen einfach nicht zu. Und es ist verdammt müßig, mit Verteidigern zu diskutieren, die beispielsweise die Anforderungen an die Aufstellung oder die Kalibrierung eines Messgerätes ihrem Lehrbuch entnehmen und selbst, wenn man ihnen die Bedienungsanleitung vorhält, immer noch behaupten, dann sei die Bedienungsanweisung eben falsch, im Burhoff stehe es schließlich anders.

    Ich richte diesen Post nicht an sie, denn ich glaube nicht, dass sie einmal aus ihrem Elfenbeinturm herabsteigen werden, um zu versuchen, andere Meinungen zu verstehen. Ich erkläre mich hier lediglich den anderen Bloglesern. daher werde ich mich auf diesen Beitrag jetzt auch ausklingen.

  7. Detlef Burhoff

    Das ist schön. Reisende soll man nicht aufhalten. Nur halten Sie sich bitte auch dieses mal dran, dass Sie sich „ausklingen“. Das habe Sie schon mal versprochen und dann nicht gehalten.

    Im Übrigen: Wenn jemand aus seinem Elfenbeinturm gekommen ist, dann sicherlich ich, Sie nicht, denn Sie bleiben ja immer schön anonym. Nur gefällt mein Tun einigen (Amts)Richtern eben nicht, die es nicht gewohnt sind, wenn man ihnen und ihren Vorgehensweisen widerspricht.

    Und wenn Sie vielleicht mal in die Handbücher schauen würden, würden Sie den Vorwurf „nicht neutral“ wohl kaum ausfrecht erhalten. Und mir vorzuwerfen, dass Verteidiger pp. aus alten Auflagen zitieren, ist einfach lächerlich. Das ist genauso wenig akzeptal wie richterlichen Fundstellennachweise aus dem Meyer/Goßner, 45. Auflage.

    Und endlich: Einzelfälle? Dann schauen Sie sich mal um und sprechen mal mit Verteidigern. Deren Erzählungen und Klagen sind sicherlich keine Märchenstunden. Aber Sie machen natürlich alles besser. Vor allem, anonym 🙁

  8. Non Nomen

    Das scheint ja in der Tat eine sehr, sehr ungewöhnliche Konstellation zu sein, dass in Bayern ein Staatsanwalt freiwillig einen Pflichtverteidiger ins Jusboot holen möchte. Ich würde mir wünschen, dass über diesen Fall auch über das Verfahrensende berichtet wird. Warum denke ich bei Bayern eigentlich immer gleich an politische Verstrickungen und Gschaftlhuberei?

  9. Elmar der Anwalt

    Hmmm…
    a) wenn hier darauf abgestellt werden soll, dass es ja eh am Ende der Angeklagte ist, der den Pflichtverteidiger zahlt, dann verstehe ich nicht, wieso der Kollege der sonst offensichtlich seinen Platz im Gerichtssaal vor Kopf hat benörgelt, dass die Tendenz hier in diesem Blog zum „Pflichtverteidiger für Jeden“ geht.
    Zudem handelt es sich hier um einen eher anwaltslastigen Blog, so dass eine entsprechend eher anwaltslastige Berichterstattung nicht allzusehr verwundern sollte. Darüber hinaus gilt -wie überall in der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit- das alte Motto „Hund beißt Mann ist keine Meldung – Mann beißt Hund dagegen schon“. Will (mal wieder) sagen: das Richter (und Anwälte) ihre Arbeit ordentlich erledigen, dürfte ja wohl der Regelfall sein. Lernen tut man nur aus Fehlern – und darum wird hier darauf aufmerksam gemacht. Und das Anwälte an einer gesicherten Honorarzahlung ein echtes Interesse haben, können auch nurr Leute bemängeln, die ihr Geld aus der Steckdose bekommen (Ich bitte das hier nicht falsch zu verstehen – auch Beamte müssen arbeiten – tragen im Gegensatz zu selbständigen jedoch kein Kostenausfallrisiko).

    b) ich finde es faszinierend, dass man offenbar auch mit älteren „Burhoffs“ vor Gericht noch so´n Wirbel verursachen kann… 😉

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