Hat der Schöffe geschlafen oder hat er nicht?, oder: „Anbewiesen“ reicht nicht

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Ich hoffe, alle haben das Wochenende für ein wenig Entspannung und Ruhe genutzt. Wenn ja, kann dann nicht das passieren, was möglicherweise einem Schöffen beim LG Saarbrücken passiert ist. Er soll nämlich in der Hauptverhandlung eingeschlafen sein, jedenfalls ist das vom Angeklagten mit der Verfahrensrüge (§ 338 Nr. 1 StPO) geltend gemacht worden.

Allerdings hat der Angeklagte damit keinen Erfolg. Der BGH, Beschl. v. 19.06.2018 – 5 StR 643/17 – führt dazu aus:

„Die Revision hat insoweit – gestützt auf eidesstattliche Versicherungen zweier „Verfahrensbeobachter“ – die Behauptung aufgestellt, ein Schöffe habe während der Beweisaufnahme ca. 30 bis 45 Minuten geschlafen. Die in der Sitzung anwesenden Wachtmeisterinnen hätten darüber gelacht.

Dieser Darstellung hat der Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft in seiner Gegenerklärung widersprochen. Er hat angegeben, der Schöffe habe lediglich mehrfach „in entspannter, rückwärtsgelehnter Haltung“ für Bruchteile von Sekunden die Augen geschlossen. Der Senat hat dienstliche Erklärungen des betroffenen Schöffen, des Strafkammervorsitzenden, der Beisitzerin, der Protokollführerin sowie der drei Wachtmeisterinnen eingeholt. Zwar hat eine der Wachtmeisterinnen angegeben, der Schöffe sei nach ihrer „Einschätzung“ während der Verhandlung für ca. zehn Minuten eingeschlafen. Die beiden weiteren Wachtmeisterinnen und die Protokollführerin haben dahingehend Stellung genommen, sich an die Verhandlung bzw. einen „eingeschlafenen Schöffen“ nicht erinnern zu können. Der Schöffe selbst hat der Behauptung der Beschwerdeführerin in einer ausführlichen Stellungnahme mit erlebnisbetonten Schilderungen widersprochen. Der Vorsitzende hat sich dahingehend geäußert, ein Schlafen des Schöffen nicht wahrgenommen zu haben. Auch ein Amüsement der Wachtmeisterinnen, das für ihn Anlass für eine Nachfrage nach dem Grund gewesen wäre, habe er nicht bemerkt. In ähnlicher Weise hat sich auch die Beisitzerin geäußert. Der in der Hauptverhandlung anwesende Verteidiger hat von der Möglichkeit der Abgabe einer anwaltlichen Versicherung zu dem geschilderten Sachverhalt keinen Gebrauch gemacht.

Auf dieser Grundlage steht nicht fest, dass der betroffene Schöffe wesentlichen Vorgängen der Verhandlung während einer ins Gewicht fallenden Zeitspanne wegen Übermüdung nicht folgen konnte (vgl. BGH, Beschluss vom 20. Oktober 1981 – 5 StR 564/81, NStZ 1982, 41; KK-StPO/Gericke, 7. Aufl., § 338 Rn. 51). Dies geht mangels Anwendbarkeit des Zweifelssatzes zu Lasten der Revision (vgl. BGH, Urteil vom 28. Juni 1961 – 2 StR 154/61, BGHSt 16, 164, 167). Eine mögliche vorübergehende Beeinträchtigung der Aufmerksamkeit durch Ermüdungserscheinungen würde nicht genügen (BGH, Urteil vom 23. November 1951 – 2 StR 491/51, BGHSt 2, 14, 15 f.).

Na ja, immerhin anbewiesen dürfte es sein. Aber das reicht nun mal eben nicht, das „in dubio pro reo“ nicht gilt.

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