Archiv für den Monat: Mai 2018

Es gibt sie doch, oder: Die erfolgreiche Anhörungsrüge

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Und wer meint, es gebe keine erfolgreiche Anhörungsrüge, der wird durch den LG Kassel, Beschl. v. 06.02.2018 – 8 Qs 34/17 – eines Besseren belehrt. Der ist allerdings nicht, das räume ich ein, im Revisionsverfahren ergangen, sondern in einem Verfahren über die Zulässigkeit des Einspruchs gegen einen Bußgeldbescheid. Der Einspruch der Betroffenen war vom AG als unzulässig verworfen worden, weil er durch eine unsignierte Email eingelegt worden war. Die Betroffene niommt das nicht hin und legt sofortige Beschwerde ein. Mit der beantragt sie, dass man ihr das Eingangsdatum ihrer Beschwerde, das Aktenzeichen, die Namen der zur Entscheidung berufenen Richter mitteilt und rechtlichen Gehör hinsichtlich der Nichtabhilfeentscheidung gewährt. Das LG entscheidet und verwirft die Beschwerde ohne die

„Der Antrag der Betroffenen auf Nachholung des rechtlichen Gehörs ist zulässig und begründet.

Die Zulässigkeitsvoraussetzungen gemäß § 33a StPO sind erfüllt. Die Betroffene rügt schlüssig, das Beschwerdegericht habe in seinem Verwerfungsbeschluss ihren Anspruch auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt.

Der Betroffenen steht auch gegen den Verwerfungsbeschluss keine Beschwerde und kein anderer Rechtsbehelf zu, da eine weitere Anfechtung nach den §§ 46 OWiG, 310 Abs. 2 StPO nicht stattfindet.

Begründet ist der Antrag, wenn die behauptete Gehörsverletzung tatsächlich stattgefunden hat, für den erlassenen Beschluss entscheidungserheblich war und die getroffene Entscheidung den Betroffenen gegenwärtig noch beschwert.

So liegt der Fall hier. Die Kammer hat den hier entscheidenden Absatz in dem Schreiben der Betroffenen vom 09.09.2017, in dem diese darum gebeten hatte mitzuteilen, wann ihr Rechtmittel bei dem Beschwerdegericht eingegangen sei, unter welchem Aktenzeichen dies dort geführt werde, ihr rechtliches Gehör bezüglich einer eventuellen Nichtabhilfeentscheidung des Amtsgerichts zu gewähren und ihr die Namen der zur Entscheidung berufenen Richter mitzuteilen, versehentlich übersehen und damit den Anspruch der Betroffenen auf rechtliches Gehör verletzt.

Dies ist auch entscheidungserheblich (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13.01.2015, Az. 2 BvR 2592/14). Schließlich ist die Betroffene durch die aufgrund dessen zu ihrem Nachteil ergangene Beschwerdeentscheidung auch weiterhin beschwert.

Das Beschwerdeverfahren war deshalb in die Lage vor Erlass des angefochtenen Beschlusses zurück zu versetzen und der Betroffenen rechtliches Gehör zu gewähren.

Insoweit wird folgendes mitgeteilt:……2

Sicherlich ein Sonderfall, aber immerhin…. Es gibt sie dann doch: Die erfolgreiche Anhörungsrüge…. Eine andere Frage ist es, ob es was in der Sache bringt.

Anhörungsrüge gegen OU-Beschluss, oder: Die Arbeit kann man sich sparen

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Anhörungsrüge, Anhörungsrüge, Anhörungsrüge…. davon gibt es viele beim BGH. Und in der Regel haben sie keinen Erfolg. Und das gilt vor allem, wenn mit der Anhörungsrüge geltend gemacht wird, der BGh habe den OU-Beschluss (§ 349 Abs. 2 StPO) nicht begründet. Das bewesit mal wieder der BGH, Beschl. v. 09.04.2018 – 1 StR 479/17:

„Der Senat hat die Revision des Verurteilten mit Beschluss vom 7. März 2018 gemäß § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen. Dagegen wendet sich der Verurteilte mit der (fristgemäß erhobenen) Anhörungsrüge vom 19. März 2018.

Er beanstandet, dass der Beschluss des Senats ohne Begründung ergangen ist. Es sei deshalb zu befürchten, dass der Senat Vorbringen des Verurteilten nicht zur Kenntnis genommen oder bei der Beratung über die Entscheidung nicht erwogen habe. Dies gelte insbesondere für den ergänzenden Vortrag zur Sachrüge vom 22. Dezember 2017, zu dem der Generalbundesanwalt, der sich mit Antragsschrift vom 26. Oktober 2017 zum Revisionsvortrag geäußert hätte, keine weitere Stellungnahme abgegeben habe.

Die Anhörungsrüge nach § 356a StPO ist unbegründet. Das rechtliche Gehör wurde nicht verletzt.

Der Senat hat bei seiner Entscheidung weder Tatsachen oder Beweisergebnisse verwertet, zu denen der Verurteilte nicht gehört worden wäre, noch hat er bei der Entscheidung zu berücksichtigendes Vorbringen des Verurteilten übergangen. Der Revisionsvortrag war in Gänze Gegenstand der mehrstündigen Beratung des Senats.

Aus dem Umstand, dass der Senat die Verwerfung der Revision nicht begründet hat, kann nicht auf einen Verstoß gegen den Grundsatz der Gewährung rechtlichen Gehörs geschlossen werden. Eine Begründungspflicht für letztinstanzliche, mit ordentlichen Rechtsmitteln nicht mehr anfechtbare Entscheidungen besteht nicht (vgl. BGH, Beschluss vom 5. Mai 2014 – 1 StR 82/14, NStZ-RR 2014, 222 mwN; BVerfG, Beschluss vom 23. August 2005 – 2 BvR 1066/05, NJW 2006, 136; vgl. auch Beschluss vom 30. Juni 2014 – 2 BvR 792/11, wistra 2014, 434 mwN). Das gilt auch dann, wenn in einer Gegenerklärung zur Antragsschrift des Generalbundesanwalts die Sachrüge weiter ausgeführt wird. Eine Mitteilung des Gerichts, warum es nachgeschobene Beanstandungen für unbegründet erachtet, ist nicht erforderlich (BGH, Beschluss vom 5. Mai 2014 – 1 StR 82/14, NStZ-RR 2014, 222 mwN). Art. 103 Abs. 1 GG zwingt die Gerichte nicht dazu, jedes Vorbringen eines Beteiligten ausdrücklich zu bescheiden (vgl. BVerfG aaO; siehe auch etwa BGH, Beschluss vom 2. Juli 2013 – 2 StR 99/13). Die Begründung einer Revisionsentscheidung des Bundesgerichtshofs ist auch nicht aufgrund der Europäischen Menschenrechtskonvention geboten (EGMR, Entscheidung vom 13. Februar 2007 – Beschwerde Nr. 15073/03, EuGRZ 2008, 274, 276).“

In den Fällen kann man sich also die Arbeitl, die eine Anhörunsgrüge macht, sparen. Das gilt natürlich nicht, wenn Verfassungsbeschwerde eingelegt werden soll. Dann gehört die Anhörungsrüge grundsätzlich zur Erschöpfungs des Rechtsweges.

 

Sonntagswitz, natürlich zum Thema der Woche: DSGVO, oder: Jedes Ding hat zwei Seiten

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Und als Sonntagswitz  – es wird für den „Dauerleser“ keine Überraschung sein – gibt es Witze zum Thema der Woche, also zur DSGVO. Mancher wird zwar meinen, die ganze DSGVO sei ein Witz, aber die Aussage allein reicht natürlich nicht für einen Beitrag. Ich habe daher mal ein wenig gesucht, und habe Folgendes gefunden bzw. bin auch auf Folgendes hingewiesen worden.

An der Spitze:

Ratgeber: Die wichtigsten Fragen und Antworten zur neuen Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO),

Wenn ich darauzf hinweise, dass der Ratgeber vom Postillion kommt, weiß der kundige Leser, was ihn erwartet. Ich finde: Einfach gut gemacht.


Und dann:

Mindestens eben so gut: Die Datenschutzerklärung von Andreas W. Ditze eingeleitet mit:

„Datenschutzerklärung

Jede gute Website braucht eine Datenschutzerklärung? Ok, dann machen Sie sich auf etwas gefasst.“

Ja, und man kan sich wirklich auf etwas gefasst machen. Vielleicht hätte man die eigene Datenschutzerklärung so abfassen sollen, dann wäre sie sicherlich verständlicher 🙂 .


Fehlen darf natürlich nicht der „Witz“, der sicherlich fast allen Lesern in der vergangenen Woche begegnet ist:

A: „Kennen Sie einen guten DSGVO-Berater?“

B: „Ja.“

A: „Können Sie mir bitte seine Email-Adresse geben?“

B: „Nein!“.


Und wer ein wenig Zeit hat, der kann hier schmökern unter: „Häme pur: So lacht das Netz über die DSGVO.“ Daraus habe ich als „Appetizer“:


Demnächst werden dann wohl tausende Mütter abgemahnt, weil sie die Einverständnis-Erklärung ihres Kindes damals nicht beim Tätowierer vorgelegt haben.#DSGVO

— Studentenleben (@tomkraftwerk) May 22, 2018


#DSGVO – Das Konjunkturprogramm für #Rechtsanwälte.


Ich bin gespannt, wie es weitergeht, vor allem, ob die große Abmahnwelle kommt und wie die Gerichte dann damit umgehen. Bis dahin: Kopf hoch, für alle…

Wochenspiegel für die 21. KW., das war DSGVO und Abmahnung, Fristende an Silvester, Korrespondenz zwischen Anwalt und Mandant

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So, die 21.KW. ist abgelaufen. Sie hatte im Wesentlichen ein Thema, das Inkrafttreten der DSGVO, das – wie man meinen könnte – wichtigste Ereignis des Jahres. Nun, wenn es denn so, nicht schlimm. Es könnte noch Schlimmeres geben. Jetzt ist die DSGVO in Kraft und man muss mal sehen, wie sich die Dinge weiterentwicklen. Wird schon werden.

Ich berichte dann heute natürlich auch noch ein wenig über die DSGVO, aber auch über andere Themen der vergangenen Woche. Also dann:

  1. DSGVO: Wenn jetzt wirklich Abmahnungen kommen, oder: Abmahnung wegen DSGVO, aber auch: DSGVO Anti-Abmahnungsgesetz geplant,

  2. oder: Was bedeutet die Datenschutzgrundverordnung für Blogger und Webseitenbetreiber?,
  3. und: Informationspflicht beim Austausch von Visitenkarten?,
  4. Übersicht: Reichweite des Zeugnisverweigerungsrechts

  5. Einige Änderungen bei der HU,

  6. Bauschaumflasche fällt beim Aussteigen aus Pkw und explodiert: Kein Fall der Benzinklausel,

  7. Schutz der Korrespondenz zwischen Anwalt und Mandant nach Art. 8 EMRK – Laurent gegen Frankreich,
  8. Fristberechnung: Silvester ist einem gesetzlichen Feiertag nicht gleichzustellen,

  9. Falschbelehrung,
  10. und das hat es auch noch am 25.05.2018 gegeben:Das neue bayerische Polzeiaufgabengesetz (PAG) – eine drohende Gefahr?

Berührungsloser Unfall bei einem Abbiegevorgang, oder: Haftungsverteilung

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Und dann als zweite Entscheidung noch eine mit einer „Vorfahrtsproblematik“, nämlich das OLG Celle, Urt. v. 24.102.107 – 14 U 78/16 -, über das ja auch schon der Kollege Gratz vor einiger Zeit berichtet hat.

Folgendes Verkehrsgeschehen stand zur Entscheidung an:

Die Klägerin „befuhr am 15. April 2014 die L 111 aus Richtung Balje in Richtung Freiburg (Elbe). Aus der Fahrtrichtung der Klägerin wird von links die K8 herangeführt. Von dort bogen zwei Sattelzüge nach rechts auf die L 111 in Richtung Balje ab – also der Klägerin entgegen. Zunächst bog der vom Zeugen M. geführte Sattelzug in die L 111 ein, ohne deren Mittellinie zu überschreiten. Die Klägerin bremste daraufhin ihr Fahrzeug ab. Anschließend fuhr der vom Beklagten zu 1 geführte Sattelzug, haftpflichtversichert bei der Beklagten zu 2, in die L 111 ein. Zwischen den Parteien ist streitig, ob er dabei sehr schnell an die Einmündung heranfuhr und ob er die Mittellinie 20 cm – 30 cm überquerte. Die Klägerin wich nach rechts aus, geriet mit den rechten Reifen auf den rechten unbefestigten Seitenstreifen und verlor – ohne dass es zu einer Berührung zwischen dem von ihr geführten Fahrzeug sowie dem vom Beklagten zu 1 geführten Sattelzug kam – die Kontrolle über ihr Kfz, welches ins Schleudern geriet, gegen einen Baum prallte und sich überschlug.“

Die Klägerin hatte 70% ihrer Schäden geltend gemacht. Das LG hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägering hatte dann beim OLG keinen Erfolg.

Das OLG lässt offen, ob sich der Verkehrsunfall überhaupt beim Betrieb des Sattelzuges ereignet hat, denn:

„(2) Denn der Verursachungsbeitrag der Klägerin, der zu ihrem Unfall führte, überwiegt eine lediglich vom Lkw ausgehende Betriebsgefahr so stark, dass diese vollständig hinter dem Verursachungsbeitrag der Klägerin zurücktritt, §§ 18 Abs. 3 i. V. m. 17 Abs. 2 StVG. Diese Vorschriften sind anwendbar, weil der Unfall nicht auf einem unabwendbaren Ereignis beruht. Unabwendbar ist ein Ereignis, das durch äußerste mögliche Sorgfalt nicht abgewendet werden kann. Dazu gehört sachgemäßes, geistesgegenwärtiges Handeln über den gewöhnlichen und persönlichen Maßstab hinaus (König in Henschel/König/Dauer, StVR, 43. Aufl., § 17 StVG, Rn. 22). Die Klägerin hätte den Unfall vermeiden können, indem sie ihren Wagen stark abgebremst oder gar zum Stehen gebracht hätte. Der Beklagte zu 1 wiederum hätte auf den Abbiegevorgang verzichten können.

Die nach §§ 18 Abs. 3 i. V. m. 17 Abs. 2 StVG erforderliche Abwägung führt hingegen zu einer Alleinhaftung der Klägerin.

Zu Lasten des Beklagten zu 1 ist lediglich die vom Lkw ausgehende Betriebsgefahr zu berücksichtigen. Ein Verstoß des Beklagten zu 1 gegen § 9 Abs. 1 S. 2 StVO oder aber § 1 Abs. 2 StVO liegt nicht nachweislich vor. Ein solcher wäre gegeben, wenn der Abbiegevorgang zu einer Gefährdung der Klägerin geführt hätte. Ein Verstoß gegen § 1 Abs. 2 StVO liegt nicht vor. Die Norm fordert eine konkrete Gefährdung, so dass stets ein „Beinahe-Unfall“, also ein Geschehen, bei dem ein unbeteiligter Beobachter zu der Einschätzung gelangt, dass „das noch einmal gut gegangen sei“, erforderlich ist (König in Hentschel/König/Dauer, StVR, 43. Aufl., § 1 StVO, Rn. 35). Nach den Ausführungen des Sachverständigen auf Seiten 8 -10 des Gutachtens kann der Sattelzug den Abbiegevorgang so durchführen, dass er nicht in die von der Klägerin befahrene Fahrspur gerät. Schon die grafische Darstellung lässt erkennen, dass der Beklagte zu 1 den Abbiegevorgang auch noch etwas weiter rechts hätte durchführen können. Auch der Zeuge G. konnte nicht bestätigen, dass der Lkw auf die Fahrspur der Klägerin geraten war. Seine Aussage war für die Klägerin unergiebig. Überdies gelang es auch dem zuerst abbiegenden Lkw ohne Beanspruchung der Gegenfahrbahn nach rechts abzubiegen. Wie sich der Abbiegevorgang konkret abgespielt hat, ist also nicht feststellbar. Damit kann von einem Beinahe-Unfall nicht sicher ausgegangen werden, sodass auch kein Verstoß gegen § 1 Abs. 2 StVO feststeht. Diese Erwägung trifft auch auf § 9 Abs. 1 S. 2 StVO zu. Unabhängig davon stellte bereits der zuerst abbiegende Sattelzug eine hinreichende Warnung für die Klägerin dar, ihre Geschwindigkeit zu reduzieren.

Weitere mögliche Verkehrsverstöße des Beklagten zu 1 sind nicht ersichtlich.

Der Klägerin hingegen sind deutliche Fahrfehler unterlaufen. Denn vor dem Sattelzug des Klägers war bereits der Zeuge M. mit einem ähnlich großen Sattelzug in die L 111 eingebogen und dabei nach dem Vortrag der Klägerin sehr nah an die Mittellinie herangekommen. Dieser erste Sattelzug stellte ein Warnsignal für die Klägerin dar. Er gab ihr auch vor dem Hintergrund des § 1 Abs. 2 StVO Anlass, ihre Geschwindigkeit so stark zu reduzieren, dass sie jederzeit angemessen auf den Einbiegevorgang des Beklagten zu 1 hätte reagieren und notfalls vollständig abbremsen können. Eine solche adäquate Reaktion unterblieb aber bereits nach ihrem eigenen Vorbringen. Vielmehr erwartete sie, dass der Beklagte zu 1 den Sattelzug anhalten würde. Nachdem sie aber gesehen hatte, dass der erste Sattelzug die Mittellinie nicht überschritten hatte, war diese Erwartungshaltung nicht gerechtfertigt. Die Klägerin hat zudem nicht vorgetragen, ihr Fahrzeug weiter abgebremst zu haben, nachdem der Beklagte zu 1 entgegen ihrer Erwartung den Abbiegevorgang nicht abgebrochen hatte. Die Weiterfahrt in unvermindertem Tempo stellt sich dann als die bloße Hoffnung dar, es komme nicht zur Kollision, obwohl eine solche ob der Ausmaße des Lkws nicht unwahrscheinlich war. Hätte aber die Klägerin schon auf den ersten Lkw angemessen reagiert und ihr Tempo so stark reduziert, dass sie jederzeit vollständig hätte bremsen können, hätte sie den Unfall leicht vermeiden können. Eine deutliche Temporeduzierung musste sich ihr aufdrängen.

Erschwerend kommen die Witterungsverhältnisse hinzu. Die Klägerin räumte vor dem Senat ein, dass am Unfallort windiges Wetter vorherrschte. Fährt sie indes an dem ersten Lkw vorbei musste sie als nach eigenen Angaben äußerst erfahrene Autofahrerin zwingend mit einem Windstoß zwischen den beiden Lkw rechnen und auch aus diesem Grund ihr Tempo stark reduzieren. Keinesfalls hätte sie ihre Fahrt dergestalt bei windigem Wetter fortsetzen dürfen, dass sie im Falle einer Ausweichbewegung auf den unbefestigten Straßenrand geraten und die Kontrolle über ihr Fahrzeug verlieren konnte.

Die nach §§ 18 Abs. 3 i. V. m. 17 Abs. 2 StVG erforderliche Abwägung der Verursachungsbeiträge führt zu einer Alleinhaftung der Klägerin. Zulasten der Beklagten ist lediglich die Betriebsgefahr anzuführen. Obwohl diese bei einem Lkw grundsätzlich größer ist als bei einem Pkw, wiegen die der Klägerin unterlaufenen Fahrfehler so schwer, dass dahinter die einfache Betriebsgefahr des Lkw vollständig zurücktritt. Dieses Abwägungsergebnis ist geboten, weil die Klägerin durch ein schlichtes Abbremsen den Unfall hätte vermeiden können.“