Pflichti II: Pflichtverteidger im Verfahren nach § 35 BtMG, oder: Nur ausnahmsweise

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Die zweite „Pflichtverteidigerentscheidung“ kommt vom LG Münster. Es handelt sich um den LG Münster, Beschl. v. 30.04.2018 – 9 Qs 19/18 -, den mir der Kollege H. Urbanzyk aus Coesfeld gesandt hat. Thematik: Beiordnung eines Pflichtverteidgers im Verfahren nach § 35 BtMG. Dazu meint das LG: Einen Pflichtverteidiger gibt es nur ausnahmsweise:

Zwar kann in analoger Anwendung des § 140 Abs. 2 StPO die Bestellung eines Pflichtverteidigers auch im Zurückstellungsverfahren gemäß §§ 35, 36 BtMG geboten sein (Jena NStZ 2010, 525-526). Entscheidend für die Notwendigkeit einer Verteidigung sind im Vollstreckungsverfahren jedoch nicht wie im Erkenntnisverfahren die Schwere der Tat und die zu erwartenden Rechtsfolgen, vielmehr kommt es auf die Schwierigkeit des Vollstreckungsverfahrens an (BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 26. August 2008 — 2 BvR 335/08 -, juris).

Im Gegensatz zum kontradiktorisch gestalteten Erkenntnisverfahren entscheidet die Vollstreckungsbehörde im Zurückstellungsverfahren nach § 35 BtMG im Wege eines Justizverwaltungsaktes. Die Zustimmung des erstinstanzlichen Gerichts ist zwar vor einer Zurückstellung einzuholen, eine eigene gerichtliche Entscheidung zur Sache ergeht jedoch nicht. Anders als im Erkenntnisverfahren steht die Tatsachengrundlage für die Entscheidung fest und sie ist dem Verurteilten auch bekannt. Geht es — wie hier — um die Frage, ob der Verurteilte ernsthaft therapiebereit und therapiewillig ist, liegen die Entscheidungsgrundlagen in dem von dem Verurteilten gezeigten Verhalten. Eine besondere Schwierigkeit der zu treffenden Entscheidung, die mit einer schwierigen Sach- oder Rechtslage im Erkenntnisverfahren vergleichbar wäre, ist nicht ersichtlich. Anders als in der oben zitierten Entscheidung des Thüringer OLG ist der Verurteilte weder geistig behindert noch bestehen Anhaltspunkte für eine Persönlichkeitsstörung. Allein die Betäubungsmittelabhängigkeit des Verurteilten gibt keinen Anlass zur Besorgnis, der Verurteilte könne seine Rechte im Zurückstellungsverfahren nicht hinreichend selbst wahrnehmen (vgl. BVerfG a.a.O. zur beabsichtigten Alkoholtherapie). Anderenfalls wäre nahezu jedem Verurteilten im  Zurückstellungsverfahren nach § 35 BtMG ein Verteidiger beizuordnen.“

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