Absprache/Verständigung: „die Bewährungsauflage ist angedacht“, oder: Reicht nicht

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Heute ist der Tag der Verständigung (§ 257c StPO) und/oder der Mitteilung (§ 243 Abs. 4 StPO). Ich eröffne ihn mit dem BGH, Beschl. v. 09.01.2018 – 1 StR 368/17, ergangen in einem Steuerstrafverfahren. Das LG macht dem Angeklagten einen Vorschlag einer Bewährungsstrafe und weiter: „Als Bewährungsauflage sei „eine Arbeitsauflage mit Abgeltungsklausel Geldzahlung angedacht“.“ Die Verteidigung der Angeklagten erklärte dazu, als Bewährungsauflage sei eine Arbeitsauflage nicht akzeptabel, aber die Erteilung einer Auflage zur Schadenswiedergutmachung. Der Vorsitzende wies darauf hin, dass „die Bewährungsauflage angedacht sei, mithin nicht Inhalt der Verständigung wäre“. Der Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft führte aus, er könne sich als Bewährungsauflage die Zahlung von 42.000 Euro an die Finanzkasse vorstellen. Die Angeklagte wird dann zu einer Bewährungsstrafe verurteilt. Im Bewährungsbeschluss wird ihr auferlegt, den Schaden „ohne Anerkennung einer Rechtspflicht“ auf die Haftungsforderung der Finanzverwaltung in Höhe von 42.514,16 Euro wiedergutzumachen und 200 Stunden gemeinnützige Arbeit (monatlich mindestens 20 Stunden) zugunsten einer gemeinnützigen Einrichtung zu erbringen.

Dagegen dann die Verfahrensrüge der Angeklagten, die Erfolg hat:

aa) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs muss ein Angeklagter vor einer Verständigung gemäß § 257c StPO, deren Gegenstand die Verhängung einer zur Bewährung auszusetzenden Freiheitsstrafe ist, auf konkret in Betracht kommende Bewährungsauflagen hingewiesen werden, die nach § 56b Abs. 1 Satz 1 StGB der Genugtuung für das begangene Unrecht dienen und deren Erteilung Voraussetzung für die in Aussicht gestellte Strafaussetzung ist (BGH, Beschlüsse vom 8. September 2016 – 1 StR 346/16, NStZ-RR 2016, 379, 380 und vom 29. Januar 2014 – 4 StR 254/13, BGHSt 59, 172, 174). Nur durch einen solchen vorherigen Hinweis kann sichergestellt werden, dass der Angeklagte vollumfänglich über die Tragweite seiner Mitwirkung informiert ist und er deshalb autonom darüber entscheiden kann, ob er von seiner Freiheit, die Aussage zu verweigern, Gebrauch macht oder sich auf eine Verständigung einlässt (vgl. hierzu BVerfG, Urteil vom 19. März 2013 – 2 BvR 2628/10 u.a., NJW 2013, 1058, 1071; siehe auch BT-Drucks. 16/12310, S. 14, 15).

Danach ist es erforderlich, dass das Gericht vor einer Verständigung offenlegt, dass es die Verhängung einer zur Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe allein nicht für ausreichend hält, sondern zur Verwirklichung der Genugtuungsfunktion des Strafverfahrens Bewährungsauflagen in Betracht zieht, die Bestandteil der Rechtsfolgenerwartung sind und gemäß § 56b Abs. 1 Satz 1 StGB – anders als Bewährungsweisungen gemäß § 56c Abs. 1 Satz 1 StGB (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 7. Oktober 2014 – 1 StR 426/14, NStZ 2015, 179) – als Genugtuung für begangenes Unrecht eine strafähnliche Sanktion darstellen. Erst die Kenntnis des Umstandes, dass ihm neben der zur Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe weitere Maßnahmen mit Vergeltungscharakter drohen, die – wie hier in Form der Zahlungsauflage nebst kumulativ verhängter Arbeitsauflage – eine erhebliche Belastung darstellen können, versetzt den Angeklagten in die Lage, von seiner Entscheidungsfreiheit, ob er auf das Angebot des Gerichts eingehen möchte, auf einer hinreichenden tatsächlichen Grundlage Gebrauch zu machen (BGH, Beschlüsse vom 8. September 2016 – 1 StR 346/16, NStZ-RR 2016, 379, 380; vom 29. Januar 2014 – 4 StR 254/13, BGHSt 59, 172, 174 f. und vom 11. September 2014 – 4 StR 148/14, NJW 2014, 3173).

bb) Diesen Anforderungen hat das Landgericht nicht entsprochen, weil der gesamte Umfang der Rechtsfolgenerwartung vor dem Zustandekommen der Verständigung nicht offengelegt wurde. Bei der hier gegebenen Sachlage reichte der Hinweis des Vorsitzenden, eine Bewährungsauflage sei angedacht, nicht aus. Es ist schon fraglich, ob Art und Umfang von Bewährungsauflagen überhaupt im Rahmen der Verständigung nach § 257c StPO ausgeklammert werden können. Jedenfalls bei der hier explizit erfolgten Ablehnung einer Arbeitsauflage durch die Angeklagte war deren Verhängung in dem ausgesprochenen Umfang im Zusammenhang mit der Geldauflage von der Angeklagten nicht vorherzusehen und auch nicht Gegenstand der Verständigung.“

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