(K)eine Gehörsrügenfalle, oder: Aber knapp dran vorbei (?)

entnommen openclipart.org

Manchmal haben Probleme/(Rechts)Fragen „einen Lauf“, sind in der Rechtsprechung also aktuell. So ist es mit der „Gehörsrügenfalle“, über die ich ja erst vor kurzem mit „Mal wieder “Gehörsrügenfalle”, oder/aber: Wer lesen kann, ist klar im Vorteil“ berichtet und mir dort böse/ärgerliche richterliche Kommentare zugezogen habe. In diesen Lauf passt dann der OLG Zweibrücken, Beschl. v. 17.11.2017 – 1 OWi 2 SsBs 40/17. Da war allerdings der Entbindungsantrag des Betroffenen in einem Schriftsatz von etwa einer Seite in einem eigenen Absatz enthalten. Das OLG hat eine „Gehörsrügenfalle“ verneint:

„Nach diesen Grundsätzen war die im Schriftsatz vom 16.2.2017 enthaltene Erklärung als Antrag gem. § 73 Abs. 2 S. 1 OWiG auf Entbindung von der Pflicht zum Erscheinen in der Hauptverhandlung auszulegen. Da die Voraussetzungen für eine Entbindung des Betroffenen erfüllt waren, durfte das Amtsgericht den Einspruch nicht nach § 74 Abs. 2 OWiG verwerfen.

Insoweit kann hier auch kein rechtsmissbräuchliches Verhalten des Betroffenen und/oder seines Verteidigers festgestellt werden (vgl. zur sog. „Gehörsfalle“: OLG Rostock, Beschluss v. 15.4.2015 – 21 Ss OWi 45/15, NJW 2015, 1770 mit zust. Anm. Leitmeier; OLG Hamm, Beschluss v. 19.5.2015 – 5 RBs 59/15, NStZ-RR 2015, 259; OLG Düsseldorf, Beschluss v. 25.4.2017 – IV-2 RBs 49/17, juris). Der Schriftsatz vom 16.2.2017 lag – wovon im Hinblick auf den im Kopf des Faxschreibens aufgedruckten Sendevermerk auszugehen ist – dem Amtsgericht vor Beginn der Hauptverhandlung rechtzeitig vor. Der Schriftsatz enthält – neben der ca. eine Seite umfassenden Einlassung des Betroffenen und dem Hinweis auf eine in Kopie beiliegende Verteidigungsvollmacht – keine weiteren Prozesserklärungen, durch der Blick auf das Entbindungsbegehren verstellt worden sein könnte. Dieses ist zudem optisch durch einen eigenen Absatz hinreichend von dem Sachvorbringen abgesetzt. Allein die durchaus ungewöhnliche Einkleidung in ein wörtliches Zitat des Betroffenen innerhalb eines Verteidigerschriftsatzes führt hier nicht dazu, dass dem Amtsgericht die Kenntnisnahme von dem Begehr unzulässig erschwert worden ist. Sofern (auch mit Blick auf das Fehlen des Wortes „nicht“ im drittletzten Satz der Erklärung) gleichwohl für das Amtsgericht die Zielrichtung des Vorbringens unklar geblieben sein sollte, wäre dies Anlass gewesen, sich durch Rückfrage beim Verteidiger um nähere Aufklärung zu bemühen.“

Dass die Entscheidung richtig ist, steht für mich außer Zweifel. Ich bin nur erstaunt, dass das OLG bei der Sachlage die Frage der „Gehörsrügenfalle“ überhaupt erörtert und dann auch noch aufgehängt an dem wörtliche Zitat. Das zeigt mir: Diese Problematik hat einen Lauf und die OLG suchen nun Anknüpfungspunkte, um die Entbindungsanträge über diese Schiene als rechtsmissbräuchlich ansehen zu können. Immerhin hier die Aufforderung/anregung an das AG, „sich [ggf.] durch Rückfrage beim Verteidiger um nähere Aufklärung zu bemühen.“ Und nun bitte nicht wieder Kommentare, dass der arme, belastete Amtsrichter das nicht kann oder er vom Verteidiger eh keine Antwort bekommt. Einfach sorgfälig lesen und die entsprechenden Schritte unternehmen.

Im Übrigen merkt man auch diesem Beschluss an: Das OLG hätte lieber anders entschieden: „Dem Rechtsmittel kann entsprechend der Zuschrift der Generalstaatsanwaltschaft vom 8.5.2017 ein Erfolg nicht versagt werden“.

2 Gedanken zu „(K)eine Gehörsrügenfalle, oder: Aber knapp dran vorbei (?)

  1. meine5cent

    Dass das OLG lieber anders entschieden hätte kann ich der etwas verschwurbelten Formulierung nicht entnehmen, es steht ja nichts von „jedenfalls vorläufig“, „nötigt zur Aufhebung“ o.ä. drin.
    Und wenn der Sachverhalt eben anders ist – der Schriftsatz enthielt zB „keine weiteren Prozesserklärungen“ wie in manchen anderen Fällen – dann ist aufzuheben, damit hat wohl keiner ein Problem.
    Vielleicht hat die Sache nicht einen Lauf,denn die Gerichte suchen sich ja nicht aus, was sie an Schriftsätzen hereingeschickt bekommen, sondern es sind ein paar (wenige) Leute unterwegs, die „Anwalt forscht“ betreiben und herumexperimentieren, was alles noch geht und was nicht.

  2. Detlef Burhoff Beitragsautor

    Wo ist der Unterschied zwsichen „Dem Rechtsmittel kann entsprechend der Zuschrift der Generalstaatsanwaltschaft vom 8.5.2017 ein Erfolg nicht versagt werden” und „zwingt zur Aufhebung“ „nötigt zur Aufhebung“.
    Warum nicht einfach: „Das Rechtsmittel hat entsprechend der Zuschrift der Generalstaatsanwaltschaft Erfolg.“. Das ist völlig wertungsfrei.

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