Strafvollzug, oder: Der rückenkranken Strafgefangene hat ein Recht auf eine orthopädische Matratze

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Author Denis Barthel

In der zweiten vollzugsrechtlichen Entscheidung geht es um das Recht eines rückenkranken Strafgefangenen auf eine orthopädische Matratze. Dazu sagt das KG im KG, Beschl. v. 07.09.2017 – 2 Ws 122/17 (VollZ): Bei entsprechender medizinischer Indikation steht einem rückenkranken Strafgefangenen aus § 70 Abs. 1 Satz 1 StVollzG Bln ein Anspruch auf eine optimierte Schlafunterlage zu:

„Es ist obergerichtlich geklärt, dass der Gefangene einen Anspruch auf Krankenbehandlung hat, sofern die Maßnahme notwendig ist, um Krankheitsbeschwerden zu lindern (vgl. zu § 58 StVollzG: Senat, Beschluss vom 27. April 2012
2 Ws 168/12 –). Daran hat sich durch das Inkrafttreten des StVollzG Bln nichts Maßgebliches geändert (vgl. § 70 StVollzG Bln: Senat, Beschluss vom 20. Juli 2017 – 2 Ws 67/17 –).

Nach dem orthopädischen Sachverständigengutachten von Dr. med. S. vom 7. Mai 2017 leidet der Antragsteller unter einer degenerativen Veränderung mit Strukturschäden an der Wirbelsäule und kleinen Wirbelgelenken der Lendenwirbelsäule. Zur Linderung der daraus resultierenden Rückenbeschwerden ist eine optimierte Schlafunterlage, insbesondere eine Sieben-Zonen-Kaltschaummatratze mit Lattenrost, medizinisch indiziert. Bereits zuvor bestätigte der Anstaltsarzt die medizinische Behandlungsbedürftigkeit des Rückenleidens und verfolgte zuletzt eine medikamentöse Schmerztherapie. Angesichts dessen steht dem Antragsteller schon aus § 70 Abs. 1 Satz 1 StVollzG Bln ein Anspruch des Antragstellers auf die von ihm begehrte Schlafunterlage zu. Danach kann es offen bleiben, ob es sich hierbei zudem um ein „medizinisches Hilfsmittel“ im Sinne des § 70 Abs. 1 Satz 2 StVollzG Bln handelt.

2. Die Rechtsbeschwerde wäre aus den genannten Erwägungen insoweit auch unbegründet. Der Antragsteller hat – wie unter II. 1. dargestellt – einen aus § 70 Abs. 1 Satz 1 StVollzG Bln resultierenden Leistungsanspruch auf eine optimierte Schlafunterlage. Die von der Vollzugsbehörde erhobenen Sicherheitsbedenken stehen dem nicht entgegen. Die Matratze kann mit Überzügen gegen ein Verstecken von Gegenständen in den Zwischenräumen gesichert werden. Eine Kontrolle auf versteckte Gegenstände ist möglich. Der erhöhte Aufwand hat sich den Belangen der Gesundheitssorge zugunsten des Antragstellers unterzuordnen, zudem sich dieser noch lange in der Obhut der Vollzugsanstalt befinden wird. Dem Brandschutz kann durch die Auswahl einer schwer entflammbaren Matratze genüge getan werden. Soweit die Vollzugsanstalt erstmals mit der Rechtsbeschwerde Einwendungen gegen den vom Gefangenen gewünschten Matratzentyp erhebt, handelt es sich um beschlussfremdes Vorbringen. Ein solches Nachschieben von neuen Tatsachen oder Beweismitteln – so wie hier – ist im Rechtsbeschwerdeverfahren unbeachtlich (vgl. Arloth/Krä, StVollzG 4. Aufl., § 119 Rdn. 3 mit weit. Nachweisen). Im Übrigen hat das Landgericht den einen Matratzentyp nur als ein Beispiel aufgeführt, mit dem der Anspruch des Antragstellers erfüllt werden kann.“

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