Täteridentifizierung, oder: Nicht zu knapp darf sie sein

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Urheber Dede2

Bei der zweiten OWi-Entscheidung, die ich heute vorstelle, handelt es sich ebenfalls um einen Beschluss des OLG Düsseldorf. Es ist der OLG Düsseldorf, Beschl. v. 03.07.2017 – 3 RBs 137/17, den mit der Kollege Geißler aus Wuppertal vor ein paar Tagen übersandt hat. Nichts Besonderes und auch nichts weltbewegend Neues, aber: Die Entscheidung zeigt noch einmal kurz und knapp auf, worauf bei den Urteilsgründen u.a. zu achten ist, wenn es um die Täteridentifizierung geht.

Das AG Wuppertal hatte die Betroffene im Urt. v. 23.02.2017 – 25 OWi-623 Js 1610/16-159/16 – auch für dessen Übersendung Dank an den Kollegen Geißler – wegen eines Rotlichtverstoßes verurteilt. Es hat zur Fahrereigenschaft der schweigenden Betroffenen ausgeführt:

„Zunächst steht zur Überzeugung des Gerichtes fest, dass die Betroffene den PKW zum gegenständlichen Zeitpunkt geführt hat.

Der Vergleich der Bilder auf BI. 2, 3 und 53 der Akte mit dem Antlitz der Betroffene in der mündlichen Verhandlung hat zweifelsfrei ergeben, dass diese das Fahrzeug zum Tatzeitpunkt geführt hat. Dies folgt insbesondere aus dem übereinstimmenden, hageren Gesicht, den leicht eingefallenen Wangen und der auffällig geraden, schmalen Nase der Betroffenen. Schließlich stimmen auch die Form der Augenbrauen sowie die Gesichtsform der Betroffenen generell mit den genannten Fotos in der Akte überein. Das Gericht ist ferner auch deswegen von der Fahrereigenschaft der Betroffenen überzeugt; weil der potentielle Personenkreis, der als Fahrer in Betracht kommt, deutlich kleiner ist als beispielsweise bei einer Straftat in der Öffentlichkeit, für die ein unbestimmt großer Personenkreis möglicher „Täter“ sein könnte.“

Das reicht dem OLG nicht und es hebt auf:

„Die Urteilsgründe bieten keine hinreichende Grundlage für die dem Senat obliegende Prüfung, ob das – vom Amtsgericht nicht i. S. des § 267 Abs. 1 S. 3 StPO in Bezug genommene – Lichtbild der Fahrerin für eine Identifizierung geeignet ist. Die vorliegend erfolgte, bloß abstrakte Aufzahlung von Identifizierungsmerkmalen lässt die Geeignetheit des Fotos zur Identifikation nicht beurteilen. Erforderlich ist hierzu vielmehr eine konkrete und individualisierende Beschreibung dieser Merkmale (vgl. OLG Dresden DAR 2000, 279), die dem Rechtsmittelgericht die Prüfung der Ergie­bigkeit des Fotos in gleicher Weise wie bei seiner Betrachtung ermöglicht (vgl. BGHSt 41, 376, 384). Hieran fehlt es im angefochtenen Urteil.“

Leider hat das OLG eine Frage offen gelassen. Die hätte mich dann auch schon interessiert. Der Verteidiger hatte in der Hauptverhandlung einige Beweisanträge gestellt. Die „schmiert“ das AG kurz und zackig ab:

„Wie bereits dargelegt ist der Sachverhalt nach dem bisherigen Ergebnis der Beweisaufnahme zur Überzeugung des Gerichts geklärt. Eine weitere Beweiserhebung, wie seitens des Verteidigers durch die Beweisanträge in den Anlagen 1, 2, 3 und 5 beantragt, war im Hinblick auf § 77 Abs. 2 Nr. 2 OWiG abzulehnen. Die der beantragten Beweiserhebung zu Grunde liegende Tatsachen waren dem Verteidiger bereits länger bekannt, so dass für ein Vorbringen erst in der Hauptverhandlung kein verständlicher Grund bestand.“

Ich habe Zweifel, ob das so reicht, oder ob das AG da nicht mehr zur Verzögerung hätte schreiben müssen. Und da bin ich wohl nicht allein. Denn auch die GStA hatte Bedenken, denn das OLG schreibt:

„Auf den von der Generalstaatsanwaltschaft daneben zutreffend aufgezeigten (mehrfachen) Verstoß gegen die § 77 Abs. 2 Nr. 2 OWiG betreffende Begründungs­pflicht (vgl. dazu auch Göhler-Seitz, OWiG, 16 Aufl. § 77 Rn. 26) kommt es somit nicht mehr an.“

Vielleicht wäre es angebracht gewesen, dem Amtsrichter die Begründungspflicht in einer Segelanweisung näher zu bringen.

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