U-Haft III: Kein Strafantrag, oder: Jetzt gibt es noch Entschädigung für erlittene U-Haft

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Bei der dritten „Haftentscheidung“ geht es ums Geld, und zwar um eine Entschädigung nach dem StrEG für vollzogene U-Haft.

Es handelt sich um den BGH, Beschl. v. 25.04.2017 – 3 StR 453/16. Ergangen ist er in einem Verfahren mit dem Vorwurf des Wohnungseinbruchdiebstahls. In dem hatte der BGH mit BGH, Beschl. v. 21.12.2016 – 3 StR 453/16 – das gegen die Angeklagte ergangene Urteil wegen Fehlen des Strafantrags aufgehoben und das Verfahren eingestellt. Ich hatte darüber unter Kein Strafantrag ==> Einstellung des Verfahrens, oder: Muss man auf dem Schirm haben – berichtet. Jetzt geht es noch um eine Entschädigung für die Angeklagte wegen erlittener Untersuchungshaft nach § 2 Abs. 1 StrEG gegeben. Der BGH hat sie gewährt. Ausschluss- oder Versagungsgründe bestehen nach seiner Auffassung nicht:

„a) Insbesondere ist die Entschädigung nicht nach § 5 Abs. 2 Satz 1 StrEG ausgeschlossen.

Zwar liegt ein in Bezug auf die Untersuchungshaft grob fahrlässiges Verhalten der Angeklagten vor. Zum einen beging sie nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Urteilsfeststellungen als Mittäterin rechtswidrig und schuldhaft den dem Haftbefehl vom 10. März 2016 zugrundeliegenden Wohnungseinbruchdiebstahl (vgl. – zu grober Fahrlässigkeit durch Begehung des verfahrensge-genständlichen Delikts – BGH, Beschlüsse vom 19. Dezember 1979 – 3 StR 396/79, BGHSt 29, 168, 171; vom 1. September 1998 – 4 StR 434/98, BGHR StrEG § 5 Abs. 2 Satz 1 Fahrlässigkeit, grobe 6). Zum anderen forderte sie den Erlass des Haftbefehls dadurch leichtfertig heraus (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 60. Aufl., § 5 StrEG Rn. 11 mwN), dass sie nach Eröffnung des Hauptverfahrens ein Verhalten zeigte, auf Grund dessen das Landgericht zu Recht davon ausging, sie wolle sich – nunmehr – dem Strafverfahren entziehen.

Jedoch ist die Entschädigung nur ausgeschlossen, soweit die Angeklagte die Strafverfolgungsmaßnahme auch verursacht hat. Zu berücksichtigen ist dabei, dass der erforderliche Ursachenzusammenhang durch eine rechtsfehlerhafte Sachbehandlung seitens der Strafverfolgungsbehörden oder Gerichte unterbrochen sein kann (s. auch BGH, Urteil vom 14. Februar 1995 – 1 StR 765/94, BGHR StrEG § 5 Abs. 2 Satz 1 Ursächlichkeit 2; Beschluss vom 1. September 1998 – 4 StR 434/98, aaO). Eine derartige Unterbrechung tritt jedenfalls dann ein, wenn der Rechtsfehler zum Zeitpunkt der Anordnung oder Aufrechterhaltung der Maßnahme bei sorgfältiger Prüfung ohne weiteres erkennbar war (zu diesem Prüfungsmaßstab s. KG, Beschluss vom 20. Juni 2011 – 4 Ws 48/11, NStZ-RR 2012, 30, 31; BeckOK StPO/Cornelius, § 5 StrEG Rn. 10 f.; Meyer-Goßner/Schmitt, aaO Rn. 7).

So liegt es hier. Schon bei Haftbefehlserlass fehlte es – wie im Beschluss vom 21. Dezember 2016 unter II. 1. b) dargelegt – an der Verfahrensvoraussetzung eines wirksamen Strafantrages; zudem war es ausgeschlossen, einen solchen noch einzuholen. Beides hätte eine sorgfältige Prüfung zweifelsfrei ergeben. Das Landgericht hat indes bei der Beurteilung der Haftvoraussetzungen augenscheinlich übersehen, dass die Regelung des § 77 Abs. 2 StGB auf das Strafantragserfordernis nach § 247 StGB nicht anwendbar ist, und sich dementsprechend mit einem originären Antragsrecht der Strafantragsteller erst gar nicht befasst. Weitere Tatvorwürfe gegen die Angeklagte waren weder angeklagt noch Gegenstand des Haftbefehls.“

Das Bild vom „Geldregen“ passt nicht so ganz. Denn Reichtümer sind es ja nun nicht, die die Angeklagte erwarten kann.

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