Sprengung eines Zigarettenautomaten, oder: Wertgrenze

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Wenn man in der letzten Zeit die Tagespresse verfolgt, ist m.E. schon erkennbar, dass Diebstahlstaten zunehmen unter Zuhilfenahme von Sprengstoff begangen werden, indem von den Tätern Bank- oder auch Zigarettenautomaten gesprengt werden, um so an deren Inhalt zu kommen. So auch in dem dem BGH, Urt. v. 13.10.2016 – 4 StR 239/16 – zugrunde liegenden Verfahren. Dort hat das LG die Angeklagten u.a. deshalb verurteilt, nachdem sie  mehrere Zigarettenautomaten aufgesprengt gehabt hatten. In den Fällen, in denen die hierdurch verursachten Sachschäden jeweils unter 1.500 € lagen, hat die Strafkammer die Angeklagten lediglich wegen versuchten Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion schuldig gesprochen, da die Explosionen objektiv in keinem der Fälle zu einer konkreten Gefahr für Sachen von bedeutendem Wert i.S.d. § 308 Abs. 1 StGB geführt hätten. Die u.a. hiergegen gerichtete Revision der Staatsanwaltschaft blieb ohne Erfolg:

„a) Entgegen der Auffassung des Generalbundesanwalts hat das Landgericht den Angeklagten M. in den Fällen I.1 bis 6, 14, 18, 20 und 22 bis 24 sowie den Angeklagten L. in den Fällen I.22 bis 24 der Urteilsgründe rechtsfehlerfrei nur wegen versuchten Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion gemäß § 308 Abs. 1, §§ 22, 23 Abs. 1 StGB verurteilt. Die dieser rechtlichen Würdigung zugrunde liegende Schlussfolgerung der Strafkammer, die Explosion habe „objektiv in keinem der Fälle zu einer konkreten Gefahr für Sachen von bedeutendem Wert im Sinne des § 308 Abs. 1 StGB geführt“, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

Der Generalbundesanwalt meint, die Wertgrenze für die Annahme der (konkreten) Gefährdung einer Sache von bedeutendem Wert sei auch bei § 308 Abs. 1 StGB mit 750 € zu beziffern. Der Senat ist jedoch in Übereinstimmung mit dem 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 10. Februar 2015 – 1 StR 488/14) und mit dem Landgericht in der angefochtenen Entscheidung der Auffassung, dass die Wertgrenze hier mit 1.500 € zu bemessen ist.

Zwar hat der Senat für die Straßenverkehrsdelikte nach §§ 315b, 315c StGB an dem Grenzwert von 750 € für Sachwert und (drohende) Schadenshöhe festgehalten (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschlüsse vom 28. September 2010 – 4 StR 245/10, NStZ 2011, 215 f. zu § 315b StGB, und vom 4. Dezember 2012 – 4 StR 435/12, NStZ 2013, 167 zu § 315c StGB). Dies hat er aber mit dem spezifischen „Schutz des Allgemeininteresses an der Sicherheit des Straßenverkehrs“ begründet (BGH, Beschluss vom 28. September 2010, aaO). Mit Blick auf das Verbrechen des Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion hat der 1. Strafsenat in seinem vorzitierten Urteil Folgendes ausgeführt (aaO Rn. 57, 58):

§ 308 StGB ist ein konkretes Gefährdungsdelikt (vgl. BGH, Urteil vom 21. September 1995 – 5 StR 366/95, NStZ-RR 1996, 132 f. mwN zu § 311 StGB aF). Vollendung tritt mit dem Herbeiführen einer konkreten Gefahr für fremde Sachen von bedeutendem Wert ein. Maßgeblich ist dafür die Höhe des dem betroffenen fremden Eigentum konkret drohen-den Schadens (Wolff [in Münchener Kommentar zum StGB, 2. Aufl., Band 5,] § 308 Rn. 8; Krack [in Leipziger Kommentar zum StGB, 12. Aufl., Band 11,] § 308 Rn. 9 mwN). Um diese zu bestimmen, bedarf es regelmäßig eines zweistufigen Vorgehens, indem zunächst der Wert der Sache selbst und anschließend der ihr drohende (bedeutende) Schaden zu ermitteln sind (st. Rspr. zu § 315c StGB; vgl. nur BGH, Be-schluss vom 12. April 2011 – 4 StR 22/11, DAR 2011, 398 f. mwN).

Der Bundesgerichtshof hat – soweit ersichtlich – bislang weder zu § 308 StGB noch zu der Vorgängerregelung § 311 StGB aF entschieden, ab welcher Untergrenze von einem bedeutenden Wert ausgegangen wer-den kann. Für die bezüglich des konkreten Gefahrerfolgs im Wortlaut identisch gefassten §§ 315b, c StGB legt der Bundesgerichtshof eine solche von 750 Euro zugrunde (BGH, Beschluss vom 18. Juni 2013 – 4 StR 145/13 Rn. 7 mwN). Der Senat neigt für § 308 StGB im Hinblick auf die auf der Ebene der Tathandlung auch erfassten Explosionen durch Sprengkörper mit geringer Sprengkraft …. allerdings zu einem etwas hö-heren Grenzwert, der bei 1.500 Euro liegen könnte. In der Strafrechts-wissenschaft geforderte, deutlich höhere Untergrenzen (Wolff aaO § 308 Rn. 8 ‚2.500 Euro‘; Krack aaO § 308 Rn. 9 ‚ca. 5.000 Euro‘; Heine/Bosch in Schönke/Schröder, StGB, 29. Aufl., § 308 Rn. 7 ‚3.000 Euro‘) sind weder aus teleologischen Gründen noch durch das verfassungsrechtliche Schuldprinzip veranlasst.“

Dem tritt der Senat auch aus systematischen Erwägungen bei, um dem Charakter der Vorschrift des § 308 Abs. 1 StGB als Verbrechen bereits im Grundtatbestand und der damit verbundenen deutlich erhöhten Strafdrohung Rechnung zu tragen. Der identische Wortlaut und die Einstellung in dem gleichen Abschnitt des Strafgesetzbuches wie die §§ 315b, 315c StGB steht dem nicht entgegen.“

Damit ist die Frage in der Rechtsprechung geklärt.

Auf die Entscheidung komme ich im Übrigen noch einmal zurück.

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