Beweisantrag oder Beweisermittlungsantrag? oder: Wenn es um die „Motivation“ geht?

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Beweisantrag oder Beweisermittlungsantrag? Das ist häufig im Strafverfahren die (entscheidende) Frage, wenn es um das Umgehen mit einem Antrag des Angeklagten auf  Vernehmung weiterer Zeugen geht. Denn nur bei einem Beweisantrag i.S. des § 244 StPO ist das Gericht bei der Ablehnung des Antrags an die Gründe des § 244 Abs. 3 bis 5 StPO gebunden. Sonst ist die Ablehnung einfacher. Die Tatgerichte tendieren daher häufig dazu, einem Antrag die „Beweisantragqualität“ zu verweigern. So auch das  LG Aachen in einem BTM-Verfahren. Der Angeklagte hatte beantragt, einen Zeugen zum Beweis seiner – des Angeklagten – Motivation, warum er sich auf ein bestimmtes BtM-Geschäft eingelassen hatte, zu vernehmen. Der Angeklagte war dabei der Ansicht, diese Motivation sei bei der Bemessung der Einzelstrafe erheblich strafmildernd zu berücksichtigen. Das LG hat den Beweisantrag mit der Begründung zurückgewiesen, das bezeichnete Beweismittel sei völlig ungeeignet. Der Zeuge solle zu einer inneren Motivationslage des Angeklagten Stellung nehmen, was jedoch nicht Gegenstand seiner eigenen Wahrnehmung gewesen sein könne. Der BGH sieht es im BGH, Beschl. v. 03.12.2015 – 2 StR 177/15 – anders:

„Das Landgericht durfte den Antrag des Angeklagten nicht in der geschilderten Weise ablehnen. Entgegen der Ansicht des Generalbundesanwalts in seiner Antragsschrift handelte es sich vorliegend um einen gemäß § 244 Abs. 3 Satz 2 StPO zu behan-delnden Beweisantrag. Der Angeklagte stellte nicht lediglich die Wertung des benannten Zeugen im Hinblick auf seine innere Motivation bei der Ausführung der Tat II.8 der Urteilsgründe und damit ein Beweisziel unter Beweis, sondern dem Zeugenbeweis zugängliche Tatsachen, nämlich Gespräche, bei denen nach dem Vorbringen in der Gegenvorstellung auch über diese Motivation ge-sprochen worden sein sollte. Diesen so verstandenen Beweisantrag konnte die Strafkammer nicht unter Hinweis auf die Ungeeignetheit des Beweismittels zurückweisen; denn der benannte Zeuge wäre ersichtlich in der Lage gewesen, über die zwischen ihm und dem Angeklagten geführten Gespräche und deren Inhalt zu berichten.

Soweit sich die Kammer im Übrigen bei ihrer Zurückweisung des Be-weisantrags auf die tatsächliche Bedeutungslosigkeit der unter Beweis gestellten Tatsache gestützt hat, geht auch dies fehl. Aus tatsächlichen Gründen be-deutungslos sind Tatsachen, wenn der Nachweis ihres Vorliegens im Ergebnis nichts erbringen kann, weil er die Beweiswürdigung nicht zu beeinflussen vermag. Zur Prüfung der Erheblichkeit ist die unter Beweis gestellte Tatsache wie eine erwiesene Tatsache in das bisherige Beweisergebnis einzufügen; es ist zu fragen, ob hierdurch die Beweislage in einer für den Urteilsspruch relevanten Weise beeinflusst würde. Dabei ist die Beweistatsache als Teil des Gesamter-gebnisses in ihrer indiziellen Bedeutung zu würdigen (vgl. zuletzt Senat, BGH NStZ 2015, 599 f.; st. Rspr.). Diesen Anforderungen wird die landgerichtliche Ablehnungsbegründung nicht gerecht. Die Strafkammer hat schon nicht – wie es notwendig gewesen wäre – die unter Beweis gestellte Tatsache, dass die Ge-spräche wie behauptet stattgefunden hätten, als erwiesenen Teil des Gesamt-ergebnisses gewürdigt. Sie hat sich im Ergebnis vielmehr darauf beschränkt, als erwiesen anzusehen, dass der Zeuge dies aussagen werde, und damit – da sie die Ablehnung darauf gestützt hat, seinen möglichen Angaben nicht folgen zu wollen – wesentliche Abstriche an der Beweisbehauptung vorgenommen.

Soweit das Landgericht im Übrigen darauf hingewiesen hat, die Bekun-dung des Zeugen erlaube keinen zwingenden Schluss und den nur möglichen Schluss wolle es nicht ziehen, erweist sich auch dies als rechtsfehlerhaft. Der bloße Hinweis der Strafkammer, den möglichen Schluss nicht ziehen zu wollen, genügt den insoweit erforderlichen Begründungsanforderungen nicht, da es an einer substantiierten Begründung fehlt (Senat, a.a.O.).“

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