Täteridentifizierung mit Lichtbild: Du warst es!, oder: Die zu knappen Urteilsgründe

entnommen wikimedia.org Urheber Dede2

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In straßenverkehrsrechtlichen Bußgeldverfahren bestehen, wenn im Verfahren die Fragen der Fahrereigenschaft des Betroffenen im Streit sind, häufig gute Chancen auf einen Freispruch oder zumindest die Aufhebung einer Verurteilung in der Rechtsbeschwerde mit der Folge des Zeitgewinns. Denn die Instanzgerichte machen hier trotz der klaren Vorgaben des BGH in BGHSt 41, 376 bei der Verwertung von Lichtbildern, die es von dem Verkehrsvorgang gibt, zur Feststellung der Fahrereigenschaft immer wieder/noch Fehler. Das zeigen noch einmal folgende Entscheidungen aus der letzten Zeit:

1. Zunächst der OLG Brandenburg, Beschl. v. 02.02.2016 – (2 B) 53 Ss-OWi 664/15. Das AG hatte der Verurteilung des Betroffenen ein Lichtbild zugrunde gelegt, dass nach Auffassung des OLG von sehr schlechter Qualität war. Das Bild war sehr unscharf und kontrastarm. Die Konturen des aufgenommenen Gesichts waren – so teilt es das OLG mit – flach und kaum erkennbar, die Körnung des Fotos war grob. Zudem war die linke Gesichtshälfte der aufgenommenen Person fast vollständig verdeckt.

Das OLG sagt unter Hinweis auf BGHSt 41, 376: „Bestehen Zweifel an der Eignung eines qualitativ schlechten Bildes zur Identifikation des Betroffenen, so muss der Tatrichter zu erörtern, warum ihm die Identifizierung gleichwohl möglich erscheint. Dabei sind umso höhere Anforderungen an die Begründung zu stellen, je schlechter die Qualität des Fotos ist.“ Das hatte der Amtsrichter nicht getan, deshalb Aufhebung und Zurückverweisung. Davor geretttet haben den Amtsrichter auch nicht seine weiteren Ausführungen, denn: „Soweit das Amtsgericht weiter ausführt, dass „Indizien für eine Überlassung des Fahrzeuges an Dritte“ fehlten, erlaubt dies für sich genommen keine ausreichend zuverlässigen Rückschlüsse darauf, dass die Betroffene Fahrzeugführerin war. Entsprechendes gilt, soweit das Amtsgericht seine Beweiswürdigung darauf stützt, die Betroffene habe „keinerlei konkrete Angaben gemacht, dass das Fahrzeug außer ihr noch durch Dritte genutzt werde“ und zudem nicht behauptet habe, „dass eine andere Person ihr ähnlich sehe“ (vgl. Senat, Beschluss vom 3. Juni 2013, Az.: (2 B) 53 Ss-OWi 232/13 (108/13)).“

2. Die zweite Entscheidung ist dann der OLG Stuttgart, Beschl. v. 30.10.2015 – 2 Ss 644/15: Da hatte das AG im urteil lediglich mitgeteilt, dass das Lichtbild von „mäßiger Bildqualität“ sei und verschiedene Kriterien geprüft werden konnten „vom Stirnansatz bis zum Oberkörper“. Das OLG hat das als lückenhaft angesehen, wenn sich aus den Gründen des Urteils nicht ergibt, welche Kriterien anhand welcher bildlich erkennbarer Merkmale dies konkret waren. Das Messfoto und Vergleichslichtbilder eines Sachverständigen waren zudem nicht gem. § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO zum Bestandteil der Urteilsurkunde gemacht worden. Dennoch hatte das AG nicht Merkmale in ausreichender Anzahl angeführt, die für die Täterschaft des Betroffenen sprechen.

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