Misslungene Zustellung, oder: Manche Verwaltungsbehörden lernen es eben nie

© Alex White - Fotolia-com

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Über den IWW-Verlag ist mir der OLG Zweibrücken, Beschl. v. 06.01.2016 – 1 Ss 1 OWi Bs 9/15 – zugegangen. Nach der Lektüre habe ich angesichts der misslungenen Zustellung des Bußgeldbescheides und des darauf beruhenden Eintritts der Verfolgungsverjährung nur gedacht: Manche Verwaltungsbehörden lernen es eben (nie). Und das hat hier gar nichts mit „Vollmachtstricks“ – was immer das ist/sein soll – oder der (berüchtigten) Verjährungsfalle zu tun. Sondern es ist/war ein alter Hut, was das OLG da entschieden hat, nämlich:

Im Bußgeldverfahren wird die Vollmacht Rechtsanwalt S. erteilt, der Mitglied der Rechtanwaltskanzlei „Rechtsanwälte R. S. E.“ ist. Zugestellt wird der Bußgeldbescheid dann an die „Rechtsanwälte R. S. E.“. Und das war es dann. Die Zustellung ist unwirksam und damit die Verjährung nicht nach § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 OWiG unterbrochen worden. Denn, wenn nur ein bestimmter Rechtsanwalt aus einer Kanzlei als Verteidiger mandatiert ist, ist die ausdrücklich an die Kanzlei als solche gerichtete und ohne jeden namentlichen Hinweis auf den bevollmächtigten Verteidiger versehene Zustellung unwirksam. Dies gilt nach Auffassung des OLG auch dann, wenn der Name des bevollmächtigten Verteidigers in der Bezeichnung der Kanzlei vorkommt. Und das ist nichts Neues, sondern das hat vor einiger das OLG Celle im OLG Celle, Beschl. v. 30.08.2011 – 311 SsRs 126/11 – ebenso gesehen (Mit der Vollmacht kann man verteidigen).

Das OLG hat sich dann noch redlich bemüht, ggf. über §§ 51 Abs. 1 Satz 1 OWiG, Abs. 1 LVwZG, 8 VwZG eine Heilung der misslungenen Zustellung zu erreichen. Aber auch das hat nichts geklappt. Dazu das OLG: Für eine Heilung einer fehlerhaften Zustellung durch tatsächlichen Zugang reicht einerseits nicht aus, dass der Verteidiger erfahren hat, dass gegen seinen Mandanten ein Bußgeldbescheid erlassen wurde; denn er muss von dem Inhalt des Bußgeldbescheids Kenntnis nehmen können. Andererseits muss ihm der Bußgeldbescheid nicht vorgelegt worden sein. Ihm muss vielmehr bekannt sein, dass sich der Bußgeldbescheid in seiner Kanzlei befindet und er deshalb Zugriff auf das Dokument hat.

Tja, mit der Vollmacht kann man eben verteidigen, bzw.: Das Recht ist für die Hellen 🙂 .

6 Gedanken zu „Misslungene Zustellung, oder: Manche Verwaltungsbehörden lernen es eben nie

  1. Maste

    Mir fehlt in dem Urteil noch die Mitteilung wann die Akte beim AG eingegangen ist, da auch dann die Verjährung unterbrochen wird. Oder übersehe ich da was? Ansonsten aber ein sehr schönes Urteil-gute Argumentationshilfe!

  2. Detlef Burhoff

    „Die durch die Abgabe des Verfahrens von der Staatsanwaltschaft an die Bußgeldbehörde am 25. April 2014 unterbrochene Verfolgungsverjährung trat deshalb mit Ablauf des 24. Juli 2014 ein, ohne erneut unterbrochen worden zu sein.“

  3. Maste

    Ist schon klar, aber das Datum des Eingangs hätte mich dennoch interessiert-zumal ja zumindest knapp 2 Monate zwischen Erlass des BGB und dem 25.7.14 liegen. Es war also durchaus möglich, dass der Eingang der Katen beim AG davor liegt-wenngleich das auch sehr unwahrscheinlich ist bei Behörden:-):-):-)

  4. Detlef Burhoff

    Ich denke, wir können davon ausgehen, dass ein Vorsitzender Richter am OLG das nicht übersieht 🙂
    Zudem: „Zwar ist der gesamte Vorgang (mit Bußgeldbescheid) der Kanzlei des Verteidigers mit Schreiben vom 18. Juni 2014 zugeschickt worden.“. Da war der Vorgang also wohl noch bei der Verwaltungsbehörde…..

  5. RA Daniel Nowack

    Um es mit Ihren Worten zu sagen: „Ich habe da mal eine Frage“. Ist nicht der Umweg über die VwZG’e ohnehin versperrt? § 51 I OWiG erklärt die VwZG’e nur für anwendbar, „soweit die Absätze 2 bis 5 nichts anderes bestimmen“. Und in § 51 III OWiG ist die Zustellung des Bußgeldbescheides doch klar abhängig davon geregelt, ob eine Vollmacht bei den Akten ist oder nicht. Also entweder gelungene förmliche Zustellung oder nicht, Heilung nicht möglich. Oder sehe ich das falsch?

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