Archiv für den Monat: August 2015

Lichtbilder in der Revisionsbegründung?

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Lichtbilder in der Revisionsbegründung? Die auf den ersten Blick überraschende Frage muss man dann ggf. mit „Ja“ und angefügt: „Auf jeden Fall“ beantworten, nachdem man den BGH, Beschl. v. 30.07.2015 – 4 StR 561/14  gelesen hat. Eine Nebenklägerrevision, bei der es aber mal nicht um die mit dem § 400 StPO zusammenhängenden Fragen ging. Erhoben war auch die Verfahrensrüge, die aber – so der BGH – nicht ausreichend begründet war:

„Die von allen drei Nebenklägern inhaltlich übereinstimmend erhobenen Verfahrensrügen bleiben aus den vom Generalbundesanwalt in seinen Antragsschriften vom 23. Februar 2015 genannten Gründen ohne Erfolg. Zu der Rüge, das Landgericht habe § 261 StPO verletzt, weil es sich in den Urteilsgründen nicht mit dem Ergebnis der Inaugenscheinnahme von Lichtbildern in der Hauptverhandlung auseinandergesetzt habe, bemerkt der Senat ergänzend: Diese Rüge ist bereits deshalb nicht zulässig erhoben worden (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO), weil die Revisionsbegründungen die in Augenschein genommenen Lichtbilder nicht enthalten. Wie der Generalbundesanwalt zutreffend ausgeführt hat, wird in den Urteilsgründen nicht im Sinne des § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO auf die Lichtbilder Bezug genommen, so dass die Kenntnisnahme von ihrem Inhalt dem Senat nicht bereits aufgrund der Sachrüge möglich ist.“

Muss/sollte man dran denken.

Ein Klassiker: Das Konkurrenzverhältnis von Fälschen und Gebrauchmachen bei der Urkundenfälschung

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Konkurrenzprobleme sind/waren im Studium immer unbeliebt – jedenfalls bei mir. Aber: Sie spielen in der Praxis ggf. eine große Rolle und sind auch für den Angeklagten von Bedeutung, weil die damit zusammenhängenden Fragen Auswirkungen auf die Strafzumeesung haben (können). So der BGH, Beschl. v. 16.07.2015 – 4 StR 279/15, der einen Klassiker behandelt, nämlich das Konkurrenzverhältnis von Fälschen und Gebrauchmachen bei der Urkundenfälschung (§ 267 StGB). Das LG hatte den Angeklagten u.a. wegen zweier tatmehrheitlicher Fälle des vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis jeweils in Tateinheit mit Urkundenfälschung verurteilt. Nach den Feststellungen befuhr der Angeklagte mit seinem Pkw öffentliche Straßen, obwohl er nicht im Besitz einer gültigen Fahrerlaubnis war. Er hatte zuvor an dem zwangsentstempelten Fahrzeug andere Zulassungsstempel angebracht, die den echten Stempeln täuschend ähnlich sahen, um bei etwaigen polizeilichen Kontrollen einen Versicherungsschutz vorzutäuschen. Die Manipula­tion fiel kontrollierenden Polizeibeamten bei einer Kontrolle nicht auf. Zwei Tage später befuhr der Angeklagte erneut öffentliche Straßen mit jenem Pkw. Das LG ist ist von zwei Taten ausgegangen, der BGH hat es anders gesehen, den Schuldspruch dahingehend berichtigt, dass nur eine Tat vorlag, im Rechtsfolgenausspruch dann aber nicht aufgehoben, weil nach seiner Auffassung eine mildere Strafe auszuschließen ist.

b) Das Landgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass der Angeklagte im Fall II.1. der Urteilsgründe der Urkundenfälschung in der Variante des Herstellens einer unechten (zusammengesetzten) Urkunde gemäß § 267 Abs. 1, 1. Alt. StGB schuldig ist, weil er an den mit seinem Kraftfahrzeug verbundenen entstempelten amtlichen Kennzeichen das Falsifikat einer Stempel-plakette, die auch den angeblichen Aussteller erkennen ließ (UA 32), angebracht hatte (vgl. OLG Stuttgart, NStZ-RR 2001, 370). Auch trifft es zu, dass der Angeklagte den Tatbestand des Gebrauchmachens von einer unechten Urkun-de gemäß § 267 Abs. 1, 3. Alt. StGB verwirklicht hat, indem er in den Fällen II.1. und 2. das mit den manipulierten Kennzeichen versehene Fahrzeug im öffentlichen Straßenverkehr nutzte und dadurch den anderen Verkehrsteilnehmern sowie mit der Verkehrsüberwachung befassten Polizeibeamten die unmit-telbare Kenntnisnahme der am Fahrzeug angebrachten Kennzeichen ermöglichte (vgl. BGH, Beschluss vom 28. Januar 2014 – 4 StR 528/13, NStZ 2014, 272). Die Strafkammer hat jedoch nicht ausreichend bedacht, dass nur eine Urkundenfälschung vorliegt, wenn eine gefälschte Urkunde mehrfach gebraucht wird und dieser mehrfache Gebrauch dem schon bei der Fälschung bestehen-den konkreten Gesamtvorsatz des Täters entspricht (vgl. BGH, Beschlüsse vom 30. Oktober 2008 – 3 StR 156/08, BGHR StGB § 267 Abs. 1 Konkurrenzen 3, und vom 21. Mai 2015 – 4 StR 164/15). Nach den Feststellungen hat der Angeklagte die falschen Kennzeichen an seinem Fahrzeug angebracht, um „bei et-waigen polizeilichen Kontrollen“ einen Versicherungsschutz vorzutäuschen. Damit hatte er schon beim Anbringen der Kennzeichen den ein einheitliches Urkundsdelikt im Sinne der vorgenannten Rechtsprechung konstituierenden konkreten Gesamtvorsatz. Das hat zur Folge, dass der mit beiden Fahrten verwirklichte Gebrauch einer unechten Urkunde und deren vorangegangene Herstellung als tatbestandliche Handlungseinheit eine Tat der Urkundenfälschung bildeten und damit auch die weiteren während der beiden Fahrten begangenen Delikte hierzu in Tateinheit stehen (vgl. BGH, Beschluss vom 21. Mai 2015 – 4 StR 164/15).“

Im Rechtsfolgenausspruch hat der BGH dann aber nicht aufgehoben, da nach seiner Auffassugn eine mildere Strafe auszuschließen war. Na ja.

„Strohmannfall“ – Vorenthalten von Arbeitsentgelt

© mpanch - Fotolia.com

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Auch „kleinere“ Wirtschaftsstraftaten erfordern haufig einen größeren Aufwand des Tatrichters bei Aufklärung und Feststellungen. Das gilt vor allem auch für das echte Unterlassungsdelikt des § 266a StGB mit seiner Sozialrechtsakzessorietät. Zudem treten gerade bei diesem Straftatbestand in der Praxis gehäuft „Strohmann“-Konstellation auf. Mit der Frage der Anforderungen an die tatsächlichen Feststellungen bei diesem Delikt befasst sich der OLG Braunschweig, Beschl. v. 27.05.2015 – 1 Ss 14/15:

„1. Ein erster Rechtsfehler liegt vor, weil – zumindest bei den Taten Nr. 1 bis Nr. 11 (Ein­zelfirma) – ausreichende Feststellungen dazu fehlen, ob der Angeklagte überhaupt als Arbeitgeber gemäß § 28 e Abs. 1 SGB IV zur Abführung der Beiträge verpflichtet war. Wer Arbeitgeber im Sinne von § 266a StGB ist, richtet sich nach dem Sozialver­sicherungsrecht, das seinerseits auf das Dienstvertragsrecht abstellt. Arbeitgeber ist danach derjenige, demgegenüber der Arbeitnehmer zur Erbringung von Arbeitsleis­tungen verpflichtet ist und zu dem er in einem persönlichen Abhängigkeitsverhältnis steht. Das Bestehen eines solchen Beschäftigungsverhältnisses bestimmt sich nach den tatsächlichen Gegebenheiten des Einzelfalles, die einer wertenden Gesamtbe­trachtung zu unterziehen sind (BGH, NStZ-RR 2014, 246, 247 f.). An einer solchen Gesamtbetrachtung fehlt es. Die erforderliche Gesamtbetrachtung wird insbesondere – deshalb kommt insoweit derzeit auch kein Freispruch in Betracht – nicht dadurch ersetzt. dass das Unternehmen nach den Urteilsfeststellungen allein von dem Zeu­gen Y. geführt wurde. Denn das Amtsgericht legt nicht näher dar, auf welche konkreten Feststellungen es diese Bewertung stützt. Sollten die Ausführun­gen des Amtsgerichts dahingehend zu verstehen sein, dass der Zeuge Y. das operative Geschäft betrieben hat, würde das der Einordnung des Angeklagten als Arbeitgeber jedenfalls nicht zwingend entgegenstehen, wenn er beispielsweise die schriftlichen Arbeitsverträge unterzeichnet sowie im Verkehr mit den Behörden und dem Steuerberater aufgetreten wäre (vgl. BGH, Beschluss vom 15.03.2012, 5 StR 288/11, juris. Rn. 15 = NJW 2012, 2051). Dies wird das nunmehr zur Entscheidung berufene Gericht aufzuklären haben.

2. Ein weiterer, gegenüber sämtlichen Straftaten durchgreifender Rechtsfehler des an­gefochtenen Urteils besteht darin, dass es das Amtsgericht unterlassen hat, für jeden Fälligkeitszeitpunkt (§ 23 Abs. 1 S. 2 SGB IV) gesondert Feststellungen zu der An­zahl der Arbeitnehmer, deren Beschäftigungszeiten, der vom Arbeitgeber zu zahlen­den Vergütung und zu den Beitragssätzen der einzelnen Krankenkassen zu treffen. Solche Feststellungen sind regelmäßig nötig (BGH. Urteil vom 20.03.1996, 2 StR 4/96, juris, Rn. 4; BGH, Beschluss vom 28_02.2007, 5 StR 544/06, juris; BGH, Urteil vom 11.08.2010, 1 StR 199/10, juris, Rn. 13), fehlen hier jedoch.

Die bloße Feststellung der Höhe der vorenthaltenen Gesamtsozialversicherungsbei­träge und der darin enthaltenen Arbeitnehmeranteile, der durch das Vorenthalten geschädigten Krankenkasse sowie der Beitragsmonate genügt demgegenüber nur dann, wenn das Urteil auf Beitragsnachweisen (§ 28f Abs. 3 S. 1 SGB IV) beruht (BGH, Beschluss vom 07.10.2010, 1 StR 424/10, juris NStZ 2011, 161). Ob dem Urteil solche Beitragsnachweise. also Berechnungen der geschuldeten Sozialversi­cherungsbeiträge durch den Arbeitgeber, zugrunde liegen, ergibt sich aus den Fest­stellungen ebenfalls nicht.

3. Ein dritter Rechtsfehler folgt daraus, dass sich das angefochtene Urteil, obgleich § 266 a StGB ein echtes Unterlassungsdelikt ist (vgl. hierzu: Wiedner in Graf/Jäger/Wittig, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, § 266 a Rn. 41), nicht damit auseinandersetzt, ob den handlungspflichtigen Beitragsschuldnern die Erfüllung der Beitragspflicht möglich und zumutbar war. Das Amtsgericht hätte sich unter diesem Gesichtspunkt mit der Zahlungsfähigkeit der Beitragsschuldner auseinandersetzen müssen, weil die finanzielle Situation beider Unternehmen nach den Feststellungen bereits am 17. Januar 2012 (erfolglose Pfändung des Finanzamts in das Vermögen der GmbH), also vor Fälligkeit sämtlicher Beiträge, schlecht gewesen sein soll.

Die Punkte sollte man sich als Tatrichter aber auch als Verteidiger merken.

Die mit Werbung bestickte Anwaltsrobe – darf ich?

© Paty Wingrove - Fotolia.com

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Die Frage, ob ein Rechtsanwalt eine mit Werbung – für die eigene Kanzlei, ggf. aber auch für Verlage usw.?? – bestickte Robe tragen darf, hat vor einiger Zeit die Blogs ebschäftigt. Grundlage war das AGH NRW, Urt. v. 29.05.2015 – 1 AGH 16/15 -, das auf die Anfrage eines Kollegen zurückgeht, der eine mit Werbung bestickte Robe tragen wollte bzw. bei der RAK angefragt hatte, ob das zulässig sei. Die Werbung sollte so groß sein, dass sie auch aus 8 m Entfernung noch lesbar sein sollte. Die RAK hatte das verneint. Dagegen hat der Kollege dann beim AGH geklagt. Der hat dann entschieden: Er darf nicht:

„Zu Recht hat sich die Beklagte in dem angefochtenen Bescheid auf den Standpunkt gestellt, dass das Tragen einer im Schulterbereich nach dem Muster des Klägers bestickten oder bedruckten Robe mit dem aus einer Entfernung von acht Metern lesbaren Text „ppppppppp www.ppppppppp.de“ berufsrechtlich unzulässig und daher vom Kläger im Rahmen seiner Berufsausübung vor Gericht zu unterlassen ist.

Das Tragen einer solcherart gestalteten Robe vor Gericht verstößt gegen § 20 BORA. Mit seinem gegenteiligen Standpunkt verkennt der Kläger den Normzweck von § 20 BORA.

Denn der Sinn des Robetragens durch Anwälte besteht darin, dass diese im Rahmen einer gerichtlichen Verhandlung aus dem Kreis der übrigen Teilnehmer heraus-gehoben werden; ihre Stellung als unabhängiges Organ der Rechtspflege wird sichtbar gemacht (BVerfGE 28, 21 = NJW 1970, 851; Hartung/Scharmer, 5. Aufl., § 20 Rn. 16 ff; ebenso Henssler/Prütting, 4. Aufl., § 20 BORA Rn 4; Gaier/Wolf/ Göcken/Wolf, 2. Aufl., § 1 BRAO Rn. 91). Allen Beteiligten wird dadurch deutlich, dass Rechtsanwälten eine eigenständige Organstellung zukommt, die besondere Rechte und Pflichten im Verfahren und in der Verhandlung begründen (Hartung/ Scharmer a.a.O.). Nach der Rechtsprechung des BVerfG (a.a.O. S. 852) liegt darin auch ein zumindest mittelbarer Nutzen für die Rechts- und Wahrheitsfindung im Prozess; denn die Übersichtlichkeit der Situation im Verhandlungsraum wird ge-fördert und zugleich ein Beitrag zur Schaffung jener Atmosphäre der Ausge-glichenheit und Objektivität geleistet, in der allein Rechtsprechung sich in an-gemessener Form darstellen kann.

Soweit eine berufsrechtliche Pflicht zum Tragen einer Robe im Hinblick auf fehlende Üblichkeit bzw. vor Amtsgerichten in Zivilsachen nicht besteht und ein Rechtsanwalt deshalb vom Tragen einer Robe absieht, stellt sich das vom Kläger aufgeworfene Problem nicht. Will ein Rechtsanwalt die Robe vor Gericht auch dort tragen, wo eine berufsrechtliche Pflicht nicht besteht, muss ihre äußere Gestaltung dem Sinn des Robetragens entsprechen.

Aus diesem Zweck des Robetragens folgt sogleich und unmittelbar, dass die Robe des Anwalts frei zu sein hat von werbenden Zusätzen (Henssler/Prütting, 4. Aufl., § 20 BORA Rn 4; Feuerich/Weyland/Vossebürger, 8. Aufl., § 20 BORA Rn. 4; Hartung/Scharmer, 5. Aufl., § 20 Rn. 41). Da das Tragen der schwarzen Robe aus den Gründen der Rationalität, Sachlichkeit und Verallgemeinerungsfähigkeit bei der Rechtsanwendung erfolgt und in der Organstellung des Rechtsanwalts verankert ist, kommt es für den Grundsatz der Werbefreiheit auf den von der Beklagten heran-gezogenen Grundsatz der sachlichen Werbung (§ 43b BRAO i.V.m. § 6 Abs. 1 BORA) nicht an. Jede Werbung auf der vor Gericht getragenen Anwaltsrobe ist nach Sinn und Zweck des Robetragens ausgeschlossen, auch die sachliche.

Die Anbringung des aus acht Metern lesbaren Textes „pppppppp www.pppppppp.de“ auf dem Rückenbereich der Anwaltsrobe stellt einen solchen werbenden Zusatz dar. Anders als der Kläger es darstellen will, geht es nicht um seine bloße Kenntlichmachung, für die im Rahmen einer Gerichtsverhandlung schon deshalb kein Bedürfnis besteht, weil es sich um eine solche im Rückenbereich der Anwaltsrobe handelt. Da Werbung jedes Verhalten ist, das darauf angelegt ist, andere dafür zu gewinnen, die Leistung desjenigen, für den geworben wird, in Anspruch zu nehmen (so BVerfG NJW 1992, 45), versteht es sich von selbst, dass einem aus acht Metern Entfernung lesbarer Text auf dem Rücken einer Anwaltsrobe unter Nennung des Namens des sie tragenden Rechtsanwalts und seiner Internetadresse ein werbender Charakter zukommt.“

Schade, wäre sicherlich für den ein oder anderen Kollegen eine zusätzliche Einnahmequelle gewesen/geworden?

Klein, aber fein: Ersatzzustellung geht „in die Hose“ = Verjährung tritt ein

© Spencer - Fotolia.com

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Klein, aber fein ist das AG Landstuhl, Urt. v. 27.07.2015 – 2 OWi 4286 Js 5892/15, das eine Zustellungsproblematik enhält. Nein, keine „Verjährungsfalle“ oder ein „Vollmachtstrick“ oder sonst so ein (schlimmes) Verhalten des Verteidigers, das dann die Wogen immer hoch schlagen lässt. Nein, einfach nur eine Versehen/eine Unachtsamkeit oder was auch immer des Zustellers, die dann aber die Folge hat: Nicht wirksam zugestellt, daher keine Verjährungsunterbrechung. Zugestellt worden war nämlich weder dem Betroffenen noch dem zustellungsbevollmächtigten Verteidiger, sondern der Bußgeldbescheid war einer Kanzleikraft als „gesetzlichen Vertreter“ des Verteidigers übergeben worden . Dazu das AG: Das ist keine wirksame Ersatzzustellung:

„c) Jedoch wurde nach dieser ersten Unterbrechungshandlung danach keine weitere Unterbrechungshandlung fristgerecht vorgenommen. Insbesondere wurde der Bußgeldbescheid nicht nach §§ 26 Abs. 3 StVG, 33 Abs. 1 S. 1 Nr. 9 OWiG innerhalb von 3 weiteren Monaten erlassen und an den bevollmächtigten Verteidiger oder den Betroffenen zugestellt.

aa) An den Betroffenen selbst wurde ausweislich der Akte nicht formell zugestellt. Eine Postzustellungsurkunde befindet sich jedenfalls nicht in der Akte.

bb) An den Verteidiger persönlich zugestellt wurde ebenfalls nicht. Denn ausweislich der Postzustellungsurkunde vom 24.04.2015 wurde der Bußgeldbescheid nicht dem Verteidiger selbst ausgehändigt.

cc) Auch fand keine zulässige und ordnungsgemäße Ersatzzustellung statt. Denn eine solche Handlung ist nicht auf der Postzustellungsurkunde vermerkt (Bl. 68 d.A.). Diesbezüglich entfaltet die Postzustellungsurkunde die ihr innewohnende Beweiskraft, die vorliegend nicht widerlegt wurde oder werden konnte.

dd) Stattdessen wurde ausweislich der Postzustellungsurkunde der Bußgeldbescheid „einem Vertretungsberechtigten (gesetzlichen Vertreter/Leiter)“, einer Frau …, …, übergeben. Dem Gericht ist dabei zum einen aufgrund von Telefonaten in anderen Sachen bekannt, dass es sich bei dieser Frau um die Sekretärin einer Anwältin aus der Kanzlei des Verteidigers des Betroffenen handelt, was zudem auch aus öffentlich zugänglichen Quellen, etwa der Homepage des Verteidigers, unproblematisch ersichtlich ist. Keinesfalls aber handelt es sich bei der empfangenden Person um die gesetzliche oder sonstige Vertreterin des Verteidigers, weder als Person noch in seiner Stellung als Organ der Rechtspflege. Eine solche „Zustellung“ kann aber die Verjährung nicht unterbrechen, denn eine ordnungsgemäße Zustellung lag hier nicht vor.“

Ergebnis: Einstellung durch Urteil.