Klassischer Fehler XXV: Warum braucht man drei Anläufe für die Strafzumessung?

© J.J.Brown - Fotolia.com

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Strafzumessung ist schwer, aber: Ist sie so schwer, dass es nun gar nicht klappt bzw. wie viele Anläufe braucht man eigentlich als Strafkammer, um eine rechtsfehlerfreie Strafzumessung auf die Reihe zu bekommen?. Nun, beim LG Marburg reichen offenbar zwei nicht. Das zeigt sehr deutlich ein Verfahren, in dem der BGH schon mit BGH, Beschl. v. 29.04.2014 – 2 StR 616/13 – ein erstes landgerichtliches Urteil im Rechtsfolgenausspruch aufgehoben und dem LG ins Stammbuch geschrieben hatte, was man im Rahmen der Strafzumessung besser nicht ausführt. Das war aber wohl nicht deutlich genug, denn der BGH hat das darauf ergangene zweite LG.Urteil jetzt erneut kassieren müssen (vgl. BGH, Beschl. v. 05.02.2015 – 2 StR 496/14). Und – man mag es kaum glauben – u.a. wegen Strafzumessungsfehlern,. die er bereits in der ersten Entscheidung beanstandet hatte, denn:

Der Strafausspruch hält erneut rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

Die Strafzumessungserwägungen der Strafkammer haben durchweg moralisierenden Charakter, begründen damit die Gefahr einer gefühlsmäßigen, auf unklaren Überlegungen beruhenden Strafzumessung und lassen zudem erneut besorgen, dass das Landgericht das bloße Fehlen strafmildernder Umstände strafschärfend berücksichtigt hat….

Im Einzelnen beanstandet der BGH Formulierungen, wie

„eine „nach wie vor anhaltende Verharmlosung des Konsums von Cannabis“ vor, wobei dies „um so befremdlicher erscheine, als er mit den Endverbrauchern … und deren möglichen Nöten mit schwierigen psychischen Zuständen keine Berührung gehabt, sondern als bloßer Zwischenhändler agiert habe, sich aber zur Legitimation seines Handelns gerade auf die heilsamen Wirkungen des Cannabis berufen habe“. Diese Formulierungen lassen nicht nur besorgen, die Strafkammer werfe ihm damit die bloße Begehung der von ihm eingeräumten Veräußerung von Cannabis vor…..“

oder:

„Der Angeklagte hat die Taten aus dem einzigen Grund begangen, um sich zu bereichern; das ist zwar Teil des Merkmals des Handeltreibens, hat aber auch nicht die denkbare mildernde Bedeutung, wie es der Fall wäre, wenn der Angeklagte ohne Motivation gehandelt hätte, Geld zu erlangen, etwa wenn er ohne Gewinnerzielungsabsicht nur für seinen Verbrauch – zumal wenn er sich als süchtig erlebt hätte – und den von wenigen Bekannten oder Freunden, oder gar nur mit dem Motiv, anderer Leute Schmerzen oder Unwohlgefühlen abzuhelfen, gehandelt hätte.“

Diese Erwägungen lassen – ähnlich wie schon in der ersten vom Senat aufgehobenen Entscheidung – wiederum besorgen, dass die Strafkammer zu Lasten des Angeklagten das bloße Fehlen der genannten strafmildernden Umstände berücksichtigt hat. Soweit das Landgericht darüber hinaus anführt, die Bereicherungsabsicht des Angeklagten habe nicht die „denkbare mildernde Be-deutung“ wie bei einem Handeln ohne Gewinnerzielungsabsicht, handelt es sich um kaum nachvollziehbare und letztlich unzulässige Erwägungen zu Ungunsten des Angeklagten. Die Gewinnerzielungsabsicht ist Teil des Handeltreibens, eine mildernde Bedeutung kann ihr insoweit nicht zukommen. Ein Handeln ohne Gewinnerzielungsabsicht lässt den Tatbestand entfallen; wird dem Täter angelastet, es hätte sich (stärker) zu seinen Gunsten ausgewirkt, wenn er ohne die Absicht der Gewinnerzielung gehandelt hätte, liegt darin die zweifelhafte Erwägung, es sei „nicht mildernd“, dass der Tatbestand erfüllt sei.“

M.E. im Grunde ganz einfache Fragen der Strafzumessung. Nun, vielleicht klappt es ja beim dritten Mal…. Es ist dem Angeklagten zu gönnen.

 

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