Verteidigung zum (teilweisen) Nulltarif – gibt es den im NSU-Verfahren?

© mpanch - Fotolia.com

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Über die Gebührenentscheidungen des 6. Strafsenats des OLG München im NSU-Verfahren habe ich ja schon mehrfach berichtet (vgl. u.a. hier den OLG München, Beschl. v. 09.09.2013 –  6 St (K) 1/13  und das  Das Sonderopfer des Pflichtverteidigers – bei 6,49 €/Stunde nicht?) sowie der OLG München, Beschl. v. 04.08. 2014 – 6 St (K) 22/14, und dazu Das NSU-Verfahren schreibt auch “Gebührengeschichte”, oder: Ein bitterer Beschluss des OLG München). Und die „Gebührengeschichte“ geht weiter mit dem OLG München, Beschl. v. 15.09.2014 – 6 St (K) 24/14 (1), der den Beschluss vom 04.08.2014 fortführt, allerdings m.E. nicht im Guten.

Es geht um folgendes: Der Pflichtverteidiger hatte einen weiteren Vorschuss auf seine Pauschgebühr beantragt (§ 51 Abs. 1 Satz 5 RVG) und die u.a. mit dem 27.05.2014 geplatzten Hauptverhandlungstermin begründet. Das hatte der Senat abgelehnt. Dazu nimmt er nun aufgrund einer Gegenvorstellung des Pflichtverteidigers noch einmal Stellung:

Die Gegenvorstellung des Antragstellers gegen den Beschluss des Senates vom 8.9.2014, 6 St (k) 24/14, ist jedenfalls unbegründet.

a) Der Senat hat die Erinnerung des Antragstellers gegen die Entscheidung des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vom 27.6.2014, mit der dieser die für den abgesetzten Hauptverhandlungstag vom 27.5.2014 in Ansatz gebrachte gesetzliche Terminsgebühr abgelehnt hatte, als unbegründet verworfen. Auf den dem Antragsteller bekannten Beschluss des Senats vom 4.9.2014, 6 St (k) 22/14, wird Bezug genommen.

Mit Senatsbeschluss vom 8.9.2014, 6 St (k) 24/14, hat der Senat die Bewilligung eines Vorschusses auf eine zu erwartende Pauschvergütung für den abgesetzten Hauptverhandlungstermin vom 27.5.2014 abgelehnt.

Der Antragsteller meint mit Telefaxschreiben vom 9,9.2014, das als Gegenvorstellung gegen des Senatsbeschluss vom 8.9.2014, 6 St (k) 24/14, auszulegen ist, es sei ihm nicht zuzumuten, diesen Tag, an dem er abgesehen von einem Haftbesuch bei seiner Mandantin wegen Kanzleiabwesenheit anwaltlich nicht habe tätig werden können, nicht vergütet zu bekommen. Die Bewilligung einer Pauschvergütung setze das Entstehen einer regulären Terminsgebühr nicht voraus.

b) Dem Antragsteller kann für den abgesetzten Hauptverhandlungstermin am 27.5.2014 ein Vorschuss auf eine zu erwartende Pauschvergütung nicht bewilligt werden, da bereits eine gesetzliche Terminsgebühr, wie der Senat in seinem Beschluss vom 4.8.2014, 6 St (k) 22/14, ausgeführt hat, nicht angefallen ist. Die Voraussetzungen, unter denen ein derartiger Vorschuss bewilligt werden kann, ergeben sich aus § 51 Abs. 1 RVG. Nach § 51 Abs. 1 Satz 1 RVG kann eine Pauschvergütung bewilligt werden, wenn die „in den Teilen 4 bis 8 des Vergütungsverzeichnisse bestimmten Gebühren“ nicht zumutbar sind. § 51 Abs. 1 Satz 3 RVG legt fest, dass „die Gebühren nach dem Vergütungsverzeichnis zu bezeichnen sind, an deren Stelle die Pauschvergütung tritt“, wenn sich die Bewilligung auf einzelne Verfahrensabschnitte beschränkt. Die Bewilligung einer Pauschvergütung bzw. eines Vorschusses auf eine zu erwartende Pauschvergütung setzt damit den Anfall einer gesetzlichen Gebühr voraus, deren Höhe aber unzumutbar ist. Der Gesetzeswortlaut ist eindeutig. Die Vergütung anwaltlicher Tätigkeit ergibt sich aus dem Gesetz (§ 1 Abs. 1 Satz 1 RVG) und nicht aus allgemeinen Überlegungen.“

Zwar starke Worte, aber m.E. leider falsch. Denn, wenn man schon den abgesetzten Hauptverhandlungstermin vom 27.05.2014 nicht mit einer Terminsgebühr honorieren will, wie es das OLG im Beschl. v. 4. 8. 2014 (getan hat, dann muss man m.E. aber die vom Verteidiger insoweit erbrachten Tätigkeiten bei der Bemessung der gerichtlichen Verfahrensgebühr Nr. 4118 VV RVG heranziehen. Alles andere würde bedeuten, dass der Rechtsanwalt seine insoweit erbrachten Tätigkeiten nicht erstattet bekommen würde. Das würde dann aber sicherlich zu einem unzumutbaren Sonderopfer führen. Die Vergütung anwaltlicher Tätigkeit ergibt sich, das hat das OLG richtig erkannt – aus dem Gesetz (§ 1 Abs. 1 Satz 1 RVG). Maßgeblich ist insoweit i.d.R. die Verfahrensgebühr, die alle Tätigkeiten des Rechtsanwalts, wenn nicht besondere Gebühren vorgesehen sind (Vorbem. 4 Abs. 2 VV RVG), wie z.B. Terminsgebühren. Verneint man aber eine Terminsgebühr für den geplatzten Hauptverhandlungstermin (Nr. 4120 VV RVG), muss man die insoweit erbrachten Tätigkeiten bei der gerichtlichen Verfahrensgebühr (Nr. 4118 VV RVG berücksichtigen. Alles andere führt zu einer Verteidigung zum teilweisen „Nulltarif“. Aber vielleicht will das OLG den ja auch einführen.

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