Neue Straftaten – Auswirkungen auf den Bewährungswiderruf?

ParagrafenIn meinem „Blogordner“ hingen einige Entscheidungen zu Bewährungsfragen. Die habe ich in den letzten Tagen aufgearbeitet (vgl. hier zuletzt den KG im KG, Beschl. v. 23.05.2014 – 2 Ws 198/14 – und dazu Straftat “außer Landes” – Bewährungswiderruf “inner Landes” möglich?). Jetzt ist der Ordner fast leer, allerdings zwei Entscheidungen habe ich noch. In beiden Entscheidungen geht es um die Frage des Widerrufs von Strafaussetzung wegen neuer Straftaten, und zwar:

  • Einmal der OLG Hamm, Beschl. v. 30.04.2014 – 2 Ws 68-69/14. Der stellt fest, dass der Widerruf von Strafaussetzung zur Bewährung wegen neuer Straftaten innerhalb der Bewährungszeit gemäß § 56 f Abs. 1 S. 1 Nr. 1 StGB sich nicht auf die Feststellung der neuen Taten beschränken kann/darf, ohne die Sozialprognose zu prüfen, denn neue Straftaten stehen einer günstigen Prognose nicht zwingend entgegen: „Im Widerrufsverfahren nach § 56 f Abs. 1 Nr. 1 StGB muss zu der Feststellung des Vorliegens einer Anlasstat eine Prüfung der Frage, ob sich dadurch die Erwartung, die der Strafaussetzung zugrunde lag, nicht erfüllt hat, hinzukommen. Dabei stehen auch einschlägige Rückfalltaten, jedenfalls wenn sie von geringerem Gewicht sind, einer neuerlichen günstigen Prognose nicht von vornherein entgegen. Das den Widerruf prüfende Gericht hat in jedem Fall eine neue, in die Zukunft gerichtete Prognose dahin zu erarbeiten, ob die Erwartung künftigen straffreien Lebens durch die Nachtat(en) widerlegt ist oder nicht dennoch fortbesteht (Fischer, a.a.O., Rn 8; OLG Stuttgart, Beschluss vom 08. November 2001 — 2 Ws 222/01 —, zitiert nach juris, Rn 10).
  •  Und dann noch der OLG Hamm, Beschl. v. 01.04.2014 – 3 Ws 67/14, der sich mit der Frage auseinandersetzt, ob der Widerruf der Strafaussetzung zur Bewährung wegen einer neuen Straftat stets eine rechtskräftige Verurteilung wegen dieser Tat voraussetzt. Das wird vom OLG Hamm – erneut – verneint, während andere OLG das im Hinblick auf die Rechtsprechung des EGMR zum Teil anders sehen. Das OLG Hamm räumt zwar ein, dass bei der Anwendung des § 56f StGB die in Art. 6 Abs. 2 EMRK normierte Unschuldsvermutung zu beachten und die dazu ergangene Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zu berücksichtigen sei. Hieraus ist zwar zu entnehmen, dass regelmäßig nicht das die Strafvollstreckung überwachende Gericht (im Rahmen der Widerrufsentscheidung) eine neue Straftat feststellen dürfe, allerdings folgt daraus nicht, dass die Widerrufsentscheidung die Rechtskraft der eine neue Tat feststellenden Entscheidung voraussetzt.

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