Nach Genuss (?) von einem 1/2 Liter Wodka kann man schon mal berauscht sein

entnommen wikimedia.org Urheber: Hoodrat

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Da hatte der Angeklagte am Abend bis 19.30 Uhr etwa eine 2/3-Flasche Wodka (0,7l) getrunken und sodann eine Schlaftablette mit dem Wirkstoff Zoplicon sowie zwei Tabletten eines Antidepressivums mit dem Wirkstoff Citalopram eingenommen. Gegen 22:06 Uhr befuhr er sodann eine öffentliche Straße und verursachte einen Unfall. Bei der um 23:32 Uhr entnommenen Blutprobe wurde ein BAK-Wert (zum Entnahmezeitpunkt) von 1,53 Promille festgestellt. Das AG verurteilte den Angeklagten wegen Vollrausches nach § 323a StGB.

Grundsätzlich richtig sagt der OLG Hamm, Beschl. v. 14.11.2013 – 1 RVs 88/13, denn:

a) Die Feststellungen belegen zwar hinreichend das Vorliegen des objektiven und subjektiven Tatbestands des § 323a StGB. Der Angeklagte hat sich schon durch die Einnahme von knapp einem halben Liter Wodka in vergleichsweise kurzer Zeit am Abend des Tattages bis 19.30 Uhr in einen Rauschzustand versetzt. Ein Rausch liegt vor, wenn der Zustand des Täters nach seinem ganzen Erscheinungsbild als durch den Genuss von Rauschmitteln hervorgerufen anzusehen ist. Dabei muss der Alkohol oder das Rauschmittel nicht die einzige Ursache für diesen Zustand sein, sondern es können auch andere Ursachen mitwirken (BGHSt 26, 363, 364). Ein solcher Zustand war bei dem Angeklagten bei der Fahrt mit dem PKW gegeben. Zeugen haben ihn als „deutlich alkoholisiert“ beschrieben. Seine Sprache sei verwaschen und lallend gewesen. Ob dieser Zustand allein auf den genossenen Alkohol oder auch auf die eingenommenen Medikamente zurückzuführen ist, ist unerheblich. Dass das Amtsgericht lediglich einen fahrlässigen Vollrausch angenommen hat, obwohl ein Vorsatz bzgl. des objektiven Tatbestandsmerkmals der Herbeiführung eines Rauschzustandes (nur hierauf kommt es insoweit an) bei Konsumierung von rund 0,5l Wodka in so kurzer Zeit nahe liegt, beschwert den Angeklagten nicht. Nicht zur Erfüllung des Tatbestands des § 323a StGB erforderlich ist es – anders als die Revision meint – dass der Angeklagte im Hinblick auf die Rauschtat vorsätzlich oder fahrlässig handelte. In der älteren obergerichtlichen und höchstrichterlichen Rechtsprechung wurde dies zwar vereinzelt vertreten (vgl. z. B. BGH NJW 1957, 996 [BGH 07.05.1957 – 5 StR 127/57]). Schon damals wurde aber ausgeführt, dass jedenfalls Fahrlässigkeit bzgl. der Rauschtat i.d.R. vorliegen wird und keiner besonderen Urteilsfeststellungen bedürfe (BGH a.a.O.). In der neueren Rechtsprechung wird hingegen Vorsatz oder Fahrlässigkeit bzgl. der Rauschtat für die Erfüllung des Tatbestands des § 323a StGB – da es sich bei der Rauschtat lediglich um eine objektive Bedingung der Strafbarkeit handelt – zutreffenderweise nicht mehr verlangt (BGHSt 16, 124; OLG Hamm, Beschl. v. 30.09.2010 – III- 3 RVs 46/10 m.w.N.). Es kommt also nicht darauf an, dass der Angeklagte sich nach dem Alkoholgenuss zu Bett begeben hat und insoweit in gewisser Weise zunächst Vorkehrungen getroffen hat, um keine Straftaten im Rauschzustand zu begehen (ebenso: OLG Celle NJW 1969, 1588, 1589 [OLG Celle 12.12.1968 – 1 Ss 438/68]; a.A. Sternberg-Lieben/Hecker in: Schönke/Schröder, StGB, 28. Aufl., § 323a Rdn. 10).
Aber: Aufgehoben hat das OLG dann doch. Denn der Amtsrichter hatte nicht – wie erforderlich – in seinem Urteil die Tatbestandsmerkmale der Rauschtat dargelegt, und zwar entweder § 316 StGB oder 315c Abs. 1 Nr. 1  StGB.  Insoweit müssen
„die objektiven und subjektiven Merkmale der Rauschtat festgestellt werden, wobei nur die Schuldfähigkeit außer Betracht bleibt (BGH NJW 1953, 1442; Fischer, StGB, 60. Aufl., § 323a Rdn. 7). Das Amtsgericht hat weder festgestellt, dass der Angeklagte vorsätzlich (im Sinne eines sog. „natürlichen Vorsatzes“) im Rausch den Tatbestand des § 316 StGB oder des § 315 Abs. 1 Nr. 1 StGB verwirklicht hat, noch dass insoweit Fahrlässigkeit bzw. eine Vorsatz-Fahrlässigkeitskombination vorliegt. …. Bei der Fahrlässigkeit, die hier jedenfalls nicht fern liegt, kommt es insoweit nicht auf die Sorgfaltsfähigkeit des Täters im Rauschzustand an, sondern darauf, dass der Täter die ihm im nüchternen Zustand mögliche Sorgfalt nicht beachtet hat (Fischer a.a.O.; Sternberg-Lieben/Hecker a.a.O. Rdn. 16). Dies versteht sich vor dem Hintergrund, dass die von § 323a StGB zu schließende Strafbarkeitslücke verbliebe, wollte man gerade auf die Sorgfaltsfähigkeiten des Täters im Rauschzustand abstellen, die regelmäßig aber eine subjektive Sorgfaltspflichtverletzung gerade ausschlössen. Derartige Feststellungen fehlen, worauf die Generalstaatsanwaltschaft in ihrer Antragsschrift zu Recht hingewiesen hat.

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