Revisionsrecht: Manchmal wäre ein Sätzchen mehr bei der allgemeinen Sachrüge doch sicherer?

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Das LG hat eine das Revision des Angeklagten als unzulässig verworfen (§ 346 Abs. 1 StPO).  Das LG hatte den Angeklagten verurteilt. Dagegen hat der mit einem per Fax übermittelten Schriftsatz seines Verteidigers Revision eingelegt und diese damit begründet, dass er die allgemeine Sachrüge erhebe. Seine Verwerfungsentscheidung hat das LG damit begründet, dass weder die Einlegungsschrift noch die Revisionsbegründung den nach § 344 Abs. 1 StPO erforderlichen Revisionsantrag enthalte, durch den der Umfang der Urteilsanfechtung bezeichnet werde. Zwar könne das Fehlen eines solchen ausdrücklichen Antrags dann unschädlich sein, wenn sich der  Umfang der Anfechtung aus dem Inhalt der Revisionsbegründung ergebe, was zum Beispiel dann angenommen werde, wenn – wie hier – die uneingeschränkte allgemeine Sachrüge erhoben werde. Das bei fehlendem Revisionsantrag zu berücksichtigende Verhalten des Angeklagten und seines Verteidigers im Verlauf des Verfahrens führten vorliegend aber dazu, dass es eines Revisionsantrages bedurft hätte: Der Angeklagte habe ein umfassendes Geständnis bezüglich aller zur Aburteilung gelangten Taten abgegeben und sich im letzten Wort für sein Fehlverhalten entschuldigt. Sein Verteidiger – „Fachanwalt für Strafrecht“ – habe im Schlussvortrag die Verurteilung seines Mandanten in allen Fällen beantragt, wenn auch teilweise mit anderer rechtlicher Würdigung und niedrigeren Strafen. Zudem habe er im Revisionseinlegungsschriftsatz ausdrücklich mitgeteilt, „Anträge und Begründungen“ blieben einem gesonderten Schriftsatz vorbehalten. Bei dieser Sachlage bleibe allein aufgrund der allgemein erhobenen Sachrüge völlig unklar, inwieweit der Angeklagte das Urteil anfechten wolle. Dies führe zur Unzulässigkeit des Rechtsmittels.

Der BGH sieht das im BGH, Beschl. v. 25.07.2013 – 3 StR 76/13, mit dem er über den Antrag des Angeklagten auf Entscheidung des Revisonsgerichts (§ 346 Abs. 2 Satz 1 StPO) entschieden hat, anders:

„…Die vom Landgericht herangezogenen Umstände sind nicht geeignet, ein Abweichen von der für Angeklagtenrevisionen geltenden, oben dargelegten Regel zu begründen. Die vom Landgericht für seine Rechtsauffassung zitierte Entscheidung des Senats (Beschluss vom 31. Ok-tober 1989 – 3 StR 381/89, NStZ 1990, 96) besagt nichts anderes: Auch in dieser Sache hatte der Angeklagte innerhalb der Begründungsfrist allgemein die Verletzung materiellen Rechts gerügt und keinen ausdrücklichen Antrag im Sinne der § 344 Abs. 1, § 352 Abs. 1 StPO gestellt. Der Senat hat entschieden, dass dies unter den gegebenen Umständen unschädlich sei; eines besonders hervorgehobenen Antrags bedürfe es dann nicht, wenn sich das Begehren des Beschwerdeführers sicher aus der Revisionsbegründung – auch unter Berücksichtigung des bisherigen Verfahrens – ergebe. Er hat dies näher damit begründet, dass der Angeklagte die mehreren selbständigen Taten, derentwegen er verurteilt worden war, insgesamt bestritten hat. Der vom Landgericht hieraus gezogene Umkehrschluss, der im vorliegenden Verfahren umfassend geständige Angeklagte, dessen Verteidiger nur teilweise von der Verurteilung abweichende Schlussanträge gestellt hat, müsse einen solchen Antrag ausdrücklich stellen, um seine Revision zulässig zu begründen, ist rechtlich nicht zutreffend. Auch unter diesen Umständen ergibt sich hier aus der Erhebung der un-eingeschränkten allgemeinen Sachrüge hinreichend sicher, dass der Angeklagte das Urteil umfassend anfechten will. Die Mitteilung im Einlegungsschriftsatz, dass „Anträge und Begründungen“ einem gesonderten Schriftsatz vorbehalten bleiben, stellt eine den Angeklagten nicht bindende Ankündigung dar und vermag an dieser Beurteilung nichts zu ändern. Die vom Generalbundesanwalt zitierte Entscheidung (BGH, Beschluss vom 5. November 2009 – 2 StR 324/09, NStZ-RR 2010, 288) und der dort seinerseits zitierte Beschluss des Bundes-gerichtshofes (Beschluss vom 7. November 2002 – 5 StR 336/02, NJW 2003, 839) betreffen jeweils eine Revision der Staatsanwaltschaft, für deren zulässige Begründung hinsichtlich der Erforderlichkeit eines ausdrücklichen Antrags gemäß § 344 Abs. 1, § 352 Abs. 1 StPO unter den in diesen Entscheidungen dargelegten Umständen etwas anderes gelten kann.“

Man kann m.E. dem BGH folgen. Aber: Wer sich in Gefahr begibt, kann darin umkommen. Will heißen: Ggf. kann die allgemeine Sachrüge dann doch zu knapp sein. Ein Sätzchen mehr wäre dann sicherer.

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