Ein Klassiker: Der nicht unterzeichnete Eröffnungsbeschluss

© Gina Sanders – Fotolia.com

Ein Klassiker (in der Verteidigung) ist der nicht unterzeichnete Eröffnungsbeschluss. So auch in dem dem  KG, Beschl. v. 11.12.2012 – (4) 161 Ss 224/12 (281/12) – zugrunde liegenden Verfahren. Bemerkenswert daran ist zunächst, dass der Verteidiger selbst dieses mögliche Verfahrenshindernis bei der Akteneinsicht gar nicht entdeckte hatte, sondern er auf den „fahrenden Zug“ aufgesprungen ist, nachdem die Generalstaatsanwaltschaft auf die mögliche Unwirksamkeit des Eröffnungsbeschlusses hingewiesen hatte. Aber: Zu früh gefreut. Denn auch die Begründung des KG, mit der das Verfahrenshindernis abgehandelt wird, ist „klassisch“:

Der Erörterung bedarf lediglich das Folgende: Das Verfahrenshindernis eines fehlenden oder unwirksamen Eröffnungsbeschlusses liegt nicht vor. Soweit der Revisionsführer erstmals in seiner Gegenerklärung – nach entsprechenden Ausführungen der Generalstaatsanwaltschaft Berlin im Verwerfungsantrag – die Unwirksamkeit des Eröffnungsbeschlusses geltend gemacht hat, weil dieser keine richterliche Unterschrift trägt, verhilft dies dem Rechtsmittel nicht zum Erfolg. Der Senat hat wiederholt entschieden, dass der Eröffnungsbeschluss (auch) eines Amtsgerichts trotz fehlender Unterschrift gültig sein kann. Zwar ist der Eröffnungsbeschluss in jedem Fall schon im Hinblick auf seine nach § 35 Abs. 2 StPO erforderliche Mitteilung schriftlich zu dokumentieren. Die richterliche Unterzeichnung ist aber nicht unerlässlich für seinen wirksamen Erlass. Vielmehr ist es – auch beim Amtsgericht – ausreichend, wenn bei fehlender Unterschrift das Schriftstück aus sich selbst heraus oder aus der Verbindung mit sonstigen Urkunden mit Sicherheit erkennen lässt, dass der zuständige Richter die Eröffnung des Hauptverfahrens tatsächlich beschlossen hat, es sich also nicht lediglich um einen Entwurf handelte, sondern um eine endgültige Entscheidung, die mit dem Willen des Richters zur weiteren Erledigung in den Geschäftsgang gegeben worden ist (vgl. Beschlüsse des Senats vom 10. März 1988 – (4) 1 Ss 314/87 (26/88) – und 13. August 1997 – 4 Ws 177/97 – [juris]-; ebenso KG, Beschluss vom 27. Juli 1998 – (3) 1 Ss 118/98 (57/88) – [juris]; BayObLG StV 1990, 395, 396; JR 1959, 68; OLG Celle JR 1978, 347; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 22. Dezember 2011 – III-3 RVs 154/11 – [juris] -; StV 1983, 408; NStZ-RR 2000, 114; OLG Hamburg NJW 1962, 1360; OLG Hamm MDR 1993, 893; OLG Koblenz MDR 1985, 955; OLG Stuttgart NStZ-RR 2010, 343; OLG Zweibrücken NStZ-RR 1998, 75 und Beschluss vom 2. Mai 2008 – 1 Ws 142/08 – [juris Rn. 17]; Meyer-Goßner, StPO 55. Aufl., § 207 Rn. 11; a.A. OLG Frankfurt JR 1992, 348; offen lassend OLG Karlsruhe NStZ-RR 2003, 332). Soweit der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs in einer vielfach zitierten Entscheidung eine abweichende Auffassung vertreten hat (NStZ 1981, 448), hat er inzwischen ausdrücklich entschieden, an dieser Rechtsprechung nicht mehr festzuhalten (NStZ-RR 2012, 117; vgl. auch BGH [1. Strafsenat] bei Kusch NStZ-RR 2000, 34).

Und um das zu klären hat das KG  im hier zulässigen Freibeweisverfahren eine dienstliche Erklärung des Amtsrichters eingeholt, die „jeglichen Zweifel daran beseitigt [hat], dass der mit allen Bestandteilen vollständig zur Akte gebrachte schriftliche Beschluss vom 15. März 2012 nur versehentlich nicht unterzeichnet worden und von dem Richter gefasst und willentlich in den Geschäftsgang gebracht worden ist„.

 

 

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert