Das berufsbedingt geführte Teppichmesser

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Der Angeklagte arbeitet als LKW-Fahrer bei bei einem Großimporteur für griechische Lebensmittel. Nach Dienstschluss entwendet er in einem Laden verschiedene Gegenstände. Bei dieser Tat – so stellt das AG Backnang, Urt. v. 03.05.2012 – 2 Ls 116 Js 102123/11 fest, „führte der Angeklagte, der zuvor regulär gearbeitet hatte, in seiner Hemdtasche ein zu seinen täglich verwendeten Arbeitsgegenständen gehörendes Teppichmesser mit einziehbarer Klinge mit sich, woran er jedoch bei der Tatausführung nicht dachte.“ Frage, die an sich ein Klassiker ist: Diebstahl mit Waffen i.S. des § 233 244 StGB. Das AG sagt: Nein, und begründet das wie folgt:

„Das Gericht hat geprüft, ob die Tat als Diebstahl mit Waffen gemäß § 244 Abs. 1 StGB zu qualifizieren ist; dies ist jedoch zu verneinen. Zwar stellt das vom Angeklagten mitgeführte Teppichmesser zweifelsohne ein gefährliches Werkzeug im Sinne des § 244 Abs. 1 Nr. 1 a StGB dar, es fehlt jedoch an einem hinreichend sicheren Nachweis für den erforderlichen Tatbestandsvorsatz. Das Beisichführen im Falle des § 244 Abs. 1 Nr. 1 a StGB setzt subjektiv voraus, dass der Täter das gefährliche Werkzeug bewusst gebrauchsbereit bei sich hat. Hierbei genügt das allgemeine, noch auf keinen bestimmten Zweck gerichtete Bewusstsein, ein funktionsbereites Werkzeug zur Verfügung zu haben, das generell geeignet ist, erhebliche Verletzungen zu verursachen. Bei Gebrauchsgegenständen des täglichen Lebens, die regelmäßig mitgeführt und durchweg in sozialadäquater Weise eingesetzt werden, liegt das Bewusstsein, das Werkzeug als gefährliches bei sich zu führen, aber eher fern (Fischer, § 244 StGB, Rn. 31).

Voraussetzung für eine Strafbarkeit wegen Diebstahls mit Waffen ist jedoch, dass der Täter das Bewusstsein hat, dass das mitgeführte Werkzeug im Falle eines – wenn auch nicht von vornherein für möglich gehaltenen oder sogar unerwünschten – Einsatzes gegen Menschen erhebliche Verletzungen verursachen kann. Dies versteht sich bei einem Teppichmesser, das der Angeklagte nach seiner unwiderlegten Einlassung bei seiner zum Tatzeitpunkt bereits seit zehn Jahren ausgeübten Erwerbstätigkeit täglich mit sich führt, um die von ihm als Fahrer ausgelieferten Pakete zu öffnen oder andere Verpackungs- und Sicherungsmaterialien durchzuschneiden, nicht von selbst (vergleiche hierzu auch den Beschluss des KG Berlin vom 31.10.2007, 1 Ss 422/07, für ein seit etwa einem Jahr gewohnheitsmäßig mitgeführtes Taschenmesser mit einer Klingenlänge von sechs Zentimetern).

Es ist dem Angeklagten nicht zu widerlegen, dass er derartige Messer seit Jahren täglich mit sich führt, weil er es für die Ausübung seiner Berufstätigkeit benötigt. Es lässt sich damit auch nicht belegen, dass ihm beim Betreten der Supermarkt-Filiale die Gebrauchsbereitschaft als gefährliches Werkzeug bewusst und nicht in den gedanklichen Hintergrund getreten war, zumal es sich bei einem Teppichmesser anders als etwa bei einem Klapp- oder Springmesser nicht um eine Waffe beziehungsweise einen waffenähnlichen Gegenstand handelt, sondern um ein vom Angeklagten seit Jahren täglich mitgeführtes und gebrauchtes Werkzeug handelt.“

 

Dabei befindet sich ein

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